Lebe wie im Himmel... von ne_rote_mieze (...liebe wie die Hölle) ================================================================================ Kapitel 16: Nicht jeder versteht Veränderungen ---------------------------------------------- hay!! pause beendet! ich komm wieder mit nachschub an^^ heute kümmer ich mich auch ein bisschen um die früheren kappis und deren RS-fehler >_> und die charakterbeschreibung ändert sich. so ein mist, gerade heute krieg ich grippe >.< ich fühl mich schrecklich von kopf bis hals ... aber dafür kann ja mein computer nix ^^ have fun!! ~*~*~*~*~*~*~*~ KAPITEL 16: Nicht jeder versteht Veränderungen ~~Kyo~~ „Du machst mir Angst.“, stelle ich monoton fest. „Unsinn“ „Du wirst melancholisch.“ Kein Ton verändert. „Noch größerer Unsinn“ „Lüg nicht.“ „Etwa zwei Jahre lang, mein lieber Freund, lag dieses Buch hier eingestaubt und unberührt in meinem Schränkchen.“, erklärt Shinya mir mit melodischer Stimme und tippt mit dem Zeigefinger auf besagtes Fotoalbum. „Mein altes Leben. Und nun will ich – das wohl erste mal in meinem Leben – darin herumstöbern. Mit dir.“ „Aha, das erste mal in deinem Leben ... du bist also dabei, dich zu verändern? Nein warte – sind wir schon bei Den-Alten-Zeiten-Nachheulen? Oder erwarte ich da schon zu viel?“ „Ja. Und nein, wir sind noch längst nicht so weit. Irgendwann ist immer das erste mal. Es ist nur ein Buch, Kyo, es sind nur alte Fotos.“, erklärt er todernst und wirft seine Haarpracht hinter die Schulter. Ich hebe nur beschwichtigend die Hände und ziehe die Augenbrauen hoch. „Ich mache kein Drama draus!“, schwöre ich, halb ernst, halb theatralisch. Der Blonde lächelt mich noch milde an, ehe er die nächste Seite aufschlägt und uns damit freien Blick auf das aller erste Bild schenkt. Es zeigt zweifellos Shinya, als er noch sehr klein war. Nur er ist darauf zu sehen, besonders seine ausdrucksvollen, warmen Augen stechen heraus. Shinya als Baby. Und es hat tatsächlich eine große Ähnlichkeit zu dem heutigen Shinya. Ich schweige trotzdem; ich denke nicht, dass er meine Kommentare dazu braucht. „Das ist dann wohl das erste Bild von mir.“, murmelt mein Freund und blättert weiter. Mit den Seiten und Bildern vergeht Zeit um Zeit, größtenteils ist Shinya auf ihnen zu sehen. Es wundert mich, wie viele Fotos es von ihm gibt. Ein paar von jedem Lebensalter. Es gibt Bilder, als er noch in der ersten oder zweiten Klasse war, Kung-Fu übte, beim Eisessen, während ihm Sahne im Haar klebt oder wo er irgendwo im Urlaub auf einem Felsen im Wasser steht und versucht, die Balance zu halten. „Ach was“, gluckse ich leise, als ich ein Bild von Miyu finde. Da liegt sie in einem winzigen Körbchen, wie für sie beschaffen, mit großen schwarzen Knopfaugen und feuchtem Näschen. „Eins der wenigen, ersten Bilder von ihr. Sie mag das nicht so“, erklärt Shinya leise und blättert weiter. „Oh Gott, nein!“, entrüstet er sich plötzlich. Sofort ziehe ich das Album näher an meine Nase und grinse breit. „Hast du Geheimnisse?“ „Nicht direkt“, höre ich den Jüngeren leise zischen. Da klebt ein Foto, auf dem Shinya mit ein paar Freunden zu sehen ist, darunter auch Kaoru. Alle haben sie bunte, kleine Partyhütchen auf und blasen in alberne Partykracher. „Wo war das denn? Und wann!?