Sturmnacht von Caildyn (Exorzisten finden ihren Weg) ================================================================================ Prolog: -------- Lex Guarder, ein zurückgezogener Junge, der an Albinismus litt, in Kampftechniken bewandert war, die selbst seine Lehrer nicht meisterten und immer ein Schwert mit sich trug, war mit seinen 19 Jahren der Jüngste gewesen, der sich jemals an der letzten Prüfung zum Berufsexorzisten beteiligt hatte. Die älteren Teilnehmer lachten ihn aus und warfen ihm Dinge wie "Das schaffst du doch nie!" oder "Verzieh dich, Kleiner! Das hier ist nur was für Erwachsene!" an den Kopf geworfen . Im Vergleich zu den Beleidigungen, die man sich scheinbar extra seinetwegen hatte einfallen lassen, waren solche Dinge absolut harmlos. Von jemandem, wie ihm erwartete man nichts und das ließ man ihn auch spüren. Um so größer war das Staunen, als Lex die Prüfung als Einziger, noch dazu mit Bestnote bestanden hatte. Der junge Exorzist baute sich extrem schnell einen Ruf auf, der ihm weit vorrauseilte, indem er binnen weniger Wochen dreizehn Geister und Dämonen und unzählige Untote aus dem Weg räumte und handelte sich durch die beinahe dämonische Präzision, mit der er dies tat, und seinem Aussehen den Beinamen 'von Gott gesandter Dämon' ein. Lex kümmerte es wenig, was die Leute von ihm hielten und mit der Zeit wurde dies immer mehr zu einer seiner vielen Stärken. Seit der Prüfung war bereits ein ganzes Jahr vergangen. Zur Feier des Tages besuchte Lex die Stätte seiner Ausbildung: Ein altes, schön gestaltetes Gebäude. Die "Schule" war eine Art Internat für die Wenigen, die Exorzisten werden wollten, und zu seiner Überraschung immer noch verhältnismäßig gut besucht. Die Ausbildung zum Exorzisten zog sich über fast drei Jahre hin, in denen der Anwerter in die Praktiken des Exorzismus eingeweiht und im Umgang mit Waffen und manchen Kampftechniken unterrichtet wurde - nicht selten mit Gewalt oder schweren Verletzungen. Er betrat das Gelände der "Schule", ging auf den Eingang zu und wurde argwöhnisch gemustert. Kurz vor dem Eingang trat jemand geräuschvoll hinter ihn. Lex blieb stehen, drehte sich aber nicht um. Der junge Mann, der hinter ihm stand, drehte den Weißhaarigen um, riss ihm die Sonnenbrille herunter und sah ihn genauer an, was ein abwertendes Zischen zur Folge hatte. Lex musterte den jungen Mann ebenfalls. Er war nur ein klein wenig größer als er, trug einen langen Mantel, hatte schwarze Haare, war um die 19 Jahre alt und sah aus, wie einer dieser Neureichen, die es nicht lassen konnten, jeden zu erniedrigen, der weniger Geld besitzen zu schien, als sie. Langsam ließ Lex seinen Blick auf die Hand des Jungen schweifen, die immer noch auf seiner Schulter verharrte, und hob sie von sich. Der Junge, der ihm gegenüber stand, war nicht darauf gefasst, dass der Rotäugige so ruhig bleiben würde und wurde langsam aber sicher aufbrausend: "Du dreckiger Albino! Wer bist du?!" Lex war geübt im Umgang mit Leuten, die ihn beleidigten und antwortete höflich: "Mein Name ist Lex Guarder." Ein Raunen ging durch die Schülerschaft. "Vielleicht haben Sie ja schon einmal von mir gehört, aber mich würde so oder so viel mehr interressieren, wer Ihnen das Recht gegeben hat, Leute zu beleidigen, ohne sich selbst vorgestellt zu haben." Der Junge lachte auf: "Ich bin Ray Drowner. Und DU willst der von Gott gesandte Dämon sein?! Dass ich nicht lache!" Lex zog sein Schwert und sagte leise, aber gut hörbar: "Das lässt sich ja prüfen. Wenn ich Sie besiege, glauben Sie mir dann?" Ray schien völlig überrascht über Lex' Zuversicht, nahm die Herausforderung aber trotzdem an. Er ließ sich ein Schwert geben, nahm ein paar Probeschläge vor und ging auf den Weißhaarigen los. Dieser parierte die Schläge mit Leichtigkeit und setzte selbst einige Schläge an, die den Anschein erweckten, sein Schwert wöge nur wenig mehr als Luft. Die Schnelligkeit der Schläge machte dem offensichtlichen Anfänger das Ausweichen extrem schwer, doch auch er kam ohne Kratzer davon. Er traute seinen Augen nicht ganz, als Lex einem horizontalem Schlag auswich, indem er kurzerhand mit geschlossenen Augen auf die Klinge sprang, mit der Ray ihn angriff, und sich von dort aus senkrecht nach oben katapultierte. Ray sah ihm hinterher, wurde aber von der Sonne geblendet, was ihn daran hinderte, Lexs Position auszumachen. Er konnte gerade noch ausweichen, als sein Gegner, die Klinge voran, herabgestürzt kam und sein Schwert mit voller Wucht in den Boden rammte. Obwohl die Klinge fast vollständig im Boden verschwunden war zog Lex sein Schwert mit nur einer Hand heraus. Endlich schien Lex Ray bewiesen zu haben, wen er da vor sich hatte, denn er gab auf. Er kniete gerade nieder und gab auf, als ein Mann auf den Hof kam, um sich nach dem Grund für die Versammlung zu erkundigen. Zwar sah dieser, dass der Besiegte niederkniete, aber er konnte nicht ausmachen, wer oder was der Grund dafür war. Also kämpfte er sich durch die Menge der Schaulustigen, um nachzusehen, wer für Rays Niederlage verantwortlich war. Seine Überraschung war groß, als er seinen ehemaligen Schüler erkannte und tief Luft holte. Lex musste unwillkürlich lächeln, war dieser Mann doch sein einstiger Lehrer für Kampftechniken gewesen und hatte ihm als Einziger die Stirn bieten können. Der Lehrer ging auf Lex zu und umarmte ihn. Musternd legte er seine Hände auf seine Schultern und besah sich seinen Schüler. "Lex! Wir haben uns lange nicht mehr gesehen und man hört viel von dir. Ist es wirklich erst ein Jahr her, seit du deine Prüfung zum Exorzisten abgelegt hast?" Lex lächelte und sah auf den Besiegten, der immer noch demütig auf dem Hof kniete. Kopfschüttelnd ging der Exorzist zu Ray und zog ihn auf die Beine, wonach er sich wieder seinem ehemaligem Lehrer zuwandte: "Herr Yamoto! Immer noch so gut gelaunt, wie vor einem Jahr. Ich wollte nur sehen, ob meine alte Schule noch steht. Bei den Chaoten, die hier umherirren, wäre es ja kein großes Wunder, wenn sie es nicht mehr täte." Während er dies sagte, zeigte er auf Ray. Ein Lachen ging durch die Menge. "Jetzt aber zu anderen Dingen. Ich werde mich für heute hier einquartieren und das zweite Anliegen bespreche ich später mit der Schulleitung." endete er und setzte sich mit flatterndem Mantel in Bewegung. Auf seinem Weg stoben die Schüler auseinander und bildeten so eine Gasse, die ihn zum Eingang führte. Im Gebäude ging Lex zielstrebig zum Büro des Schulleiters und klopfte an. Als er nach weiteren Versuchen keine Antwort erhielt, trat er ohne Aufforderung ein. Zu seiner Verwunderung war das Büro leer. 