Wie Brüder von Tatheya ================================================================================ Kapitel 7: Stolz und Vorurteil ------------------------------ Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören (immer noch) nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit meiner Fanfiction. Teil: 7 Genre: Gundam Wing Rating: ab 16 Pairing: Treize und Zechs Kommentar: Nachdem einige meiner treuen Leser schon meinten, dass sich nun für Treize und Zechs alles zum Guten wendet, so muss ich euch leider enttäuschen. Ich bin ein großer Fan von „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen. Als ich damals im Kino gesessen bin und das erste Mal den Trailer zu der neuen Verfilmung gesehen habe, bin ich fast senkrecht in die Luft geschossen. ;-) Aber das gesamte Thema von „Stolz und Vorurteil“ passt auch sehr gut auf diese Geschichte und die Beziehung von Treize und Zechs. Und auf dieses spezielle Kapitel passt es sogar wie die Faust aufs Auge. Also viel Spaß beim Lesen und Kommentare schreiben. Kapitel 6: Stolz und Vorurteil Dies hasste er an solchen zwangsverordneten Ruhepausen: Er hatte viel zu viel Zeit zum Nachdenken und dabei kam selten etwas Gutes heraus. Zechs versuchte sich vorsichtig zu strecken. Das klappte doch auch schon beträchtlich besser als noch vor einigen Tagen. Vielleicht konnte er schon bald entlassen werden. Lange hielt er es in dem Krankenhaus auf jeden Fall nicht mehr aus. Er schob den Papierstapel, den ihm Treize mitgebracht hatte, weit von sich, störte sich auch nicht daran, dass etliche Blätter auf dem Fußboden landeten und lehnte sich in die Kissen zurück. Ja, er dachte zu viel nach. Nicht zu sehr über OZ und Romefeller und den Weg den sie eingeschlagen hatten. Es war eine Sache die Staaten auf der Erde zu befreien, die von der Allianz unterdrückt worden waren, dass OZ jetzt allerdings ihre gierigen Finger nach den Kolonien und deren Rohstoffe ausstreckte, das ging zu weit. Letztendlich hatte sich nichts geändert, nur der Name der herrschenden Organisation war ein anderer. Natürlich stemmte sich Treize gegen diese Entwicklung, aber je mächtiger OZ wurde, desto mächtiger wurden auch die Hintermänner. Die Menschen, die Romefeller finanzierten. Treize wusste selbst, dass er möglicherweise die Lage nicht mehr lange unter Kontrolle halten konnte. Und damit würde sich Zechs früher von OZ loslösen als ihm lieb war. Aber damit hatte er sich im Grunde bereits abgefunden. Es gab etwas Anderes, das ihn viel mehr beschäftigte: Treize selbst. Das Angebot des anderen seine Rekonvaleszenz auf dem Landsitz in der Nähe von Bremen zu verbringen, hatte Zechs sogleich an diesen letzten Sommer erinnert. An Treizes Verhalten während dieser Zeit, das ihm so manches Mal Rätsel aufgegeben hatte – noch immer aufgab, wie er sich eingestehen musste. Zechs hatte fast schon Hoffnung geschöpft, dass auch Treize ihm gegenüber mehr als nur brüderliche Gefühle empfand. Diese Nacht in jenem Hotelzimmer in Stockholm und der darauffolgende Morgen. Treize hatte ihn damals sanft auf die Stirn geküsst und mit einem Blick angesehen, der eigentlich nicht misszuverstehen war. Doch nur zwei Tage später hatten sich Zechs´ Hoffnungen wieder zunichte gemacht. An diesem Ball zu Ehren von Treizes Geburtstag. Die Geschehnisse von damals standen noch immer zwischen ihnen. Wobei Zechs auch wusste, dass er nicht so ganz unschuldig daran war. Dann waren da noch diese Worte, die ihm Treize erst vor wenigen Tagen ins Ohr geflüstert hatte, kurz nachdem Zechs zum ersten Mal das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Treize hatte sicher gemeint, dass Zechs längst wieder eingeschlafen gewesen war und nichts mehr hörte. Doch Zechs war einfach nur zu erschöpft gewesen die Augen offen zu halten. Er hatte es genau gehört: „Milli, tu so etwas nie wieder. Tu mir das nie wieder an, denn dazu liebe ich dich viel zu sehr.“ Hatte Treize dies wirklich so gemeint, wie es für Zechs geklungen hatte? Oder hatte Treize nur mit ihm gespielt? Wie damals... in Bremen... Zechs stieß einen lauten Seufzer aus. „Dann komme ich später wieder.“, meinte eine verängstigte Stimme aus Richtung der Tür. Zechs zuckte überrascht zusammen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass jemand das Zimmer betreten hatte. Aber es war nur der junge Arzt gewesen dem Zechs einen Trainingsflug in einem Mobile Suit angedroht hatte, wenn er ihn nicht in Ruhe ließe. Offenbar zeigte diese Drohung noch immer Wirkung und Doktor Schmidt schien ihm nicht zu nahe kommen zu wollen. Nur wenige Minuten später kam Doktor Portman ins Zimmer, die junge Ärztin, die ihm gleich am ersten Tag so sympathisch gewesen war. „Also Lieutenant, was machen Sie nur mit dem armen Dr. Schmidt. Jetzt traut er sich endgültig nicht mehr zu Ihnen. Er sagt, Sie hätten ihn angeknurrt.“ Sie trat an sein Bett und überprüfte die Beutel der Infusionen, die neben seinem Bett an einem metallenen Ständer aufgehängt waren. „Ich muss zugeben, dass es dieses Mal nicht mit Absicht war... Wirklich.“, fügte Zechs noch hinzu als er ihren zweifelnden Blick sah. „Ich habe auch nicht geknurrt, sondern lediglich geseufzt.“ „Geseufzt?“ Sie sprach dies in einem Tonfall, als ob sie nicht glauben könnte, dass er jemals so etwas Banales tun würde. „Ja, das tun doch normale Menschen von Zeit zu Zeit, oder etwa nicht?“ „Ich schätze schon.“ Jetzt lächelte sie ihn an. „Stehen Sie auf Lieutenant.“, befahl sie und klappte die Akte wieder zu, in die sie zuvor einige Eintragungen vorgenommen hatte. Zechs schwang die Beine über die Bettkante und verharrte einige Momente, um seinem Kreislauf die Chance zu geben sich an die veränderte Lage anzupassen bevor er sich aufrichtete. Er hatte seit Tagen nicht mehr seine Medikamente zu sich nehmen können und sein Herz war von dem Infarkt, der ihn damals in Sanc ereilt hatte, noch zu sehr mitgenommen als dass er lange auf diese Medizin verzichten konnte. Paradoxerweise konnte er den Ärzten dies nicht sagen. Doktor Portman bemerkte seine Vorsicht und sah ihn skeptisch an. „Ihr Herz?“ Alarmiert blickte er sie an. Die Frage kam so unverhofft, dass er einen Moment benötigt um seine Gesichtszüge wieder so neutral wie möglich aussehen zu lassen. „Woher wissen Sie das?“ Hatte es etwa doch einen Eintrag in seine Akte gegeben? Dabei hatte Zechs alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass nichts über seinen Herzfehler, geschweige denn über den Infarkt, vermerkt wurde. „Keine Angst. Ich kann schweigen wie ein Grab. Aber darüber wollte ich sowieso noch mit Ihnen reden.