“ „Weißt du das nicht mehr? Es war ... vor vielleicht einem Jahr. Eine Party, da durftest du nicht hin, weil’s dir deine Eltern verboten haben. Mein Cousin und sein Freund haben den Abschluss geschafft“, murmelt er etwas beschämt, aber trotzdem grinst er etwas. Das ist das zweite mal, dass ich in Shinya eine kleine Gefühlsregung erkenne. Ich nicke wissend und will die nächste Seite aufblättern, aber da ist das Album auch schon zu Ende. ~~Kaoru~~ (Montag in der Pause) „Wo wart ihr heute Morgen? Wir haben uns wohl verfehlt“, begrüßt Shinya Die und mich, als wir mitten im Pausengewimmel zueinander gefunden haben. Allerdings fehlen noch Kyo und Toshiya. Warum wundert mich das nicht? „Nein, Die fand die Idee, dem Bus absichtlich hinterherzulaufen, und zu sehen, was passiert nur unheimlich komisch“, seufze ich und werfe dem Rotschopf einen zynischen Blick zu. „Aber der Idiot hat mich gesehen“, kontert er leise und grinst unschuldig. „Äh ... apropos – wo steckt Toshiya?“ „Und Kyo?“ Beide blicken wir uns fragend an. Shinya zuckt nur die Schultern und sieht sich – wohl eher reflexartig – im Schulhof um. „Ich hatte gehofft, ihr wüsstet das. Er hat heute bei mir übernachtet, also ist er natürlich hier irgendwo. Der verschwindet doch immer irgendwo. Toshiya hab ich den ganzen Tag schon nicht gesehen. Vielleicht ist er wieder nicht da. Ich hab das Gefühl, irgendwas –“ „Hey, wollen wir nicht lieber in die Cafeteria gehen? Mir ist kalt“, lenkt Die plötzlich ab. Ich starre ihn aus einer Mischung von Sorge und Überraschung an. „Kalt? Es hat doch noch dreiundzwanzig Grad, das hat dir doch nie was ausgemacht?!“ Doch dann fällt mir Shinya fast ins Wort: „Er hat schon Recht, lasst uns reingehen.“ „Shin – was wolltest du vorhin – sagen?“, versuche ich ihn zu fragen, während ich immer wieder von einer entgegengesetzten Welle von Schülern weggedrängt werde. Ich erhalte keine Antwort. „Mann, pass auf, du Trottel, du bist hier nicht alleine auf dem-“, setze ich eben eine Attacke gegen einen jüngeren Kerl, der mir seinen Ellenbogen mehr oder weniger in die Magengrube gerammt hat, als ich ihn in der Menge sehe. „Hey, Kyo!“, rufe ich dem Schwarzhaarigen zu und bleibe auf dem Flur stehen. Er scheint es nicht sehr eilig zu haben und er blickt bei meinem Ruf ein paar Sekunden später auf. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Ich grinse ihn leicht an und winke ihn her. Da kommt er quer über den Gang und hält dabei – bewusst oder unbewusst – die nächste Ladung Schüler auf. „Was ist?“ „Wo warst du die ganze Zeit?“, hacke ich auf ihn ein und gestikuliere wild. „Im Unterricht?“ „Ja, aber wo ist Toshiya?“ „Das hat doch damit nichts zu tun“ Er guckt mich verstört an. „Komm doch einfach mit!“ Ungeduldig ziehe ich ihn am Ärmel in die volle, laute Cafeteria. Sie ist weder besonders groß noch klein, ziemlich üppig und kommt wohl jeder anderen gleich. Und obwohl sich so viele Leute in ihr aufhalten, ist es keine allzu große Schwierigkeit, die Jungs zu finden (sofern wir die Pause hier drin verbringen), denn oft haben bestimmte Schülergruppen ihre eigenen Tische, aber nicht immer. Shinya und Die sitzen – wie ich erwartet habe - weit außen auf der anderen Seite des Raumes. „Warum sucht ihr mich überhaupt? Bin ich irgendwie an euch gebunden?