'Höchstwahrscheinlich ist der Schulleiter nur kurz unterwegs und kommt in wenigen Minuten wieder, wie so oft, während meiner Ausbildung .', dachte er gerade, als hinter ihm die Tür zuklappte. Lex drehte sich um und sah sich Herrn Yamoto gegenüber. Mit großen Augen fragte der Rotäugige: "Sie sind Schulleiter? Seit wann? Und wieso haben sie auf dem Hof nichts davon gesagt?" Yamoto drehte setzte sich an den Schreibtisch und bot Lex einen Sitzplatz an, welcher dankend angenommen wurde. Der Schulleiter legte die Fingerspitzen aneinander und fing an zu berichten: "Wenn du wüsstest, wie viel sich hier verändert hat. Kaum warst du weg, ist hier alles drunter und drüber gegangen. Du kannst froh sein, dass du das Desaster nicht miterleben musstest, das manche Schüler und den alten Schulleiter das Leben gekostet hat." Lex senkte den Kopf und fragte bedrückt: "Was ist denn passiert?" Sein Gegenüber schluckte schwer und fuhr fort: "Nun... Einer deiner damaligen Mitbewerber war so wütend darüber, dass er durch die Prüfung gefallen war und du als eine, wie er dich bezeichnete, nicht lebenswerte Missgeburt als Einziger bestanden hattest, dass er Amok lief." Als Lex begann, wie in Trance in die Luft zu starren, fügte er hastig hinzu: "Bitte gib nicht dir die Schuld daran: Du kannst nichts dafür." Zu spät. Wie ausgewechselt und offensichtlich wutentbrannt spang er auf und zischte: "Geben sie mir den Namen! Das wird er büssen!" Yamoto hatte ihn schon einmal so erlebt: Als er drei Jahre zuvor erfahren hatte, dass jemand seine gesamte Familie getötet hatte, hatte er genauso reagiert und war kaum unter Kontrolle zu bringen gewesen. Als man ihn dann endlich unter Kontrolle gebracht hatte, war der gesamte Speisesaal renovierungsbedürftig gewesen. Und immernoch klafften riesige Risse in den Wänden, die er damals mit seinem Schwert hinterlassen hatte. Instinktiv stand Yamoto auf, hielt Lex fest und drückte ihn sanft auf den Stuhl zurück. "Lex, beruhige dich. Gewalt bringt auch nichts mehr, der Amokläufer ist bereits tot. Er hat Selbstmord begangen, nachdem er realisiert hatte, dass durch seine Hand acht Unschuldige und mein Vorgänger gestorben sind." Lex beruhigte sich ein wenig und hauchte: "Hoffentlich schmort er in der Hölle." Nach einiger Zeit des Schweigens rang sich Lex dazu durch, sein eigentliches Anliegen vorzutragen: "Eigentlich bin ich nur hergekommen, um einmal 'Hallo' zu sagen, aber jetzt hätte ich eine Bitte." Yamoto sah Lex an. "Worum geht es denn?" "Ray Drowner.", war die knappe Antwort. Der Schulleiter sah Lex tief in die Augen. "Was ist mit ihm?" Lex begann zu erzählen: "Nun ja, ich weiß, das hören sie nicht gern, aber ich habe gerade mit ihm kämpfen müssen." Nun war Lex' Gegenüber kurz davor, auszurasten. "Aber bevor sie sich jetzt wieder aufregen, möchte ich ihnen sagen, dass er ein gewisses Talent dafür hat, mit einem Schwert umzugehen und ich ihn deshalb im Schwertkampf und meinen Kampftechniken unterrichten möchte." ergänzte Lex gerade noch rechtzeitig. Seinem ehemaligem Lehrer klappte der Kiefer auf. Saß da wirklich DER Lex Guarder vor ihm, der sich noch ein Jahr zuvor einen feuchten Kehricht um seine Mitmenschen geschert hatte und bat ihn jetzt darum, einen Schüler seiner Schule an ihn abzutreten, um ihn zu trainieren? Yamotos Reaktion überraschte Lex. Er hatte damit gerechnet, achtkantig aus dem Büro geworfen zu werden und wurde stattdessen angesehen, wie ein Gespenst, das gerade einen Raum durch die Wand betreten hatte. Kurze Zeit später verkündete der Schulleiter, dass Ray diese Entscheidung selbst treffen müsse. Später am Abend besuchte Lex Ray in seinem Zimmer. Sie redeten über ihre bisherigen Leben, darüber, was Ray in Zukunft zu tun gedachte und anderes. Als Lex ihm dann eröffnete, dass er ihn persönlich trainieren wolle, weil er bemerkt hätte, dass er Talent für den Schwertkampf besitzt, hätte er glücklicher nicht sein können. Er stimmte sofort zu und fragte, wann Lex ihm die erste Lektion erteilte. Dieser lachte, als er den Eifer in Rays Augen sah. "Meinetwegen schon morgen. Aber vorher schulden Sie mir noch eine Entschuldigung und benötigen ein Schwert. Übrigens wäre ich dafür, wenn wir uns duzen würden - dieses Gesieze ist so schrecklich unpersönlich.", seufzte er beiläufig. Ray ließ sich von Yamoto kneifen und rieb sich die Augen, als hielte er die Geschehnisse für einen Traum. Kaum stellte er fest, dass Lex Guarder wirklich vor ihm stand und ihm gerade angeboten hatte, ihn zu duzen, stammelte er vor sich hin: "Es tut mir wirklich Leid, dass ich dich einen dreckigen Albino genannt habe.", und schwieg einige Sekunden, bevor er fragte: "Kann ich vielleicht einmal dein Schwert haben? Ich will es nicht stehlen oder kaputt machen, ich möchte es einfach nur einmal in der Hand halten und einen einzigen Schlag probieren." Lex musste lächeln, zog sein Schwert und gab es Ray mit den Worten: "Wenn du es überhaupt halten kannst, bekommst du ein ähnliches." Ray war verdutzt und verstand nicht ganz, was diese Worte überhaupt bedeuten sollten, bis er das Schwert in Händen hielt: Dieses Schwert war, entgegen dem ersten Eindruck, extrem schwer, doch er schaffte es, die Klinge in der Luft zu halten. Sogar einen kleinen Schlag, der einiges an Zerstörung mit sich