Tajemnica von JoeyB ================================================================================ Kapitel 4: Das Wiedersehen -------------------------- „Michael Parker?“, fragte Leo etwas verdutzt, als er auf den gut aussehenden Mann in seinem Alter stieß, der mit einer brünetten, jungen Frau dort saß, wo Kai Hiwatari auch ihn und Spencer hinbestellt hatte. Es war ein Büro der BioVolt – in sämtlichen großen Städten der Welt war die BioVolt mittlerweile vertreten. Michael war etwas verdutzt. Er war es gewohnt, auf der Straße erkannt zu werden, aber dieser Mann kam ihm irgendwie bekannt vor... Als Spencer ebenfalls durch die Tür hineinkam, fiel es ihm wieder ein. Der zierliche Mann war nur flüchtig bekannt. Das einzige, was man über ihn wusste, war dass er Spencer Petrov auf Schritt und Tritt folgte. Spencer sah Michael etwas geringschätzig an. „Sonst niemand hier?“, fragte er. „Ich wusste gar nicht, dass du Spencer Petrov kennst!“, strahlte die brünette Frau ihren Mann an. Sie ging auf Spencer zu. „Ich bin Sara Parker“, stellte sie sich begeistert vor. Michael runzelte die Stirn. „Ich bin Leonard Braun“, stellte sich Leo jetzt ebenfalls vor. „Ihr könnt mich ruhig Leo nennen.“ Seinen ganzen Namen hatte er deutsch ausgesprochen, während sein Spitzname englisch klang. Auch seine einwandfreie englische Aussprache ließ darauf schließen, dass er schon seit mehreren Jahren mehr Englisch als seine Muttersprache sprach. Mit seinem freundlichen Lächeln und der Tatsache, dass er ihnen seinen Spitznamen genannt hatte, hatte er festgelegt, dass die vier sich untereinander duzen sollten, was Spencer und Michael, die es nicht für nötig hielten, sich vorzustellen, da ihre Namen bereits gefallen waren, ja eh schon taten. „Sara ist meine Frau“, lächelte Michael stolz. Sara war wirklich eine Frau, mit der man sich sehen lassen konnte. Mit ihren langen, braunen Haaren, die glatt über ihre Schultern fielen, und den sanftmütigen, rehbraunen Augen, war sie eine wahre Schönheit. Und sie strahlte eine unglaubliche Sanftheit aus. Eine bessere und geduldigere Mutter für seine Kinder hätte Michael seiner Meinung nach nicht finden können. Nirgendwo. „Leo ist mein Lebensgefährte“, erklärte Spencer das Verhältnis zwischen ihm und dem jungen Mann. „Oh“, machte Michael überrascht. „Du bist schwul?“ Er konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. „Ausgerechnet du?“ Er hielt sich die Hand vor den Mund, so als wolle er nicht, dass sein Gegenüber sein Grinsen sah. „Sorry, dass ich grinse“, murmelte er. „Aber das ist echt... überraschend.“ „Ich hätte auch nie gedacht, dass ausgerechnet du schwul bist“, meinte Sara fassungslos und starrte Spencer an, als habe er ihr soeben mitgeteilt, er würde sich zur Ruhe setzen und nie wieder einen Film drehen – was für sie als Fan schrecklich gewesen wäre! „Neidisch?“, grinste Leo sie frech an. Michael zog eine Schnute und blickte beleidigt zur Seite. Sara kicherte. „Quatsch“, meinte sie amüsiert und legte ihren erschrockenen Gesichtsausdruck ab. „Aber warum wussten wir das nicht? Bei so berühmten Leuten weiß man doch, wenn sie schwul sind. Das muss doch Schlagzeilen geben!“ „Nö“, meinte Spencer lässig. „Mir wird eh nachgesagt, dass ich etwas exzentrisch bin, also kann ich es mir erlauben, mich nur von einem einzigen Kamerateam filmen zu lassen. So fällt es nicht auf, dass er überall da ist, wo ich bin.“ „Warum outest du dich nicht öffentlich?