“, fragt Kyo verwundert, während er neben mir herwandert. „Nein, aber normalerweise sehen wir dich jeden Tag, und heute soll’s ja nicht anders sein.“, antworte ich selbstverständlich, drücke ihn auf die dreckig weiße Bank runter und setze mich selbst daneben. „Ich hab selbst was zu essen dabei“, grummelt Kyo, ohne die anderen zu begrüßen. Ehe ich ihn erneut in die Situation einweisen kann, unterbricht Shinya mich lächelnd. „Niemand hindert dich daran, sie hier zu essen.“ Er selbst stochert in seinem Essen herum und isst – wobei ich jedes mal umkippen könnte – mit unglaublicher Bedacht. „Hast du eine Ahnung, wo Toshiya steckt?“, frage ich ein zweites mal, diesmal ein wenig drängender. „Warum willst du das eigentlich wissen?“ „Es interessiert mich eben, verdammt noch mal!“, fauche ich und zwinge mich zur Ruhe. Weiß er es jetzt oder nicht? Irgendwie kämpfe ich gerade mit dem unwiderstehlichen Drang, ihm einen Teller überzuziehen. Wenn er mir nicht auf der Stelle eine korrekte Antwort gibt, tut’s auch Shinyas Tablett. Zu meiner völlig unpassenden Verblüffung lacht Kyo sich nach meinem kleinen Anfall restlos ins Fäustchen. Ich sacke auf meinem Platz zusammen und seufze tief. Um nichts in der Welt hätte ich mir gewünscht, so unernst genommen zu werden. „Ist ja gut, ich nehm dich doch nur auf den Arm!“ Das hatte ich befürchtet. „Okay, im Ernst – ich weiß nicht, ob euch das was angeht. Es sei denn, er hat es euch schon gesagt. Denn dann erzähl ich es euch vielleicht.“ Ich horche auf; mein Ärger ist sofort verflogen. „Du meinst, dass er in eine andere Band will?“ Denn davon weiß ich bereits. „Ja, stell dir vor, eine, die sogar schon existiert!“ Kyo starrt mich groß an, so als hätte er mir gerade etwas total Überraschendes erzählt, auf das er stolz sein darf. Einerseits bin ich wirklich erstaunt, dass er davon weiß, andererseits missfällt mir der Sarkasmus in seiner Bemerkung, der sich eindeutig auf meine eigenen Vorstellungen einer Band bezieht. „Sag bloß.“, kommentiere ich also schlicht. Dann wendet sich der kleine Schwarzhaarige wieder den anderen zu, die ihm aufmerksam zuhören. „Also wisst ihr es anscheinend. Ich persönlich hab’s erst eben erfahren, als ich ihn vorhin bei ihnen gesehen hab.“ „Wobei?!“ Gespannt lehne ich mich weiter vor und starre Kyo scharf an. „Herrgott, du wirst es erfahren!“, stöhnt er auf und wirft mir einen belustigten Blick zu. Irgendetwas an meinem Ausdruck gab ihm einen Schuss und er machte schnell weiter. „Nach dem Unterricht ist er in eine andere Richtung gegangen, ich bin ihm hinterhergerannt, aber weil ich nichts besseres zu tun hatte, also sagt nichts. Ich weiß selber nicht, warum mich das irgendetwas angehen sollte, warum ich ihm hinter sollte, aber egal. Er ist zu dem selten benutzten Kunstraum gegangen und da hat er unsere kleine brüchige Schulband gefunden. Der letzte Bassist ging flöten, ich hab keine Ahnung, warum. Ich weiß nur, dass die sich innerhalb der Gruppe oft zoffen, aber wenn alles gut geht, wird Toshimasa ihr dritter oder vierter Bassist. Ich hab ihn noch vorspielen sehen.