brachte, versuchte der Junge und sah das Schwert in seinen Händen mit großen Augen an. "Gut, ich habe dich nicht falsch eingeschätzt. Dann bist du von jetzt an mein Schüler.", sagte der Schwertbesitzer, als die Schulglocke läutete. Er nahm das Schwert wieder an sich und steckte es zurück in die Schwertscheide, die er auf dem Rücken trug. Es hatten sich gerade alle Schüler im Speisesaal versammelt und waren dabei, zu essen und munter zu reden. Sie bemerkten noch nicht einmal, wie der Schulleiter in Begleitung von Ray und Lex hereinkam. Ray ging zu einem Tisch, an dem noch Plätze frei waren und hielt Plätze für Lex und Yamoto frei, während letzterer sich laut räusperte und darauf wartete, dass es ruhig wurde, um eine Ansprache zu halten. Endlich war es still. "Meine lieben Schülerinnen und Schüler, die ihr hier seid um Exorzisten zu werden! Den wenigen, die den kleinen Kampf zwischen Ray Drowner und diesem werten Herrn an meiner Seite heute morgen nicht miterlebt haben, möchte ich Lex Guarder, auch bekannt als der 'von Gott gesandte Dämon' vorstellen. Er hat letztes Jahr die Abschlussprüfung dieser Schule bestanden und sich bekanntermaßen schnell einen Ruf aufgebaut." Lex verbeugte sich unter Applaus und Gemurmel und setzte sich zu Ray. "Ich würde gerne wissen, ob in einem der Jungenzimmer noch ein Bett frei ist, damit unser Freund hier nicht auf dem Boden schlafen muss." An einem der Tische stand ein junger Mann auf, der etwa Anfang zwanzig sein musste und meldete, dass in seinem Zimmer noch ein Bett frei wäre. Yamoto nickte und fuhr fort: "Weiter im Text: Es tut mir leid, das den Mädchen mitteilen zu müssen, die, wie ich aus verlässlichen Quellen weiß, einen Fanclub für Ray Drowner gegründet haben, aber er wird ab morgen nicht mehr diese Schule besuchen, sondern mit Herrn Guarder reisen und von ihm im Schwertkampf und anderen Fertigkeiten, die ein guter Exorzist an den Tag legen muss, ausgebildet werden." Lex stellten sich die Nackenhaare auf und als er sich umdrehte, um der Ursache auf den Grund zu gehen, musste er feststellen, dass die bösen Blicke der Mädchen extrem angsteinflössend und noch beunruhigender waren. "Falls ihr euch fragt, ob ich noch mehr zu verkünden habe, dann kann ich das verneinen. Ich wünsche einen guten Appetit." endete der Schulleiter. Einige wenige klatschten und etwa drei Viertel der Schüler versammelten sich um den Tisch, an dem die beiden, die am nächsten Morgen fortgehen wollten, saßen und fragten sie darüber aus, was sie vorhatten, oder wünschten Ray viel Glück bis Yamoto es für nötig befand, die beiden nun in Ruhe zu lassen, da sie am nächsten Morgen ausgeruht sein mussten. Bei all den Fragen, die gestellt worden waren, waren weder Lex, noch Ray dazu gekommen, etwas zu sich zu nehmen und mussten deshalb hungrig zu Bett gehen. Im Morgengrauen trafen sie sich am Tor des Schulgeländes, wo Lex seinem Schüler einen Rucksack mit den Worten "Du trägst den Proviant!" in die Hand drückte und brachen in Richtung Colana auf, einer Stadt, in der Schwerter und andere Waffen von sowohl magischer als auch herkömmlicher Art geschmiedet wurden. Ray waren die seltsamen Zeichen auf Lexs Schwert nicht verborgen geblieben, und er brannte darauf, zu erfahren, was sie bedeuteten. Er lief ein wenig versetzt hinter dem Rotäugigen her und starrte auf das Schwert, das auf dessen Rücken hing, bis der Schwertträger stehen blieb und ihn fragte, ob etwas mit dem Schwert nicht in Ordnung sei. Ray fühlte sich ertappt, errötete und stammelte: "Nein, nein... Mit dem Schwert ist alles in Ordnung, aber... Nun ja... Ich würde gerne wissen, was das für Zeichen sind, die darauf eingraviert sind." Lex sah seinen Schüler kurz an und seufzte: "Also gut... Ich denke, es wird Zeit für die erste Lektion. Wenn dir die Zeichen schon nicht verborgen geblieben sind und du es so gerne wissen möchtest, werde ich dir wohl erklären müssen, was es damit auf sich hat. Also Ray, pass gut auf: Ich werde es dir nur einmal erkären. Es gibt zwei Arten von Waffen: Magische und Nichtmagische, das müsstest du ja bereits wissen. Der größte Unterschied zwischen den beiden Arten besteht darin, dass sich Magische Waffen nur von ihrem rechtmäßigem Besitzer und Personen, denen dieser vertraut berühren lassen. Nichtmagische Waffen können von jederman angefasst und auch problemlos benutzt werden." Ray wurde offensichtlich ungeduldig. Lex zog sein Schwert und schlug ihm damit durch den Bauch. Der Junge war zuerst erschrocken darüber, dass Lex zugeschlagen hatte, doch er war noch erschrockener, dass er noch lebte, obwohl ihm gerade eine tötliche Verletzung beigebracht worden sein musste. Er hob seinen Mantel und das Hemd darunter und kontrollierte seinen Bauch: Es war nicht einmal ein Kratzer zu sehen. Verwirrt sah er seinen Lehrer an. "Seltsam, nicht wahr? Sicherlich denkst du gerade, dass du eigentlich tot sein müsstest.", sagte der Weißhaarige freundlich, "Ich will es dir erklären. Dieses Schwert ist eines von der magischen Sorte. Allerdings ist es besprochen worden." "Was heißt das Lex? Wie meinst du das, wenn du sagst, dein Schwert sei besprochen worden?", fragte sein Schüler, der noch verwirrter wirkte, als zuvor. "Das ist nicht einfach zu formulieren.", begann Lex, "Also, wenn man ein magisches Schwert besitzt - und auch damit umgehen kann - kann man einen Magier oder einen Schmied, der mit Magie vertraut ist, darum bitten, das Schwert zu besprechen. Ich zum Beispiel, habe eine Magierin gebeten, mein Schwert so zu besprechen, dass es nur schneidet, wenn ich es will. Um die Besprechung wirksam zu machen, müssen magische Zeichen in die besprochene Waffe graviert werden, die die Wirkung des Zaubers wiedergeben. Verstehst du?" Ray seufzte und nickte. 