Blue Moon von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Kennenlernspielchen ------------------------------ Ich seufzte laut und ließ mich völlig fertig auf die Couch fallen. Auf dem Weg zum Telefon hatte ich mir doch beinahe das Genick gebrochen, da ich meinte schnellstmöglich abnehmen zu müssen und nicht darauf achtete, wo Belle ihr Spielzeug liegen gelassen hatte. Es hätte ja Hyde sein können. Aber er war es nicht. Wie lange wartete ich jetzt schon auf seinen Anruf? Auf seine Zusage, um genauer zu sein. Eine Ablehnung kam gar nicht mehr in Frage. Eine Ablehnung würde mir eiskalt den Rest geben. Bei der Vorstellung, dass Hyde alle meine Träume und Pläne mit nur einem Wort zerstören könnte, schauderte es mich. Das war doch irgendwie beängstigend. Ich sah müde auf den freien Platz neben mir. Noch vor ein paar Tagen hatte Hyde dort gesessen. Oder hatte ich mir das nur eingebildet? Ich schüttelte den Kopf, als wollte ich all diese wirren Gedanken loswerden. Natürlich war das nicht so leicht. Die Begegnung mit Hyde hatte alles durcheinander geworfen und aus irgendeinem Grund bekam ich es nicht mehr ordentlich sortiert. Das ärgerte mich unheimlich. Wie konnte er eine solche Wirkung auf mich haben? Ich ließ mich von niemandem beeinflussen... und erst recht nicht beeindrucken. Es war zum Haareausreißen! Ich hatte tausend wichtige Dinge zu erledigen, dennoch saß ich zu Hause auf meiner Couch und wartete auf einen Anruf, der mein Leben entweder zerstören oder wieder in Ordnung bringen würde. Nur... er sollte sich gefälligst mit der Entscheidung beeilen! Dann klingelte endlich das Telefon. „Mach dir keine Hoffnungen, Gackt“, dachte ich, konnte aber trotzdem nicht verhindern, dass ich aufgeregt wie ein kleiner Junge an Weihnachten nach dem Telefonhörer griff, ohne auf das Display zu sehen. „Hallo?“ Ich war so aufgeregt, dass ich vergessen hatte zu atmen. „Hey, Gac-chan. Ich bin's, Haido.“ Das war doch überflüssig. Ich wusste schon nach dem „Gac-chan“, dass es nur Hyde sein konnte. Genau genommen, wusste ich es schon nach dem „Hey“, aber mein Verstand kam nicht so schnell hinterher, wie meine Gefühle diese Stimme registrieren konnten. Ja. Ich war eindeutig durcheinander. Die übermäßige Freude die ich verspürte, half mir auch nicht gerade, mich wieder einzufangen. Aber ich musste mich um jeden Preis zusammen reißen. Ich durfte ihn nicht wissen lassen wie viel er mir bedeutete... Ich meine, wie viel mir seine Zusage bedeutete. „Haido! Schön, dass du doch noch anrufst.“ Klasse, Gac-chan. Ging es nicht noch ein bisschen gereizter? Moment. Was sollte die Ironie auf einmal? Das war nicht meine Art. Ich fuhr mir nervös mit der Hand durch meine gebleichten Haare. Sie fühlten sich weich an, wie immer. „Tut mir Leid. Ich hatte viel zu tun“, entgegnetete Hyde etwas defensiv. „Nein, das ist schon in Ordnung. Ich war auch ziemlich beschäftigt.“ Nämlich damit, zu Hause rum zu sitzen und auf deinen dämlichen Anruf zu warten. Ich wunderte mich über mich selbst. Jetzt wurde ich auch noch sarkastisch. Dabei konnte ich Sarkasmus nicht ausstehen. Dass ich gerade auf irgendeine Art gelogen hatte, ließ ich mal ganz außen vor. Denn das war nur schwer mit meinem sonst so ehrlichen Ich zu vereinbaren. Ehrlichkeit war mir wichtig... eigentlich. „Ich hätte auch nichts anderes erwartet. Es wundert mich ja schon, dass ich dich bei dir zu Hause erreicht habe“, meinte Hyde und ich konnte das Grinsen in seiner Stimme hören. Und dass ich nicht einmal das zweite Klingeln abgewartet hatte, um ans Telefon zu gehen, wundert dich mit Sicherheit noch viel mehr, nicht wahr? „Ja, das ist ein echter Zufall. Nur zwei Minuten später...