“ Er macht eine Pause, bei der er gedankenverloren an die Decke starrt. Dann macht er den Mund zu. Auch Shinya senkt seinen Kopf wieder und Die, der anscheinend zugehört hat – auch wenn man es seinem Gesichtsausdruck nicht ansieht – verzieht fragwürdig die Miene. „Und?!“, platze ich als einziger heraus. Kyo dreht seinen Kopf wieder zu mir, als hätte er vergessen, das sich auch noch da bin. „Und dann bin ich gegangen.“ Verzweifelt stöhne ich auf und vergrabe mein Gesicht in den Händen. Wie konnte ihm das nur entgehen? Interessierte ihn denn gar nicht, ob Toshiya nun in dieser verdammten Band mitspielt oder nicht? Ach, natürlich interessiert ihn das nicht. Warum auch? Das hätte ich mir ja denken können. Auf einmal klingelt die lahme Schulglocke und ein allgemeines Raunen geht durch die Halle. „Klasse, jetzt konnte ich gar nichts essen!“ ~~Shinya~~ (nach der Schule) „Wie war’s bei dir so im Unterricht?“ Keiner außer Kaoru würde so eine Frage aus reiner Neugier stellen. „Wir haben ein Referat in Geschichte“, erwidere ich etwas angesauert und beobachte weiterhin den relativ kleinen Haupteingang, aus dem gerade die letzten Schülergrüppchen flüchten. Toshiya gehört nicht zu ihnen. Seufzend spende ich meine Aufmerksamkeit Kaoru, der von meiner geistlichen Abwesenheit nicht besonders viel mitbekommen hat. „Wie geht’s dir, Die?“ Der Rotschopf sieht den ganzen Tag schon ziemlich müde aus und macht auch keine Anstalten, sich mit seinen sonst so übereifrigen Kommentaren zu unseren Konversationen zu gesellen. „Beschissen“, jammert er und bringt ein mattes Lächeln zustande. Seinen Humor scheint er noch nicht vergessen zu haben. „Er musste fast das ganze Wochenende zu Hause verbringen!“, bestätigt der Älteste, wobei er sich dabei anhört, als wüsste er nicht, ob er das für gut oder schlecht halten sollte. „Aber er wird wieder auf die Beine kommen, immerhin hat er ja uns.“ Aha, Grund genug. Neben mir ertönt ein belustigtes Schnauben, von Kyo, der seit mindestens zehn Minuten unbeteiligt neben uns steht, ab und zu von Schülern angerempelt wird und die Hände in den Hosentaschen vergraben hat. Man kann gar nicht glauben, wie nett es von ihm ist, auf uns zu warten. Das beweist endlich mal, dass ihm doch etwas an uns liegt. Aber das merkt natürlich keiner. „Hey, ich hab mir was cooles überlegt“, Dies Stimme erhellt etwas. „wir gehen alle“, er blickt unauffällig zu Kyo, „zum Schwimmen. Am Wochenende. Bei uns herrscht total tote Hose.“ „Oh, du hast Recht, darauf bin ich gar nicht gekommen. Ich war das ganze Jahr schon nicht mehr schwimmen.“ Ich lächle sanft (und doch irgendwie unecht), nicke zu Kyo und senke meine Stimme etwas. „Auch wenn er Sport hasst, Wasser ist sein Element.“ „Macht ein Wettrennen, dann zeigt sich der Meister“ „Ihr spinnt doch!“, motzt Kyo amüsiert. „Ich muss mich hier nicht beweisen!“ Damit ist das Thema abgeschlossen. Zumindest verbal; mir ist die Sache nicht ganz geheuer. Es liegt nicht in meiner Hand, und vielleicht klingt es penibel, aber ist es nicht übertrieben, wenn Die schon wieder zu körperlichen Aktivitäten greift? Sollte er sich nicht noch etwas länger auf die Matte legen? Er wird es schon wissen. Obwohl – wie ich Die kenne... „Herrgott noch mal, wo steckt dieser blauhaarige Kasper?!“, meckert Kaoru los. Kyo sackt ein Stück in sich zusammen und verzieht genervt das Gesicht. „Du wartest doch nicht etwa noch auf den? Der kommt doch heut nicht mehr...