“ Sie schob sein Shirt nach oben und kontrollierte den Verband, der seine Rippen stützen sollte. „Die anderen Ärztinnen beneiden mich.“ „Um was?“ „Dass ich Sie behandeln darf.“, erklärte die Ärztin und zwinkerte ihm zu. „Aha.“, machte Zechs schwach. Sie lachte und sah ihn an. „Sie tun ja so, als ob das etwas Schlimmes wäre! Zechs, Sie wissen nicht, was für eine Wirkung Sie haben.“ „Oh doch. Nur ist es für meinen Beruf eher hinderlich.“, erklärte er und setzte sich danach wieder auf die Bettkante. „Haben Sie Probleme?“ Doktor Portman deutete auf den Aktenstapel auf seinem Nachttisch. „Mit der Arbeit? Nein, wissen Sie so aufreibend und belastend das sein kann. An einem gewissen Punkt muss man abschalten, sonst dreht man noch durch.“ „Und Sie können abschalten?“ Sie hatte wohl etwas Zeit, denn sie nahm sich einen Stuhl und setzte sich an das Bett. Zechs musste zugeben, dass ihm das gar nicht so unrecht war. Womöglich brauchte er jemanden mit dem er reden konnte und der neutral und unbeteiligt war und ihm so zu einer neuen Sicht der Dinge verhalf. Er lächelte kurz. Es war ein trauriges Lächeln: „Man sagt, die Entscheidung ob ein Offizier ein guter Offizier ist, fällt an dem Tag an dem der erste Mann unter seinem Kommando stirbt. Manche verkraften es nicht. Andere schalten ab, verdrängen. So dass es den Dienst nicht beeinträchtigt. Aber natürlich holt es einen irgendwann ein und sei es nur im Schlaf. Es ist schwer die Verantwortung für Menschen zu haben und zu wissen, dass nur ein Wort sie in den sicheren Tod schicken kann. Aber ab einem gewissen Punkt wird es leichter... Ich weiß, das klingt jetzt herzlos, aber vermutlich ist es einfach eine Reaktion des Körpers, um sich so vor weiteren Schmerzen zu schützen.“ Über solche Dinge hatte Zechs nur mit Treize oder Noin gesprochen. Jeder Offizier empfand so und doch sprachen sie nur sehr selten darüber, wenn überhaupt, dann nur mit Menschen, denen man vertrauen konnte. Er wusste, dass Treize eine Liste führte, in der alle Soldaten verzeichnet waren, die unter seinem Kommando gestorben sind. Er wusste, dass Noin es nicht ertragen konnte einen Friedhof zu betreten, es aber doch jeden Monat tat, egal in welchem Land sie sich befand und eine Blume am Ehrenmal der Soldaten ablegte. Und er selbst? Oft ging er nach den Kämpfen noch in die Lazarette, betrachtete die Toten und sprach einige der wenigen Gebete für ihre Seelen, die ihn seine Eltern als Kind gelehrt hatten. „Und Sie Zechs, sind Sie schon an diesem Punkt, ab dem es leichter wird?“ Er lachte wieder freudlos. „An dem Punkt war ich bereits vor langer Zeit.“ Es war schon so lange her und doch konnte er sich an diesen Tag noch gut erinnern. Er hatte damals das Kommando über die Einsatztruppe schon seit zwei Monaten inne gehabt. Die Männer hatten ihn als Offizier akzeptiert, obwohl er noch so jung gewesen war und er sie waren seine Freund gewesen. Dann waren drei der Piloten gestorben als sie mit ihren Suits in einen Hinterhalt geraten waren. Zechs hatte sich lange Zeit Vorwürfe gemacht und wieder war es Treize gewesen, der ihm in dieser Situation geholfen hatte. Ihm bescheinigt hatte, dass Zechs in dieser Situation nichts Falsch gemacht hatte und ihm erklärt, dass man genau aus diesem Grund keine freundschaftlichen Bindungen zu den Soldaten aufbaute, weil man dann nur noch schwerer an ihrem Tod trug. „Bei uns Ärzten ist es nicht viel anders. Der erste Patient, der unter deinen Händen stirbt, den vergisst man wohl nie. Es stimmt, an einem Punkt muss man sich abschotten und kalt werden.“ Sie verstand es und darum war Zechs dankbar. Darüber hatte er bis jetzt mit noch nicht vielen Menschen sprechen können. Meistens eben mit Treize... Unwillkürlich seufzte er wieder. Dr. Portman lachte. „Na, was war das jetzt?“ Ertappt blickte aus dem Fenster. „Ich weiß nicht, ob ich sicher sein kann. Soll ich es riskieren? Oder doch besser abwarten? Aber wie lange noch warten? Ich warte schon so lange.“ „Worauf denn warten?“ „Darauf, dass ich Gewissheit habe.“ „Hat man die denn je?“ Das gab ihm zu denken und er schwieg. „Hören Sie Zechs. Colonel Treize hat mir einen dezenten Hinweis bezüglich ihrer letzten kardiologischen Untersuchungen gegeben. Deshalb wusste ich von ihren Problemen.“ „Ah.“ Nur Treize und noch eine Ärztin von der Lake Victoria Basis wussten, dass Zechs einen angeborenen Herzfehler hatte. Leider inoperabel, aber zum Glück nicht weiter schwerwiegend, wenn man nicht gerade tagtäglich in einem Mobile Suit saß und dort seinen Kreislauf bis aufs Äußerste belastete. Als Treize damals von Zechs´ Handikap erfahren hatte, hatte der Colonel es ernsthaft in Erwägung gezogen dem Rat der Ärztin zu folgen und Zechs vom Pilotendienst suspendieren zu lassen. Doch Zechs hatte seinen Freund auf den Knien angefleht dies nicht zu tun. Das Fliegen war schließlich sein Leben. Als Gegenleistung hatte sich Zechs verpflichtet sich regelmäßig untersuchen zu lassen und auch immer gewissenhaft seine Medizin zu nehmen. „Es gibt ein neues Medikament. Es kann ihr Herz besser unterstützen und sie bräuchten es nicht mehr täglich einnehmen da es ein Depot-Pharmaka ist.“, erklärte ihm die Ärztin. Zechs nickte bedächtig. Das wäre in der Tat von Vorteil, gerade wenn er sich im Einsatz befand. Oft schon hatte er die Medikamente nicht einnehmen können, weil er ständig von Leuten umgeben war oder keine Möglichkeit hatte an die Spritzen zu kommen. „Ich schlage vor, dass wir die Zeit nutzen, in der Sie noch im Krankenhaus sind. So können wir sichergehen, dass es zu keinen allergischen Reaktionen kommt.“ „In Ordnung Doktor... Treize hat es Ihnen gesagt?“, erkundigte er sich nochmals. Treize war manchmal wirklich wie eine Glucke, wenn es um Zechs´ Wohlergehen ging. „Ja.“ Sie blickte ihn mit einem durchdringenden Blick an und Zechs fühlte sich wie auf frischer Tat ertappt. Er verzog den Mund zu einem traurigen Lächeln und wandte den Blick ab. „Ist es wegen ihm, wollen Sie wegen ihm Gewissheit?“ Doktor Portman hatte es verstanden. Dankbar, dass er der Ärztin nichts weiter erklären musste, nickte er nur. Sie seufzte mitfühlend. „Wenn ich Ihnen einen Rat geben soll Zechs. Dann kann ich nur sagen, dass sie einen gefährlichen Beruf haben und wenn es Ihnen wirklich wichtig ist, dann sollten Sie nicht länger warten. Sie haben ja gesehen wie schnell es gehen kann.