Die Rückkehr von Robin Hood von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Flucht ohne Wiederkehr --------------------------------- Ein ausgewachsener Falke flog hoch am Himmel über Old Shirefield Castle und kreischte in die Morgendämmerung hinein. Regen viel unablässig zu Boden und am schwarzen wolkenbehangenem Himmel zuckten bedrohlich Blitze und erhellten dem zur Nacht gewordenen Morgen. Dichter Nebel lag über dem Boden, so dass man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Die Wachposten von Old Shirefield Castle gingen an der Befestigungsmauer auf und ab. Die alte und geschichtsträchtige Burg stand wie ein Fels in der Brandung nahe beim Sherwood Forest, auf der östlichen Seite. Ein kalter schneidender Wind blies ihnen um die Ohren. Schon seit einigen Tagen herrschte auf der mächtigen Burg der höchste Verteidigungsstand - man musste mit einem baldigen Angriff auf sie rechnen - deshalb konzentrierten sich die Wachmänner auf noch so kleine Geräusche die von außerhalb kamen und den Eindruck erweckten sie seien feindlicher Natur. Eine angsterfüllte Spannung umgab die gesamte Burg und deren Bewohner, nur der Burgherr vermochte nach außen hin ruhig zu erscheinen. Lord Ambrosius von Shirefield war schon im gesetzten Alter von 66 Jahren, zu dieser Zeit galt dies als ein sehr hohes Alter, denn die Lebenserwartung im 12. Jahrhundert überstieg die 40 meist nicht. Er war ein Mann von hoher Gestalt, schlank, beinahe sehnig mit langem weißem Haar und Rauschebart. Lord Ambrosius besaß gütige blaue Augen in denen man erkennen konnte, dass er voller Tugenden steckte und ein großes Herz in seiner Brust wohnte, auch wenn seine Gesichtszüge von den Jahren gezeichnet waren und er mit den vielen Falten und buschigen Augenbrauen eher grimmig und hart aussah. Er trug einen kunstvoll gestickten roten Umhang, der ihn vor der Kälte draußen schützen sollte. Darunter eine kastanienbraune Weste und hohe lederne Stiefel. Er ging in einem der wenigen beheizten Räume auf und ab, die Hände hinter dem Rücken miteinander verschlungen und den Kopf leicht nachdenklich zu Boden gesenkt. Seine Schritte hallten in dem großen Raum wider. Dann blieb er stehen und drehte sich um, er sah zu dem Mädchen das am Esstisch saß und aß. Sein Gesichtsausdruck wirkte müde und erschöpft - die letzten Tage hatten ihre Spuren hinterlassen. Er sah das Mädchen liebevoll an, bevor sein Blick ernst und traurig wurde. „Schau mich nicht so an.“ , sprach das Mädchen leise mit vollem Mund. Sie hatte sich eben einen Brotkanten hungrig in den Mund gestopft und sah zu dem Lord auf. Ihr langes braun gelocktes Haar hing ihr widerspänstig im Gesicht, ihre Haut hatte einen leicht bräunlichen Teint und die großen haselnussbraunen Augen suchten den Blick des Mannes vor ihr. Sie besaß feine Gesichtszüge und ein kurzes wehmütiges Lächeln huschte über ihre Lippen, sie blickte den alten Mann stumm an. Nicht älter als siebzehn war sie gewesen. „Du musst gehen Josephine, ich dulde es nicht, dass du länger hier bleibst und der Gefahr ausgesetzt bist.“ , sprach der Alte ruhig und mit sanfter Stimme. „Großvater...ich werde dich hier nicht allein lassen. Ich werde an deiner Seite bleiben, mit dir kämpfen.“ „Nein, du wirst gehen.“ „Ich habe keine Angst und ich kann kämpfen, sehr gut sogar. Du hast es mir ja beigebracht.“ , sagte sie nun schon etwas lauter und mit trotziger Stimme. „Ich weiss. Doch ich kann nicht zulassen, dass mein einziges Enkelkind von diesen widerwärtigen Personen angegriffen oder verschleppt wird. Du bist mir heilig, Hazel.“ , er sprach sie mit ihrem Spitznamen an und kam langsam auf sie zu. „Großvater...ich kann dich doch nicht im Stich lassen.“ , antwortete sie ihm mit erstickter Stimme. „Du lässt mich im Stich wenn du hier bleibst und nicht tust was ich dir sage.“, er beugte sich über sie und strich ihr sanft die Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah sie an. „Wirst du nun also tun was ich dir gesagt habe?