Wie Brüder von Tatheya ================================================================================ Kapitel 11: Der Anfang vom Ende III ----------------------------------- Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit meiner Fanfiction. Teil: 11 Genre: Gundam Wing Rating: ab 18 Pairing: Treize und Zechs Kapitel 10: Der Anfang vom Ende III „Den Arzt. Holt den Arzt.“ Treize stürzte in das Gemäuer und alles was er sah war die dahin gestreckte Gestalt von Zechs. „Oh bitte. Bitte nicht.“, betete Treize während er neben dem Körper seines Geliebten niederkniete und mit fahrigen Fingern den Kragen aufknöpfte um nach dem Puls zu tasten. Nur um feststellen, dass er keinen fühlen konnte. Er hörte die Stimmen der übrigen Männer und hoffte, dass Doktor Paschal gleich hier sein würde. Ganz wie es ihm in den zahlreichen Notfallübungen und Lehrgängen beigebracht worden war, öffnete er die Jacke und das Hemd von Zechs und begann nach dem Druckpunkt zu suchen. Dreißig Mal pumpen, dann zweimal beatmen. Bei seinem dritten Zyklus bemerkte er, dass die Ärztin endlich angekommen war. Sie kniete auf der anderen Seite von Zechs und ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, rechnete sie mit dem Schlimmsten. Kurz scheuchte sie Treize weg, damit sei ein EKG anlegen konnte. Das schnelle, hektische Piepsen, das Sekunden später die Höhle durchdrang war alles andere als der normale Rhythmus eines gesunden Herzen. Treize wusste leider ganz genau was es bedeutete. „Kammerflimmern?“ In den ganzen Jahren seit er von Zechs´ Herzfehler wusste hatte sich Treize ausführlich mit diesem Thema auseinander gesetzt. „Ja. Zur Seite mit ihnen!“ Treize wusste auch, was jetzt kommen würde und hörte schon das Sirren des Defibrillator, der sich auflud. Als Doktor Paschal den Auslöser des Geräts betätigte war es Treize als ob sein eigenes Herz stehen bleiben würde. Wie gebannt starrte er auf den Monitor des kleinen EKGs und betete, dass das Herz wieder seinen Rhythmus aufnehmen würde. Aber es geschah nichts... nichts... Doch so schnell würde Treize nicht aufgeben und begann wieder mit der Herzdruckmassage während die Ärztin die Beatmung übernahm. Nach dem zweiten Versuch geschah noch immer nichts, auch die Medikamente, die injiziert worden waren zeigten keinerlei Wirkung. Nach dem dritten Versuch sah ihn Doktor Paschal direkt an und schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid...“ „Oh nein.“ Treize rutschte auf den Knien wieder an Zechs´ Seite, Noin hatte mittlerweile die Herzdruckmassage übernommen. „Das tust du mir nicht an.“ Seine Stimme hatte einen panischen Tonfall angenommen. „Hörst du Zechs?! Du Bastard stirbst mir nicht einfach so unter den Händen weg!“, herrschte er Zechs an und schlug diesem mit der bloßen Faust auf das Brustbein. Fast wie bei einer bockigen Maschine schien dies wieder etwas in Gang zu bringen. Das EKG gab ein Piepsen von sich und Zechs holte mit einem schweren, tiefen Atemzug Luft. Er öffnete seine Augen und alles was er wahrzunehmen schien war Treize, denn unentwegt starrte er ihn an. „Du.