“ „Das ist wohl war. Danke Doktor.“ „Schon gut, dafür bin ich da.“ Sie winkte ihm zu bevor sie das Zimmer verließ. Und jetzt war er wieder alleine mit seinen Gedanken. Wie lange wartete er jetzt schon auf ein Zeichen, dass er für Treize mehr war als ein Freund oder auch kleiner Bruder, den man beschützen musste. Damals an Treizes Geburtstag da hatte sich für ihn so vieles verändert... ~~~ Zechs hörte Treize schon den Gang zu seinem Zimmer entlang eilen und seufzte. Er zog sich die Bettdecke über den Kopf und drehte sich auf die andere Seite. Dabei war es noch so früh am Morgen! Kurz hob Zechs die Bettdecke wieder an und warf einen Blick auf die Uhr auf dem Nachttisch. „Treize du spinnst.“, murmelte Zechs als er sah, dass die leuchtend grünen Anzeigen der Digitaluhr 5 : 08 anzeigten. Doch alles fluchen half natürlich nichts und schon riss Treize die Tür auf. „Aufstehen. Es ist Zeit.“, tönte Treize gut gelaunt und betrat das Zimmer. „Na, wo ist es?“ Schon wandte sich der Colonel dem Kleiderschrank zu und bevor Zechs auch protestieren konnte, hatte Treize bereits die Türen geöffnet. „Treize. Hör auf. Glaubst du wirklich ich hätte es hier versteckt.“, grummelte Zechs. „Ha! Also hast du etwas versteckt!“, kombinierte Treize triumphierend. „Same procedure as last year?“ „Same procedure as every year, Treize.“ Die Rede war von Treizes Geburtstagsgeschenk. Zechs wartete für gewöhnlich immer bis zur letzten Minute, bis er Treize die Geschenke überreichte, was diesen regelmäßig zur Weißglut brachte. Der Colonel konnte es einfach nicht ertragen bis um Mitternacht warten zu müssen. Zechs lächelte. Manchmal verhielt sich Treize wie ein Kind. So auch jetzt wie er an Zechs´ Bettdecke zog. „Milli, bitte.“, quengelte der Anführer von OZ und hätten dies seine Untergebenen in Luxemburg gehört, sie hätten sich vor Lachen nicht mehr halten können. Es war wohl wirklich besser für das Ansehen ihrer Organisation, dass diese Seite von Treize der Öffentlichkeit nicht bekannt war. „Nein.“, erwiderte Zechs bestimmt und versuchte die Decke zurück zu erobern. „Bitte.“ Ein letzer Ruck, Treize hatte gewonnen und Zechs sah sich nun endgültig um seinen Schlaf betrogen. „Nein.“ Zechs stand auf und streckte sich, richtete sich dabei zu seiner vollen Größe von 1,84 Meter auf, wobei er seinen Freund um ein paar Zentimeter überragte und tippte Treize gegen die Brust. „Später.“ Wobei sich Zechs auch nie völlig sicher war, ob Treize das alles nicht spielte. Einfach weil es den Älteren selbst amüsierte und er sich selbst in dieser Rolle gefiel, die so ganz anders war als der Treize, den jeder kannte. „Milliardo. Nach den letzten Tagen hätte ich gedacht, dass du meine armen Nerven schonen willst.“, klagte sein Freund vorwurfsvoll. „Zuerst will die Allianz mich als Sündenbock abstempeln, dann lässt du dich freiwillig als Geisel nehmen. Aber am schlimmsten ist, dass ich heute Nachmittag mit all meinen Cousinen tanzen und ihr hirnloses Gerede ertragen muss. Hast du kein Mitleid?!“ Zechs verdrehte die Augen. „Gut, du hast gewonnen.“, gab er sich schließlich geschlagen. „Zuerst einmal: Alles Gute zu deinem Geburtstag.“ Zechs trat noch einen Schritt vor und umarmte Treize. Schon oft hatte er seinen Freund umarmt doch dieses Mal war es etwas Anderes. Er bemerkte den leichten Duft von Rosen, der von Treizes Haut ausging und spürte die Wärme des Körpers, die durch den dünnen Stoff seines Pyjamas durchdrang. Solche Details waren ihm früher nie aufgefallen. Auch nicht die festen Muskeln, die er unter seinen Fingerspitzen fühlte oder die Rippen – Treize trug auch nur ein dünnes Shirt. Sie sahen einander in die Augen. Zechs wollte noch etwas sagen, öffnete den Mund, aber dann fehlten ihm doch die Worte. Er war schlicht überwältigt von der Anziehungskraft des anderen Mannes und nur widerwillig ließ er es zu, dass sich Treize auf seinem Griff löste. „Ist noch etwas?“ Wie es seine Art war, legte Treize den Kopf leicht schräg und zog eine geschwungene Augenbraue nach oben. Zechs wandte kurz den Blick ab. „Habe ich dir je gesagt, wie dankbar ich bin, dass... Obwohl ich nicht weiß, ob dankbar das richtige Wort ist... Ah, ich bin froh, dass du immer für mich da warst.“, vollendete er gepresst den Satz. Treize lächelte. „Geht mir genauso.“, erwiderte er, schien Zechs´ Verlegenheit nicht zu bemerken und umarmte ihn nochmals. „Also, wo ist es?“ „Du kannst es wohl nicht erwarten? Bleib hier, ich hole es.“ Zechs verließ sein Zimmer, ging zum anderen Ende des Flures und öffnete dort den Wandschrank. Dort auf dem obersten Regal stand ein unscheinbarer schwarzer, länglicher Kasten, sorgfältig verborgen hinter den säuberlich zusammengelegten Handtüchern. Vorsichtig hob ihn Zechs hinaus. Er freute sich jetzt schon auf Treizes Gesichtsausdruck, wenn dieser den Inhalt des Kasten sehen würde. Treize hatte sich inzwischen auf das Bett gesetzt und blickte ihn so erwartungsfroh an, wie es eigentlich nur Kinder am Weihnachtsabend tun können. Zechs setzte sich ihm gegenüber und stellte sein Geschenk zwischen sie beide. „Na komm. Mach es auf. Ich hoffe es gefällt dir.“ Sein Gegenüber stellte sich dabei so vorsichtig an als ob er ein rohes Ei in den Händen halten würde. Treize öffnete mit Bedacht die kleinen Schlösser, klappte den Deckel nach oben und zum Vorschein kam schwarzer Samt, in dem augenscheinlich das eigentliche Geschenk eingeschlagen war. So langsam dämmerte es Treize, was es war. Er schlug den Samt zurück und ihm stockte der Atem. „Oh Gott. Wunderschön.“ Er war völlig überwältigt und blinzelte, so als ob er nicht glauben könne, was er da vor sich sah. „Ich wusste, dass du das sagst.“, lachte Zechs und freute sich, dass es ihm tatsächlich gelungen war ein passendes Geschenk für seinen Freund zu finden. Treize hob den Degen mit Bedacht aus der Schatulle. Der untere Teil der Klinge war mit feinen Einlegearbeiten versehen. Der Korb, der direkt unterhalb der Klinge angebracht war und die Hand vor Schlägen schützen sollte, war teils vergoldet, teil mit Silber überzogen und wirkte so filigran und leicht. Eigentlich nicht so wie eine tödliche Waffe wirken sollte. Er legte einen Finger auf die Klinge, nahe dem Übergang zum Korb, und balancierte den Degen aus. „Und?“, fragte Zechs gespannt. „Perfekt.