'Dann wollte er mich gerade also nicht töten, sondern einfach nur demonstrieren, dass dieser Zauber, der auf das Schwert ausgesprochen wurde, auch wirkt.', stellte er fest und folgte Lex, der bereits weitergegangen war. Es war gerade Mittag, als der Weißhaarige einen schrillen Schrei hörte. Er sprintete in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war und fand schließlich eine junge Frau vor, die sich verzweifelt gegen einen Mann wehrte, der sie mit einem Schwert bedrohte. Auf leisen Sohlen schlich sich Lex hinter den Mann und tippte ihm auf die Schulter. Kaum drehte der sich um, landete Lexs Faust in seinem Gesicht. Mit Nasenbluten taumelte der Verbrecher rückwärts und stolperte über eine Wurzel. Angsterfüllt blickte er dem Angreifer, der inzwischen sein Schwert gezogen hatte und auf ihn zuschritt, entgegen. Lex blieb knapp zwei Meter von ihm entfernt stehen, steckte sein Schwert in den Boden und musterte den am Boden Liegenden: Er war kräftig, hatte hellbraune Haare und in seinen dunklen Augen lag ein wahnsinniger Ausdruck. Der Gestürzte rappelte sich auf und fragte: "Wer sind Sie?!" Ruhig antwortete der Rotäugige: "Im Moment ist das unwichtig. Stattdessen sollten Sie mir besser verraten, weshalb Sie das Mädchen da drüben bedroht haben." Ray errreichte den Ort des Geschehens und ging zu Lex. Völlig außer Atem fragte er was passiert sei und erhielt einen kurzen Bericht der Lage. Der Verbrecher sah in dem kurzen Gespräch eine Gelegenheit und nutze sie, um an das Mädchen zu gelangen, das erleichtert an einem Baum zusammengesunken war. Sie schrie kurz auf, als sie ihren Angreifer mit dem Schwert ausholen sah und kauerte sich zusammen, um den Tod zu erwarten. Nach einigen Sekunden fragte sie sich, weshalb es so lang dauerte, bis das Schwert sie traf, öffnete vorsichtig die Augen und riss sie auf, als sie sah, dass Lex das Schwert des Wahnsinnigen in letzter Sekunde mit bloßen Händen aufgehalten hatte. Er rief Ray zu, dass er mit dem Mädchen verschwinden und sie nach Colana bringen solle - er würde nachkommen, wenn er mit dem Kerl fertig sei. Kaum waren Ray und das Mädchen werschwunden, begann Lex, sich dem Wahnsinnigem stärker zur Wehr zu setzen, der den Druck auf das Schwert noch verstärkt hatte, als wolle er seinen Gegner spalten. Verdutzt verringerte dieser den Druck auf das Schwert wieder, als es von dem Exorzisten zurückgedrückt wurde. Lex stieß das Schwert mitsamt seinem Besitzer von sich und ging seelenruhig zu seinem Schwert, das immer noch in der Erde steckte, wie er es dort hinterlassen hatte. Er kniete nieder und zog seine Waffe aus dem Boden. Den hinterhältigen Angriff, den sein Gegner begonnen hatte, blockte der Rotäugige ab, indem er sein Schwert genau in dem Moment über seinen Kopf hielt, als die gegnerische Klinge darauf zu stürzte. Während er aufstand, drehte Lex sich langsam um und wies den Verrückten auf seine Fehler hin: "Ich hasse ich es, wenn Männer Gewalt auf Frauen und Kinder ausüben. Das ist einer der dümmsten Fehler, den man machen kann, wenn ich mich in der Nähe befinde. Zusätzlich zu ihrer Dummheit knatschen ihre Schuhe sehr laut. So kann ich sogar mit geschlossenen Augen ausmachen, wo Sie sich gerade befinden, beziehungsweise, in welche Richtung Sie sich bewegen. Außerdem brauchen sie zu lange zum zuschlagen. Wenn ich es nur gewollt hätte, hätte ich bereits die Zeit, die Sie dabei verschwenden dazu verwenden können, Sie anzugreifen. Und ihre größte Unvorsichtigkeit war, mich aus dem Hinterhalt anzugreifen. An ihrer Stelle hätte ich das nicht getan, ich kann es nämlich absolut nicht leiden und werde immer sehr wütend, wenn jemand mit ungerechten Mitteln kämpft." Der weißhaarige Kämpfer hatte sich nun vollends umgedreht und starrte seinen Gegner an. Der eiskalte Audruck, der in seinen Augen lag, jagte seinem Gegenüber unweigerlich einen Schauer über den Rücken. Ray zog das Mädchen hinter sich her und fuhr immer weiter damit fort, sie zu beruhigen. Bei einem der Versuche, sie zu beruhigen, indem er nicht mit ihr sprach, sondern sie einfach nur freundlich ansah und lächelte, fiel ihm auf, dass dieses Mädchen Lex auf gewisse Weise ähnlich sah. Zwar litt sie nicht an Albinismus, trug ihre blonden Haare in einen Pferdeschwanz gebunden und kleidete sich auch ganz anders, fröhlicher als Lex, doch ihre Gesichtszüge waren die Gesichtszüge Lexs, wenn auch feiner und weicher. In einer etwas längeren Pause, die die beiden einlegten, fragte er sie nach ihrem Namen, worauf sie sich als Saara Guarder vorstellte. Ray begann, den Verdacht zu hegen, dass dieses verängstigte Mädchen vor ihm mit seinem Lehrer verwandt sein könnte. Er tat so, als würde er Lex nicht kennen und fragte: "Ist es möglich, dass Sie mit Lex Guarder, dem 'von Gott gesandten Dämon' verwandt sind? Ich verehre ihn nämlich sehr und würde gerne wissen, wie er aussieht, damit ich ihn erkenne, wenn er mir einmal begegnen sollte." Anstatt zu lachen, lächelte Saara ihn an. "So so, Sie verehren ihn also. Nun ja, Lex ist mein Cousin. Aber ich habe ihn seit beinahe zwölf Jahren nicht mehr gesehen und weiß daher nicht, wie er heute aussehen könnte.", sagte sie. "Dann erzählen Sie mir doch, wie er aussah, oder wie er war, als Sie ihn zuletzt gesehen haben.", bat Ray, der das Interesse für Lexs Kindheit nicht einmal vorzutäuschen brauchte. Und tatsächlich: Saara schien ihm über den Weg zu trauen und begann zu erzählen: "Sie müssen wissen, Lex leidet an Albinismus, genau wie der junge Mann vorhin. Ich weiß zwar nicht, weshalb, aber er schien mir immer sehr stolz darauf gewesen zu sein, anders auszusehen. Ich denke deshalb nicht, dass er seine Haarfarbe geändert hat. Zudem schien er eine Vorliebe für lange schwarze Mäntel mit weißem Pelzkragen zu hegen." Sie kicherte ein wenig, als sie berichtete, wie Lex sich sogar im Sommer in knöchellange Mäntel gehüllt hatte. Langsam wurde Ray bewusst, dass er hier wirklich die Cousine seines Lehrers vor sich zu haben schien. Doch ihm fehlte noch eine Information, die er in der Unterhaltung am Vorabend erhalten hatte, und die nur jemand haben konnte, der ihn näher kannte. Er nahm sich ein letztes