Finstere Düsternis von Dystopia (Darkest Darkness) ================================================================================ Kapitel 7: Entscheidung ----------------------- „Ah, Vorsicht, bitte!“ „Ist ja gut, ich passe auf. Es ist nur so ungewohnt dich anzuziehen. Mal was Neues.“ Mariku schmunzelte. Kura bemühte sich, den großen Ägypter weiter in ein angemessenes Outfit zu zwängen, während dieser alles andere als eine Hilfe war. „Jetzt steh doch gerade! Das kann doch nicht so schwierig sein!“ Mariku verzog das Gesicht. „Du hast gut reden, dir tut ja auch nichts weh… und sehen, kannst du auch genug!“ „Dann lass mich dich gefälligst einfach anziehen! Okay? Wehr dich nicht immer.“ „Aber du hast so kalte Hände…“ Mariku klang zu mitleidig als das Kura ernsthaft hätte sauer auf ihn sein können, und so beließ er es bei einem unbemerkten Augenverdrehen, während er ihm eine Krawatte um den Hals legte. „Mal sehen, ob ich den Knoten noch kann…“ Mariku klammerte sich plötzlich um Kuras Handgelenk. „Keine Krawatte.“ Kura seufzte. „Es wäre besser eine zu tragen, Setos muss die Ärzte und Mitglieder deiner Versicherung über das Vorhaben informieren und sie überzeugen. Alle werden eine tragen. Es wird heiß her gehen, schließlich könntest du…“ Er verstummte. „Draufgehen, nicht wahr?“ Kura nickte und vergaß für einen Moment, dass Mariku ihn nicht sehen konnte. „Keine Krawatte. Ich habe noch nie eine getragen, und dabei belass ich es. Bitte.“ Obwohl Marikus Blick starr, und sein flehender Ausdruck nicht zu seinen Augen passte, konnte Kura nicht umhin ihm den Wunsch zu erfüllen und legte den Slips beiseite. „Du warst schon immer ein Dickkopf, Mariku.“ Mariku grinste. „Und du ein Pessimist. Du sprichst schon in der Vergangenheit, als gäbe es mich nicht mehr. Aber ich bin hier! Lebendig, und werde noch lange Zeit dickköpfig sein.“ Er lächelte, doch Kura konnte Marikus Enthusiasmus nicht teilen. Er machte sich mehr Gedanken, als Mariku wissen konnte. Schon immer hatte er das. Mariku war zwar sehr robust, doch Kura wusste genau, durch was er angreifbar war. Er wollte insgeheim nicht, dass Mariku in die Psyche seines Hikaris eindrang, schon jetzt hatte der erste Einblick ihn bemerkbar verändert. Es waren nur winzige Momente, in denen diese Veränderung spürbar wurde, doch Kura konnte sie wittern wie verdorbene Früchte. Mariku war schwächer geworden, ein gewaltiges Paradoxon, da Mariku der Stärkste und eigenwilligste Mensch war, dem Kura je begegnet war. Auch der Merkwürdigste, und Kura hatte sich gleich zu ihm hingezogen gefühlt. Marikus Dreistheit, sein Charme und seine verborgene Verspieltheit waren genau das gewesen, wonach Kura immer gesucht hatte. Er hatte einen Freund fürs Leben gefunden, welcher manchmal sogar mit seinem Körper zur Verfügung stand. Geliebt hatte er Mariku dabei nie. Auch wenn er neben ihm aufwachte, egal ob mit einer zusätzlichen Frau, oder allein, hatte er nichts weiter als eine ungeheure Sympathie empfunden. Sie grenzte an Bewunderung, obwohl Kura sich nie schlüssig darüber werden konnte, ob es nun wirklich Bewunderung, oder einfach brüderliche Zuneigung war. Er schloss die obersten Knöpfe eines schwarzen Satinhemdes, welches Mariku zur Konferenz tragen würde und trat einen Schritt zurück. „Du siehst umwerfend aus.“ Ein wenig Stolz schwang in seiner Stimme mit, doch entgegen seiner äußerlichen Bemerkung fühlte er sich elendig. Mariku berührte sein Hemd. Er schien traurig. „Wenn du meinst, ich kann es leider nicht beurteilen.“ Kura drehte sich der Magen um. Mariku war allein schon zu hübsch um zu sterben! Er hatte es einfach nicht verdient, blind zu sein. Und um sich zu grämen, erst recht nicht. „Vertrau mir, sie werden begeistert sein.