Blue Moon von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Morgengrauen ----------------------- Gackt war eine interessante Persönlichkeit, gar keine Frage. Mit seinem Talent, aber auch mit seiner Art schaffte er es Menschen in seinen Bann zu ziehen. Letzteres hatte ich an diesem Abend festgestellt. Sein Erfolg kam nicht von ungefähr. Er wusste wie er Menschen überzeugen und wie Marionetten nach seinem Willen tanzen lassen konnte. Ob er es bewusst tat, konnte ich nicht sagen. Aber er tat es. Jedenfalls gefiel mir seine Filmidee. Ich war noch nicht einmal aus der Einfahrt heraus, da musste ich mir das schon eingestehen. Was nicht heißen soll, dass ich mich schon entschieden hatte zuzusagen. Einen Vampir sollte ich also spielen. Interessant. Die Vorstellung hatte etwas, wohl wahr. Ich fasste in meine Jackentasche und holte meine Zigarettenschachtel heraus, während ich an einer Ampel hielt. Draußen wurde es bereits hell und bis ich zu Hause war, würde ich die Scheinwerfer gar nicht mehr brauchen. Die Zeit war zu schnell vergangen. Aber das tat sie nachts ja bekanntlich immer. Ich zog eine Zigarette aus der Schachtel und stellte fest, dass es die Letzte war. Achtlos warf ich die leere Packung auf den Beifahrersitz und kramte nach meinem Feuerzeug. Die Ampel schaltete auf grün. Einen Film hatte ich bisher noch nie gedreht, überlegte ich weiter, während ich die Zigarette zwischen die Lippen klemmte und anzündete. Ich war mir nicht sicher, ob ich schauspielern konnte. Es bestand ein gewisser Unterschied zu dem Dreh eines Musikvideos. Und einen Vampir, nein – gerade einen Vampir – zu spielen... Ich war skeptisch. Nachdenklich zog ich an der Zigarette und blies den Rauch langsam aus. Gackts Benehmen war schwer zu deuten. Ich konnte ihn nicht wirklich gut einschätzen, auch wenn ich sonst sicher war, eine gute Menschenkenntnis zu haben. Nur eines wusste ich genau. Er wusste was er wollte. Er wollte diesen Film. Und er wollte mich in dieser Rolle. Man musste ihn wohl nicht wirklich lange oder besonders gut kennen um seine Zielstrebigkeit zu bemerken. Dennoch war ich mir in seinem Haus etwas merkwürdig vorgekommen. Nicht, als hätte er mich eingeladen, um mir dieses Manuskript zu zeigen. Oder zumindest nicht zu diesem Zweck. Vielmehr schien es mir wie eine Herausforderung. Ich war mehr oder weniger unbewusst darauf eingegangen. Es war ein interessantes Spiel. Eine Abwechslung. Wie ich erwartet hatte, war es bereits hell, als ich endlich in meine Einfahrt fuhr. Immerhin hatte ich den Rückweg alleine gefunden. Es hatte nichts mit schlechtem Orientierungssinn zu tun, wenn man Gackts Haus, nach Gackts Wegbeschreibung nicht fand. Nach gut einer Stunde hatte ich aufgegeben und ihn angerufen. Wie sich später herausstellte, war ich völlig falsch gewesen. Gackt hatte gelacht. Er hatte sich nicht etwa lustig gemacht. Lediglich freundlich gelacht. Ich hatte schon auf dieser Party das Gefühl gehabt, er achtete stets auf seine Wortwahl und seinen Umgangston. Ich fragte mich ob er sich nur mir gegenüber so vorsichtig verhielt und wenn ja, warum? Mit einem Grinsen musste ich mir eingestehen, dass es mir gefallen würde, sollte es so sein. Es würde bedeuten, dass er einen gewissen Respekt vor mir hatte. Und wenn er sagte, dass er mich und meine Arbeit schätzte, dann glaubte ich ihm. Es gab genug Heuchler auf der Welt die einem grundsätzlich das sagten, was man aus Höflichkeit eben sagte. Aber obwohl ich Gackt noch nicht lange kannte, hatte ich das Gefühl, dass er nicht zu dieser Sorte Mensch gehörte. Mysteriös hatte er mich genannt. Wirkte ich auf andere Menschen mysteriös? Um ehrlich zu sein war es das erste Mal gewesen, dass mich jemand so beschrieben hatte und ich wusste nicht was ich davon halten sollte. War es ein Kompliment gewesen oder eine Beleidigung? Oder keines von Beiden? Ich schloss die