Mal zusammen, um zu verbergen, dass er Lex bereits kannte und erzählte, dass er gehört habe, Lex würde eine Menge Kampftechniken beherrschen und nicht wenige davon bereits in seiner Kindheit erlernt haben. Saara lächelte Ray an, als würde sie sich freuen, dass jemand sich so sehr für ihren Cousin interessierte. Sie erzählte, dass Lex zu seinem sechsten Geburtstag sein erstes Schwert geschenkt bekommen hatte und von diesem Tag an damit geübt hatte, bis er es geschafft hatte, Bäume mit nur einem einzigen Hieb zu Fall zu bringen. Danach häbe er sich eine Art Vogelscheuche gebaut, an der er Kampftechniken geübt und bis zur Perfektion verfeinert hatte. Ray reichte diese Geschichte, um von ihrer Verwandtschaft zu Lex überzeugt zu sein und musste grinsen. Während ihrer Unterhaltung war das gegenseitige Vertrauen der beiden so groß geworden, dass sie begonnen hatten, sich zu duzen, ohne es jedoch zu bemerken. Er stand auf, während sie zu Boden blickte und seufzte, dass sie ihren Cousin nur zu gerne wiedersehen würde. Saara war überrascht, als ihr Begleiter sanft ihr Kinn umfasste, ihren Kopf anhob und ihr lächelnd ins Gesicht sah. Zwar wusste sie nicht, woher es kam, aber plötzlich hatte sie das Gefühl, dass ihr Wunsch bereits bald in Erfüllung gehen sollte. Andernorts war Lex schon seit längerer Zeit damit beschäftigt, seiner Wut Einhalt zu gebieten. Der Verstand des Wahnsinnigen schien Stück um Stück zurückzukehren, denn seine Angriffe wurden immer genauer und raffinierter, während Lex auswich und konterte. Trotzdem hatte er sich weit genug unter Kontrolle, um von dem Zauber Gebrauch zu machen, den er auf sein Schwert hatte aussprechen lassen. Lex überraschte den Gegner - genau wie in seinem Kampf gegen Ray - indem er mit geschlossenen Augen auswich und auf der Klinge landete, sich von dort aus jedoch nicht senkrecht nach oben katapultierte, sondern stehen blieb und zuschlug, als sein Feind das Gewicht, das auf seinen Armen lastete, nicht mehr halten konnte und seine Waffe zu Boden sinken ließ. Der Exorzist wollte seinen Gegner nicht töten und hatte diesem Schlag gerade so viel Schwung mitgegeben, dass er das Schwert ohne Probleme stoppen konnte, kurz bevor sie den Kopf des Verbrechers erreichen würde. Für diesen musste es aber so ausgesehen haben, dass die Klinge direkt auf seinen Kopf zugerauscht kam und nicht anhalten würde, was ihm den letzten Rest seines Verstandes zurückbrachte und ihn dazu veranlasste schreiend und erschöpft auf die Knie zu sinken. Der Rotäugige bemerkte die Schwäche seines Gegenübers, stieß sich elegant von der Klinge, vollführte in der Luft einen gestreckten Rückwärtssalto und landete einige Meter entfernt wieder auf festem Boden. Nachdem sein ehemaliger Gegner aufgegeben hatte, steckte Lex sein Schwert zurück in die Schwertscheide, half dem Geschwächten auf die Beine und stützte ihn. "Warum helfen Sie mir noch, nach allem, was ich getan habe?", fragte der Besiegte verdutzt keuchend. "Ich glaube, dass Sie Kämpfe, die so lange dauern nicht gewohnt sind und müssen demnach sehr erschöpft sein und außerdem würde es meinem Ruf nicht sehr gut tun, wenn herrauskäme, dass ich Sie in ihrem Zustand allein gelassen habe und Sie dann von einem Tier oder Räubern getötet wurden, weil Sie sich nicht wehren konnten.", erklärte Lex sein Handeln, was dem Mann, den er praktisch schleifen musste, einzuleuchten schien. Jedoch warf diese Erklärung auch die Frage auf, was für einen Ruf Lex zu verlieren hatte und nachdem auch diese knapp beantwortet worden war, staunte der Erschöpfte nicht schlecht, als er begriff, mit wem er sich da gerade angelegt und überlebt hatte. Er bereute, was er dem Mädchen angetan hatte und bat Lex, ihn zu ihr zu bringen, um sich für seine Tat zu entschuldigen. Hätte der Weißhaarige nicht gemerkt, dass es ihm ernst damit war, hätte er ihn im nächsten Dorf bei der Stadtwache abgeliefert und sich nicht darum gekümmert, was danach mit ihm passieren würde. So waren Lex und der Reumütige in Richtung Colana weitergegangen und am Abend auf Saara und Ray getroffen, die auf Lex gewartet hatten. Saara erschrack natürlich fürchterlich, als der Mann, der ihr am Mittag noch beinahe ein Schwert in die Kehle gestoßen hatte plötzlich zusammen mit Lex in den Schein des Lagerfeuers trat. Als Lex ihr jedoch erklärt hatte, dass sich dieser Mann nur bei ihr für seine Tat entschuldigen wollte und danach sofort verschwinden würde, beruhigte sie sich und hörte ihn an. Bevor er ging, bekam er sogar noch etwas zu essen und entschuldigte sich ein weiteres mal bei Saara, obwohl diese ihm bereits verziehen hatte. Nach dem Essen hielt Ray es für nötig, Saara kurz unter vier Augen zu sprechen. Etwa zehn Meter vom Lagerfeuer entfernt fragte er sie flüsternd: "Saara, du wolltest doch deinen Cousin wiedersehen, nicht wahr?", und sah kurz zu Lex, um zu überprüfen, dass dieser nicht versuchte, von den Lippen abzulesen, was er mit ihr zu besprechen hatte. Saara fragte, auf was er hinaus wollte. Ray sagte leise: "Nun ja, dein Wunsch ist gerade in Erfüllung gegangen.", während er auf seinen Lehrer zeigte. Sie stürmte zum Lagerfeuer und fiel ihrem Cousin um den Hals, noch bevor der überhaupt wusste, wie ihm geschah. Lex sah äußerst verwirrt aus, war er es doch nicht gewöhnt, dass ihm ein Mädchen, von dem er dachte, es nicht zu kennen um den Hals fiel. Ray kam zurück zum Lagerfeuer und schüttelte den Kopf. Sein Lehrer hatte sich inzwischen dazu überwunden, die Arme um Saara zu legen, war sich aber immer noch nicht klar darüber, wer das Mädchen war, das inzwischen aus Freude weinte und ihm ins Ohr schluchzte. Fragend sah er Ray an, worauf der erwiederte: "Denk einmal scharf nach, wer dieses Mädchen sein könnte, Lex. Ich gebe dir einen Tipp: Du kennst sie aus deiner Kindheit und hast sie seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen.", und ließ ihm einen Moment Zeit, um nachzudenken. Langsam schien es Lex zu dämmern, wen