“ Die Konferenz hatte gezeigt, dass Kura Mariku doch mehr bewunderte, als er geglaubt hatte. Jeder tat das. Man konnte einfach nicht anders. Ohne jegliche Schwierigkeiten, ohne Hilfen, wie Führung oder einem Stock, war Mariku in den Saal der Krankenhausaula marschiert und hatte sich auf einen Stuhl neben Ishizu gesetzt. Er hatte die Hände gefaltet und dem Ratsvorsitzenden, ohne das ein Wort über die entsprechende Person gefallen war, den Kopf zugewandt. „Wie hast du das geschafft?“, fragte Kura anschließend, doch Mariku hatte nur grinsend mit den Schultern gezuckt. Er mischte sich zusätzlich nur in die Diskussionen zwischen Seto und den Versammlungsmitgliedern ein, wenn es nötig war und leitete doch indirekt das Gespräch, die Menschen und die Gefühle der Anwesenden. Er erwähnte mit keinem Wort seine Blindheit, was in anbetracht der Tatsache nebensächlich war, auch wenn es für Mariku selbst wahrscheinlich das Schlimmste war, was ihm je passieren konnte. Er hasste die Dunkelheit, und war nun für ewig gefangen in ihr, was er aber nach außen weder in Wort, noch Verhalten zeigte. Ganz klar, die Mitglieder der Konferenz waren bereit zu glauben, dass Mariku einen Anschluss an das Gerät ein weiteres Mal überstehen würde und gaben, nach Einverständnis der Ärzte, einen weiteren Versuch frei. Jeder hatte mindestens einmal erwähnt, zuversichtlich zu sein, bis auf Ishizu, welche sich ungewöhnlich still verhalten hatte, ganz entgegen jeglicher Vermutung. Als der Termin und der Ort des Versuchs bestimmt waren, fanden sich Seto, Ishizu und Kura im Flur vor Marikus Krankenzimmer wieder, in welchem Mariku noch für eine Nacht beobachtet werden sollte. Seto klang gedämpft. „Habt ihr es bemerkt?“ Ishizu nickte, doch Kura schaute verständnislos. „Er hat sich an den Tisch geklammert. Gleich nach Beginn der Konferenz.“ Er seufzte. „Es macht ihm wohl mehr aus, als ich dachte.“ Ishizu schwieg. Kura klopfte dem Milliardär aufbauend auf die Schulter und setze ein Lächeln auf. „Er wird es schaffen. Ganz sicher. Und bald haben wir Marik wieder zurück.“ Ishizu keuchte genervt und verschränkte die Arme. „Und was, wenn nicht? Er ist bereits blind. Was passiert, wenn er…“ Sie schaute zur Seite und biss sich auf die Unterlippe, Seto legte behutsam einen Arm um sie. „Du hast ihm die Chance gegeben Marik zu retten. Ohne dich, wären wir jetzt nicht hier, sondern auf Mariks Beerdigung. Du hast nicht aufgegeben. Und jetzt ist ein sehr schlechter Zeitpunkt, damit anzufangen.“ Sie schaute Seto an und umarmte ihn ebenfalls, während Kura die beiden mitleidig beobachtete. Auch Seto machte sich größere Sorgen, als er preisgab und Kura war insgeheim glücklich, dass diese Sorge Marik und Mariku galt, nicht etwa seiner teueren Maschine. Ein Wunder, hätte man meinen können, aber Kura wusste es nun besser. „Lasst uns nach Hause gehen und etwas schlafen.“ Der Albino gähnte und bemühte sich gelassen auszusehen. „Wir helfen Mariku nicht, wenn wir zweifelnd vor seiner Tür stehen. So wie ich ihn kenne, bekommt er das nämlich wieder irgendwie mit und nimmt es persönlich.“ Ishizu lächelte matt und selbst Seto schien erleichterter als vorher, so dass sich Kura zufrieden umdrehte und still mit ihnen aus dem Krankenhaus ging. Die Gefahr war für einen Moment vergessen und sie gingen erleichtert ihrer Wege, während Mariku schweigend und ernst, im Dunklen hinter seiner Krankenzimmertür stand und ängstlich darüber nachgrübelte, was er gerade gehört hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)