“, entfuhr es ihm und er zog eine Grimasse, die wohl ein Lächeln darstellen sollte. Doch unter den gegebenen Umständen nicht so recht gelingen wollte. Treize war wie erstarrt und beobachtete wie Zechs eine Atemmaske aufgesetzt bekam und Doktor Paschal beruhigend auf ihn einredete, doch bitte liegen zu bleiben. Die übrigen Männer, die ebenfalls die Höhle betreten hatten, sackten kollektiv in sich zusammen als sie sahen, dass Zechs wieder unter den Lebenden weilte und ihre kleine Mission dann mehr oder weniger zu einem guten Ende gelangt war. Treize jedoch kam mit sichtlicher Mühe auf die Beine, musste sich an der Felswand abstützen und wankte dann nach draußen. Dort lief er nochmals zehn Schritte, dann knickten seine Knie ein und er schmeckte saure Galle in seiner Kehle als er sich übergab. Gerade in der Höhle, da hatte er geglaubt er hätte Zechs verloren und darauf war er nicht im Geringsten vorbereitet gewesen. Erst jetzt begriff er, dass er trotz seiner jahrelangen Erfahrung als Soldat und Kommandant und der zahlreichen Männer und Frauen, die schon unter seinem Befehl gestorben waren, dass ihn dies nicht darauf vorbereitet hatte, wie es denn sein würde, wenn Zechs je sterben würde. Und dieser Blick aus Zechs´ Augen als dieser ihn angesehen hatte, so voller Erleichterung. So als ob sich dies Zechs als sehnlichstes vor seinem Tod gewünscht hatte, noch einmal Treize zu sehen. Oh Gott, so eine tiefe Liebe, das hatte er doch gar nicht verdient, schien es Treize. Und noch etwas war es was ihm die Galle hochsteigen ließ. Seine Liebe zu Zechs wiederum hatte ihn in ein schreckliches Abbild seiner selbst verwandelt. Er hatte sämtliche Grundsätze ehrenhaften und tugendhaften Handelns in den Wind geschossen. Tatsächlich hatte er sich wie eine Bestie verhalten. Der Schrei des Terroristen, den er einfach so in das Bein geschossen hatte, hallte ihm wieder in den Ohren und er musste sich zwingen ruhiger zu atmen, so dass er nicht anfing zu hyperventilieren. Zechs hatte die besten Seiten in ihm hervorgebracht, dachte Treize bitter, aber auch die schlechtesten. Noin war zu ihm gekommen und drückte ihm eine Wasserflasche in die Hand. „Zechs geht es gut. Er kommt bald wieder auf die Beine.“, beruhigte sie ihn und betrachtete das Resultat von Treize kurzem Zusammenbruch. „Auch Ihr müsst euch jetzt auch ausruhen Exzellenz.“, drängte sie ihn und Treize konnte darauf mit nicht mehr als einem geringschätzigen Schnauben antworten. Er sich ausruhen, eher gefror die Hölle zu Eis. Sobald er wieder in Kairo war, würde schon Dermail wieder eine dringende Bitte an ihn haben oder irgendein anderer aufgeblasener Aristokrat der Stiftung. Mit Noins Hilfe erhob er sich und ignorierte die Blicke der anderen Männer als sie ihn so schwach sahen. Doch es lag keine Abscheu darin, wie Treize dann feststellte, die Soldaten betrachteten ihn mit einer neuen Sympathie und Mitgefühl. Nicht, dass Treize dies jetzt viel kümmern würde. Als er zusammen mit Noin das Grabmal wieder erreicht hatte und eintrat, hatte Zechs bereits eine sitzende Position eingenommen. Die Augen zwar geschlossen und er machte einen durch und durch müden und mitgenommenen Eindruck, aber Treize schoss es durch den Kopf, dass er auch noch nie so schön gewesen war. So morbide und krank dies auch klang. Zechs lebte! Dies allein zählte und dies ließ alle Blessuren und Schmerzen in den Hintergrund drängen. Zechs hatte schließlich darauf bestanden, dass er durchaus alleine den kurzen Weg vom Jeep zum Hintereingang des Hotels in Kairo gehen konnte. Niemand wollte ihm widersprechen, aber dennoch hielt sich Treize und Doktor Paschal wachsam an der Seite des Lieutenant. Auch auf der Feuerleiter machte Zechs eine gute Figur. Doch als sie in endlich in der Suite des Colonels angekommen waren, konnte er sich nur noch an Treizes Arm festklammern und sein Gesicht war schweißüberströmt. Deshalb protestierte Zechs auch nicht als man ihn gleich in das große Doppelbett verfrachtete und ihn nochmals von Doktor Paschal untersuchen ließ. „Lassen Sie uns alleine.