Jura Tripper 1 1/2 over von abgemeldet (~I'll find my day, maybe far and away... far and away~) ================================================================================ Kapitel 8: XXII. Badefreuden * XXIII. Familienbande * XXIV. Geschichtenerzähler ------------------------------------------------------------------------------- XXII. BADEFREUDEN * XXIII. FAMILIENBANDE * XXIV. GESCHICHTENERZÄHLER XXII. Badefreuden Und es trug sich zu im Lande Noah, dass das Volk der Pfadfinder auf ein Gewässer stieß, das augenscheinlich den Altarm eines der zahlreichen lebensspendenden Flüsse dieser Welt darstellte. Während die Ältesten noch berieten, ob er zu umfahren oder zu überqueren sei, sprach aber Boss: "Warum machen wir nicht mal eine längere Rast und baden? Wir waren ewig in Manuas Keller und sind seitdem gar nicht mehr an die Luft gekommen!" All dies, so erklärte er vollkommen glaubhaft, läge ihm natürlich nur der Kinder wegen am Herzen, die sich doch noch im Wachstum befänden und dringend etwas Bewegung nötig hätten. "Ich glaube, du bist auch noch im Wachstum, Boss", so sprach Tiger. Doch der Vorschlag wurde angenommen. "Na, was ist denn? Hat er dich wieder geärgert?" Diese wohlwollenden Worte Sheerlas waren an Sive gerichtet, die auf der Treppe zum Amphibienfahrzeug saß und ins Undefinierbare starrte. Von einem Seufzer begleitet entgegnete Sive "Ich hab ihn geärgert", ohne auch nur aufzusehen. "Mit Absicht oder ohne?" wollte ihre praktische Freundin wissen und nahm ebenfalls auf dem Treppchen Platz, wo sie sich gleich selber die Antwort gab: "Ach, stimmt ja, wenn du jemanden ärgern willst, geht es normalerweise zu 100 % schief. Nur wenn du es nicht willst, hast du volle Erfolgsgarantie." Unglücklich nickte Sive. Sheerla klopfte ihr auf die Schulter. "Na komm, so schlimm wird's schon nicht sein. Die sind halt alle in der Pubertät oder wie das heißt. Eigentlich wollte ich dich fragen..." "Kommt ihr?" Liam erschien auf der Bildfläche, schon in Badehose, hinter ihm Neesan, der noch alle Siebensachen an hatte. Das, verknüpft mit der Lokalität, an der sie sich gerade befanden, verriet Sive, was Sheerla sie ?hatte fragen wollen.' Augenblicklich kam Leben in das Mädchen: "Nein! Nicht schwimmen! Hier sind Ferien! Ich geh nicht schwimmen!" "Das dachte ich mir," meinte Sheerla gutmütig, "aber ohne dich macht es leider nur halb so viel Spaß...", klemmte sich Sive unter den Arm und beförderte die Zappelnde schnurstracks zum Wasser, wo schon die anderen waren. "Ihr habt's gut...", brummte Blunder mit einem Blick auf Sheerla, die sich gerade im Glanz ihres Bikini sonnte. "Wir haben keine Schwimmsachen dabei... ob wir in Kleidern gehen können? Ich hab so Lust zu baden!" Er sah hinauf zum Himmel, von dem noch immer grell die Sonne brannte, obwohl es mittlerweile Nachmittag war. "Ich weiß nicht," entgegnete Silence, der Älteste der Kinder, "und wie sollen wir sie wieder trocken kriegen? Was, wenn wir uns erkälten?" "Sind in dem Wasser auch keine ekligen Tiere?" Gatcha schüttelte sich. Doch Timid konnte sie beruhigen: "Nein, die Großen haben Manua gefragt. Nur Kuzni wollte uns weismachen, dass es voller... Pirna... Piran... Piranja... böser Fische ist, aber Manua sagte, es ist... pinra... pira... piran... böse-fische-frei!" "Aber ob wir wirklich in Kleidern...." "Haaaaa-Ya!" Der Schrei kam von Boss, der gerade vollkommen bekleidet das natürliche Schwimmbecken stürmte. "Geht klar!" strahlte Blunder und die Blaukopf-Brigade preschte in die Fluten. "He! Spritzt nicht so!" rief Sive mit angewidertem Gesicht. Ihr Selbstbewußtsein erhielt noch einen weiteren Dämpfer, als auch Gatcha und Silence einander fragend ansahen und dann schulterzuckend das soeben in Mode gekommene Klamotten-Baden ausprobierten. "Na kommt," meinte Liam aufmunternd, "immerhin müssen wir nicht in Kleidern gehen." "Ich - will - nicht - baden!" kam es prompt im wohlbekannten Sive-gibt-nicht-nach-Ton und dann, überraschender: "Ich - will - nicht - vom - Dreier - springen!" auf Sheerla-lass-mich-bitte-Frequenz. "Neesan? Du auch?" "M-hm." Neesan sah zu Boden. Liam seufzte. Bis ins Knietiefe hatten Sheerla und Liam die Wassermuffel gekriegt, aber weiter nicht, da war nichts zu machen. Also ließen sie die beiden eben und gingen stattdessen ihren eigenen wassersportlichen Aktivitäten nach, während Zans ?Ente' machte und Boss unter den Fischen Angst