“ „Er wird schon heimgegangen sein. Oder er hat sich noch mal mit der Band getroffen und probt weiter.“, werfe ich schulterzuckend ein. Meiner Meinung nach ist das doch die logischste Lösung. „Du hast schon Recht, aber ich will das nicht hören von euch.“, lautet die Kleinbeigabe. „Weil du nicht einsehen kannst, dass er nicht mit dir in einer Band spielen will“, giftet der Schwarzhaarige grinsend und weicht lachend einen Schritt zurück, als Kaoru ihm mit der Tasche eins überziehen will. „Wartet – morgen kommt er her und erzählt uns mit leuchtenden Sternchenaugen, wie klasse er das alles findet und dann stellt er uns seinen neuen Freunden vor“, kommentiert Daisuke miesepetrig und formt mit seinen Fingern einen plappernden Entenschnabel. „Toshiya ist nicht mehr unser kleiner Sonnenschein“, murmle ich gedankenverloren und fahre mir flüchtig durch die Haare. „Er wird schon seine Gründe haben, jetzt in Go:sick zu spielen.“ „Was für ‚sick’?“, nuschelt der Rotschopf verständnislos. „Sei nicht albern. Ich weiß genau, was zwischen ihm und Daisuke passiert ist!“, entrüstet sich Kaoru (wobei dem Größten von uns augenblicklich die Luft wegbleibt), „Aber irgendwann ... kann er ... muss er doch darüber hinwegkommen.“ Es ist offensichtlich, dass dieses Thema eigentlich tabu ist, und selbst Kaoru ist es ziemlich unangenehm, darüber zu sprechen. „Wenn ihr meint.“ Toshiya kommt nicht mehr. ~~Toshiya~~ Gut gelaunt schlendere ich von der Bushaltestelle nach Hause und schwenke unvorsichtig die Schultasche in der Luft. Heute ist mit Abstand der tollste Tag seit Schulbeginn. Den habe ich mir wirklich verdient. Die Jungs von Go:sick sind ziemlich cool drauf. Eine ganz normale Schulband, würde ich sagen. Aber irgendwie nichts zum berühmt werden. Das ist mir vollkommen egal, Hauptsache ich habe Spaß mit ihnen. Sie waren ganz begeistert von der Art wie ich Bass spiele. Ich hab mich gewundert; so gut spiele ich gar nicht. Es klang sogar eher ein wenig eingerostet für meinen Geschmack. Ich schätze mal, die sind einfach recht froh, dass sie wieder einen Bassisten haben und sich nicht auflösen müssen. Nachdem ich vor der Hoftüre einen kleinen Streit mit einer alten Dame hatte, der ich versehentlich meine Tasche vom hin- und herschlenkern übergezogen hatte, sperre ich grinsend die Haustüre auf und rufe durchs ganze Haus. „Ich bin wieder daaaaaaa-“ „Wir hören dich, Schatz“, unterbricht meine Mum mich lächelnd und lehnt sich an den Türrahmen zwischen Wohnzimmer und Gang. Schnell wechsle ich meine Schuhe. „Ich hatte heute ein Vorspiel in einer Band, in die ich will.“ „Ach so, diese Schulband. Das hast du mir heut ja schon mal erzählt. Oh, und ich wollte dich grad ausschimpfen, wo du schon wieder bleibst“, neckt sich mich lachend und putzt das Glas sauber, dass sie in der Hand herumdreht. „Ja, Mami“, erwidere ich mich Fistelstimme. „Falls ich in zwei Stunden nicht wieder runtergekommen bin, schickt einen Suchtrupp nach mir.“ „Das hab ich mir auch schon überlegt.