“, wies die Ärztin Treize an und er wollte schon protestieren. Er war sich sicher, dass Zechs nichts dagegen hätte, wenn er bei der Untersuchung dabei wäre. Doch die Ärztin ließ keinerlei Widerworte aufkommen. „Gehen Sie sich duschen und schlafen Sie eine Runde.“, befahl sie streng. „Das gleiche gilt auch für Sie Lieutenant Noin.“ Noin war mit auf die Suite gekommen und lungerte im Türrahmen des Schlafzimmers herum. Beide fügten sie sich und Treize war froh, dass die Suite über mehr als ein Badezimmer verfügte, so dass es zu keiner peinlichen Szene zwischen ihm und Noin kommen konnte. Er schätzte Noin als fähigen Offizier, mehr war sie nie für ihn gewesen. Doch seit er wusste, dass sie die Geheimorganisation für mehrere Wochen verlassen hatte, nämlich um auf Zechs´ Schwester Relena aufzupassen und so dem blonden Lieutenant einen Gefallen zu tun, seitdem sah er sie in einem anderen Licht. Noin war genauso Zechs verfallen wie er selbst. Sie waren beinahe wie zwei Motten, die in immer dichteren Zirkeln um einen großen Scheinwerfer flogen und schließlich dort ihr Verderben fanden. Dies war zwar eine sehr düstere Beschreibung ihrer Lage, aber nichtsdestotrotz hatte Treize das Gefühl, dass es genau das war. „Ach.“, er hieb mit der Faust gegen die Kacheln der Dusche. Was tat er hier überhaupt? Er hatte erreicht, dass Zechs noch lebte, dass sie noch einige wertvolle Tage verbringen konnten. Und alles was er hier tat war äußert finsteren Gedanken nachzuhängen so als ob sie alle schon tot seien. Zechs öffnete die Augen mit einem leichten Seufzen und fragte sich, was ihm seine Fürsorgerin wohl injiziert hatte, dass er sich so unbeschwert und leicht fühlte. Oder vielleicht lag es auch einfach nur an der Tatsache, dass er dem Tod von der Schippe gesprungen war. Da wurde wohl jeder Mensch leicht übermütig. Doktor Paschal lächelte ihn an und überprüfte nochmals den Sitz der Infusion. Ein Blick auf den Beutel sagte Zechs jedoch, dass sich nur harmlose Kochsalzlösung darin befand, wahrscheinlich um seinen Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Demnach schien es ihm gar nicht so schlecht zu gehen. „Sie sind Benjamins Mutter habe ich Recht?“, erkundigte er sich bei der Ärztin, deren Namen er auf der Autofahrt nach Kairo aufgeschnappt hatte. „Richtig.“ „Er ist ein guter Junge. Ich werde dafür sorgen, dass er in Luxemburg eine sichere Stellung erhält. Er soll nicht dafür bestraft werden, dass sein Offizier sich äußert dumm verhalten hat.“ „Was meinen Sie?“ Sie setzte sich auf das Bett und wischte ihm mit einem feuchten Lappen über das Gesicht und den Hals. „Dass Sie gegen die Befehle der Stiftung gehandelt haben?... Der Colonel hat so etwas angedeutet als wir auf der Suche nach Ihnen waren.“, erklärte sie als sie Zechs´ überraschtem Gesichtsausdruck gewahr wurde. „Ja, das ist es... und noch einiges mehr.“, fügte Zechs an und starrte auf die Tür zu seiner Linken. „Wo ist er?“ „Treize?