und Schrecken verbreitete. Liam fühlte sich lebhaft an die sonntäglichen Familienausflüge zum Auckland Lake erinnert, die darin bestanden, dass Princess sich sorgfältig mit Sonnenmilch eingecremt auf ein Handtuch legte und dort den Rest der Zeit liegen blieb, während Boss und Liam ins Wasser gingen. Boss verharrte dort etwa dreimal so lange wie sein Sohn, er kam buchstäblich erst raus, wenn seine Haut am Verschrumpeln war. Das, so rechtfertigte sein kindlicher Vater sich, brauchte er eben als Ausgleich für seinen ach-so-stressigen Job. Zum Großteil rührte Liams Geschwisterwunsch von diesen Nachmittagen und den Urlauben. Manchmal nahmen sie Sive zum See mit, aber ein Badetag in ihrer Gesellschaft konnte höchstens als Trockenbaden bezeichnet werden, denn seine Großcousine war ja überhaupt nicht ins Wasser zu kriegen. Aber jetzt war Sheerla da und noch dazu war sie eine verdammt schnelle Schwimmerin, also sollte ich mich lieber beeilen und nicht nachdenken...! Zu spät, denn in diesem Moment hatte Sheerla schon mit dem Wort "Gewonnen!" die Wurzel angeschlagen, die sie als Ziel vereinbart hatten. Boss' Kleiderbaden war auch bei den Älteren in Mode gekommen und so tummelten sich zwar längst nicht alle, aber immerhin Tank, Tiger, Crybaby und sogar Young Lady im kühlen Nass. "Die spinnen. Ich würde das nie tun." bemerkte God spöttisch. Er und der verklemmte Rest saßen, standen oder lagen auf der Böschung oberhalb des Ufers und sahen den anderen mal mehr oder weniger belustigt, mal neidisch zu. "Genau!" unterstützte Snake ihn sofort lautstark. Das sollte wohl ein Trost sein, denn sein sehnsüchtiger Blick verriet so ungefähr das glatte Gegenteil, während er wie alle anderen dort im Gras vor sich hin schwitzte. Sive hockte im Wasser und hatte die Knie bis zum Kinn angezogen. Diese ausgeklügelte Haltung verhinderte, dass irgendein ein Teil ihres Körpers der bösen Sonne ausgesetzt war, bewahrte sie aber dadurch, dass sie im knietiefen Wasser eingenommen worden war, auch gleichzeitig vorm drohenden Ertrinken. Neesan gab sich zumindest körperlich lässiger, er hatte einfach die Beine der Länge nach ausgestreckt und sah unglücklich aus. Gemeinsam bewachten die beiden die Flachwasserzone. Und das, stellte Sive fest, wurde langsam langweilig. Also entschloss sie sich, ein Gespräch mit Neesan anzuknüpfen. Wie sich herausstellte, keine einfache Angelegenheit. Sive mochte ihn, das war ihr immer klar gewesen und seit sie hier waren sowieso... aber sie fand beim besten Willen kein Thema! Dunkel erinnerte sie sich, dass er Kakteen sammelte, konnte damit gesprächstechnisch aber irgendwie nicht so viel anfangen, und das obligatorische "Wie geht's deiner Schwester?" war in diesem Fall wohl auch eher unangebracht. Erst jetzt fiel ihr schlagartig auf, dass sie, seit sie hier waren, noch nie mit Neesan allein gewesen war, von zwei Malen einmal abgesehen. Dass eine Mal war an ihrem ersten Morgen auf Noah gewesen und sich daran bzw. an ihr katastrophales Verhalten zu erinnern, fiel Sive noch schwerer als daran, wie sie sich - wohlgemerkt im dunkelsten Halbschlaf - in Manuas Haus von ihm hatte schleppen lassen. Apropos - da war doch noch etwas fällig. Mit der ihr eigenen geistigen Beweglichkeit sagte Sive also "Danke!" für jenen Vorfall zu Neesan. Der raffte gar nichts. Aber er war höflich. "Bitte," erwiderte Neesan daher mit der richtigen Mischung aus Überraschung und Freundlichkeit im Gesicht. "Schwimmen ist doof, nicht wahr?" fuhr Sive dann fort. "M-hm.", nickte Neesan. "Ich hasse es auch." "Und trotzdem wolltest du vom Dreier springen?" Jetzt wurde Neesan blass um die Nase. "Erinner' mich bloß nicht daran." "Ach komm," meinte Sive und senkte die Stimme, als wollte sie ihm etwas ganz besonders Peinliches anvertrauen: "Ich hab es doch auch mal versucht!" Neesan erbleichte noch mehr. "Und? Bist du wirklich gesprungen?" Sive schüttelte den Kopf. "Nein.", antwortete sie und so etwas wie Befreiung lag in diesen Worten. "...Wer hat dich überredet?" "Liam. Und dich?" "Sheerla." "Sie verstehen das nicht." "Genau." "Meine ich auch." "Stimmt." "M-hm." "Machst du immer ?m-hm'?!" "M-hm." "Neesan!" "Was?" "Wir sind Pioniere!" Dann brachen die beiden in Gelächter aus. Übrigens erhebt das vorangegangene Gespräch nicht den geringsten Anspruch auf Verständlichkeit. "Wenn ich ins Hallenbad komme, kriege ich immer Bauchweh," erzählte