“ So verschwinde ich mit großen Schritten die Treppen nach oben und schmeiße meinen Rucksack in meinem Zimmer aufs Bett. Wir müssen ein kleines, kitschiges Gedicht auswendig lernen, in Mathe schreiben wir morgen eine Ex und von meinem Musiklehrer habe ich erfahren, dass wir gerne ein Referat über unsere Lieblingsband oder Musikrichtung halten können. Ich Großen und Ganzen ein 0815-Schultag. Wenn da nicht Kyo wäre. Seitdem ich mit ihm in eine Klasse gehe, ist kein einziger Schultag mehr richtig normal. Ständig frage ich mich, was er denkt. Und warum er meine Hilfe nicht annehmen will. Ich weiß genau, dass er sie brauchen könnte! Und er wäre sicher dankbar dafür. Aber als er sagte, ich sei zu schwach dafür und könnte das nicht ertragen, fiel mir nichts mehr ein. Dabei konnte ich ihm nicht widersprechen. Er hat ja Recht. Und damit hat er mir den Wind aus den Segeln genommen. Ich komme nicht einmal damit klar, hinzusehen. Heute haben sie ihn in der Früh schikaniert, indem sie Wasser über seine Hausaufgaben geschüttet haben. Kurz vor der Pause hat ihm Takumi (eigentlich ein Idiot, der zu den schulisch Hoffungslosen zählt) einen Fuß gestellt, aber Kyo war nicht so dumm, darüber zu stolpern. Stattdessen hat ihn jemand anders darüber geschubst. Jedes mal sehe ich ihm genau an, dass er jemanden verprügeln würde, und ich bin sicher, er wird es diese Woche noch tun. Das Problem ist, dass er dann unheimlichen Ärger bekommen könnte! Und das will ich um jeden Preis verhindern. Um jeden Preis... Vielleicht sollt ich mal zur Abwechslung was riskieren? Immerhin bin ich grade dabei, mein Leben zu verändern. „Alles wegen irgendeinem Typen, der sich nicht im Geringsten für dich interessiert, den kein anderer leiden kann ... gerade für so einen willst du dich opfern...“ Doch ich habe jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Ich bin gerade dabei, mein Image zu ändern. Nicht nur innerlich. Sondern auch äußerlich. ~~Die~~ „Mit mir ist alles in Ordnung, Mum.“ Meine Mutter ist zu einem langen Arbeitstag verpflichtet, also muss ich sie anrufen. Oder eher – sie besteht darauf. Das Versprechen meiner Eltern, früher heimzukommen, hat sich irgendwie in Rauch aufgelöst. Es war klar, dass das von nichts anderem kam, als von der anfänglichen Sorge. Aber immerhin weiß ich, dass ich ihnen nicht völlig egal bin, und das ist schon in Ordnung. Ich bin sowieso froh, wenn ich allein zu Hause bin. Ein ganzes Haus, nur für mich alleine. Ein Schloss von Haus. „Ist gut, Schatz. Aber über dein Wochenende reden wir noch mal! Ich bin damit nämlich nicht ganz einverstanden“ „Ja, oka-san“, witzele ich halbherzig. Ich sehe keine allzu rosige Aussicht auf meine Idee ... aber wollen die mich die ganze Zeit hier zu Hause versauern lassen? Ein paar Sekunden später ist das Telefonat beendet und ich widme mich wieder dem langweiligen Alltag. Das heißt – ich lege mich auf die Couch, strecke meinen Kopf über die Lehne, bis ich beinahe einen Rückwärtspurzelbaum hinlege. Ohne meine Freunde ist es unsagbar langweilig, ich wäre sogar schon soweit, Kyo ins Kino einzuladen, nur um ein bisschen Spaß zu haben. Immer noch besser, als Kaoru anzurufen. Er kommt mir so distanziert vor, jede Minute, die ich nicht bei ihm verbringe. Er ruft nicht einmal an. Ich will wieder irgendwas anstellen. ‚Dann ruf Toshiya an’, schaltet sich mein Verstand ein. Klar doch! Mit dem hab ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr unter vier Augen geredet. Aber ein Telefongespräch ist nur halb so interessant wie ein Live-Gespräch. Kaum gedacht, hänge ich gespannt am Telefonhörer. ‚Einfach mal spontan drauf los...’ „Móshimoshi?“, meldet sich die unsichere, hohe Stimme Toshiyas Mutter. „Hi, hier ist Die“, ich kichere über mein miserables Wortspiel, „ist Totchi da?“ „Schön, dass du mal anrufst! Er war weg, aber er gerade wieder heimgekommen, ich hol ihn kurz. Er ist endlich wieder ziemlich gut gelaunt“, berichtet sie mir beinahe stolz und ich höre sie die Treppenstufen raufgehen. „Das ist toll“ Mit einem offenen Lächeln male ich mir aus, wie es wohl sein wird, wenn mein blausträhniger Freund endlich mal wieder bei mir antanzt. Vielleicht wird es wie beim ersten mal? Er klingelt unsicher vor der Haustür, ich begleite ihn ins Wohnzimmer und er schrumpft immer mehr bei der Wuchtigkeit dieses Hauses in sich zusammen. Das wäre typisch Toshiya. „Jaa?“ „Toshiya?“ „Ohh ... hallo, Die“ Gütiger ... er hört sich gerade so an, als hätte er am allerwenigsten mit mir gerechnet. Ungläubig verziehe ich das Gesicht und fahre mit dem selben unbekümmerten Ton fort: „Dir ist doch sicher langweilig, nicht? Warum schwingst du dich nicht mal wieder zu mir nach Hause?“ „Zu dir nach Hause?“ „Ja, da, wo ich seit langer Zeit wohne.“ „Aber du bist doch krank!“ „Das war ich schon immer!“ Ich lache mich sichtlich in mich hinein. Entweder macht Totchi heut einen auf blöd oder er ... meint’s wirklich Ernst. Normalerweise ist er spontaner (wenn auch oft unbewusst) und denkt nicht so viel nach. Ähnlich wie ich. Aber jetzt scheint er mir ein bisschen komisch. „Es sei denn, du willst nicht. Ich frag ja nur.“ Kann er da noch Nein sagen? Da schlägt sein Ton um, wird etwas lockerer. „Nein, nein, ist schon gut. Ich wundere mich nur, du bist doch noch alles andere als fit.“ Meine Miene verfinstert sich um mein Lächeln erstirbt langsam. Das war zu viel der Antwort. „Das weißt du nicht“, fauche ich leise, aber nicht wirklich sauer. „Gomen ... ich bin gleich da. Ich freu mich, mal wieder zu dir zu kommen...“ Das klang jetzt irgendwie seltsam. Aber ich kann den Unterton nicht deuten. Womöglich bilde ich mir zu viel ein. Normalerweise ist Shinya immer Spezialist in so was, aber richtig gute Menschenkenntnisse hab ich nicht. Gut, dann unterlasse ich das Denken lieber und konzentriere mich auch die wichtigen Dinge! „Hai, beeil dich!“ ~~Kyo~~ Nach der Schule bin ich nicht nach Hause gelaufen. Meine Mutter weiß es nicht, aber das ist egal, das stört sie kein bisschen. Ich bin nicht loyal, aber ich komme immer zurück, und wenn ich zwei Wochen weg bin, und das weiß sie. Es war eine reine Spontanaktion. Es hat mich einfach zu meinem Lieblingsplatz gezogen. Zum Park, wo ich oft bin, wo ich sogar schlafe. Und jetzt sitze ich hier, nicht auf der Bank (scheint so, als hätte jemand draufgekotzt), sondern im Gras, genau neben einem Baum. Das Gras ist feucht und kalt, aber angenehm. In Tokio ist es immer relativ laut, auch im Park, aber mit der Zeit gewöhnt man sich an den Krach. Man gewöhnt sich daran, dass die Kinder und Jugendliche, die auf der Wiese Fußball spielen, einem ab und an den Ball an den Kopf knallen. Man gewöhnt sich daran, sich in der Menge zu verlieren