“ Er nickte. „Ja.“ Hoffentlich hörte sich das nicht so flehentlich an, wie er sich fühlte. In Wahrheit wollte er den Colonel ganz nah bei sich haben. In dessen Armen liegen und dort einschlafen. Treize, er brauchte ihn jetzt. „Ich bin sicher, er kommt bald um nach Ihnen zu sehen.“ Da hatte sie wahrscheinlich gar nicht so unrecht. „Der Colonel hat mir ihre geheime Krankenakte gegeben.“, wechselte Doktor Paschal dann das Thema. „Es ist ein äußert ungewöhnlicher Herzfehler, den Sie da haben.“ Sie musterte ihn und unwillkürlich spannten sich Zechs´ Muskeln an. „Ich vermute, er ist vererbt worden.“ Es war halb als Frage gemeint, halb als Feststellung. Zechs nickte nur knapp. Was wollte sie? „Wie ich weiß gibt es eine ganz besonders prominente Linie eines alten Adelsgeschlechts, in deren Verlauf es vermehrt zu dieser Anomalie gekommen ist.“ Trotz seines angeschlagenen Zustands wurde Zechs´ Tonfall eisig. „Worauf wollen Sie hinaus?“ Er hatte sich aufgerichtet und das Handgelenk der Frau gepackt, die ihm jetzt die Strähnen aus der Stirn streichen wollte. Völlig unerwartet lachte sie da nur auf und befreite sich spielend aus Zechs´ Griff, was diesem auf unangenehme Weise aufzeigte, wie schwach er doch im Moment war. „Keine Sorge Prinz, Ihr Geheimnis ist bei mir in guten Händen.“ Zechs war fast so als ob er wieder das Bewusstsein verlieren würde als er diese Anrede vernahm. ‚Prinz.‘, nicht einmal Treize erdreistete es sich ihn so zu nennen! Der Colonel genau wusste wie empfindlich Zechs darauf reagierte. „Wissen Sie, mein Mädchenname war Thompson... Margarete Thompson... Kleiner Milli.“ Zechs starrte sie aus großen Augen an. „Maggie.“, entfuhr es ihm und sie nickte, mit Tränen der Rührung in den Augen. „Mein Güte. Das war es, was mir an Benjamin so seltsam vorgekommen ist.“, sprach er weiter. „Er hat deine Augen.“ Tatsächlich hatte er gewusst, dass der junge Offizier, den er in Nairobi getroffen hatte, ursprünglich aus Sanc war. Das war auch ein Grund gewesen, warum er Benjamin eine Stellung in Luxemburg verschafft hatte. Dass jedoch Benjamins Mutter sein altes Kindermädchen war, das hätte er sich niemals denken können. „Und Ihr die eurer lieben Mama.“ Sie konnte sich wohl nicht entscheiden ob sie lachen oder weinen sollte. „Ich hätte nicht gedacht euch noch einmal zu sehen Prinz. Vor allem nicht auf diese Art und Weise.“ „Das glaube ich.“ Zechs drückte die Hand seines ehemaligen Kindermädchens und auch ihm stiegen die Tränen in die Augen auch wenn er es hoffentlich besser verbergen konnte als sie. „Ich hatte gedacht du wärst auch... damals bei den Erschießungen, wo sie meine Eltern...“ Er sprach nicht weiter, konnte es einfach nicht und wollte nicht, dass sich diese Bilder wieder in sein Gedächtnis bohrten. Wie glühend heiße Nägel. „Ihr habt es gesehen?“ Sie riss die Augen auf bei der Vorstellung, dass ein sechsjähriger Junge die Hinrichtung seiner Eltern und Verwandten mitansehen musste. „Nein, nicht richtig. Treize war da. Er hat mich rechtzeitig gefunden und dafür gesorgt, dass ich es nicht sehe... Doch gehört habe ich es.