Neesan mit stockender Stimme. Sive nickte betrübt. "Ja, das kenn' ich auch. Ich glaube, es kommt vom Chlor. Immer, wenn ich Chlor rieche, kriege ich Angst." "Ich auch. Es wird mir dann ganz flau im Magen und ich würde am liebsten rausgehen." "Aber hier ist kein Chlor!" ertönte Sheerlas Stimme mit freundlicher Bestimmtheit. Die beiden Wasserhasser, die so vertieft in ihr Gespräch gewesen waren, fuhren erschrocken zusammen. "Wir haben euch gar nicht kommen hören!" klagte Sive dann. Im Wasser war sie empfindlich. "Kann ich mir denken," grinste Sheerla und Liam schlug vor: "Wir haben uns etwas überlegt. Wir nehmen euch einfach huckepack, ok?" "Dann braucht ihr auch keine Angst zu haben. Was meint ihr?" ergänzte Sheerla. Die Hände unternehmungslustig in die Hüften gestemmt, wartete sie auf eine Antwort. "...Huckepack?" fragte Sive misstrauisch. "Wie stellt ihr euch das vor...?" wollte Neesan wissen. "Du hängst dich an meine Schultern und Sive an Liams. Oder anders rum, wenn ihr wollt. Und dann schwimmen wir. Bingo." Sheerla sah wieder einmal aus, als hätte sie gerade das Rad erfunden. "...und das haltet ihr aus?" Sive war noch immer skeptisch. "Habt ihr keine Schwimmflügel...?" Neesan machte große Augen. "Neesan!" brüllte Sheerla, "Sei ein Mann!" Und in ?normalem' Ton: "Tut mir leid, aber wir haben wirklich keine.... also. Hopp." Und damit wurde ihr Plan zur Durchführung gebracht. "Viel Glück!" rief jemand von der Böschung und Sive nahm nicht eben erfreut wahr, das fast alles inzwischen zum Trocknen da oben saß und ihnen zuguckte. Aber jetzt gab es kein Zurück. Stumm sandte sie ein Stoßgebet zum Himmel und hängte sich an Liams Schultern wie ein nasser Sack. Nachdem dieser ihr versichert hatte, dass er sehr wohl in der Lage war zu atmen, wenn sein Kopf bis zur Nasenspitze unter Wasser war, konnten sie beruhigt los schwimmen. Das Wasser war kalt. Das Wasser war tief. Das Wasser war jetzt bestimmt schon so tief, dass sie nicht mehr stehen konnte. Mami. Es war nicht so, dass Sive nicht schwimmen konnte. Oder, besser gesagt, nicht ganz. Sie hatte nur einfach Angst vor dem Wasser. In der Schule schwamm sie mit schöner Regelmäßigkeit schon mal zwei Züge im Tiefen, aber dann musste sie sich doch wieder an den Rand klammern und ausruhen, bevor es weiterging. Drei Schwimmlehrer hatte sie damit schon zur Verzweiflung gebracht, denn in Auckland lernten alle Kinder die ganze Grundschule über schwimmen. Zu nah war der Hafen und das Meer, an das regelmäßig Ausflüge gemacht wurden, als das man es hätte unterlassen können. Mr. Brownson war nun Gottseidank geduldig und er förderte den immer mal wieder aufkeimenden Mut seiner 'Verzagten', wie er sie nannte, wie auch in Neesans Fall. Aber bei Sive hatte er bis jetzt wenig Chancen dazu gehabt. Das Wasser wurde schon wieder tiefer. Warum hatten Gewässer eigentlich die blöde Angewohnheit, immer tiefer zu werden, je tiefer es hineinging? Oh. Die Erklärung lag ja schon im Wort an sich. Liam schwamm schön, zügig und relativ gleichmäßig. Allem guten Willen zum Trotz wirkte er dennoch nicht ganz und gar verlässlich. Er schnaufte schon, Sive musste ihm ziemlich zur Last fallen. Und dann.... urplötzlich fielen Sive die Pira... Pirna... Piran... die bösen Fische ein. Was, wenn.... Und da streifte etwas Glitschiges ihren Fuß. Sive bekam beinahe einen Herzinfarkt. "AAAAAAAAAH!" kreischte sie und zog in wilder Hast so gut es ging die Beine ein. Es ging nicht gut. Sive samt Beinen, noch dazu, wenn sie wie verrückt nach seinen trat, war etwas zu viel zum Tragen. Und atmen, wenn er mit dem Kopf unter Wasser gedrückt wurde, konnte selbst Liam nicht. Sive tunkte ihn fachmännisch, um dann ganz nebenbei festzustellen, dass ihr Halt weg war. Und die Piran... Piran... Piranhas! "Hilfe! Hilfe! Hilfe!" Panisch strampelte Sive um sich, ihre Fußspitze ertastete Boden, dann war er wieder weg, und da war auch Liam, irgendwo... Sie würde ertrinken! Sie konnte nicht mehr stehen! Sie würde nicht ertrinken, aber sie hatte trotzdem Angst! Oder doch? Sive schluckte Wasser und begann, aus Leibeskräften zu husten. Sie sah nichts, alles um sie herum war voll dunkler Schlieren, nein, da oben war etwas, die Sonne, ihre Augen taten weh, die Sonne verdunkelte sich, irgendwas packte sie hinten an den Badeanzugträgern wie ein Raubtierjunges von den Eltern am Genick gepackt wird, zog sie hoch... Schwimmflügel