“ Das war es in der Tat. Der Balancepunkt lag nahe dem Griff, dies konnte man in der Regel nur durch ein höheres Gegengewicht am Knauf, der am Ende der Waffe angebracht war, bewerkstelligen, was sich dann wiederum negativ auf das Gesamtgewicht auswirkte. Doch dieser Degen war auch nicht zu schwer. Es war wirklich perfekt! Jetzt stieß Zechs doch einen Seufzer der Erleichterung aus. „Ich wusste, dass du dir schon lange einen Neuen kaufen wolltest. Ich habe mir kürzlich meinen eigenen Degen reparieren lassen und diesen in der Schmiede gesehen. Ich dachte, er passt zu dir.“ Treize trat einen Schritt vom Bett weg, hob den Degen und schwang ihn hin und her, so dass man die Luft sirren hören konnte. „Liegt er gut in der Hand?“ Auch Zechs erhob sich. „Sehr gut. Ich sollte ihn sofort ausprobieren.“ Treize tippte Zechs´ Brust vorsichtig mit der Spitze der Waffe an. „Ich hoffe du hast deinen eigenen Degen dabei.“ Zechs blickte ihn verdutzt an. „Du willst doch jetzt nicht... Es ist gerade einmal fünf Uhr. Das ganze Haus schläft noch! Was mit deinen Gästen?“ „Na komm schon. Sieh es als dein morgendliches Training an. Außerdem kommen die Gäste frühestens nach dem Mittagessen und bis dahin sollten wir längst fertig sein.“ „Für gewöhnlich trainiere ich nicht so früh.“, erwiderte Zechs. Treize tippte mit dem Degen wieder gegen seine Brust. „Ja, ja. Ich geh ja schon.“, beschwichtigte Zechs den Colonel. Fünf Minuten später standen sie dann auch schon im Park der Villa. Die Sonne war gerade im Begriff auf zugehen und Zechs fröstelte etwas, trug er doch nur ein einfaches, dünnes Hemd und eine schlichte Hose. „Dir wird gleich warm werden.“, warnte Treize als er sah wie Zechs die Schultern hochzog um sich vor der Kälte zu schützen. „Komm her, ich binde dir die Haare zusammen.“ Damit trat er hinter Zechs und griff in die Tasche seiner Hose, wo er ein schwarzes Band hervorholte. Zechs wandte den Kopf und blickte Treize überrascht an. „Du hast doch einmal gesagt, die langen Strähnen würden beim Fechten stören.“, erklärte Treize und fasste Zechs´ Mähne zu einem Pferdeschwanz zusammen. „Danke.“, meinte der nur und wieder war es da: Diese Befangenheit und diese Anziehung. Treize klopfte ihm auf die Schulter, ging noch ein paar Meter weiter und stellte sich dann in die klassische Fechtstellung. „Aber halte dich bitte etwas zurück. Ich will nicht ins Krankenhaus müssen.“ Zechs zog sich noch die knappen Lederhandschuhe über die Finger, die er immer beim Fechten trug, bevor seinen eigenen Degen hob. „Milli. Was denkst du von mir?!“ Treize war sichtlich verärgert, dass ihm Zechs tatsächlich zutraute, so unfähig mit der Klinge umzugehen, dass seinen Freund verletzte. Ihre Klingen berührten sich leicht und das leise Klirren war Musik in Treizes Ohren. Er hatte schon lange nicht mehr gegen Zechs gekämpft. Natürlich waren alle Offiziere bei OZ in der Fechtkunst bewandert und mindestens einmal in der Woche trainierte Treize mit seinen Untergebenen, aber niemand war so gut wie Zechs. Niemand war ihm ein würdigerer Gegner. Außerdem brannte er darauf den neuen Degen auszuprobieren. Sein eigener Degen war zum Kämpfen nicht mehr zu gebrauchen. Es war ein Erbstück seines Großvaters und es war nur eine Frage der Zeit gewesen bis sich die Klinge aus dem Griff gelöst hatte. Treize hatte ihn zwar reparieren lassen, aber jetzt war die Waffe nicht mehr als ein Erinnerungsstück. Nicht mehr zum Kämpfen geeignet. Die meisten jungen Adlige, die der Romefeller Organisation angehörten, bevorzugten nach historischen Modellen nach geschmiedete Waffen. Kaum einer würde mit einem gewöhnlichen Sportdegen kämpfen, obwohl diese leichter zu führen waren und auch nicht so schwer. Aber es hatte etwas mit Prestige zu tun. Degen, wie sie Zechs und Treize in der Hand hielten, kosteten ein hübsches Sümmchen. Sie kämpften bis sie beide vor Anstrengung außer Atem und ihre Kleider durch geschwitzt waren. Normalerweise hätte Treize seinen Gegner schon längst mit einer Finte oder einer schnellen Drehung überlistet, aber Zechs kannte Treizes Stiel nur zu genau und so kam es auch, dass er Treizes vermeintliches Zurückweichen richtig deutete. „Was sagst du?“, erkundigte sich Zechs süffisant und Treize spürte das Metall des Degens an seinem Hals. Treize tat so als ob er überlegen müsste. „Unentschieden?“, bot er dann an. „Ts, ts, ts. Versuch es nochmal.“ Zechs ließ die Klinge etwas näher an Treizes Hals wandern. „OK, du gewinnst.“, gab sich Treize dann geschlagen. Das kam bei weitem nicht häufig vor, dass er besiegt wurde. Aber wenn es Milliardo war, dann trug er nicht schwer an dieser Niederlage. Zechs richtete sich auf und atmete tief durch. „Du hast es mir nicht leicht gemacht.“, keuchte er dann und wischte sich mit dem Ärmel seines Hemdes über die Stirn. „Gleichfalls.“ Treize setzte sich kurzerhand auf den Rasen und bedeutete Zechs das Gleiche zu tun. „Wir haben noch genügend Zeit, um uns für den Ball fertig zu machen.“ So lagen sie danach auf dem Rasen und starrten zum Himmel hinauf. Die Sonne war inzwischen aufgegangen und tauchte den Park in ein goldenes Licht. „Der Degen ist wirklich gut.“, bestätigte Treize seine vorherige Meinung, begutachtete die Waffe nochmals mit einem Kennerblick während er sie in die Luft hielt und das Sonnenlicht sich auf der Klinge spiegelte. „Danke Milli.“ Treize stützte sich auf den Ellbogen und knöpfte Zechs sein Hemd auf, der nur wenige Zentimeter neben ihm lag. „Dir muss doch warm sein.“, meinte Treize. „Geht schon.“, gab Zechs zurück, ließ ihn aber gewähren. Dann legte sich Treize wieder in das Gras zurück. Er lachte. „Was ist so komisch?“, erkundigte sich Zechs. „Ich musste wieder an ‚Stolz und Vorurteil‘ denken.“ „Weißt du, dass du richtig besessen von dem Buch bist. Wie kommst du jetzt bloß darauf?“ Treize beachtete den Einwand nicht: „Mister Darcy und Elizabeth. Am Ende bekommt Darcy seine Elizabeth.“ „Hast du heute Morgen schon etwas getrunken?“, fragte Zechs vorsichtshalber nach und konnte sich wohl überhaupt keinen Reim auf diese Feststellung von Treize machen. „Nein. Nein, das ist wichtig für mich.“, bekannte Treize. Fühlte er sich doch so wie jener Mister Darcy, nicht zu wissen wie man vorgehen sollte angesichts der Vorurteile und Meinungen der anderen Menschen und nicht zuletzt den Zwängen der Gesellschaft. „Wie kann das wichtig für dich sein?“ Zechs verstand es wirklich nicht. Treize beugte sich zu Zechs hinüber. „Weil ich meine Elizabeth auch einmal bekommen will.