“ Josephine sah ihren Großvater lange Zeit an und versuchte doch noch irgendwie einen Ausweg zu finden um hier bleiben zu können. Denn wo sollte sie hin? In den Sherwood Forest hatte ihr Großvater gesagt, dort sei es sicher und sie könnte sich den Rebellen anschließen. Aber alles was sie bisher kannte und liebte war hier auf Old Shirefield Castle, hier war ihr Herz, ihre Heimat. Sie würde alles dafür geben um hier bleiben zu können, doch in den Augen ihres Großvaters erkannte sie wie ernst er es meinte und es schien aussichtslos. Josephines Mutter starb bei deren Geburt, ihr Vater - der Heermeister des alten Königs - scherrte sich nicht darum, dass er ein Kind besaß. Er zog lieber in den Krieg und tötete unschuldige Menschen. So wuchs sie siebzehn Jahre lang bei ihrem Großvater auf der mächtigen Burg auf. Außer ihrem Vater war sie die einzige Erbin die Lord Ambrosius besaß. Seine zwei Söhne starben beide auf den Kreuzzügen vor sieben Jahren. Seine Frau erlag den Folgen einer schweren Krankheit vor 3 Jahren. Und seine einzige Tochter Eleonora, Josephines Mutter, starb auch. „Iss doch erst einmal etwas. Ohne Frühstück lebt es sich nicht lange, dass sagst du doch immer.“, versuchte sie ihren Großvater abzulenken. „Ich habe keinen Hunger. Josephine, dies hier ist kein Spaß mehr. Ich meine es ernst, wenn ich sage das du in den Sherwood Forest gehen sollst.“ „Jaaa...ich weiss.“, antwortete sie trotzig und schaute auf den silbernen Teller hinab, der mit Brotkrümmeln bedeckt war. „Aber...ich...ich will hier nicht weg, ohne dich. Kannst du nicht mitkommen?“, sie sah zu ihm auf und blickte ihn traurig an. Der Lord begab sich an die andere Seite der hölzernen Tafel und setzte sich. Er seufzte leise und sah seine Enkelin stumm an, dann blickte er hinaus zum Fenster. „Meine Tage auf dieser Welt sind gezählt.“ Josephine wollte ihm gerade widersprechen, als er ihr mit einer stummen Geste zu schweigen gebot. „Und du kannst es nicht leugnen. Viel zu lange schon bin ich nun hier...und ich merke wie meine Kräfte langsam schwinden und der Lebensgeist aus mit tritt. Doch die letzten mir gegebenen Tage möchte ich nicht damit verbringen mich mit meiner Enkelin zu streiten. Meine letzten Kräfte möchte ich dafür nutzen dich sicher hier heraus zu bringen und diesen elenden Mördern, die vortäuschen gläubige Christen zu sein Widerstand zu leisten um ihnen die Burg nicht kampflos zu übergeben. Verstehst du?“, er sah sie an und er erschrack ein wenig. Tränen liefen über das hübsche Geicht seiner Enkelin. „Ja, ich habe verstanden.“, antwortete sie ihm leise. „Mein liebes Kind, wo auch immer du hingehen wirst, sollen unsere Götter über dich wachen. Das Glück soll dir holde sein und du wirst eine glückliche Zukunft haben, so wie du sie dir erwünscht hast.“ Sie sah ihn nur wortlos an. „Denke immer daran, dass wir uns wiedersehen werden, in unserem anderen Leben. Nichts ist für die Ewigkeit, aber Menschen die sich ehren und lieben werden sich immer wieder begegnen. Denn Liebe überwindet alle Grenzen und Mächte, denke immer daran. Wir sehen uns wieder, auch wenn es noch viele Jahrzehnte dauern wird. Und mein Geist wird immer an deiner Seite sein um dich zu schützen.“ Josephine versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, ihr Großvater sollte nicht denken, dass sie schwach wäre und wischte sich die salzigen Tränen aus dem Gesicht. Er stand langsam von seinem Platz auf - er musste sich mit den Händen auf dem Tisch abstützen - und ging zu Josephine hinüber. Diese stand auch auf und ging ihm entgegen. Als sie sich gegenüber standen, strich er durch ihr volles Haar und sah sie liebevoll an. „Wirst du mir versprechen, dass du von hier fliehst und so lange nicht hierher zurückkommen wirst, so lange es nicht sicher hier ist? Und vor allem, dass du dir ein neues glückliches Leben aufbaust und stark bleibst? Dass du dich stolz und ehrenvoll von niemanden unterdrücken lässt und nie die Hoffnung aufgibst? Ich weiss du wirst es schaffen denn du bist mutig und besitzt einen starken Geist. Hörst du?“ „Ja. Ich werde nie die Hoffnung aufgeben, denn es gibt immer Hoffnung. Und aus großer Trauer entsteht auch neue Hoffnung.“ Er lachte kurz auf. „Das hast du aber schön gesagt.“ „Du hast es mir doch selbst beigebracht. Das hab ich von dir.