forever, Neesan... war ihr letzter Gedanke, bevor sie in Ohnmacht tauchte. XXIII. Familienbande Sive lag im Moos und hustete sich die Seele aus dem Leib. Dann hob jemand ihren Kopf sacht etwas an, damit der Husten aufhörte... jemand... Liam... Liam! Sie hatte Liam ertränkt! Sive schlug die Augen auf. "Liam... lebst du?" murmelte sie, doch das Gesicht, das sie zuerst sah, war Gods. Er tropfte. "Wieso... wieso bist du nass?" platzte Sive nicht eben dezent heraus. Da zumindest ihr Mundwerk noch intakt war, verschwand Gods Gesicht und machte Neesans Platz. "Alles in Ordnung, Sive?" fragte er, tiefste Sorge sprach aus seinen Zügen. Sive sandte ihre Nervenenden aus und durchfühlte ihren ganzen Körper, um schließlich erleichtert festzustellen: "Ja. Du hattest recht, Neesan. Wasser ist ein Teufelszeug." Zwei weitere bangende Gesichter schoben sich in ihr begrenztes Blickfeld. Sive lag der Länge nach auf dem Rücken im Gras und die Sonne schien auf ihre Wangen. Das Licht hatte sich nicht verändert, das hieß, sie konnte höchstens ein paar Minuten ohnmächtig gewesen sein. Aber... "Es tut mir leid," sagte Liam unglücklich, "Es tut mir leid! Sive... es ist alles meine Schuld gewesen. Ich hätte dich nicht gegen deinen Willen da raus bringen sollen." "Red' keinen Quatsch, Liam. Sie ist selber schuld. Du dummes Kind! Hysterisch wie immer. Du hättest echt ersaufen können! Und das in 1,80 Tiefe!" Wie immer verbarg Sheerla ihre Sorge durch Ärger. Und wie immer hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. "Tut mir leid, Liam..." piepste Sive kleinlaut, "tut mir leid, Sheerla... tut mir leid, Neesan..." "Warum?" fragte Neesan ehrlich überrascht. "Weil ich dir so ein abschreckendes Beispiel geliefert hab... und..." "Warum hast du eigentlich auf einmal so losgezappelt?" unterbrach Sheerla energisch. "Da war ein Fisch..." "Ein Fisch!" "Ein Piran... ein böser Fisch..." Sive merkte selbst, wie schwachsinnig sich das anhörte. Sie hatte einfach eine Wasserphobie. "Sive," meinte ihre Freundin grimmig, "Sive...." "Ja...?" "Du bist ein Trottel! Ein gottverdammtes Trottelchen! Du hättest einfach ertrinken können, wenn nicht... Trottel!" Mit diesen Worten nahm Sheerla sie fest in den Arm. "Wenn nicht...?" beharrte Sive, obwohl gerührt, über Sheerlas Schulter und da war schon wieder ein Gesicht. Diesmal gehörte es Snake. Vor Rührung schien er den Tränen nah, als er feierlich verkündete: "God hat dich... aus dem Wasser gezogen." Sive lag da und lauschte und wusste ganz genau, dass sie sich nicht verhört hatte. Snake hatte sogar untertrieben, so war es! ?God hat dich voller Heldenmut vor dem sicheren Tod durch Ertrinken in den Fluten errettet!', so oder so ähnlich musste es in Wirklichkeit heißen! Oh ja. Sive war glücklich. Ihr Papa liebte sie. "Papi?" hauchte Sive ergriffen. Obwohl noch ganz schwindlig, setzte sie sich auf. "Du hast mich gerettet?" Da saß er, komplett angezogen, in Schuhen, und tropfte, und gab sich Mühe, ein die Situation rettendes entnervtes "Ist ja gut. Ist ja gut." hören zu lassen. So wie er guckte, konnte sie eine detailliertere Antwort glatt vergessen. Aber das kümmerte sie nicht. "Weißt du, Papi..." meinte Sive aus tiefstem Herzen, "du hast dich zwar noch dümmer verhalten als Onkel Brian, denn der hat sich wenigstens die Schuhe ausgezogen, bevor er ins Wasser ist, aber..." Sie schwieg und betrachtete God eine Weile, "...das war ganz und gar nicht mittelmäßig..." Sive blinzelte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Und ehe sie sich versah, war sie aufgesprungen und heulte God das Hemd voll. Aber das spielte wahrscheinlich keine große Rolle. Es war ja eh schon klatschnass. Irgendwann fiel ihr dann aber auf, dass sie sich in der Öffentlichkeit befanden. Hastig wischte sie sich über die Augen und hörte auf, God mit seinem Hemd zu erwürgen. Er schien darüber recht erleichtert zu sein. Hoffentlich würde er nachher nicht wieder mit ihr schimpfen. Sive hatte wirklich nicht peinlich sein wollen! Dass sie es anscheinend doch war, wurde zweifelsfrei belegt durch die Tatsache, dass der gesamte Pfadfinderclub die beiden anstarrte. Ihr selbst machte das nicht wirklich etwas aus, aber God wahrscheinlich schon. Sie war nur froh, so froh.... und sie war stolz. Stolz auf ihren Vater - weil er ihr Vater war. Wieder waren Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart ein Stückchen