“ Und bevor er noch weiter überlegte, hatte er schon seine Lippen auf die des Jüngeren gepresst. Zechs wehrte sich nicht dagegen, erwiderte den Kuss aber auch nicht. Treize wich schnell wieder zurück und sah auf den Jüngeren herab. Zechs hatte die Augen geschlossen und schüttelte leicht den Kopf. „Du bist betrunken.“ „Ja, wahrscheinlich bin ich das.“, gab Treize dann zu und legte sich wieder ins Gras zurück. ‚Betrunken und berauscht von dir Milliardo.‘, fügte er dann noch in Gedanken hinzu, würde sich aber nicht wagen dies auszusprechen. Warum konnte Zechs nicht einfach den Kuss erwidern, ihn hier und jetzt noch einmal umarmen, dann wäre alles klar. Nein, Zechs lag einfach nur da und hielt ihn für betrunken. Verdammt, er hatte wirklich kein Glück. ‚Wie kann das überhaupt sein?‘ fragte sich Treize nicht zum ersten Mal. Er konnte vor hunderten – nein tausenden – von Menschen stehen und Reden halten. Oder Befehle geben von denen er wusste, dass sie das Schicksal ganzer Nationen ändern konnten, aber er konnte nicht ausdrücken, was ihn wirklich bewegte. „Ich gehe mich duschen.“ Und Treize sah stumm zu wie Zechs aufstand, seinen Degen aufnahm und dann in Richtung Villa zurück ging. „Ich bin so ein Idiot.“, murmelte der große, fast schon legendäre Colonel wenig heroisch zu sich selbst und schloss die Augen. Lady Une war ganz gewiss keine Frau, die sich leicht aus der Ruhe bringen ließ. Aber das was sie heute Morgen gesehen hatte... Nun, vielmehr war sie unfreiwillig Zeuge gewesen, nicht, dass sie so etwas willentlich sehen wollte. Sie war schon früh wach gewesen und auf den Balkon des Gästezimmers getreten, von wo aus sie einen herrlichen Blick über den Park der Villa hatte. Mister Treize war so freundlich gewesen sie zu den Feierlichkeiten zu seinem Geburtstag einzuladen und so war sie gestern Abend hier in Bremen eingetroffen. Zuerst hatte sie gedacht, sie träume, denn die Szene, die sich dort unter ihr im Park abspielte hätte leicht aus einem ihrer Lieblingsromane stammen können: Zwei junge Edelmänner die sich im Morgengrauen duellieren, um so die Gunst einer Dame zu gewinnen. Jedoch endeten diese Duelle in ihren Kitschromanen nicht damit, dass sich die Duellanten später küssten. Nein, ganz und gar nicht. Und so war sie nicht minder geschockt als sie sah, dass Treize – ihr geliebter und angebeteter Mister Treize – diesen Emporkömmling von Merquise küsste! Natürlich war es ihr bereits in den letzten Jahren aufgefallen, dass Treize sehr an dem blonden Offizier hing. Aber auch sie war überrascht gewesen, wie sehr Treize sich Sorgen um Zechs gemacht hatte als dieser vor zwei Tagen in Stockholm sich freiwillig in die Gewalt der Terroristen begeben hatte. Und jetzt dies! Es war nicht so sehr, dass sie geschockt wäre, dass ihr geliebter Mister Treize womöglich schwul war. Nein, vielmehr war es die Tatsache, dass es tatsächlich noch andere Menschen gab, die in Treizes Wertschätzung einen hohen Rang einnahmen. Oh ja, Lady Une war eifersüchtig. Im Krieg und in der Liebe waren bekanntlich alle Dinge erlaubt. Auch wenn sich Lady Une nicht so sehr auf das zweite verstand, vom Kriegshandwerk verstand sie einiges. War es wirklich so ein großer Unterschied statt mit Mobile Suits aus Neo Titan mit Abendkleidern von Chanel zu kämpfen, wenn es um so ein hehres Ziel wie Mister Treize ging? Zechs stand vor dem gigantischen Spiegel in seinem Zimmer und schnitt Grimassen. Er sah aus wie... Ihm fehlten selbst die Worte. Es war einfach grauenhaft! Seit Jahren hatte nicht mehr so eine Kleidung angezogen, aber Madame Khushrenada hatte ihm zu verstehen gegeben, dass dies der offizielle Dresscode bei dem Empfang und Ball heute Nachmittag war und so lange er nicht auffallen wollte, musste sich Zechs wohl oder übel daran halten. Er hatte seine blonden Haare so lange gebürstet bis sie wirklich wie gesponnenes Gold glänzten und entsprechend der Mode, hatte er sie mit einem breiten schwarzen Band zu einem Pferdeschwanz gebunden. Mit dem gleichen Band, das Treize heute Morgen benutzt hatte. Die Kniehose und die Seidenstrümpfe waren in weiß. Ebenso wie die Jacke, deren Machart ihn an seine Uniform erinnerte nur dass dieses Kleidungsstück länger und weiter geschnitten war. Die Jacke wurde nicht zugeknöpft, so dass man darunter die dunkelblaue Weste hervor blitzen sah. Man hätte die Kleidung durchaus als schlicht bezeichnen können, wären da nicht die reich verzierten, mit Goldfäden bestickten Aufschläge an den Ärmeln und das Revers gewesen. Schwarze, polierte Schnallenschuhe vervollständigten das Ensemble. Verdammt, er sah wahrhaftig aus wie ein... Prinz! Warum um alles in der Welt hatte er sich auch einen weißen Anzug kaufen müssen. Das war die größte Ironie überhaupt, dass er die Farbe des Friedens trug. Vorsichtig machte er einen Schritt in Richtung Spiegelbild und wäre beinahe ausgerutscht. Er war Schuhe mit Ledersohlen einfach nicht mehr gewöhnt. Zechs beschloss, dass es sicherer war zuerst einmal im Zimmer auf und ab zu gehen, bevor er sich nach draußen wagte und riskierte, dass sich Treize über ihn lustig machte. Was war heute Morgen bloß passiert? Zechs schien es, als ob er geträumt hätte. Es war aber auch völlig irreal gewesen. Zuerst duellierte er sich mit Treize im Park und dann... Zechs schluckte und berührte unwillkürlich seine Lippen. Nein, er hatte es sich nicht eingebildet. Treize hatte ihn geküsst. Zechs war so überrumpelt ja beinahe schockiert gewesen, dass er sich außer Stande gesehen hatte etwas zu erwidern. Erst so langsam dämmerte ihm, dass dies womöglich die Chance gewesen war, Treize alles zu beichten. Auch auf die Gefahr hin, dass Treize wirklich schon zu früh vom Champagner probiert hatte und dies seine Reaktion erklärte. Nein, sagte sich Zechs. Treize trank nie am Morgen. Nie! Vielleicht sollte er noch einmal zu Treize gehen. Bevor er es sich bewusst gemacht hatte, war er schon in Richtung Tür gegangen. Gerade wollte er die Klinke herunterdrücken, da hielt Zechs inne. Sollte er wirklich? Konnte er Treize sagen, dass er sich in ihn verliebt hatte? Heute Morgen hatte er es ja auch nicht können. Zechs stellte sich vor die Tür als ob er auf ein Zeichen warten wollte, welches sich natürlich nicht einstellte. Nochmals warf er einen Blick zurück über seine Schulter in den Spiegel. Wenn er es jetzt nicht tat, dann würde er es sich jeden Tag seines Lebens vorwerfen. Sein Herz klopfte bis zum Hals und Zechs musste mehrmals schlucken, weil seine Kehle so trocken wie hundertjähriges Pergament geworden war. So stand er vor Treizes Zimmer und ihm fiel auf, dass das Holz der Tür frisch eingelassen war. Er konnte sogar noch den Geruch der Politur ausmachen. Fast augenblicklich verdrehte er die Augen. Es war doch gar nicht seine Art die Dinge so hinauszuzögern. ‚Also los Zechs. Tu es.