er da in seinen Armen hielt, doch glauben wollte er es noch nicht ganz. "Saara?" fragte er zaghaft. "Ja?" drang es mit einem leisen Schluchzen an sein Ohr. "Ich... Ich dachte, du wärest tot. Mir wurde gesagt, es wären alle, wirklich alle aus unserer Familie getötet worden, und dass nur ich überlebt hätte." Bevor Ray sie sehen konnte, wischte er sich schnell die Tränen aus den Augen, die sich darin gesammelt hatten. Saara sah ihren Cousin schweigend an und erwiederte schließlich bitter: "Stimmt wohl nicht ganz... Immerhin wäre ich jetzt sonst nicht hier, oder?" Als Lex am nächsten Morgen aufwachte, glaubte er zunächst, das Wiedersehren mit seiner Cousine nur geträumt zu haben. Er setzte sich auf und musste feststellen, dass sie tatsächlich neben ihm lag, ein fast seeliges Lächeln auf den Lippen trug und von Zeit zu Zeit leise schnarchte. Saara schien ein wenig zu frieren, weshalb er seinen Mantel auszog und sie liebevoll damit zudeckte. Ray saß am Lagerfeuer und stocherte mit einem Stock darin herum, um es weiter anzufachen, was ihm einfach nicht gelingen wollte. Verdutzt sah er seinen Lehrer an, als dieser ohne seinen Mantel neben ihm auftauchte, sich den Stock schnappte und das Feuer binnen weniger Sekunden dazu gebracht hatte, seine Größe fast zu verdoppeln. Lex stand auf, klopfte sich den Dreck von der Hose und wusch sich das Gesicht, bevor er sanft die Schlafende weckte. In der Dunkelheit am Abend hatten sie es nicht sehen können, doch die Gebirgskette, die sie von Colana trennte, war bereits nah. Die Wege, auf denen sie wanderten, wurden zunehmend steiler und felsiger und zehrten an ihren Kräften. Gerade war einer der Berge zur Hälfte erklommen, als Saara zusammenbrach. Lex stürzte zu ihr, hob sie auf seinen Rücken und musste erschrocken feststellen, dass seine Cousine fieberte und nur schlecht Luft bekommen zu schien. Ray, der herrangekommen war, um zu helfen, sah den besorgten Blick seines Lehrers und schien zu wissen, dass Eile geboten war, weshalb er vorkletterte und den schnellsten Weg suchte. Während sie kletterten, zog sich der Himmel mit dunklen Wolken zu und ein eisiger Hauch wehte durch die Felsen des Berges. Gerade rechtzeitig fand sich ein Vorsprung, direkt unter dem Gipfel des Berges, der ihnen Schutz vor dem Unwetter bot, das nun zu toben begann. Blitze zuckten, Donner grollte und Regentropfen schlugen auf den nackten Fels. Saara, deren Zustand sich seit ihrem Zusammenbruch immer weiter verschlechtert hatte, hatten die beiden Männer mit ihren Mänteln zu gedeckt und in ihrer Nähe ein kleines Feuer entzündet, um die Kranke zu wärmen. Als sie immernoch stark zitterte, legte Lex ihr vorsichtig die Hand auf die Stirn, um zu prüfen, ob ihr Fieber noch weiter gestiegen war. "Ray, komm her und hilf mir sie zu wärmen. Ihr Fieber steigt immer weiter.", sagte er, während er sich an ihre Seite schmiegte und seine Arme um sie schlang. Sein Schüler schmiegte sich an Saaras andere Seite, wurde rot, wie eine Tomate und legte ebenfalls die Arme um sie. Während sie so dalagen, wurden sie immer müder und schliefen schließlich ein. Am nächsten Morgen schreckten sie auf, als Saara im Fieber zu sprechen begann. Lex hüllte sie enger in seinen und Rays Mantel und wollte sie gerade auf den Rücken heben, als ein Greif auf dem Felsvorsprung über ihren Köpfen landete. Kurzentschlossen gab er seine Cousine in Rays Arme, bat ihn, sie zu wärmen und kletterte hinauf zu dem Wesen. Oben angekommen räusperte er sich leise, was den Greifen dazu brachte, sich umzudrehen. Genau wie Lex litt der Greif an Albinismus. Sein Fell und Gefieder waren schneeweiß und die Augen des Tieres leuchteten in einem sanften Rot. Kaum hatte der Greif sich vollends umgedreht ließ er ein warnendes Kreischen hören. Der Exorzist, der nicht vor hatte, dem Tier zu schaden, legte sein Schwert ab und schritt langsam und respektvoll auf den Greifen zu. Offensichtlich verstand dieser, das von Lex keine Gefahr ausging, und ließ ihn näher treten, sich sogar von ihm berühren. Lex streichelte vorsichtig das Gefieder am kräftigen Nacken und das Fell auf dem Rücken des Greifen. Doch er war nicht zu dem zutraulichem Tier gekommen, um es zu streicheln, sondern um es um Hilfe zu bitten. Während er das Tier streichelte, begann Lex, leise mit dem Greifen zu sprechen: "Mein Name ist Lex und ich brauche deine Hilfe. Unter dem Felsvorsprung, auf dem wir hier stehen, liegt meine Cousine. Sie ist krank und hat hohes Fieber. Ein Freund ist gerade bei ihr und passt auf sie auf. Kannst du uns so schnell wie möglich nach Colana bringen?" Auf telepatischem Wege stellte sich der Greif als Feder vor und versprach, ihm so gut zu helfen, wie er konnte. Sich bedankend holte Lex sein Schwert und stieg auf den Rücken des Greifen. Ray, der Saara fest umarmte, um sie zu wärmen, staunte, als sein Lehrer auf dem Rücken des Greifen bei ihrer Lagerstätte landete. Auf Lexs Anweisung hin stand er auf, hob Saara vorsichtig an und trug sie langsam zu ihrem Cousin. Als dieser seine Cousine vor sich gesetzt hatte, um sie während des Fluges festhalten zu können, setzte sich auch Ray vorsichtig auf den Rücken des Greifen, welcher sich mit starken Flügelschlägen in die Lüfte erhob, um die Hilfsbedürftigen nach Colana zu bringen. Während des Fluges hielt sich der Exorzist mit einer Hand am Hals des Greifen fest, mit der anderen umfasste er Saara. Ray, der sich nicht anders zu helfen wusste, hielt sich einfach an seinem Lehrer fest. Als sie wenige Stunden später vor Colanas Toren landeten, erregte der weiße Greif einiges an Aufsehen bei den Leuten, die sich in der Nähe befanden. Es war ausgesprochen selten, dass sich einer der Greifen aus dem Gebirge in die Nähe der Stadt wagte und noch seltener, dass ein solcher Menschen transportierte. Der Exorzist bedankte sich nochmals bei Feder, doch bevor dieser davonflog suchte er noch einmal den Kontakt zu Lex: "Ich sehe in dir einen guten Freund, Lex. Wenn