Feinde, oder was? von feuerregen (Seras x Anderson) ================================================================================ Kapitel 6 --------- Kapitel 6: Seras schaffte es gerade noch, ins Haus zu schlüpfen und sich in ihr Kellergemach zu begeben, ohne gesehen zu werden, bevor die Sonne aufging. Sie hoffte, schnell noch etwas zu sich nehmen zu können und dann zu schlafen, doch ihre Hoffnungen wurden enttäuscht. Auf ihrem Bett lag Alucard. Als er sie sah, stand er auf. „Ich habe geduldet, dass du dich mit dem Schweinepriester triffst, Fräulein Polizistin, und ich habe auch geduldet, dass du ihn anscheinend magst, aber ich kann nicht dulden, dass du deine Existenz aufs Spiel setzt und somit das Vertrauen, das Lady Integra in dich hat, gefährdest.“, kam er gleich auf den Punkt. „Es tut mir Leid, Meister.“, entschuldigte Seras sich leise, ihr Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Den Struwwelkopf, den sie sonst nie lange stillhielt, hatte sie gesenkt und starrte auf ihre Fußspitzen. Alucard kritisierte sie selten und wenn, war es, wie in diesem Fall, absolut berechtigt. Und trotzdem oder gerade deswegen fühlte Seras sich jedes Mal, wenn er es tat, furchtbar. Dann wünschte sie sich, an jenem Tag in der kleinen Kirche gestorben zu sein. Auf ihrem letzten Einsatz als Mensch... Als Alucard Seras so geknickt vor sich stehen sah, entglitt ihm doch ein mitleidiges Lächeln. Er trat an Seras heran und legte ihr eine Hand auf den Kopf. „Seras Victoria“, sagte er mit strenger Stimme, „Ich ersuche dich hiermit, das Gebäude spätestens eine Stunde vor Sonnenaufgang nicht mehr zu verlassen, da ich sonst Konsequenzen ziehen muss.“ Überrascht hob Seras den Kopf und sah ihrem Meister, der ausnahmsweise weder Hut noch Mantel oder Brille trug, in die Augen. Auf ihren überraschten Blick hin verzogen sich seine Lippen zu einem breiten Grinsen. „Ja, natürlich, Meister.“, rief sie eifrig, froh darüber, dass er nicht ernsthaft sauer zu sein schien. Da Seras nun wieder lachte, war Alucard zufrieden und ruinierte ihr die Frisur endgültig. „Meister!“, schimpfte Seras aufgebracht, „Fangt Ihr nicht auch noch so an!“, während Alucard leise lachend den Raum verließ und Seras allein zurückließ. Integra saß an ihrem Schreibtisch und versuchte, sich auf die Dokumente vor ihr zu konzentrieren, doch schweiften ihre Gedanken immer wieder ab. ~*~*~*~*~ Immer noch dicht vor ihr stehend klappte Alucard seine Brille zusammen und steckte sie in die Brusttasche seines Mantels. Wieder hatte er dieses selbstgefällige Lächeln aufgesetzt, das Integra regelmäßig zur Weißglut trieb. So auch dieses Mal. Als Alucard sich zu ihr hinunterbeugte und ihr einen Kuss unter das rechte Ohr gab, stieß sie ihn von sich. „Alucard, lass das!“ – „Wieso denn, Herrin?“, fragte er grinsend und beugte sich wieder herunter, diesmal, um mit der Zungenspitze ihre Halsschlagader nachzuziehen. Dabei fuhr er erstaunlich vorsichtig mit der Hand durch ihr langes blondes Haar. „Alucard“, japste Integra, „Lass das, ich dulde es nicht!“ – „Stimmt, Herrin, dulden werdet Ihr es niemals, aber wollen tut Ihr es mit jeder Faser eures Körper.“, nuschelte Alucard an ihrem Hals. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Aufgebracht stieß Integra den Vampir zurück. „Ich werde mich niemals einem Monster wie dir hingeben! Nicht, solange ich noch in einen Spiegel sehen will!“ – „Wenn du ein Vampir bist, hast du kein Spiegelbild mehr, Integra.“, meinte Alucard spöttisch, während er sanft ihr Kinn festhielt. In Integras Augen blitzte es zornig auf, bevor sie ihm mit aller Kraft eine Ohrfeige verpasste. „Ich habe dich gewarnt.