‘ Seine Fantasie zeigte ihm bereits Bilder von sich und Treize wie sie sich in den Armen lagen. Wie Treize ihn anlächelte und sich näher zu ihm hin beugte, um ihn wieder und wieder zu küssen. Oh, ja diese Fantasie gefiel ihm. Gerade wollte er anklopfen, da hörte er aus dem Zimmer einen leidenschaftlichen Aufschrei: „Oh Lady. Oh mein Gott.“ Zechs stolperte vor Schreck zwei Schritte rückwärts und landete wenig elegant auf seinem Hinterteil als die Ledersohlen auf dem blank polierten Granit keinen Halt fanden. Er hoffte inbrünstig, dass er sich gerade verhört hatte. Er hoffte inbrünstig, dass sich hinter dieser Tür nicht das abspielte, nachdem es sich angehört hatte – und er hoffte, dass seine Kniehose nicht auf Grund dieser Aktion einen Riss, an einer wenig schmeichelhaften Stelle, bekommen hatte. „Aber Sir!“, ertönte die vergnügte Stimme von Lady Une und man konnte ein durchdringendes Knarren von Holz hören. So als ob ein großes Gewicht auf das Bett gefallen wäre. Zechs rappelte sich wieder auf und bezog Stellung auf dem Treppenabsatz, wenige Meter von Treizes Zimmertür entfernt, wartend wie ein Racheengel auf die Personen, die sich in jenem Zimmer aufhielten. Er musste nicht mehr lange warten. Lady Une verließ als erste das Zimmer. Ihr Gesicht war gerötet und ihre Augen zierte ein Glitzern, welches Zechs´ Spekulationen neue Nahrung gab. Sie trug ihre Haare offen und hatte auch auf ihre Brille verzichtet. Sie schien wie ein anderer Mensch, viel sanfter und friedlicher und nicht so kalt und rücksichtslos. Sie war sichtlich überrascht als sie ihn dort stehen sah und zuckte kurz zusammen, fasste sich jedoch gleich wieder. „Guten Morgen Lady.“, grüßte sie Zechs in eisigem Ton. Sie starrte ihn aus großen Augen an. Lady Une hatte ihn schließlich noch nie ohne Maske und in einer anderen Kleidung außer seiner roten Uniform gesehen. „Lieutenant Mar...“ „Bitte Lady.“, unterbrach Zechs sie schnell. „Ich trage keine Uniform und sie ebenso wenig.“ „Natürlich...“ „Was wollen Sie hier?“, fragte Zechs freiheraus und an der Art wie er dies fragte, hörte man ganz deutlich, dass er von der Anwesenheit der Frau nicht viel hielt. Spätestens jetzt sah er sie an Konkurrentin an. Die Gerüchteküche brodelte schon seit langem und es hieß immer wieder, dass Une für Treize mehr war als eine Assistentin. Auch wenn Treize dies ihm gegenüber immer wieder abstritt. Aber nach dem, was Zechs gerade eben vernommen hatte, schenkte er diesen Gerüchten mehr Glauben als sonst. „Mister Treize hat mich eingeladen hier zu bleiben.“ „Ah.“ Also doch. Zechs verengte misstrauisch die Augen und maß Une mit einem abschätzenden Blick. „Sie schätzen ihn sehr.“, fügte er dann noch an. Es war keine Frage, aber auch keine Feststellung. Lady Une ließ ein kurzes Lächeln aufblitzen und strich sich eine Strähne ihres braunen Haares hinter das linke Ohr. Bei der Bewegung konnte Zechs an ihrem Hals einen bläulichen, bereits verblassenden Fleck erkennen. So rapide wie daraufhin seine Laune sank, stieg seine Wut auf Treize an. Zechs war sich jetzt ganz sicher. Sie liebte Treize. Er war ganz gewiss kein Mensch, dem man viel vorspielen oder vorlügen konnte. Dazu lebte er schon selbst viel zu lange eine Lüge. Und zweifelsohne empfand Lady Une für Treize weit mehr als sie je bereit wäre öffentlich zu zugeben. „Nun, sie kennen sich ja auch schon sehr lange.“, meinte Zechs als sie nicht antwortete. Une blickte wiederum verlegen zur Seite und knetete sprichwörtlich ihre Finger. „Schon sehr lange, ja.“, gab sie dann zu. Zechs musste ihr noch zu Gute halten, dass sie bei diesen Worten nicht noch mehr errötete. „Wir stehen uns in der Tat sehr nahe.“, raunte sie fast unhörbar so als ob dies ein Geheimnis wäre und betonte das kleine Wörtchen „sehr“, so dass es keinen Zweifel mehr an der Natur dieser Bekanntschaft gab. Zechs ballte bei diesen Worten so fest die Faust, dass seine Fingerknöchel ein deutliches Knacken von sich gaben. Also doch! War dies noch misszuverstehen? ‚Treize! Du falscher Hund!‘, dachte Zechs grimmig und verspürte den Wunsch Une sofort in das nächstbeste Taxi zu setzen, damit sie von hier verschwand. Er war gar nicht zu leugnen. Er war eifersüchtig auf diese Frau und seine Wut auf Treize wuchs noch immer, wuchs mit jeder Sekunde die verstrich. Jedoch ebenso auch die Wut auf sich selbst, dass er es zugelassen hatte, dass Treize so mit ihm spielte und ihn offensichtlich für blöd hielt. Zechs setzte bereits zur Frage an, wann sie denn abreisen wolle. Doch da gesellte sich Treize zu ihnen. Seine Kleidung war der von Zechs sehr ähnlich, mit der Ausnahme, dass Treizes Jacke im gleichen Blau wie seine Uniform gehalten war. Und obwohl Zechs sich dafür hätte ohrfeigen können, blickte er verstohlen auf die wohlgeformten Waden des Colonels, die sich da unter den dünnen Strümpfen abzeichneten. Treize schenkte Lady Une ein strahlendes Lächeln und ergriff ihre Hand um sie zu küssen. Dies wäre nichts Besonderes, aber Zechs fiel auf, dass Treize die ihm dargebotene Hand ein wenig länger als schicklich festhielt und Lady Une ihn im Gegenzug geradezu anhimmelte. Zechs hatte schon Befürchtungen sie würde die Treppenstufen hinab stolpern und trat einen Schritt zur Seite, so dass er ihr dabei nicht im Weg stand. „Begleitest du uns in den Salon?“ Treize bot Une seinen Arm und das Paar ging an Zechs vorbei. „Zechs? Was ist? Kommst du mit?“ „Ja.“, antwortete Zechs kurz angebunden. Treize schien Zechs´ abrupten Launenwechsel nicht zu bemerkten und begrüßte wenig später die bereits anwesenden Gäste, die schon auf ihn warteten. Zechs fühlte sich betrogen. Er fühlte sich wie der dümmste Narr, der auf den blödsinnigsten Trick der Menschheit hereingefallen war. Wie hatte ihm Treize das nur antun können! Zuerst lockte Treize ihn mit einem Kuss, nur um ihn dann nur umso weiter von sich wegzustoßen. Denn anders war das Verhalten des Colonels nicht zu erklären. Ja, Zechs schien es, dass jede Minute, die der junge Mann mit Lady Une verbrachte nur dazu diente seine Schmach noch größer werden zu lassen. Wie hatte er denn je glauben können, dass er für Treize mehr war als nur eine nützliche Schachfigur, die man nach Belieben hin und her dirigieren könnte. War es ihm nicht heute vor Augen geführt worden? Der Blick, der Lady Une und Treize so geringschätzig musterte, wurde noch eine Spur kälter und Zechs wandte sich von dem Paar ab. Ein kleines, aber umso boshafteres Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. ‚Du bist nicht der Einzige Treize, der dieses Spiel beherrschst.