“, Und ich hätte immer noch hier gesessen. „...und du hättest mich auf meinem Handy anrufen müssen.“ Er lachte leise. Ich hingegen konnte nicht glauben, dass ich schon wieder gelogen hatte. Ob es jetzt daran lag, oder an der Tatsache, dass Hyde mir noch immer keine Antwort gegeben hatte, ich fühlte mich sehr unwohl. „Also, was sagst du zu meinem Angebot?“, fragte ich ihn direkt, um nicht länger auf meinen Lügen herumreiten zu müssen. „Mach doch erstmal eins“, antwortete Hyde bestimmend. Ich öffnete meinen Mund, aber es kam nichts über meine Lippen. Was sollte das denn jetzt schon wieder? Das Angebot stand doch. Er musste nur Ja oder Nein sagen. Ich drückte meine Kiefer aufeinander und schluckte den Ärger herunter, der sich in mir breit machen wollte, weil ich im Begriff war, die Kontrolle über das Gespräch zu verlieren. „Um 19:00 Uhr“, sagte ich so unberührt wie möglich und verkniff mir ein Grinsen. „Wo?“ Das Hyde keine zwei Sekunden brauchte um die passende Antwort zu finden, beeindruckte mich so sehr, dass ich vergaß, mich darüber zu ärgern. Lust zu Grinsen hatte ich aber trotzdem keine mehr. „Bei mir.“ Ich achtete darauf meine Stimme so tief wie möglich zu halten. Es sollte ihn einschüchtern. „Was gibt's zu essen?“, fragte Hyde völlig ungeniert und warf mich damit schon wieder aus der Bahn. Ich hätte vor Wut platzen können, aber seine Stimme klang so süß, dass ich lachen musste. Wenn meine Gefühle sich meinem Verstand untergeordnet hätten, hätte ich wieder die Kontrolle über dieses schrecklich aus der Reihe tanzende Gespräch kriegen können. Aber ich schaffte es nicht. Ich musste mich irgendwie in dem ganzen Wirrwarr zurecht finden. „Curry, was denkst du denn?“ Das war schon mal gar nicht so schlecht. „Brauchst du dafür nicht vier Tage?“ Ha-ha. Glaubst du alles, was du im Fernsehen siehst, Hyde? „Für dich brauche ich nur vier Stunden“, antwortete ich so anzüglich wie möglich und als es an der anderen Leitung für länger als fünf Sekunden still war, schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Geschieht dir recht. „Wie charmant von dir.“ Hydes Stimme klang gespielt verlegen. Ich konnte hören, dass er grinste. „Soll ich dich abholen, oder findest du den Weg hierher alleine?“, führte ich unser kleines Spielchen fort. „Das ist nicht nötig, ich habe ein gutes Gedächtnis“, entgegnete Hyde amüsiert. „Das werden wir dann ja sehen“, forderte ich ihn heraus, war mir aber nicht sicher, ob es eine gute Idee war. „Ich erwarte Rosen und dein schönstes Lächeln“, forderte Hyde seinerseits. Ich wusste nicht was, aber irgendetwas daran ärgerte mich. Wie kam er dazu, etwas von mir zu verlangen? Dafür musst du doch erstmal etwas bringen, Hyde. „Dann sei pünktlich“, lächelte ich, obwohl er es nicht sehen konnte. „Du wirst dich wundern“, sagte er streng und legte auf. Ich blinzelte. Einen Moment lang wartete ich, ob nicht doch noch etwas kam. Aber das 'Klick' am anderen Ende der Leitung war mehr als deutlich gewesen. Er hatte aufgelegt. Einfach so. Völlig perplex nahm ich den Hörer von meinem Ohr und legte ebenfalls auf. Wie konnte er es wagen, das Gespräch einfach so zu beenden? Niemand beendete auf diese Weise ein Gespräch. Nicht mit mir. Wütend und gleichzeitig auch verwirrt nahm ich meine Jacke, die Autoschlüssel und ging aus dem Haus. Ich musste einkaufen. Und die Rosen durfte ich nicht vergessen. Hyde, du wirst heute Abend dein blaues Wunder erleben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)