“, schloss er lahm. Manchmal hörte er es noch heute in seinen Träumen. Des Geräusch der Gewehrsalven und der toten Körper, die auf dem Boden aufschlugen. Sie nahm sein Gesicht in die Hände und küsste ihn auf die Stirn, wie sie es mit ihm getan hatte um ihn zu trösten, wenn er sich das Knie aufgeschlagen hatte oder von der alten Kammerdienerin seiner Mutter ausgeschimpft worden war. Und er schlang die Arme um ihren Nacken, genau wie damals. „Es tut gut Euch zu sehen Milliardo, mein Prinz. Zu sehen, dass Ihr zu einem ehrenvollen Mann geworden seid. Das gibt mir Hoffnung, dass irgendwann einmal alles zum Guten kommt.“ „Das hoffe ich auch.“, gab Zechs zurück und ließ es mit einem komischen Gefühl in der Brust zu, dass sie ihn bei seinem alten Namen nannte. Es war zu ungewohnt und mit zu vielen schlechten Erinnerungen verbunden. Außerdem war er kein ehrenvoller Mann, aber auch zu müde um dieses alte Thema zu diskutieren. „Ich schicke Treize zu Ihnen.“ Sie erhob sich, wischte sich über die Augen und vollführte einen formvollendeten Hofknicks, was Zechs unwillkürlich zum Lachen brachen. So absurd kam ihm das vor. Treize und Noin saßen beide auf der Couch vor dem Fernseher, beide waren sie frisch geduscht, in die Bademäntel des Hotels gehüllt und hatten den Inhalt der Minibar vor sich ausgebreitet. Während sich Noin an den Brandy hielt, hatte sich Treize einen Weinbrand eingeschenkt und beide schwiegen sie und wollten doch so viel sagen. Weil sie beide bemerkt hatten, dass sie etwas erklären mussten. Doch bevor auch nur einer das Schweigen brechen konnte, kam Doktor Paschal in das Zimmer, setzte sich neben sie griff zielsicher nach dem Whisky. Verblüfft stellte Treize fest, dass die Frau geweint hatte und er fragte sich natürlich warum. Stand es mit Zechs doch so schlecht? Alarmiert fuhr er hoch. „Nein, ihm geht es gut.“, beruhigte sie mit einem Blick auf Treize. „Was ist mit seinem Herz? Ist es schlimmer geworden? Das hatte er noch nie, dass er...“ Treize wusste nicht, wie er enden sollte. Er konnte ja unmöglich sagen, dass Zechs gestorben war. Wie komisch hörte sich das an. „Nein, es ist nicht schlimmer geworden. So weit ich das jetzt sagen kann mit Hilfe der Krankenakte. Nach so langer Zeit ohne ausreichend Wasser ist es kein Wunder, dass er dehydriert ist und das würde jeden noch so gesunden Kreislauf in die Knie zwingen. Milli...“ Sie unterbrach sich erschrocken doch Noins und Treizes Kopf waren schon in ihre Richtung gedreht. „Wie...?“, entfuhr es Noin. „Woher...?“, fragte Treize argwöhnisch. „Mein Kindermädchen. Margarete war mein Kindermädchen in Sanc.“, tönte es aus Richtung Tür und alle drei fuhren herum und sprangen auf als sie Zechs im Türrahmen lehnen sahen. Treize war als erster bei ihm und Zechs ließ es zu, dass Treize ihm eine stützende Hand unter den Ellbogen schob. „Ich wollte dich sehen. Ich brauche dich, bitte.“, raunte Zechs leise. So leise, dass er hoffte, dass es nur Treize gehört hatte. Aber als Treize zurückblickte zu Noin und deren tiefrote Gesichtsfarbe bemerkte, wusste er dass auch sie den verlangenden Tonfall vernommen hatte. Ihr Blicke begegneten sich und alles war gesprochen. Sie senkte den Blick und ließ sich schwer in die Couch zurückfallen, leerte ihren Brandy in nur einem Zug. Ja, sie tat ihm leid. Zuerst sprachen sie nichts und Treize gab vor damit beschäftigt zu sein zu kontrollieren, dass auch der Ständer mit der Infusion wieder ordnungsgemäß am Bett stand. Treize wusste auch nicht, was er sagen sollte, oder besser wie er es sagen sollte. Schließlich setzte sich Zechs auf und streckte die Arme nach ihm aus. Treize setzte sich neben ihn und hielt Zechs fest an sich gedrückt. „Ich hatte solche Angst um dich.