und sich klein zu fühlen. Je größer die Menge ist, desto unbedeutender wird man. Ich tröste mich immer mit dem Gedanken, dass alle um mich herum klein sind, egal, wie viele Freunde oder Geld sie haben, wie viel sie geleistet haben könnten. Aber darum geht es mir gar nicht, im Grunde ist es mir scheißegal, wer diese ganzen Leute hier sind. Ich liege auf dem Bauch und habe wirklich nichts besseres zu tun, als meine Mathehausaufgaben zu machen. Mein Heft ist ein wenig nass geworden und die Tinte ist gerade verschmiert, weil ich mit der Hand die nervigen, vom Baum heruntergefallenen Blätter weggewischt habe. Hin und wieder streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht über die Schultern. Manchmal würde ich sie am liebsten einfach abschneiden! Ungeduldig tippe ich auf dem Rechner rum. Ich bin bei der dritten Aufgabe, und das sind meistens schon die dummen. Ich hänge immer ab der dritten. Das ist ein Klischee. Je länger ich über eine Aufgabe nachdenke, desto weniger verstehe ich. Irgendwann bin ich dann so verwirrt, dass ich drei mal acht rechne und keine Ahnung habe, was das ist. „So ein Scheiß“, murmle ich unbewusst und widme mich der nächsten Aufgabe. Zwei Minuten später sehe ich genervt seufzend auf und starre in das Gesicht eines kleinen Jungen auf der hässlichen grünen Bank kaum drei Meter vor mir, der mich schon seit geraumer Zeit anstarrt und sich wohl unerkannt vorkommt. Das witzige ist, dass er nicht gafft, sondern einfach nur gedankenlos guckt. Das passiert mir gar nicht so oft, denn meistens wird gegafft. Ich grinse leicht, er verzieht keine Miene. „Bin ich nicht würdig, so verdiene ich dich nicht“, sage ich theatralisch und mache dabei eine dämliche Handbewegung. Okay, der Text, den ich lese, ist nicht so dumm wie er sich eben anhört, nur ein wenig kitschig. Zum ersten mal in meiner schulischen Laufbahn ist das Japanischbuch recht unterhaltsam für mich und es gibt entweder moderne normale Texte, Texte aus dem zwanzigsten Jahrhundert oder uralte Texte. Sie zu analysieren ist schwer. Sie sind ganz anders als auf den ersten Blick. Diese eine Passage kommt mir irgendwie bekannt vor. Sie trifft auf so einige zu ... aber nicht richtig, sie trifft zu, aber der oder diejenige weiß das gar nicht. Tja, wer könnte das sein? Aber beiseite mit meinen kleinen Weltanschauungen. Der Satz bringt mich jedes mal zum Grinsen, denn so gut ist er meiner Meinung nach gar nicht. Denn „nicht würdig sein“ und „nicht verdienen“ sind theoretisch dasselbe. Er hätte natürlich auch schreiben können, was genau der Kerl verbockt hat, dass er die schlaue Katze nicht verdient hat. Dann würde es mehr Sinn ergeben (Vielleicht auch nur für mich). Ja, der Text ist halbwegs ironisch gemeint, aber er hat eine tiefgründige Verborgenheit, die sich hinter einer lustigen Fassade versteckt. So etwas mag ich an Geschichten. Es trägt so einen Teil meines Lebens mit sich. ~*~*~*~*~ huuh, fertig *hüstel* gar nicht mal so einfach, wieder den anschluss zu finden! man ignoriere die drei wortwiederholungen von "texte" in einem satz in kyos sicht, denn das ist absicht ^^ ich wollte noch was sagen ... aber mir fällt's grad nicht ein >.< ... bis demnächst!!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)