‘, dachte Zechs grimmig bei sich und verließ den Salon. Er musste mit jemandem sprechen. Jemand ganz bestimmtes. Treize wusste nicht, ob sein heutiger Schlachtplan so eine gute Idee gewesen war. Natürlich war ihm die Gesellschaft Lady Unes viel lieber als die seiner Cousinen. Aber er hätte nicht gedacht, dass Une so anhänglich und aufdringlich werden konnte. Sicher, er hatte sich sehr über das Geschenk gefreut, das sie ihm gemacht hatte. Wie hätte er sich über vier Flaschen edelsten Rotwein aus Margaux nicht freuen sollen. Es waren in der Tat sogar Abfüllungen aus dem Jahr seiner Geburt, ein Jahrgang, der noch immer als einer der besten der letzten fünfzig Jahre galt. Nun, er musste wohl in den sauren Apfel beißen, denn entweder Lady Une oder seine Cousinen. Und dann doch lieber das kleinere Übel. Barsch wies sich Treize in Gedanken zurecht. So schlimm war Une jetzt auch nicht, auch wenn sie manchmal etwas sehr extreme Ansichten zu Tage legte. Sie war eine intelligente Frau und auch ein guter Offizier und hatte seine Befehle noch nie in Frage gestellt. Zechs hingegen schien den Empfang überhaupt nicht zu genießen. Treize merkte dies an der angespannten Haltung, die der Lieutenant einnahm. Doch nichtsdestotrotz tanzte der blonde Adlige jeden Tanz mit und flirtete ganz augenscheinlich mit den anwesenden jungen Damen, die allesamt hingerissen von ihm waren. Die Musiker spielten gerade zum letzten Tanz vor dem Abendessen auf als Zechs den Raum erneut verließ. Treize folgte ihm mit einigem Abstand. Vielleicht konnten sie sich ein paar Minuten davon stehlen und über die Cousinen lästern. Besagte Cousinen, die Zechs regelrecht zu Füßen lagen und ihn anhimmelten als wäre er der nächste Messias. Dies taten sie bereits seit Jahren – so wie Treize. Doch Treize würde nie Sätze sagen wie: „Ach Mister Merquise hatten Sie nicht schreckliche Angst? Allein mit diesen Terroristen?“ „Lieutenant wie müssen Sie gelitten haben!“ „Lieutenant essen Sie noch ein Stück Kuchen. Sie brauchen Ihre Kraft in diesem schrecklichen Krieg.“ „Lieutenant, finden sie nicht, dass mir dieses Kleid vorzüglich steht und meinen Busen zur Geltung bringt.“ Nein, so etwas würde Treize wohl wirklich nie sagen. Treize war überrascht als er sah, dass Zechs den Weg zur Eingangshalle der Villa einschlug. ‚Erwartet er noch jemanden?‘, grübelte Treize und richtig. Dort stand eine junge Dame. Sie war in einer dunkelblauen Robe gekleidet, die die Formen ihres Oberkörpers und ihres Pos vortrefflich betonte. Sie wandte sich um als sie die Schritte auf dem Granit hörte und lächelte. „Zechs.“ Sie ging auf den Lieutenant zu und breitete erwartungsfroh die Arme aus. „Lucrezia.“ Zechs schien nicht weniger erfreut zu sein und erwiderte die Umarmung nur zu gerne. Treize hingegen war wie vom Schlag getroffen als er sah wie Zechs das Kinn der Frau ergriff und sie sanft küsste. Also doch! Er hatte es schon immer vermutet, dass die beiden auf der Akademie mehr als nur gute Freunde und Waffenbrüder gewesen waren. Was hatte er sich eigentlich die ganze Zeit über Illusionen gemacht. Glaubte er denn wirklich, dass Zechs auch nur einen Gedanken an ihn verschwenden würde, wenn er diese Frau haben konnte? Er kam sich ganz verloren vor, so wie er in der Halle stand und das Paar betrachtete, das jetzt leise lachend in seine Richtung schlenderte. Zechs hatte ihn bereits bemerkte und tätschelte Noins Hand. „Treize, du kennst sicher noch die Baronesse von Verona?“ Treize lächelte gezwungen und nickte. „Baronesse, eine Freude Sie zu sehen.“, erwiderte er gepresst und funkelte dabei Zechs an, der zog nur fragend eine Augenbraue nach oben und blickte ihn an als ob ihn kein Wässerchen trüben könnte. „Mister Treize, wo bleiben Sie nur? Oh...“ Lady Une tauchte an seiner Seite auf und noch nie war Treizes darüber dankbarer gewesen. Er ergriff die Hand seiner Assistentin und küsste sie. „Baronesse, Sie kennen sicher Lady Une?“ „Natürlich.“ Noin neigte den Kopf und Treize fand, dass damit der Etikette auch genüge getan war. „Lady Une, gehen wir tanzen.“ Er hätte ihr keine größere Freude machen können und Treize drehte sich nicht einmal mehr zu Zechs und Noin um, die noch immer in der Eingangshalle standen. „Zechs, was soll das?“, wandte sich Noin Stunden später an ihren Begleiter während sie durch den Park spazierten, der von zahlreichen Lampions erhellt war. Die Gäste waren dabei aufzubrechen und am Horizont sah man bereits die ersten Anzeichen des dämmernden Morgen. Es war ein rauschendes Fest gewesen und eigentlich sehnte sich jetzt jeder nach einem Bett und einige Stunden Schlaf. Doch Zechs wusste auch, dass er Noin nicht ausweichen konnte. „Was meinst du?“, versuchte er trotz allem noch etwas Zeit zu schinden und brach im Vorübergehen einen Ast von der Ligusterhecke ab und spielte mit dem kleinen Hölzchen. „Ich bin nicht blöd.“ Er sah nicht auf. „Ich weiß.“ „Zechs!“ Sie stellte sich ihm in den Weg und funkelte ihn an. Natürlich fühlte sich Zechs nicht gut dabei. Er liebte Noin – nicht so wie Treize.... Unwillkürlich verdrehte er die Augen als wieder an den Colonel dachte. Er schätzte Noin und er bereute es auch nicht, dass sie damals eine so innige und leidenschaftliche Beziehung gehabt hatten. Er wusste auch, dass Noin ihn noch immer abgöttisch liebte und sich im Grunde nie damit abgefunden hatte, dass sie beide wieder getrennte Wege gegangen waren. Gerade deshalb, fühlte er sich auch so schlecht bei dem Gedanken, dass er Noin für seinen eigenen Rachefeldzug gegen Treize benutzt hatte. „Natürlich habe ich nichts dagegen hier mit dir zusammen zu sein, aber ich weiß ganz genau, dass du mich nicht eingeladen hast, weil dir so viel an meiner Gesellschaft liegt.“ Sie schlug ihm mit dem zusammengeklappten Fächer gegen die Schulter. „Das stimmt doch, oder etwa nicht?