Zorro und Corneja von Mir_Rage (Sister, where are you?) ================================================================================ Kapitel 9: Ein schlechter Morgen -------------------------------- Diego hatte diese Nacht fürchterlich geschlafen. Besser gesagt, er hatte so gut wie gar nicht geschlafen und war unruhig in seinem Zimmer auf und ab gegangen. Er kam sich vor wie ein Tier in einem Käfig. Gefangen! Als er aus dem Fenster sah, dämmerte bereits der Morgen. Er hielt es nicht mehr aus im Zimmer, schlüpfte in seine Kleider und schlich auf Zehenspitzen nach draußen. In den Stallungen holte er wahllos eines der Pferde und begann es zu satteln. Als er aufsitzen wollte stand wie aus heiterem Himmel Leona hinter ihm. Erschrocken machte er eine Schritt zurück. „Spionierst du mir nach?“ knurrte er dann. Leona schüttelte den Kopf, einige Strohhalme fielen aus der Lockenmähne. Sie zeigte auf eine Kuhle zwischen den Strohballen. Offenbar hatte sie die Nacht im Stall verbracht und nicht im Gästezimmer. Sie hob ihre Tafel hoch. * Wir müssen reden!* „Das müssen wir in der Tat.“ gab Diego zu. Er musste eine Versuch starten, um zu retten was noch zu retten war. Leona holte Brìos und gemeinsam verließen sie die Hacienda. Einer innern Stimme folgend lenkte Diego sein Pferd Richtung Strand. Leona folgte ihm. Die beiden Pferde schoben sich vorsichtig die steile Böschung herab. Der Strandbereich schien endlos zu sein. Wasser spritzte als die Hufe die Wellen zerrissen. Diego sah auf als Leona in die Hände klatschte. * Kleines Rennen bis zur Landzunge dort vorn?* fragte sie und ein Grinsen glitt über ihre Lippen, das ansteckend auf Diego wirkte. „Meinetwegen! Wer sagt los?“ Als Antwort drückte Leona dem Palomino die Fersen in die Seiten und schoss davon. Sofort nahm Diego die Verfolgung auf. Der Sand wirbelte auf als die Pferde über den Strand preschten. Beide Reiter schenkten sich nichts und trieben ihre Tier weiter an. Brìos setzte mit Leichtigkeit über eine heran-rollende Welle hinweg. Als sie die Landzunge erreichten, waren sie trotz aller Versuche gleichauf. „Unentschieden!“ schlug Diego vor und Leona nickte lächelnd. „Du solltest öfter lächeln, dass steht dir!“ Das Rennen hatte ihn kurz abgelenkt, wofür Diego dankbar war. Leona zuckte nichtssagend mit den Schultern und stieg ab. Sie lies sich genüsslich das kühle Wasser über die Füßen strömen. Diego beobachtete sie vom Pferd aus. War ihre Harmlosigkeit nur gespielt oder war Leona wirklich so. Wenn sie nach ihrer Mutter schlug, konnte das auch eine berechnende Finte sein. Doch als Leona ihm wieder scheu zu lächelte, wusste Diego dass sie ehrlich zu ihm war. „Wirst du mich verraten?“ fragte er sie, worauf Leona sofort energisch den Kopf schüttelte. Sie hielt ihre linke Hand auf die Brust und erhob die Rechte, eine Geste die sagte: Ich schwöre! „Kann ich mich darauf verlassen?“ Leona nahm ihr Notizheft und begann zu schreiben. Immer wenn sie mehr zusagen hatte, schrieb sie in das Buch, einzelne Worte oder Sätze sprach sie mit der Tafel. Sie reichte ihm ihr Notizbuch und setzte sich in den Sand, den Blick hinaus auf den Horizont gerichtet. Diego, mittlerweile auch abgestiegen, lies sich neben ihr nieder. *Ich bin unter Zigeunern aufgewachsen. Wir werden von alters her von den Menschen herumgestoßen und immer für alles verantwortlich gemacht. Wir sind der Willkür des Militärs noch gnadenloser ausgeliefert als die Bevölkerung. Du hast es ja gestern gesehen. Ich bin dankbar dafür, dass es noch Menschen gibt für die Gerechtigkeit nicht bloß ein einfaches Wort ist. Bei mir ist dein Geheimnis sicher, du kannst mir glauben. Ich werde diesen Ort bald wieder verlassen und es in meinem Herzen mit mir tragen. Niemand wird davon erfahren!* „Du wirst gehen? Auch gegen den Willen deiner Mutter?