“, fragte Michael erstaunt. „Das gibt doch verdammt gute PR.“ „Aber es ist stressig“, meinte Spencer. „Wenn es irgendwie mal an die Öffentlichkeit kommt, ist es okay. Aber das muss man ja nicht provozieren...“ „Von dir weiß man ja auch nicht, dass du verheiratet bist“, setzte Leo ergänzend hinzu. „Wir haben zwei kleine Töchter.“ Michael lächelte versonnen. „Und für die beiden wäre es wohl alles andere als schön, ständig im Mittelpunkt zu stehen, nur weil sie einen berühmten Daddy haben.“ Er warf Sara einen liebevollen Blick, der mit einem Lächeln erwidert wurde, zu. „Kinder?“, fragte Leo begeistert. „Sind die auch hier?“ Er sah sich in dem recht großen Raum um, konnte jedoch nirgends Kinder entdecken. „Nein, wir haben sie bei unserer Nachbarin gelassen“, sagte Sara und wühlte ihrer Handtasche. „Aber ich habe Fotos dabei.“ Während Spencer sich auf den Sessel, der der Couch, auf der Michael saß, gegenüberstand, setzte, zog Sara ihr Portmonee aus ihrer Hantasche und klappte es auf. Sie zog zwei Bilder heraus. „Das hier ist Lisa“, stellte sie das rotblonde Mädchen vor. „Und die Kleine hier“, sie deutete auf das blonde Engelchen, „ist Jolie.“ Leo besah sich die Bilder begeistert. „Die sind ja total süß“, lächelte er verzückt. „Diese Kulleraugen und... Ohh... Dieses niedliche Lächeln.“ Er strahlte förmlich. „Lisa sieht ja ihrem Daddy ähnlich, aber Jolie hat dein Gesicht. Die wird bestimmt mal eine richtige Schönheit!“ Sara errötete leicht. „Danke“, murmelte sie verlegen. Michael und Spencer warfen sich über Tisch, der zwischen ihnen stand, hinweg belustigte Blicke zu. Sie hatten scheinbar schon vergessen, dass sie sich vor wenigen Minuten noch missbilligend gemustert hatten und dass sie schon seit Jahren miteinander befeindet waren. Nicht dass sie es jemals offen zum Ausdruck gebracht hätten... Aber wegen den Geschehnissen in ihrer Jugend hatten sie eigentlich immer mit einer gewissen Distanz über den jeweils anderen gedacht, wenn er gerade im Fernsehen zu sehen war, was ja bei beiden oft vorkam. Spencer hätte niemals zugegeben, dass er Michaels freche Sprüche richtig lustig fand, während Michael stets behauptete, er würde Spencers Filme nur sehen, weil seine Frau ihn dazu drängte. Aber auf einmal waren all diese Gedanken verschwunden, während Leo Sara Fotos von seinen Neffen zeigte, die in Deutschland wohnten. Plötzlich öffnete sich die Tür, vor der eine Sekretärin darüber wachte, dass niemand, der sich nicht als einer derjenigen, die Kai Hiwatari erwartete, ausweisen konnte, den Raum betrat. „Spencer?“, fragte Tala verdutzt und lächelte dann breit. „Mein Gott, du siehst gut aus!“ Er hatte schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Spencer, weshalb er in der Tür stehenblieb und ihn einfach nur anstarrte. „Tyson!“, strahlte Michael und sprang auf, um auf Tyson zuzulaufen und ihn kräftig in den Arm zu nehmen. „Wie toll, dich zu sehen!“ Als er Tyson zur Couch zog, folgte Tala den beiden und setzte sich ebenfalls auf einen der Sessel. „Hallo, Tala“, meinte Spencer etwas verlegen. „Das sind Sara und Leo“, stellte Michael die beiden anderen vor. Dann deutete er auf die beiden Neuankömmlinge. „Und hier sind Tyson und Tala.“ „Die beiden haben ihre Ehefrauen nicht mitgebracht“, stellte Leo, der auf weitere Saras gehofft hatte, enttäuscht fest. „Weil wir keine haben“, meinte Tala etwas verdutzt und warf Spencer einen fragenden Blick zu. Er schien sich zu fragen, was Leo hier machte. Genau wie Sara. Was wollten die beiden hier? „Ich habe aber eine Verlobte“, erzählte Tyson begeistert und zog sein Portmonee heraus, um ihr Foto zu suchen. „Das ist Alissa.