näher zusammen gerückt. Zukunft...! Was, wenn das Lederband gerissen war? Sives Hand fuhr an ihren Hals, wo sie aufatmend das vertraute Gewicht auf der Brust spürte. Noch im Wasser hatte sie ihren Elefanten umgehabt, nun hatte sie einen Moment lang schreckliche Angst gehabt, ihn verloren zu haben. Aus irgendeinem Grund erschien ihr der Anhänger jetzt wichtiger denn je. Aber was, wenn er dennoch etwas abbekommen hatte? Sie ließ Gods Schulter los und tastete. "Keine Angst," beruhigte Tiger sie freundlich, "Elfenbein rostet nicht." "Das ist kein Elfenbein," murmelte Sive, so selig versunken, als hielte sie einen Edelstein in der Hand, um den sie nun schützend die Faust schloss, "Das ist Marmor..." Bei diesen Worten wandte God, der bis dahin ziemlich gelähmt gesessen war, ruckartig den Kopf und starrte Sives Anhänger an, den er unmöglich kennen konnte. "Marmor?" hörte man President sagen, "Das ist aber ein ungewöhnliches Material für ein Schmuckstück..." "Lass mal sehen." Plötzlich schien auch Boss' Aufmerksamkeit geweckt. Etwas widerstrebend öffnete Sive ihre Finger und die anderen betrachteten neugierig den Elefanten, der nun offen auf ihrer Handfläche lag. "Woher hast du es? Aus Indien?" fragte Crybaby. Selbst er, der sonst eher Zurückhaltende, der sich nicht die Angelegenheiten anderer einmischte, zeigte nun Interesse. "Ich weiß nicht," gab Sive stockend zurück. Auf einmal fragte sie sich, wem sie das eigentlich alles erzählte. Und vor allem: Warum. "Ich glaube, es ist ein Maori-Schmuck. Er ist von meiner Mutter." "Das ist durchaus möglich. Die Maori sind dafür bekannt, dass die Wurzeln ihrer handwerklichen Kultur sehr weit zurück reichen. Unter den heutigen Kunstschätzen, die man bei Ausgrabungen fand, sollen sogar Darstellungen von Tieren sein, die nach geographischer Wahrscheinlichkeit überhaupt niemals in diesem Erdteil existierten." sagte Doc. "Von deiner Mutter..." Boss unterbrach die Gespräche der anderen, als er sich über Sives Handfläche beugte. Einen Moment lang runzelte er die Stirn. Dann griff er nach dem kleinen Elefanten. Sive, nicht faul, biss ihn kräftig in den Finger. "Auuuua!" Boss schrie auf und starrte Sive fassungslos an. "S-sag mal, spinnst du? Ich wollte doch nur mal gucken!" Noch immer wimmernd pustete er auf den pochenden Finger und steckte ihn dann kurzerhand in den Mund. "Man guckt mit den Augen," belehrte das Mädchen ihn altklug. Wie das Kräutlein Rühr-mich-nicht-an hatte sich ihre Hand augenblicklich um das Schmuckstück geschlossen. "Er gehört ihr," stellte God fast feindselig fest, "und nicht dir. Also lass sie in Ruhe." Es hörte sich an wie ?Nicht alles gehört dir.' Wütend sah Boss ihn an. "Das ist noch lange kein Grund, mich zu beißen! Ich wollte ihn ihr schließlich nicht wegnehmen!" Die prompt nach oben flutschende Augenbraue Sives ließ ihn nicht den Wahrheitsgehalt seiner Worte in Frage stellen. "Er wollte ihn dir wirklich nicht wegnehmen, Sive!" Mit einem Blick auf seinen Bruder sprang Crybaby auf. "Aber es ist wichtig, dass wir den Anhänger einmal sehen. Bitte, gib ihn mir. Nur kurz." bat er eindringlich. Sive sah wieder ein bisschen gnädiger aus und händigte Crybaby schließlich sogar ihren Anhänger aus, wenn auch unter wachsamem Blick. Crybaby betrachtete den Elefanten. Boss vergaß seinen waidwunden Finger und besah sich ebenfalls das sphinxlächelnde milchweiße Ding. Selbst God sah hin. Und Liam lächelte. "Sive," meinte Boss schließlich, und es war wohl nicht weiter verwunderlich, dass er angesichts der vorangegangenen Ereignisse etwas aus der Fassung schien, "das Ding da kann unmöglich von deiner Mutter sein." Angriffslustig entgegnete Sive: "Warum?" Boss sah nahezu beleidigt aus. "Weil meine... unsere Cousine genau das gleiche Teil hat, und das ist schon seit Ewigkeiten in meiner... unserer Familie... und..." Unvermittelt wirkte Boss hilflos. "Stimmt's, Crybaby?" "Hm..." murmelte Crybaby, nicht ganz sicher und doch irgendwie überzeugt, und plötzlich stand Liam zwischen seinem Vater und seinem Onkel. "Du meinst, Sives Mutter kann unmöglich deine Cousine sein," berichtigte er gutmütig. "Nein!" rief God - der ausnahmsweise mal etwas schneller gerafft hatte! - entsetzt, "Bin ich verrückt?" Scharf fasste Boss seinen Sohn ins Auge, ein Auge, das offensichtlich genau die gleiche Farbe hatte wie seine eigenen. Nein, Liam machte sich nicht lustig, er war ernst! Und