“, murmelte er immer und immer wieder und wollte Zechs gar nicht mehr loslassen. Beide waren sie sich über die Endgültigkeit ihres Treffens bewusst. Zechs wusste, dass Treize auf eigene Verantwortung gehandelt hatte. Dass Zechs keinerlei Unterstützung von OZ mehr bekommen würde. Dann war es tatsächlich so gekommen, wie er es geahnt hatte, seine Karriere war am Ende. Aber er wäre nicht der berüchtigte Lightning Baron, wenn er sich nicht mit einem Paukenschlag verabschieden würde. Noin wusste ganz genau, dass sie es nicht tun sollte. Dass sie die Privatsphäre der beiden Männer respektieren sollte, aber sie konnte nun einmal nicht anders. Nun, vielleicht war auch der Brandy schuld daran, dass sie an der Tür des Schlafzimmers stand und lauschte. Zuerst hatte sie nichts gehört und die Tür leise geöffnet. Sie hatte es fast erwartet, Treize und Zechs in leidenschaftlicher Umarmung vorzufinden, doch was sie sah, das erschütterte sie noch mehr: Das Licht einer einzelnen kleinen Lampe, die auf dem Nachttisch stand, erhellte die unmittelbare Umgebung des Bettes. Treize saß da, völlig reglos und blickte einfach nur hinab zu Zechs, dessen Kopf auf Treizes Schoß lag. Unwillkürlich erinnerte Noin das Bild an eine Pieta, die Darstellung der Maria, die ihren toten Sohn hielt. Zechs schien zu schlafen, denn er regte sich nicht und Noin wollte sich schon zurückziehen als Treize tief Luft holte. Es hörte sich an, als ob eine große Last auf ihm ruhen würde und er nur mit Mühe atmen könne. Selbst im Licht der kleinen Lampe konnte Noin die feuchten Spuren der Tränen erkennen, die ihren Weg über die Wangen des Colonels suchten. „Es tut mir so leid.“, hörte Noin ihn mit erstickter Stimme sprechen. „Ich kann nichts mehr für dich tun.“ Jetzt bewegte sich Zechs und schlug die Augen auf. Er streckte die Hand nach Treize aus und wischte die Tränen ab. Noin wandte den Blick ab, wie peinlich war es ihr diesen intimen Moment zu beobachten. Hätte sie noch einen Beweis dafür gesucht, dass sich die Beiden liebten, jetzt hätte sie ihn gefunden. Schon damals vor einem Jahr in Bremen hatte sie den Verdacht gehabt, dass Zechs und Treize mehr als nur gute Freunde waren. Damals wo sie Zeuge des Streits zwischen den beiden Männern geworden war. Doch im Laufe des Jahres hatte sie diesen Vorfall mit anderen Augen gesehen und sich wieder Hoffnung gemacht. Eigentlich hätte sie gedacht, dass sie eine unbändige Wut auf den Colonel empfinden würde. Schließlich war sie selbst schon lange Zeit in Zechs verliebt und hatte jetzt endgültig herausfinden müssen, dass diese Liebe wohl nie würde erwidert werden. Doch stattdessen empfand sie nur tiefe Trauer und Mitgefühl. Treize und Zechs liebten sich zwar, aber mussten diese Liebe geheim halten. Ja, schlimmer noch, sie würden sich bald als Feinde gegenüberstehen. Vor niemandem durften sie ihre Gefühle zeigen. Am nächsten Morgen war Treize bereits aufgebrochen und Noin blieb mit Zechs und der Ärztin in Kairo zurück. Sie war froh darum, dass sie Treize nicht mehr unter die Augen treten musste. Jetzt wo sie genau um dessen Verhältnis zu Zechs wusste. Doch wie sollte sie Zechs selbst gegenübertreten? Sollte sie überhaupt zu ihm gehen? Doch diese Entscheidung wurde ihr dann von Zechs selbst abgenommen, denn er rief sie zu sich. Noin war froh zu sehen, dass es dem Lieutenant besser ging. Sein Gesicht war nicht mehr so eingefallen und hatte auch wieder etwas Farbe bekommen. „Ich glaube, die gehört ihnen.