“ Er reichte Sara das Bild. Michael und Spencer grinsten sich wieder gegenseitig an. „Die ist aber hübsch“, fand Sara und zeigte Leo das Foto. „Schön, nicht wahr?“ „Und wie!“ Leo nickte anerkennend. „Ihr beiden passt bestimmt gut zueinander!“ „Tala hat auch eine“, setzte Tyson hinzu und zog ein weiteres Foto hervor, auf dem seine Verlobte und eine andere junge Frau, die genau wie Alissa die Tracht einer Krankenschwester trug und kokett in die Kamera lächelte, zu sehen waren. „Was?“, fragte Tala verdutzt und versuchte einen Blick auf das Foto zu erhaschen, das Tyson jedoch sofort an Sara weiterreichte. „Das ist Svenja“, stelle Tyson vor. „Sie ist toll, nicht wahr?“ Leo nickte anerkennend. „Hee!“, beschwerte sich Tala. „Ich habe nichts mit Svenja!“ Er warf Tyson einen vorwurfsvollen Blick zu. „Musst dich doch nicht schämen“, feixte Tyson. „Aus dem Alter sind wir doch raus!“ Michaels Frage, ob die beiden sich tatsächlich miteinander angefreundet hatten, ging in dem Gelächter um ihn herum unter. Als Kai, Bryan, Nikolai und Alana nach einigen Stunden in den reservierten Raum traten, war dieser leer. Entsetzt starrte Kai auf die leere Couch, wo er eigentlich die anderen ehemaligen Beybladeprofis erwartet hatte, doch niemand war hier. Was, wenn sie auch entführt worden waren? Er stürzte zurück in den Vorraum zu der Sekretärin. „Wo sind sie hin?“, fragte er aufgeregt. „Sie wollten zusammen etwas essen gehen“, entschuldigte sich die Frau. „Ich habe versucht, sie dazu zu bringen, sich etwas herzubestellen, aber sie wollten unbedingt in ein Restaurant.“ „Und in welches?“, fragte er hitzig. „Nicht wichtig“, tönte plötzlich ein Stimme. „Wir sind wieder hier!“ „Johnny!“, rief Kai entsetzt, als ihm ein rothaariger, junger Mann entgegentorkelte und sich dann auf einen Stuhl, der vor dem Büro stand, sinken ließ. „Du verträgst aber auch gar nichts“, machte sich Tyson über den Schotten lustig. Er ging, selbst nicht mehr sehr fest auf den Beinen, Kai entgegen und fiel ihm um den Hals. „Kai, ich hab dich ja sooo vermisst!!“ Kai stieß ihn von sich und starrte ihn entsetzt an. „Ihr habt euch besoffen?“, fragte er entgeistert, als er auch die anderen Personen ausmachen konnte. „Ich nicht!“, kam es von einem brünetten, jungen Mann, der sich aus der Menge löste und wichtig machte: „Ich trinke ja generell nicht. Und ich habe ihnen allen gesagt, sie sollen nicht so viel trinken, aber auf mich wollte ja mal wieder niemand hören!“ Er seufzte resignierend. „Aber das bin ich ja schon gewohnt... Warum hört bloß nie jemand auf mich?“ Er trank einen Schluck aus der Flasche, die er in der Hand hielt. Kai hob eine Augenbraue. Wie konnte jemand so dämlich sein, zu behaupten, er trinke nicht, und sich dann zur Unterstützung seiner eigenen Worte besaufen? Bryan warf Kai einen irritierten Blick zu. „Sei doch mal still, Leo“, jammerte Tyson. „Du nervst!“ „Sagst gerade du“, grinste Tala belustigt. Er schien von den hier Anwesenden am klarsten zu sein, wenn man von der jungen Frau, die neben Michael stand, absah. „Ähm... Ihr habt euch also gemeinschaftlich besoffen?“, stellte Kai schließlich fest. „Jau!“, nickte Michael ernst, wofür er sich einen Knuff in die Seite von seiner Frau einfing. Kai verdrehte resignierend die Augen. „Und was machen wir jetzt?