“ „Genau. Es ist wie mit dem Tod. Wenn jemand stirbt, entsteht zur gleichen Zeit neues Leben. Das ist der Kreislauf, dem wir alle unterliegen. Deshalb habe ich keine Angst vor dem Tod und du solltest es auch nicht haben, auch wenn es bis zu deinem Tod noch hoffentlich viele Jahre sind. Und nun hör mir zu, denn was ich dir jetzt sage, ist von großer Wichtigkeit, es...“ Doch er wurde von einem lauten Klopfen an der Tür unterbrochen. Josephine wandte sich um als der Lord einen Wachmann, der völlig durchnässt war, herein bat. Er schien ausgehetzt und angespannt, doch erklärte er seinem Herrn gefasst und mit kräftiger Stimme, dass man soeben die Feinde gesichtet hätte die auf die Burg zuritten. „Wie viele sind es?“, fragte der Lord mit einer ebenso gefassten wie auch ruhigen Stimme. „Durch den Nebel und den Regen ist es schwer zu erkennen, aber bis jetzt sind es schätzungsweise über 400 Soldaten des neuen Sheriffs von Nottingham und des verstorbenen Königs Bruder, Sire.“ „Und wie weit sind sie noch entfernt?“ „Etwa eine Meile, vielleicht auch weniger, Sire.“ „Was? Dann sind sie in wenigen Minuten hier!?“ „Ja, Sire. Wir konnten sie durch den Nebel nicht eher erkennen.“ „Natürlich nicht, auf solch ein Wetter haben diese Dreckshunde gewartet. Geht und setzt alle möglichen Wachmänner in Bewegung. Es ist so weit, wir können nun einem Angriff nicht mehr aus dem Wege gehen.“ Der Hauptmann verbeugte sich kurz und marschierte aus dem Raum. Der Lord wandte sich zu Josephine und versuchte ruhig zu bleiben, er fasste sie an den Schultern. „Nun ist die Zeit gekommen lebwohl zu sagen. Geh und versteck dich tief im Sherwood Forest und komm nicht zurück.“ „Kann ich nicht...?? Wenn ich ihn nun doch heirate, dann wird er uns nicht angreifen und...“ „Nein.“, unterbrach er sie im barschen Befehlston. „Du wirst gehen, jetzt sofort und nie wieder kehren. Old Shirefield Castle wäre so und so von ihnen angegriffen wurden, ob du ihn nun geheiratet hättest oder nicht. Los geh!“,damit wandte er sich von ihr ab und marschierte schnellen Schrittes durch die Tür ohne sich nochmals umzusehen ging er von ihr. Josephine stand hilflos und allein gelassen im Raum bevor sie ihrem Großvater hinterher stürzte um ihn noch einmal zu sehen. “Großvater!!“, schrie sie verzweifelt. „Du wolltest mir doch noch etwas wichtiges sagen...was wolltest du mir sagen?“ Er wandte sich zu ihr um. „Dafür bleibt uns leider keine Zeit mehr, geh jetzt.“ Sie rannte auf ihn zu und viel ihm in die Arme, sie drückte sich fest an ihn. Draußen war schon ein erbitterter Kampf losgebrochen und man hörte Schreie in den Schlossmauern widerhallen. Erbitterte Tränen liefen nun über Jo´s Gesicht und sie machte sich nicht die Mühe sie zu verbergen und als sie zu ihrem Großvater aufsah, bemerkte sie, dass auch er weinte. „Großvater, ich...ich verspreche zu tun, was du mir gesagt hast. Ich werde stark sein und die Hoffnung nie aufgeben. Ich...werde dich vermissen.“ „Ich dich auch, mein Liebes. Geh nun und lass dich nicht erwischen von unseren Feinden, du sollst weiterleben.“, sprach er nun sanft zu ihr. Josephine nickte und sie lösten sich beide aus der innigen Umarmung. Der Lord gab ihr einen letzten Kuss auf die Stirn und wandte sich ab von ihr, sein Rücken war das letzte was sie von ihm sah. Sie sollte ihn lebend nie wieder sehen... So wie sie war, nahm sie nun all ihren Mut zusammen und stürmte in die andere Richtung los um zu fliehen. Sie nutzte einen alten Geheimgang der Burg um ungesichtet ins Freie zu gelangen. Auf der anderen Seite der Burg hörte sie Kampfgeschrei, Bogenschüsse und das kalte Eisen klirren der aufeinander prallenden Schwerter. Doch sie hörte nicht auf zu rennen. Sie rannte weiter und immer weiter in den tiefen Sherwood Forest hinein. Das Kampfgeschrei wurde immer leiser, sie hörte nur noch den Regen über ihr in den Baumwipfeln niederschlagen und ihren eigenen schweren Atem und das Herz, das ihr beinahe in der Kehle schlug schnell klopfen. Auch wenn es in ihrer Brust brannte und sich alle Eingeweide zusammenzuziehen schienen rannte sie weiter hinein in die schützenden Schatten der hohen Bäume. Von nun an würde der Sherwood Forest ihr neues Zuhause werden... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)