du jemals meine Hilfe benötigen solltet, musst du mich nur rufen. Ich werde dann so schnell zu euch kommen, wie ich nur kann. Das gilt ebenso für deinen Schüler und deine Cousine. Sei so gut und richte ihr aus, dass sie möglichst schnell genesen soll, wenn sie aufwacht. Auf bald, mein Freund!" Lex, der Saara in den Armen hielt, sah dem Greifen noch kurze Zeit hinterher, dann wandte er sich in Richtung Stadttor und fragte die Wachen, die auf sie zugekommen waren, wo die nächste heilkundige Person lebte oder arbeitete. Nachdem sie endlich erfahren hatten, dass die einzigen Heilkundigen die Mönche und Priester der Stadt waren, gingen sie zum Kloster, wo Ray energisch gegen die Tür klopfte. Als endlich einer der Mönche die Tür öffnete und Lex mit seinen weißen Haaren und roten Augen sah, wollte er die Tür gleich wieder zuschlagen, doch Ray stellte einfach einen Fuß in die Tür und hielt sie so offen. "Hören Sie, Bruder", begann er und erklärte dem Mönch ihre Lage. Er hatte gerade geendet, da zog der Mönch die Tür auf und ließ sie eintreten. Nun warteten Ray und Lex vor der Tür des Krankenzimmers auf die Person, die der Mönch, der sie hereingelassen hatte, holen gegangen war. Sie warteten noch nicht lange, als plötzlich Schritte hörbar wurden und eine junge Frau mit blauen Haaren und blasser Haut an ihnen vorbei in das Zimmer stürmte, in dem Saara untergebracht worden war. Als die Blauhaarige eine Stunde später wieder aus dem Zimmer gekommen war, hatte sie bedrückt gelächelt. "Sie können zu ihr gehen, aber bitte seien Sie leise. Sie ist schwach und braucht den Schlaf.", waren ihre Worte und sie wollte gerade gehen, als Lex ihr die Hand auf die Schulter legte und sich besorgt genauer über den Zustand seiner Cousine erkundigte. Die Heilerin drehte sich um und sah Lex ins Gesicht. Mit einem traurigem Lächeln sagte sie: "Sie sind gerade noch rechtzeitig hergekommen. Wären sie eine halbe Stunde später hier angekommen, hätte ich ihr nicht mehr helfen können." So blass Lex des Albinismus wegen auch war, mit der Nachricht von Saaras schlechtem Zustand war auch das letzte bisschen Farbe aus seinem Gesicht gewichen. Er wollte er sofort zu seiner Cousine, und wehrte sich lebhaft gegen Ray und die Heilerin, die ihn festhielten und so beruhigend auf ihn einredeten, wie es in diesem Moment ging. Tatsächlich ließ der Exorzist sich zur Ruhe bringen, doch dann ließ er sich an der Wand heruntersinken, an die sein Schüler und die Blauhaarige ihn gedrückt hatten, stützte den Kopf seine Hände und ließ mit zuckenden Schultern kleine Tränen über seine Wangen laufen. Ray, der nie gedacht hätte, seinen Lehrer einmal weinen zu sehen, setzte sich neben diesen und legte einen Arm um seine Schultern, während die Heilerin sich vor ihn hinkniete und verspach, alles dafür zu tun, dass Saara wieder gesund werden würde. Lex nickte, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stand wieder auf. Bevor er zu Saara ging, drehte er sich noch einmal um und fragte nach dem Namen der Blauhaarigen. Diese sah ihn erst verdutzt an, doch dann sagte sie: "Ich heiße Amy und bin Priesterin. Wenn Sie noch etwas wissen möchten, oder ihr Zustand sich ändert, sagt bescheid. Mein Zimmer befindet sich am Ende diese Ganges und ich bin eigentlich ständig dort.", und verschwand mit einer höflichen Verbeugung. Während Ray ihr noch hinterhersah, setzte Lex sich an Saaras Seite, hielt ihre Hand und beobachtete ihren fiebrigen Schlaf. Kurze Zeit später kam auch sein Schüler in den Raum und sah völlig verdutzt, dass der Rotäugige neben der Kranken eingeschlafen war und unruhig zu träumen schien. Ausserhalb der Klostermauern brach bereits die Nacht herein und er selbst verspürte einen Anflug der Müdigkeit, weshalb er den Schlafenden mit einer Decke beglückte, sich selbst auf ein altes Sofa legte und nur wenige Minuten später tief und fest schlief. Durch ein leises Rascheln wurde Lex mitten in der Nacht geweckt. Lex, der sich erst noch über das zusätzliche Gewicht, das durch die Decke auf ihm lastete wunderte, öffnete langsam die Augen und traute seinen Augen nicht, als er die zierliche Silhouette seiner Cousine vor dem Fester sah. Ihre Haare wurden von einer sanften Brise getragen, die durch das riesige Fenster in das Zimmer wehte. So leise er konnte stand er auf und streckte sich kurz, bevor er sich nach Saaras Befinden erkundigte. Die Kranke fuhr herum und erwiederte: "Mir geht es um Längen besser. Habe ich dich geweckt, Lex?" Sie erschrak, als Ray ein leises "Mich hast du auch geweckt, aber das ist nicht so schlimm. Hauptsache, dir geht es besser." hören ließ und stürzte beinahe aus dem Fenster. Lex, der sich fürchterlich erschrocken hatte, stand bereits neben ihr und umfasste ihre Schultern. "Ich lasse euch kurz alleine und hole Amy, in Ordnung?", verkündete der Schüler und verließ lächelnd den Raum. "Da fällt mir ein...", begann Lex, als die Tür sich gerade geschlossen hatte, "Ich soll dir eine gute Besserung von einem Freund wünschen, der geholfen hat, dich hierher zu schaffen." Saara sah ihren Cousin an und fragte neugierig: "Ist dieser Freund noch in der Nähe? Ich würde ihn liebend gerne kennen lernen." Sie war äußerst überrascht, als Lex das Fenster vollständig aufriss, sich auf das breite Fensterbrett stützte und in die Nacht rief: "Feder! Komm, hier möchte dich jemand kennen lernen!" Völlig verdutzt wollte sie gerade fragen, weshalb er das tat, doch sie wurde von einem leisen Kreischen und Flügelschlägen davon abgehalten. Kaum hatte die Kranke den Kopf zum Fenster gedreht, landete der weiße Greif auf dem Fensterbrett und sah sie mit seinen sanften Augen an. Thelepatisch begrüßte Feder sie: "Einen wunderschönen guten Abend. Es ist schön zu sehen, dass es dir bereits besser geht, Saara.", bevor er sich Lex zuwandte: "Vielen Dank, dass du mich gerufen hast, Lex. Aber wo ist dein Schüler?" Gefolgt von Ray platzte genau in diesem Moment Amy in das Zimmer. Der