das hieß - "Oh Gott!" stöhnte Boss, "Das heißt, ich darf jeden Sonntag mit dem Spinner bei Omi tafeln und über Fußball quatschen?" Sehr treffend, dachte Sive empört, ihren Onkel-um-Ecken zum abersten aller abersten Male als kretinösesten aller Kretins einstufend. "Nicht ganz," meinte Liam noch ernsthafter, "allerdings - " Doch Boss war kurzfristig ertaubt. "Und was soll das heißen... soll das heißen... Maé war doch nie geschmacksverirrt!" So langsam schien ihm das Gesicht in Scheiben abzufallen. Wieder einmal zeichneten sich katastrophale Enthüllungen am Horizont ab. Zum letzten Mal, was auch gut so war, denn mit der Zeit wurde es stressig, fand Sheerla, während sie mit den Fingern Elternpaare abzählte: Mami, Papi, Boss, Princess, Sives durchgeknallter Vater und jetzt hatten sie auch ihre Mutter, na bitte, Zeit für einen Kururlaub. Aber Boss schien ganz und gar nicht bereit, sich mit diesen Pseudotatsachen abzufinden. Obwohl Crybaby, der doch mindestens ebenso betroffen war, noch keinen Ton gesagt hatte, verkündete er in ihrer beider Namen: "Nichts gegen dich, Liam, aber nur wegen so einem Elfenbein - " "Marmor!" Sive zog einen Flunsch. "Elfenb... Marmorklumpen lassen wir... lasse ich mir hier nicht meine Lebensperspektiven versauen, nein danke!" Boss schnaubte äußerst ausdrucksstark. "Bruder..." meinte Crybaby leise, "Eigentlich hast du ja recht, es kann Tausende solcher Schmuckstücke geben, aber... ich glaube Liam." "Warum?" schoss Boss sofort in Sive-Manier. "Weil..." Crybaby errötete. "Ich weiß es nicht.", gestand er schließlich. "Aber warum waren wir von diesem Elefanten so angezogen, wenn nicht, weil wir ihn in Wirklichkeit schon viele Male gesehen haben? Und selbst God, der ihn noch gar nicht kennt, schien sich dafür zu interessieren. Ich finde... ich finde, die Zukunft ist etwas... Unheimliches." Er wusste gar nicht, wie sehr er die Wahrheit sprach. "Das war reine Neugierde," protestierte Boss und dann kam ihm ein Geistesblitz: "He, Sive! Das ist alles Quatsch, nicht wahr! Sag schon, wie heißt deine Mutter? Jane Disastertaste?" Sive war mal wieder nahe dran, nichts als "Sag ich nicht!" zu sagen, als Snake sie anstupste. "Komm schon, dir passiert nichts. Dein Papa beschützt dich." God und Umgebung, peinlich berührt, hatten das nicht gehört. "Maé Charteris!" strahlte sie, und Boss fiel fast vom nicht vorhandenen Stuhl. "Den Mädchennamen!" "Maé Symonds!" Zwischen 'Zufall', 'Namenshäufung', 'Telephonbuchspicker' und 'Gedankenlesetrick' plärrte Boss: "Ich hab's gesagt! Ich hatte es schon gesagt! Sie kann das gar nicht wissen!" "Boss," meinte Tiger besänftigend, "ganz ruhig, gaaanz ruhig... du hattest nur den Vornamen deiner Cousine erwähnt." Princess seufzte und sah verlegen aus. So eine Heirat färbte imagemäßig doch ganz schön ab. "Dann hat God es ihr erzählt...!" argumentierte Boss aufs logischste, bis ihm einfiel, dass er God seiner Cousine nie vorgestellt hatte, er wollte schließlich nicht, dass der sie heiratete --- "Halt die Klappe!" empfahl ihm dieser zähneknirschend und offenbar selber ziemlich angeschlagen. "Mafia!" brüllte Boss im Hintergrund, und President schickte die Kinder Holz sammeln. Fürs Lagerfeuer. XXIV. Geschichtenerzähler In der Runde am Lagerfeuer sitzend, war der Keil, der die Gruppe der Pfadfinder spaltete, nicht länger unsichtbar. Ein deutlicher Abstand zwischen Boss und den anderen auf der einen und God, Snake und Nerd auf der anderen Seite unterstrich dies merklicher als alle Worte, die die schwelenden Konflikte lediglich überdecken konnten. Mit einem gewissen Unbehagen bemerkte Sive, dass dieser Riss auch vor ihr und ihren Freunden nicht halt machte, denn sie saß auf der gleichen Seite wie ihr Vater. Dennoch: Sive vertraute fest darauf, dass es wenig gab, was sie, Neesan, Liam und Sheerla jetzt noch trennen konnte. Mittlerweile war es Nacht geworden und die gleichmäßige Glut des Feuers wurde nur gestört durch das immer wieder erfolgende Zischen, wenn ein Wassertropfen in den Flammen verdampfte. Und derer gab es viele, denn überall am und um das Feuer herum hingen oder lagen Kleider von der nachmittäglichen Badeaktion. Natürlich hatten die meisten gewisse Skrupel, sich ganz auszuziehen, weshalb mehr Hemden als Hosen die Botanik zierten und manche, wie Tiger, ohnehin schon leicht bekleidet, lieber die Gefahr einer Erkältung in Kauf nahmen. Dass sie obendrein