“ Ihre Stimme war noch immer recht leise, aber ihr Ton wurde immer schneidender. Sie war keine Frau, die anfing zu schreien oder zu kreischen, wenn sie die Fassung verlor. Jedoch hatte sie recht und er konnte sie nicht belügen. Auch wenn sie die Wahrheit im Grund schon wusste. „Warum?“, fragte sie. „Wegen jemandem.“, antwortete Zechs kryptisch. Noin war noch nicht zufrieden. „Ich kann es dir nicht sagen.“ Er sah, dass sie bereits den Mund öffnete um zu einer Replik anzusetzen, da fuhr er fort. „Es wäre für uns alle zu gefährlich. Besonders für ihn.“ „Ihn?“ Sie wusste offenbar nicht, wen er im Speziellen meinte und dies war wohl auch besser so. „Ihn.“, bestätigte Zechs und überwand sich ihr in die Augen zu schauen. „Verdammt Zechs.“, fluchte sie und dies passte so gar nicht zu ihrem feinen Benehmen und ihrer vornehmen Haltung. Sie schritt ein paar Meter den Kiesweg entlang, drehte sich dann um und kam zu ihm zurück. „Kannst du dir denken, was ich jetzt gerne machen würde?“ „Ja.“ Zechs wappnete sich bereits, dass sie ihm eine Ohrfeige gab, was ja nur wirklich gerecht war. „Ich werde es aber nicht tun. Du sollst dich nicht besser fühlen. Gehen wir zurück und falls du kein Zimmer für mich auftreiben kannst, schlafe ich bei dir.“ Zechs nickte und gemeinsam schlugen sie den Weg in Richtung Villa ein. Dort auf der Terrasse stand noch Treize und verabschiedete sich gerade von den letzten Gästen. Man konnte sein Lachen noch bis hierher hören und Zechs wurde wieder einmal schmerzlich bewusst, wie sehr er dieses Lachen liebte. Aber das musste jetzt wohl aufhören. Treize hatte ihm den ganzen Tag über gezeigt, was er von ihm hielt. Ohne seinen Vorgesetzten eines weiteren Blickes zu würdigen, betrat er mit Noin das Haus und geleitete sie auf ihr Zimmer. Noin war froh, dass sie nicht mit Zechs in einem Zimmer schlafen musste. Sie wusste nicht, ob ihre Selbstbeherrschung das verkraftete. Natürlich war sie unheimlich wütend auf ihn, hatte er sie nur benutzt um seine Rachegelüste zu befriedigen. Sie hatte den Braten so gleich gerochen als sie Zechs heute Mittag angerufen und hierher nach Bremen eingeladen hatte. Er hatte genau gewusst, dass sie sich hier in der Nähe aufhielt um einige alte Bekannte zu besuchen. Obwohl sie dies wusste und auch ahnte, dass Zechs sie nur benutzte, hatte sie zugestimmt zu kommen. Verdammt, sie liebte diesen Mann viel zu sehr. Auch wenn er ihr offen ins Gesicht sagte, dass es für ihn jemand anderen gab. Sie war sogar bereit ihm das zu vergeben. Aber wahrscheinlich war es wirklich besser so, dass sie die Nacht nicht neben ihm verbringen musste. Sie stand vor der Zimmertür und wandte sich noch einmal um, warf einen Blick zurück. Auf der Höhe der Treppe war Zechs stehen geblieben und sah über die Brüstung geneigt die Halle hinab. „Zechs?“, tönte es von unten und Noin konnte unschwer die Stimme von Colonel Treizes erkennen. „Ja.“, antwortete Zechs und wollte wieder weitergehen. „Du wartest.“, kam der befehlende Ton wieder von unten. Und nur wenige Augenblicke später hörte Noin die Schritte auf der Treppe. Es war deutlich zu sehen wie sich Zechs straffte und Treize abschätzig musterte. „Ich wüsste nicht, was ich dir noch zu sagen habe.“ Selten hatte Noin die Stimme ihres Kameraden so kalt und boshaft gehört. Treize schienen diese Worte sehr zu treffen, denn seine Gesichtszüge zeigten einen Schmerz, den sie ihm nicht zugetraut hätte. Vor allem hätte sie nie gedacht, dass der Colonel dies so offen zeigen würde. „Was ist nur los mit dir?“, fragte Treize und wollte Zechs an der Schulter packen doch der ließ es nicht zu und wich zurück. „Das fragst du den Falschen.“, erwiderte Zechs und ging ins sein Zimmer, nicht ohne die Tür lautstark ins Schloss fallen zu lassen. Lady Une trat neben sie und hatte diese merkwürdige Szene wohl ebenso beobachtet. „Ich glaube, wir lieben einfach die falschen Männer.“, raunte sie und Noin wandte sich erstaunt zu ihr um. Lady Une sah sie mit einem kummervollen Blick an. Mit einem Schmerz, den Noin nur selbst zu gut kannte. Sie hatte noch nie viel Achtung für Lady Une übrig gehabt, doch in diesem Moment waren sie Leidensgenossinnen. ~~~ ... Zechs sah aus dem Fenster. Es dämmerte inzwischen. Hatte er wieder so lange nach gegrübelt? Doch ein Blick auf die Uhr bestätigte ihm, dass es längst Zeit für das Abendessen war. Und richtig, er hörte bereits die Schwestern auf dem Gang, die das Essen brachten. Nach den Feierlichkeiten zu Treizes Geburtstag hatte sich Zechs bemüht so schnell es ging wieder einen Einsatz leiten zu können. Auf keinen Fall hatte er noch länger in der Nähe von Treizes sein wollen. Auch der Colonel hatte keinen Kontakt mit ihm aufgenommen und sie hatten sich mehrere Monate geflissentlich ignoriert. Doch das letzte Weihnachtsfest und den Jahreswechsel 195 hatte Zechs wieder in Bremen bei den Khushrenadas verbracht und in diesen Tagen hatten er und Treize wieder zu ihrem früheren brüderlichen Verhältnis zurückgefunden. Der letzte Winter war ein besonders kalter gewesen und der See in der Nähe der Villa Khushrenada war zugefroren. Nachdem Treize erfahren hatte, dass Zechs noch nie Eis laufen gewesen war, hatte er ihn mit aller Macht zu dem See gezerrt. Sie hatten sich wie zwei kleine Kinder benommen und waren die meiste Zeit hilflos lachend auf dem Eis gesessen. Bis sie mit geröteten Nasen und durchgefrorenen Zehen wieder ins Haus zurück gewankt waren. Niemand hätte vermutet, dass diese zwei Männer in ein paar Monaten das komplette Machtgefüge der Erde und der Kolonien ändern würden. Und dann wieder diese Blicke und Gesten. Oft so beiläufig und doch... Und dann die Worte, die Treize ihm hier im Krankenhaus zugeflüstert hatte. Die Worte, die Treize damals an jenem Morgen im Park gesagt hatte. Zechs rieb sie die Stirn. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Vielleicht war die Angelegenheit mit Lady Une wirklich nur ein Missverständnis gewesen. Zechs kannte Unes Charakter. Sie war eine Frau, die notfalls über Leichen ging um ihr Ziel zu erreichen. Vielleicht war alles ganz anders gewesen als es für ihn geklungen hatte. Vielleicht war es nur eine ungünstige Verkettung von Zufällen gewesen. Womöglich hatte Zechs alles nur noch viel schlimmer gemacht als er Noin zu sich geholt hatte. Wahrlich, er hatte schon zu lange gewartet und sich viel zu lange das Hirn zermartert. Zechs brauchte Gewissheit, allerdings gab es wohl wirklich nur einen Weg diese Gewissheit zu erlangen. Sollte er den endgültigen Sprung wagen? Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)