Anblick des Greifen auf dem Fensterbrett ließ sie erschrecken, doch ihre schlechte Laune hatte sich mit einem Schlag in Luft aufgelöst, als Ray ihr ins Ohr flüsterte, dass sie vor dem Greifen nichts zu befürchten habe. Während Lex sich seinem Schüler und der Priesterin zudrehte und nicht auf Saara achtete, nutzte diese die Gelegenheit, auf das Fensterbrett und dem Greifen auf den Rücken zu klettern. Dort saß sie nun, streichelte dem Tier lächelnd über Federn und Fell und achtete nicht darauf, dass Amy ihr von innen heraus zurief, sie solle wieder herein kommen und sich nicht unnötig in Gefahr bringen. Feder kniete nieder und bat Saara, von seinem Rücken zu steigen und sich wieder zu Bett zu begeben. Seufzend begab die Kranke sich wieder ins Zimmer, wo sie sich zurück in ihr Bett legte und von der Priesterin untersucht wurde. Die Blauhaarige kam zu dem Ergebnis, das Saara sich nur noch einige Tage schonen musste, um vollständig zu genesen. Saara war gerade eingeschlafen, als Amy das Zimmer verließ. Die Tür schloss sich leise, Ray wünschte Lex eine erholsame Nacht und begab sich ebenfalls zu Bett. Anstatt zu schlafen, dachte dieser aber noch lange darüber nach, was ihn in der Zukunft noch erwarten würde. Erst, als es hinter der Bergkette, über die sie gekommen waren bereits zu dämmern begann, schlief er endlich ein. Nur wenige Tage später war Saara genesen und fühlte sich bereits kräftig genug, um weiterzuwandern. Sie wollte aufstehen, wurde aber sanft von ihrem Cousin zurück auf das Bett gedrückt und zugedeckt. Auf ihren fragenden Blick hin antwortete Lex: "Schön, dass es dir wieder gut geht, aber erst will ich noch ein Versprechen einlösen, das ich Ray gegeben habe. Bis das erledigt ist, sei so gut und bereite mir nicht noch mehr Sorgen, als ich ohnehin schon habe, in Ordnung?" Auf ein kleines Nicken ihrerseits hin stand er auf und begab sich mit seinem Schüler in die Stadt. Während sie auf der Suche nach einer Schmiede durch die Stadt schlenderten, hatte Saara keine Lust mehr, nur in ihrem Zimmer herumliegen zu müssen und machte sich auf, um das Kloster zu erkunden. Kurze Zeit, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, wollte Amy sie ein weiteres mal untersuchen und schlug Alarm, als sie das Zimmer der Kranken leer vorfand. Lex und Ray waren gerade dabei, ein Schwert auszusuchen, das für Ray und die Übungen, die er damit absolvieren musste, geeignet war. Die beiden traten gerade mit dem neuen Schwert aus einer der städtischen Schmieden, als einer der Mönche des Klosters auf sie zugelaufen kam und völlig ausser Atem berichtete, dass Saara verschwunden war. Mit heruntergeklapptem Kiefer war der Mönch im Bruchteil einer Sekunde zurückgelassen worden und Leute sprangen zur Seite, als sie Ray und Lex auf sich zustürmen sahen. Wenn hin und wieder eine Person über den Haufen gerannt wurde, entschuldigten sich die beiden knapp und stürmten weiter Richtung Kloster. Dort angekommen, teilten der Rotäugige und sein Schüler sich auf. Während Lex in den unteren Stockwerken des Klosters nach seiner Cousine suchte, durchkämmte Ray die oberen. In der Bibliothek im Erdgeschoss stieß der Weißhaarige auf einen geöffneten Geheimgang, der von den Mönchen, die sich in der Bibliothek aufhielten, noch nicht bemerkt worden zu sein schien. In der Zwischenzeit hatte Ray bereits die beiden oberen Geschosse des Klosters durchsucht, ohne fündig zu werden und machte sich auf den Weg, um Lex bei der Suche zu helfen. Mitten auf einer der Treppen rannten die beiden ineinander, stürzten und rollten die gesamte Treppe herunter. Leicht benommen richteten beide sich wieder auf und mussten kurz lachen, bevor ihnen der Ernst der Situation wieder in den Sinn kam. Ray, der nicht ganz wusste, wie ihm geschah, schien recht verwundert, als sein Lehrer ihn hinter sich her zog, ihm den Geheimgang hinter einem der alten Regale der Bibliothek präsentierte und fest davon überzeugt war, das Saara in diesem verschwunden sein musste. "Sie muss einfach hier sein. Sie liebte es als Kind auch schon immer, in dunklen Gängen umherzugeistern und Leute zu erschrecken." versicherte Lex, bevor er sich eine Fackel nahm, die sich am Eingang des Gangs befand und in den Gang ging, ohne darauf zu achten ob Ray ihm überhaupt folgte. Als sie nur wenige Minuten später um eine scharfe Biegung des abschüssig verlaufenden Ganges gingen, erblickten sie Saara, die an die Wand gekettet und geknebelt worden war. Kaum war sie vom Knebel befreit, flüsterte sie: "Lauft und lasst mich vorerst hier, wenn er euch hier findet, seid ihr des Todes." Auf die fragenden Blicke hin wollte sie gerade erklären, was es mit ihm auf sich hatte, doch das erledigte sich von selbst, denn just in diesem Moment kehrte er zurück. Bei ihm handelte es sich um einen Dämon, wie Lex ihn noch nie gesehen hatte: Sein Körper war menschlich, aber die Haut war feuerrot und mit schwarzen Mustern auf der Brust und auf dem Rücken bemalt. Schwarze Augen starrten aus tiefen Augenhöhlen hervor und lange, spitze Stacheln besetzten den Kopf und den Rücken des Dämonen. Beim Anblick der beiden Männer, die ihn erschrocken anstarrten, brach er in schallendes, krächzendes Gelächter aus. Kaum hatte er sich wieder beruhigt, musterte er Lex und Ray, während er auf sie zuging. Lex, der gerade noch ausweichen konnte, musste zusehen, wie sein Schüler mit einem gezielten Schlag in die Magengrube an eine Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges geschleudert wurde und regungslos liegen blieb. Ein weiterer Schlag und Lex schlug neben Ray an die Wand. Während sich der Weißhaarige langsam und unter Schmerzen auf die Beine kämpfte, schulterte der Dämon die schreiende und sich wehrende Saara und verschwand mit ihr zusammen in einer Wolke aus Rauch. "Ich bin Belial. Wir sehen uns wieder!" Seine Worte klangen noch in Lex' Ohren, als dieser ohnmächtig zusammenbrach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)