noch draußen schlafen würden, mochte dem nicht gerade zuträglich sein. Aber in den Minuten am Feuer hatten sie gemeinsam mit Manua entschieden, dass ihre Flucht aus Lupar so unauffällig vonstatten gegangen war, dass die Armee sich über ihren derzeitigen Aufenthaltsort nicht wirklich im klaren sein konnte. Daher konnten sie sich eine längere Rast durchaus leisten, und eine so idyllische Stelle wie dieser ausgetrockneten Flußarm mit all seinen schilfigen kleinen Buchten war dazu geradezu ideal. "Wir werden also diese Nacht und den Rest des morgigen Tages hier verbringen.", schloss Boss. Manua nickte. "In Ordnung. Wenn wir danach bei Dunkelheit fahren, wird es uns auch leichter fallen unentdeckt zu bleiben." "Unentdeckt, pah!" meinte Kuznikow zynisch, "Die kriegen uns doch sowieso, entweder früher oder später, aber wenn, möchte ich dabei lieber was im Magen haben. Warum habt ihr mich nicht kochen lassen?" "Mit deiner Schwarzseherei machst du wirklich schon fast God Konkurrenz," stichelte Tiger und verschwieg, was sie weiter über Kuznis Benehmen denken mochte. Manuas junger Bediensteter war in den ersten Tagen mit der Gruppe recht ruhig gewesen, als ob er sich noch nicht ganz sicher war, wie er sich ihnen gegenüber verhalten sollte. Trotzdem war ihm auch eine gewisse lauernde Art nicht abzusprechen, die den wenigsten gefiel. Prompt verkündete dann aber Tank von der anderen Seite des Feuers die ersehnte Parole: "Essen ist fertig!", den Kochlöffel wie eine siegreiche Waffe schwingend. Großzügig füllte er die Teller, die man ihm zureichte. "Bah! Wieder Suppe?" maulte Gatcha, missmutig den Teller in ihrem Schoß betrachtend. "Probier doch erst mal," entgegnete Tank, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. "Diesmal hat nämlich Liam gekocht!" "Liam?" fragte Princess mit einer Mischung aus mütterlichem Stolz und kollegialem Respekt. "Ich hab Tank nur ein bisschen helfen dürfen," wehrte dieser bescheiden ab, "Ich hoffe, es schmeckt euch." "Hmmm! Ja!" schlürfte Boss, der trotz seiner miesen Tischmanieren den netten Zug hatte, dass er wohl alles gesagt hätte, nur um Liam eine Freude zu machen. "Dann kannst du deiner Mutter ja bestimmt bald in der Küche helfen." Dabei blickte er unverwandt Princess an, die zwar errötete, den Blick aber nicht abwandte. God sah es, und was Princess unterließ, das tat er. Auch wenn er aufgehört hatte, Sive verantwortlich zu machen, war nicht zu erwarten, dass er sich mit dieser Zukunft einfach so abfinden würde. Sive, die seine Missstimmung spürte, sah ihn mitleidig an. "Willst du nichts essen?" fragte Snake. Nerd sah in die Flammen, den Game Boy locker in den Händen. Das helle Feuer verlieh seinem Haar einen geisterhaften Schein, ließ es farblich fast mit ihm verschmelzen. Auf Snakes Worte reagierte er nicht. "He, Nerd! Ich habe dich gefragt, ob du auch etwas essen möchtest." wiederholte Snake und wollte Nerds Schulter berühren. Von einer unbegreiflichen Scheu gepackt ließ er die Hand dann doch wieder sinken. Nerd, der anscheinend gar nicht bemerkt hatte, dass die Worte an ihn gerichtet gewesen waren, fuhr zusammen und blickte auf. "Ja, du solltest wirklich etwas essen," riet auch Sive in plötzlicher Sorge. "Du siehst ganz blass aus." "Blass? Ich?" erwiderte Nerd in einem seltenen Anflug von Selbstironie, "Das ist ja mal was ganz Neues." Den Teller, den Snake ihm hinstellte, aß er dann aber doch. Langsam machte sich eine behagliche Stimmung breit. Die Wärme des Feuers und die zufriedene Entspannung, die die Ruhepause hervorrief, übten ihre Wirkung aus. Mit der warmen Suppe im Bauch und den hellen Monden über ihren Köpfen wurden nicht nur die Kinder müde. Boss, den halb aufgegessenen Teller noch auf den Knien, gähnte auf einmal laut und rieb sich über die Augen, was Liam lächeln machte. Auch er war müde, aber gleichzeitig fühlte er sich so wohl wie schon lange nicht mehr und wollte die schöne Atmosphäre nicht verlassen, indem er in Schlaf fiel. Außerdem würde man ihn dann ins Bett tragen müssen so wie Neesan, der gerade selig seinen Kopf in Tigers und seine Füße in Presidents Schoß gelegt hatte - er hatte besagtes Bett wohl schon gefunden. Sheerla lag quer dahinter und hatte den Kopf auf den Rücken ihres Bruders gelegt, während sie mit halb geschlossenen Lidern in die Flammen starrte. Plötzlich spürte Liam, wie sich eine duftende Hand in sein Haar schob. Sofort