“, zischte sie, „Und jetzt geh! Ich will dich heute nicht mehr sehen!“ Alucard rieb sich grinsend die Wange, trat einen Schritt zurück und verschmolz mit dem Schatten der Wand. „Ihr habt einen harten Schlag, Herrin.“, sagte er noch belustigt, bevor er verschwunden war. Schwer atmend blieb Integra allein in dem großen Raum zurück, der nur noch durch das Flimmern des Computerbildschirms erleuchtet wurde. ~*~*~*~*~ Leicht berührte sie die Stelle an ihrem Hals, wo Alucard sie geküsst hatte, immer noch schien sie seine weichen Lippen spüren zu können. Sie seufzte schwer, dann machte sie den PC aus und schob den Stuhl zurück. Heute würde sie nichts mehr zustande bringen. Auf leisen Sohlen verließ sie den dunklen Raum und machte sich auf den Weg zu ihrem Schlafzimmer. Dort angekommen entledigte sie sich all ihrer Klamotten und tapste barfuß ins angrenzende Badezimmer. Sie ließ sich ein heißes Bad ein und ließ sich, als die Wanne vollgelaufen war, mit einem Seufzen ins heiße Wasser gleiten. Nach einer halben Stunde, in der sie einfach nur im heißen Wasser gesessen hatte, seufzte sie erneut. Sie erhob sich aus der Wanne und stellte sich kurz unter die eiskalte Dusche, bevor sie sich in ein Handtuch wickelte und damit begann, ihre Haare trockenzuföhnen. Als sie das geschafft hatte, ließ sie das Handtuch zu Boden fallen und trat wieder in ihr Schlafzimmer, wo sie sich ein viel zu großes Hemd ihres Vaters - Friede seiner Seele - anzog und ins Bett kroch. Eine Weile betrachtete sie noch den großen Spiegel, durch den Alucard sie, wie sie wusste, häufig beobachtete. Wirklich stören tat sie das aber nicht. Sie war seine ständige Präsenz ja immerhin schon ihr ganzes Leben lang gewohnt. Manchmal, wenn es sie überkam, streckte sie dem Spiegel in einem Anflug von Albernheit die Zunge heraus. Danach musste sie jedoch immer gleich kichern, da ihr ihr Getue doch etwas peinlich war. „Alucard, die Bestie in Menschengestalt...“, murmelte sie schon im Halbschlaf, ehe ihr die Augen zufielen. „Sind nicht eher die Menschen die wahren Bestien, Herrin?“, fragte Alucard und trat aus dem Spiegel, doch Integra antwortete nicht. Sie war bereits eingeschlafen. Schmunzelnd setzte Alucard sich auf den Bettrand und betrachtete die schlafende Integra, deren Züge im Schlaf eine Weichheit hatten, die die junge Frau feminin und zerbrechlich wirken ließ. Vorsichtig strich er ihr eine Strähne hinters Ohr, dann lehnte er dich an den Bettpfosten des Himmelbettes. „ 'Du wirst einsam sein auf deinem Weg durch die Unendlichkeit. Und selbst, wenn du jemanden gefunden hast, bei dem du verweilen möchtest, wird er dich schnell wieder verlassen. Willst du dir das wirklich zumuten, Graf?' Das waren deine Worte, kleine Helena. Und nun kann ich dir mit Zuversicht sagen: Ja, ich habe meinen Platz in der Unsterblichkeit gefunden. Er ist hier, an der Seite meiner Herrin!“, sagte Alucard leise, den Blick auf den blassen Mond gerichtet. Seras wachte auf, kaum dass die ersten Sterne am Himmel standen. „Meister, ich gehe dann jetzt!“, rief sie in dessen Gruft hinein, „Wenn irgend etwas sein sollte, Ihr wisst ja, wie ich zu erreichen bin!“ Kurz musste sie kichern, als sie den Kopf wieder zurückzog. Dieser Sarkasmus, den sie langsam entwickelte, ließ sich schwer zügeln. Als sie keine Antwort erhielt, zuckte sie mit den Schultern. „Das sehe ich dann mal als ein ‚Mach doch, was du willst.‘ an.