Haustür auf und ließ sie hinter mir leise ins Schloss fallen. Das Haus erwartete mich wie immer still und leer. Obwohl Megumi und ich verheiratet waren, lebten wir getrennt, aus diversen Gründen. Am Anfang hätte ich sie gern öfter um mich gehabt, was aber leider auf Grund unserer Arbeit so gut wie unmöglich war. Mittlerweile hatten wir uns beide daran gewöhnt, denke ich. Ich hatte sie seit einem Monat nicht gesehen. Selbstverständlich telefonierten wir. Die ersten Monate noch täglich, irgendwann nur noch ein paar mal die Woche und jetzt noch seltener. Ich habe nie mit ihr darüber geredet, aber ich denke wir waren uns beide nicht sicher ob man das Liebe nennen konnte. Ob man es noch Liebe nennen konnte. Sie war eine charmante und wunderschöne Frau. Sie hatte Humor, war fürsorglich, höflich und klug. Ich schätzte mich glücklich eine Frau wie sie an meiner Seite zu haben. Das heißt... wenn sie denn mal an meiner Seite war. Ich zog Schuhe und Jacke aus, eh ich in das kleine Arbeitszimmer ging. Das Licht ließ ich aus. Meine Augen waren so oder so an Dunkelheit gewöhnt und wären sie es nicht gewesen, dann hätten sie sich innerhalb der letzten Stunden, in Gackts Haus daran gewöhnt. Ich nahm einen letzten Zug von der Zigarette, die sowieso nur noch ein Stummel war, und drückte sie dann im Aschenbecher aus, eh ich mich dem Laptop zuwandte. Ich hatte Gackt gebeten mir eine Kopie des Manuskripts zu schicken, damit ich es mir noch einmal in aller Ruhe anschauen konnte. Das kindliche Funkeln, das er bei meinen Worten in den Augen hatte, war trotz der blauen Kontaktlinsen nicht zu übersehen gewesen. Es hatte mich Schmunzeln lassen. Ich hatte es nicht böse gemeint, aber allem Anschein nach schien er mein Grinsen ab und an falsch zu interpretieren oder gar als Beleidigung aufzufassen. Er lies es sich nicht anmerken, aber ich konnte es dennoch spüren. Auch jetzt zogen sich meine Mundwinkel leicht nach oben als ich in meinen E-mail Eingang schaute. Natürlich hatte er das Manuskript schon geschickt. Es hätte mich um ehrlich zu sein gewundert, wäre es anders gewesen. Nachdenklich überflog ich erneut die ersten Zeilen, unterbrach dann, um mir eine weitere Zigarette aus der vollen Schachtel, die auf dem Schreibtisch lag, anzuzünden. Obwohl ich die Nacht über keine Minute geschlafen hatte, war ich nicht müde. Ich beschloss, mich ein paar Stunden meinen Fans zu widmen und anschließend weiter das Manuskript zu lesen. Die Fans... was würden die eigentlich sagen, überlegte ich, während ich die Internetadresse eintippte. Gackt und Hyde drehen zusammen einen Film. Eventuell. Allein ein solches Gerücht würde Schlagzeilen machen. Der Film würde sicher ein Erfolg. Aber ob das dann auf unser schauspielerisches Talent zurückzuführen war, oder lediglich auf die Tatsache dass WIR die Hauptrollen spielten, war fraglich. Meine Augen brannten und machten mir somit deutlich, dass ich sie vielleicht doch ein paar Stunden ruhen lassen sollte. Die Luft im Zimmer war stickig vom Zigarettenrauch, als ich Stunden später den Laptop ausschaltete. Ich stand auf und ging zum Fenster um es zu öffnen. Kalte Morgenluft schlug mir entgegen. Doch es war angenehm. Ich blieb einen Moment am Fenster stehen und dachte nach. Über Gackts Angebot, das Drehbuch. Konnte ich überhaupt schauspielern? Ich war zu erschöpft um jetzt weiter darüber nachzudenken. Dazu stellte ich jetzt noch fest, dass ich Hunger hatte. Ich hatte die ganze Nacht nichts gegessen. Den ganzen Abend zuvor auch nicht. Aber wenn ich mich jetzt entscheiden sollte zwischen Essen und Schlafen, fiel mir die Entscheidung leicht. Morgens, halb neun, war doch die richtige Zeit um sich in sein dunkles Schlafzimmer zu verkriechen. Mit einem ironischen Lächeln auf den Lippen schloss ich das Fenster wieder und verließ den Raum. ~ tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)