begann es in seinem Bauch zu kribbeln wie von tausend glücklichen Schmetterlingen. Auch seine Mutter war bei ihm, und er hätte es fast vergessen. Boss hatte es nicht vergessen, das zeigte das Lächeln, das er ihm und Princess sandte. Obwohl er sich hütete, das Familienbild zu vervollständigen, war er doch in Liams Erinnerungen präsent. Ob auch Sive das Bedürfnis spürte, etwas zum Kuscheln zu haben? Zwischen God und Snake saß sie drüben im Exil und sah mal wieder ganz gemischt aus. Schläfrig winkte Liam ihr zu, das machte, dass sie aufschaute. Aber sie lächelte nicht. Ja, Sive saß im Exil und das spürte sie auch deutlich. God befand sich mal wieder in einer Brütephase, die nur von kurzen verbitterten Blicken auf einen ganz bestimmten Punkt unterbrochen wurde. Er hatte die Beine angezogen und das Kinn auf die Knie gestützt, genauso, wie auch Sive oft saß. Der ihr zugewandte Rücken verriet deutlich, dass er seine Ruhe haben wollte. Ob sich Snake wohl als Kopfunterlage eignete? Oder nein, er war wohl doch zu knochig. Außerdem fühlte Sive sich gar nicht wirklich müde, wahrscheinlich ein Ergebnis jahrelangen Spät-zu-Bett-geh-Trainings. Nur... das Mädchen seufzte und Snake blickte sie mitfühlend an. Auch er sah aus, als fühlte er sich fehl am Platz, bestimmt nicht zum ersten Mal. Sive lächelte kurz und raunte ihm zu, ob er denn nicht wisse, dass er ihr Patenonkel sei, was Snake mit freudiger Überraschung aufnahm. Dann schauten sie beide zu Nerd hinüber, der in seiner Haltung ein umgekehrtes Spiegelbild Gods darstellte. Nicht einmal er brachte es fertig, in dieser Situation Game Boy zu spielen. In diesem Moment wandte Snake ihr das Gesicht zu und blickte sie auffordernd an, als erwarte er sich von Sive auch in dieser Frage eine Antwort. Aber sie konnte nichts damit anfangen und sah schließlich einfach weg, ins Feuer oder zu Boden, oder nirgendwo hin, schloss ganz einfach die Augen, als sie etwas Schweres auf ihren Kopf niedersinken spürte. God hatte den Aufenthaltsort gewechselt und sein Kinn nun auf ihren Kopf gestützt. Beinahe hätte Sive die Augen wieder aufgerissen, aber sie ließ es dann doch, abwartend was kommen mochte. Aber das, was er schließlich sagte, war das Letzte, was sie erwartet hatte, wenn sie denn nun eine konkrete Erwartung gehabt hatte. "Sive. Erzähl mir was von deiner Mutter." bat God und die Veränderung in seiner Stimme war ebenso wenig zu bestimmen wie der Geruch der Luft, die Sive in diesem Moment atmete. Sie nahm an, dass Snake sie hörte, Nerd wahrscheinlich auch, aber jenseits des Feuers würde man ihre Worte kaum vernehmen. Auch God musste das bedacht haben. "Meine Mutter... ist die schönste Frau der Welt." erwiderte sie verträumt, sich mit einer Hand sanft das Haar zurückstreichend. "Sie sieht aus wie eine Elfe. Sie lacht wenig, aber sie lächelt viel." Sive hielt inne, suchte nach dem richtigen Ausdruck in einer Sprache, die es nicht gab. "Und sie hat die... schönsten Worte." "Sieh an. Du wirst ja richtig poetisch," äußerte sich God über ihren Kopf hinweg. Die überscharfe Schneide von Spott in seinen Worten machte, dass Sive zornig auffuhr. "Musst du immer alles kaputtmachen?!" "Verzeih. Ich... ich kann wohl wirklich nicht anders." Bitte, erzähl weiter. Und Sive nahm den Pinsel der Worte und malte ein Zukunftsbild. Mitten in der Nacht wachte God auf, weil sich irgend etwas an seinem Schlafsack zu schaffen machte. Mit dem Erkennen legte sich der Schreck, die Ungehaltenheit über die Störung aber blieb. "Was willst du?" fragte er mitleidlos und verschlafen. "Ich will in dein Bett!" artikulierte das schniefende Geschöpf auf der Wiese klar und deutlich seine Wünsche. "Das ist kein Bett. Das ist ein Schlafsack. Der ist nur für eine Person gedacht." "Ich will in dein Bett." beharrte Zauslöckchen ungerührt jammernd. "Früher hast du mich nie rausgeschmissen!" Was Sive ?früher' nannte, war in Wirklichkeit eine höchst dubiose Zukunft. God aber schien zu müde zum Streiten. Auch wenn er sich nicht zu einer Zusage durchringen konnte - Sive brauchte dergleichen nicht. Mit spitzen Gliedern schaffte sie sich Platz und nahm sodann selig die Igelchen-Position ein - die Stacheln geglättet, versteht sich. Text & Story (c) by Amber 2001/2002 Illustrations (c) by Willow 2001/2002 Idee (c) by Curse! (Willow, Priss-chan & Amber) 2001/2002 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)