“, fragte Bryan etwas hilflos. Tala knickte plötzlich ein, legte sich auf den Boden und... schlief ein! Von wegen, am klarsten... Kai verzog kritisch das Gesicht. „Naja“, murmelte er. „Sehe ich so aus, als müsste ich öfter solche Situationen meistern?“ „Es ist schon spät, wir könnten ins Bett gehen“, schlug Bryan vor. „Etwas anderes bleibt uns vermutlich nicht übrig“, ärgerte sich Kai. „Selbst als Teenagern hätte ich ihnen mehr Vernunft zugetraut!“ „Hm“, machte Bryan leidend. „Ich hatte eigentlich gehofft, wir könnten sofort anfangen, nach Verbindungen zwischen Ian und Max zu suchen. Ich mache mir richtige Sorgen, weißt du...“ Kai nickte leicht. „Ja, ich auch“, murmelte er. „So ein Mist!“ Michaels Frau hatte sich mittlerweile von der Gruppe gelöst und zu Alana gestellt. Vorwurfsvoll blickte sie in die Runde. Scheinbar war sie wirklich gegen dieses Besäufnis gewesen. Johnny und Tala schliefen ruhig und selig, Michael und Tyson knufften sich grundlos gegenseitig und Leo trank, während Spencer, der hinter ihm stand, sanft über seinen Hals streichelte. „Wo schlafen wir eigentlich?“, fragte Bryan. Auf einmal sympathisierten er und Kai ebenfalls automatisch. Es war erstaunlich, dass die beiden Männer, die sich den ganzen Flug über darauf gefreut hatten, bald endlich auf andere alte Freunde zu treffen, plötzlich wieder freundlich miteinander sprachen. Vermutlich, weil sie beide verärgert waren. Und nicht nur verärgert. Auch wenn sie beide es gut hinunterspielen konnten, waren sie doch stocksauer. „In einem Hotel“, meinte Kai gepresst. Bryan wollte gerade fragen, wie weit dieses Hotel denn entfernt sei, als Spencer plötzlich auf Nikolai aufmerksam wurde und belustigt anmerkte: „Guck' mal, der Niggerjunge sieht aus wie Jim Knopf!!“ Bryan starrte ihn fassungslos an. Hatte Spencer gerade tatsächlich abfällig von seinem Sohn geredet? Er stellte sich schützend vor Nikolai. „Und die Schwuchtel neben dir wie Marilyn Monroe!“, fauchte er aggressiv zurück. Ihm war nicht entgangen, wie Spencer den jungen Mann bei sich anfasste. Aber er hatte nichts gesagt. Er war ja tolerant. Und gerade Spencer hätte eigentlich ebenfalls tolerant sein müssen! Als Kai sich darüber lustig gemacht hatte, war es Bryan egal gewesen. Er hatte schließlich nie sonderlich viel Wert auf Kais Meinung gelegt. Aber jetzt bei Spencer war es etwas anderes. Immerhin waren sie früher einmal Freunde gewesen! Und sie hatten eigentlich nie beschlossen, keine Freunde mehr zu sein. Klar, irgendwann war der Kontakt abgebrochen, aber eigentlich hatte Bryan immer gedacht, dass Spencer ihn noch immer mochte. Und dann kam so etwas! Spencer hatte sich nun ebenfalls schützend vor den recht perplexen Leo („Warum hat mir das vorher niemand gesagt?“) gestellt und funkelte Bryan böse an. „Wir gehen jetzt“, beschloss Kai ernst. Er konnte es sich nicht leisten, dass die Situation eskalierte, denn er konnte sich denken, zu was Spencer fähig war. Bryan hatte nicht den Hauch einer Chance gegen ihn. Aber andererseits hatte Kai auch schon gemerkt, wie wichtig Bryans Sohn für ihn war. Dementsprechend hätte sich Bryan vermutlich totprügeln lassen, nur um Nikolais Ehre wiederherzustellen. Kai stellte sich mutig zwischen die beiden und packte Bryan dann am Ärmel. „Komm', Bryan, ich brauche jetzt jemanden, der nicht völlig zu ist und mir helfen kann, die Idioten hier rauszuschaffen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)