“ Noin hob die Maske hoch, die sie in den Händen hielt und legte sie neben Zechs auf das Bett. „Sie lag im Wagen der Entführer.“, erklärte sie weiter und versuchte ihn nicht allzu offensichtlich anzustarren. Sie hatte ihn zwar schon ein paar Mal ohne die obligatorische Maske gesehen, aber bei weitem nicht oft genug. Zechs strich mit dem Finger über einen haarfeinen Riss, der sich am hinteren Teil der Maske entlangzog. „Wahrscheinlich wird sie beim nächsten Kampf auseinander brechen.“, bemerkte er. „Aber das spielt auch keine Rolle mehr.“ Noin erschrak, egal was Zechs mit Treize noch in der Nacht alles besprochen hatte, es musste etwas sehr Endgültiges gewesen sein. Die Stimme des Lieutenant war so ruhig und emotionslos. Auch seine ganze Haltung hatte etwas Fatalistisches, Zechs hatte sich in sein Schicksal ergeben und war bereit diesen Weg zu gehen, egal wie viele Schmerzen er ihm bereiten würde, egal ob am Ende dieses Weges der Tod stehen würde. „Sir.“, begann sie, aber er hob die Hand um sie zum Schweigen zu bringen. „Nein Noin. Es ist gut. Treize und ich, wir haben alles besprochen.“ Er schien auf eine Reaktion von ihr zu warten. „Wir sind...“, hob er an, doch nun war sie es, die ihn unterbrach. „Ich weiß.“ Zechs blickte sie überrascht an, dann nickte er nur. Dankbar, dass er nichts weiter sagen musste. „Noin, Ich muss Sie noch um einen Gefallen bitten. Bringen Sie Heero Yuy und seinen Gundam zur Basis auf Antarktika. Mehr kann ich nicht von Ihnen verlangen.“ Er reichte ihr einen versiegelten Umschlag. „Darin sind von Treize unterzeichnete Papiere, dass Sie nicht mehr länger meinem Kommando unterstehen. Sie brauchen nur noch das Datum einsetzen und können weiter bei OZ bleiben. Niemand kann Ihnen dann noch etwas vorwerfen. Es tut mir leid, dass ich nicht mehr tun kann.“ Sie nahm den Umschlag erst gar nicht entgegen. „Ich werde OZ ebenfalls verlassen. Die Organisation steht nicht mehr für die Ideale, für die ich kämpfe. Auch Colonel Treize kann es nicht verhindern, dass sich OZ zu einer neuen Allianz entwickelt.“ „Das weiß er. Auch wenn er sich noch nicht eingestehen will.“, stimmte Zechs zu. „Ich werden morgen zur Lake Victoria Akademie fliegen. Und von dort aus meinen Transporter nehmen.“, wechselte Zechs dann das Thema. „Können Sie den Jungen bis übermorgen treffen?“ „Das sollte kein Problem sein. Ich weiß, dass er sich in momentan in Gibraltar aufhält.“ „Gut.“ Noin war bereit sich zu verabschieden, da fiel ihr Blick auf einen Schlüssel, der neben Zechs auf dem Nachttisch lag. Es war einer jener Schlüssel, die man benötigte um die Mobile Suits zu starten. Wie kam denn der hier her? Sie war sich ziemlich sicher, dass der Schlüssel gestern noch nie hier gelegen hatte. Zechs sah es. „Treize war nicht erfreut darüber, dass ich einen Masterkey besitze.“ Er griff nach der Kette, an der der Schlüssel befestigt war. „Aber jetzt hat er ihn mir gegeben... Als Abschiedsgeschenk.“ Fragend sah Noin auf. Zechs lächelte traurig. „Wir werden uns nicht mehr wiedersehen. Zechs Merquise ist für OZ und damit für Treize Khushrenada gestorben.“ Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)