“ fragte Diego überrascht. * Gerade wegen ihr! Ich will endlich frei sein!!* Harte Worte, aber er konnte es nachfühlen. Die kurze Zeit die er sie kannte, hatte er nur gesehen wie ihre Mutter Leona zum Spielball ihrer Machenschaften benutzt hatte. Gab es da überhaupt noch Liebe zwischen Mutter und Tochter. „Schade, ich hatte gehofft dich noch etwas besser kennen zulernen.“ * Lüg’ nicht! Du bist froh, wenn ich aus deinem Leben verschwunden bin und aus dem deines Vaters!* „Nein, Leona! Ich meine es ehrlich. Auf die Gesellschaft deiner Mutter kann ich gut verzichten, du aber bist anders. Von dir geht kein Hass oder Rachegefühl aus. Wahrscheinlich weil du wie wir von deiner Mutter überrumpelt wurdest. Es gibt also keinen Grund für mich dich nicht zu mögen. Außerdem glaube ich, will Vater dich auch näher kennen. Trotz allem, du bist seine Tochter. Er ist ein guter Mensch, musst du wissen.“ * Das wusste ich, aber weißt du das?* Diego schluckte. Er hatte sich gestern Sohn eines Lügners genannt. Aus reiner Wut. Leona war sehr aufmerksam und erkannte die kleinsten Nuancen. Er senkte betroffen den Kopf. Zu was wäre er noch im Stande gewesen gestern Abend? Er musste sich bei seinem Vater entschuldigen. Unbedingt! Da fühlte er Leona’ s Hand auf seiner Schulter, ihr Blick sagte: Ich verstehe dich gut! Das brachte ihn zum Lächeln. Fast tat es ihm leid, dass er seiner neugefun-denen Schwester schon bald wieder Leb wohl sagen musste. Sie ritten wieder zurück auf das Landgut. Maria war auf der Veranda und deckte den Tisch ein. „Holla! So früh schon auf den Beinen, Schlafmütze?“ grüßte sie. „Morgen Maria, wo ist Vater?“ „Oben! Ich glaube, er hat gar nicht geschlafen. Sieh mal nach ihm, bitte.“ „Ist gut. Willst du mitkommen Leona?“ Doch die schüttelte den Kopf. * Ich helfe hier wenn’ s recht ist.* stand auf der Tafel. „Gutes Mädchen!“ lobte Maria sie wieder. Bernard kam Diego im Haus entgegen. Er war sichtlich beleidigt, weil Diego ihn nicht mitgenommen hatte. „Ist sie jetzt deine beste Freundin?“ fragte er gekränkt. „Leona und ich musste reden. Ich habe ihr gestern als Versehen... unser kleines Geheimnis verraten.“ „Was!“ keuchte Bernard, fassungslos starrte er auf Diego. „Ich dachte du ständest hinter mir. Sonst läufst du mir doch immer hinterher. Und als ich mich umdrehe, steht sie vor mir.“ versuchte Diego zu erklären. „Die bringt alles durcheinander! Je schneller sie wieder verschwindet desto besser!“ knurrte Bernard wütend. „Beruhige dich! Sie hat gesagt, dass sie bald gehen wird und das Geheimnis mit ihr. Und ich vertraue ihr.“ „Warum das auf einmal?“ „Weil sie meine Schwester ist!“ gab Diego zu. Das Frühstück verlief schweigend, es wurde nur das Nötigste gesprochen. Bernard starrte die ganze Zeit wütend auf Leona, der das nicht entging. Ebenso wenig wie Diego. Der kleine Junge fürchtete um seine Stelle als bester Freund und Bruder und schlug nun nach allen Seiten. Er musste dringend noch mal mit Bernard in Ruhe reden. „Leona, wann hast du vor uns zu verlassen? Ich hatte mit deiner Mutter nur den gestrigen Abend aushandeln können.“ fragte Don Vega. * Ich bleibe solange wie es mir passt! Mutter muss endlich akzeptieren, dass ich in manchen Dingen anderer Ansicht bin als sie.* war die Antwort des Mädchens, das entschlossen den Kopf hob. * Allerdings muss ich heute Abend zur Vorstellung. Das ist wichtig für die Gruppe.* „Verstehe!“ nickte Don Vega. „Hättest du Lust, mit mir das Landgut anzusehen?“ Leona ging auf die versteckte Bitte um ein Gespräch ein: * Ja gern.* Doch es kam nicht dazu. Denn als die Kutsche angespannt war und sie losfahren wollten, kam im gestreckten Galopp Salveje mit Kira und Nico auf den Hof. Leona wusste sofort, dass etwas Schreckliches passiert war. Nico’ s Hemd war zerrissen und blutig, Kiara heulte wie von Sinnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)