“ Bereits drei Minuten später war sie auf dem Weg in das kleine Dorf, in dem sie Anderson zurückgelassen hatte. Bereits aus einiger Entfernung konnte sie aufgeregte Stimmen hören. Beunruhigt legte sie noch einen Zahn zu. Im Dorf angekommen sah sie eine große Menschenmenge, die sich vor der Kirche versammelt hatte. Sie sprang wieder auf den Ast, auf dem sie schon am Vorabend gesessen hatte und durch das dichte Laub gut verborgen war. „Als ich heute Abend in die Kirche kam, um den Abendgottesdienst vorzubereiten, habe ich die Leichen und diesen Mann entdeckt.“, erzählte gerade ein bereits etwas älterer Mann mit schon zu erkennenden Geheimratsecken. Bei den letzten Worten deutete er mit dem Daumen über die Schulter auf einen wirr von Teufeln und Dämonen vor sich hinstotternden Maxwell. Er saß zusammengekauert und zitternd an die Kirchenwand gelehnt da und starrte ins Leere. Jemand war so mitfühlend gewesen, ihm eine Decke um die Schultern zu legen, doch schien er diese gar nicht zu registrieren. Plötzlich stieß er einen grellen Schrei aus und deutete zum Vollmond, der hell am Himmel strahlte. „Da!“, schrie er panisch, „Da kommt des Teufels treuster Diener, um das zu beenden, was er begonnen hat!“ Auch Seras riss, ebenso wie alle anderen Anwesenden, den Kopf in die Höhe. Sie nahm gerade noch einen Schatten wahr, der über das Silber des Mondes huschte, doch wusste sie genau, wer das war und sie fragte sich, was er hier wollte. Die Dorfbewohner drehten sich unterdessen wieder zu Maxwell um. „Da war doch nichts, du alter Spinner.“, meinte einer scherzend, verstummte aber sofort wieder, als er die hoch gewachsene Gestalt sah, die neben diesem stand und die Anwesenden aus roten Augen musterte. „Geh und hole den Schweinepriester, Fräulein Polizistin!“, erklang es in Seras' Gedanken. Augenblicklich sprang Seras vom Baum und sauste zum Gasthof. Sie machte sich nicht erst die Mühe, durch den Schankraum zu gehen, sondern stieg durchs Fenster in Andersons Kammer ein. Kaum war sie drinnen, hatte Anderson sie auch schon bemerkt. „Da bist du ja, Kätzchen.“ – „Wir müssen schnell weg hier, es gibt Probleme!“ Seras hielt sich nicht lange mit unnötigen Worten auf, dafür war sie viel zu nervös. „Glaubst du, das weiß ich nicht?“, fragte der sie grinsend, „Seit ‘ner Viertelstunde hämmern die hier an meine Tür und wollen wissen, ob ich was mit dem Gemetzel in der Kirche zu tun hätte.“ Er wurde von einem lauten Krachen unterbrochen. „Anscheinend versuchen sie jetzt, die Tür einzurennen.“, stellte er grinsend fest. „Leg dich aufs Bett, schnell!“, warf Seras plötzlich ein. Nun doch etwas überrascht zog Anderson fragend eine Augenbraue hoch. Seras stieß ihm gegen die Brust, so dass er rücklings aufs Bett fiel. „Keine Zeit für Erklärungen, vergib mir.“ ,entschuldigte sie sich flüsternd, als sie sich über ihn kniete und ihm mit dem Fingernagel einen langen blutigen Kratzer an der Wange zufügte. Sie beugte sich zu ihm, der vor Schreck kein Glied bewegte, herab und schmierte sich sein Blut auf Lippen und Wangen. Im nächsten Moment gab die Tür nach und die Männer, die sie aufgebrochen hatten, stürzten herein. Doch verharrten sie gleich wieder überrascht, da sie damit gerechnet hatten, den Mann allein vorzufinden. Noch mehr erschraken sie, als das Mädchen, die auf ihm hockte, ihnen ihr blutverschmiertes Gesicht zuwandte und sie aus dämonischen, wild funkelnden Augen anstarrte. Doch schon im nächsten Moment waren sowohl sie als auch der Gast verschwunden. Nur das zerwühlte und blutbesudelte Laken erinnerte noch daran, dass sie dagewesen waren. Die Wirtin faste sich als Erste wieder. „Mein Gott, ob ich das jemals wieder rauskriegen? Bestimmt muss das Laken zur Reinigung! Und wer bezahlt mir das? Herrjemine...!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)