A Highschool Story von Leiser_Tod ================================================================================ Kapitel 17: Immer weiter weg ---------------------------- A Highschool Story Kapitel #17 Hyde starrte auf den Zettel, ohne ihn wirklich zu sehen. Seine Hände zitterten nicht. Er hörte die Schritte der Zurückkehrenden, aber er hatte nicht den Willen, schnell das zerknitterte Stück Papier in ihre Tasche zu stopfen oder ihn hochhaltend entschuldigend zu lächeln. So zu tun, als ginge es ihn gar nichts an. Ein harmloser Beobachter von außerhalb. Mitfühlend, jedoch nicht weiter gefährlich. Ayumi stockte. Vielleicht bemerkte sie die unnatürliche Blässe auf Hydes Gesicht. Kurze Zeit später wurde dem Langhaarigen der Zettel aus der Hand gerissen. Schockierter Gesichtsausdruck. Weit aufgerissene Augen. Stammeln. Hyde observierte. „Nein! Das...das hättest du nicht sehen dürfen! Wieso mischst du dich in fremde Angelegenheiten ein?!“ Sie zitterte vor Anspannung. Der Langhaarige schüttelte unwillig den Kopf. Wozu die leere Aufregung? „Das Blatt lag auf dem Boden, ich wollte es aufheben.“ Er hatte nicht die geringste Lust sich zu rechtfertigen. „Deshalb also war Gackt heute im Krankenhaus?“, wurde tonlos, beinah gleichgültig gefragt. Die kurze Verwunderung auf dem Gesicht Ayumis übersah Hyde. „Was...? Ach ja! Ja. Er muss ab und zu die Ärzte sehen. Zur Kontrolle...“ Sie sprach es nur ungern aus, das konnte der Langhaarige spüren. Plötzlich loderte Trotz in ihm auf. Das konnte einfach nicht sein! Hyde schüttelte verzweifelt den Kopf. „Gackt ist völlig normal! Da muss ein Fehler vorliegen! Warum darf er überhaupt auf meine Schule gehen, wenn etwas mit ihm nicht stimmt?!“ Er durchlöcherte die undurchsichtigen Züge der Schwester mit einem flammenden Blick. Sie schnaubte. „Warum, glaubst du, hat er sich „Gackt“ genannt und besteht darauf, mit diesem Namen überall angesprochen zu werden? Etwas ungewöhnlich für einen gut erzogenen Jungen von seinem Stand, findest du nicht?“ Leise und unbarmherzig. „Was weiß ich, wie es bei euch Snobs zugeht.“ Der Langhaarige war absichtlich grob. „Und bei dem Namen würde ich auch nicht im Dreieck vor Glücksseligkeit springen...“ Lachhaft! Nur wegen einem Namen als unnormal abzustempeln! Ayumi wurde rot vor Wut. Hyde erwartete eine weitere Gemeinheit, die ihre Verbalschlacht in eine neue Runde leiten würde. Doch nichts kam. Sie seufzte und drückte fest seine Hand. Schaffte es sogar, zu lächeln. „Als ich von dem Befund hörte, habe ich fast mein gesamtes Zimmer in Schutt und Asche gelegt...und bin dann zu den Ärzten gegangen und habe sie ausgeschimpft...es tut mir Leid. Sicherlich hast du auch bemerkt, dass er sich manchmal merkwürdig benimmt. Für mich ist er jedoch mein Bruder und wird es immer bleiben...“ Merkte sie gar nicht, wie lächerlich ihre Worte klangen? „Er ist in keiner Weise gefährlich für seine Umwelt – daher haben die Ärzte ihm erlaubt, auf eine normale Schule zu gehen. Hiroshi, er...er braucht Freunde. Freunde, die jedoch unterrichtet sind und seine Lage nicht weiter verschlimmern werden.“ Ayumi sah ihn flehend an. Hyde starrte wortlos zurück. „Ich...weiß, was du für eine Wirkung auf ihn hast. Es tut mir alles so furchtbar Leid, aber er ist seitdem...Hiroshi, er...“ Sie weinte fast. „Was also soll ich deiner Meinung nach, tun?“, fragte Hyde mit heiserer Stimme. „Bitte, gib ihm keine Gelegenheit, dich zu verletzen...er weiß es nicht – er kann es nicht unterscheiden. Früher oder später tut Hiroshi allen weh, die er trifft. Und alle wenden sich von ihm ab. Alle behaupten, seine Freunde zu sein, aber sie bleiben nie lange. Vielleicht ist es sogar Glück, dass er nicht merkt, wenn seine so genannten „Freunde“ ihn verraten...“ Der Langhaarige zuckte mit den Schultern, nickte. Befreite seine Hand aus ihrem verzweifelt-verschwitztem Griff. „Ich habe verstanden.“ Er ignorierte ihr erleichtertes Aufseufzen. „Es...es ist ja nicht so, dass du überhaupt nicht mehr mit ihm sprechen... –“ Hyde nahm sich nicht die Mühe, Ayumi zu Ende sprechen zu lassen. „Kann ich jetzt bitte allein sein?“ Die Frage war zum Fenster gerichtet. Die Schwester nahm eilig ihre Tasche vom Nachttisch. Ein letzter, mitleidsvoller Blick Richtung des aller Lebensfreude verlustig gegangenen Hyde. „Es tut mir wirklich Leid, es war meine Schuld – ich hätte besser...“ Konnte diese Person denn gar nicht in die Birne bekommen, dass sie nicht erwünscht war? Der Langhaarige winkte ungeduldig ab. „Ich wünsche dir auch einen schönen Tag.“ Er sah ihr Nicken nicht, hörte nur, wie die Tür ins Schloss fiel. Hyde sah jedoch auch nicht, wie Ayumi mit größter Mühe ein zufriedenes Grinsen unterdrückte. Wie sie in die nächste Toilette stolperte, dort in lautes Lachen ausbrach, den vermaledeiten Zettel in viele kleine Stücke riss und in den Mülleimer warf. Und wie sie anschließend ihren Lippenstift nachzog, ihrem feixenden Spiegelbild eine Kusshand zuwarf und das Krankenhaus mit wehenden Schritten verließ... Wieder eine Seika. Wieder ein Stückchen Boden unter Hydes Füßen weg. Er fragte sich, wann er das Gleichgewicht verlieren und stürzen würde... Vor seinem inneren Auge stand deutlich der Text. Eine wirklich ordentliche, saubere Handschrift. Seika Hiroshi erlitt im Alter von sieben Jahren einen Unfall, der ihn beinah das Leben kostete. Die Auswirkungen auf seine Psyche waren dramatisch. Bei ihm wurden Schizophrenie und Persönlichkeitsspaltung festgestellt. Immer öfter taucht der Name „Gackt“ auf – wahrscheinlich ein anderes Ich. Der Junge meint, Stimmen von Verstorbenen zu hören und zu wissen, wann Menschen sterben werden. Reagiert jedoch positiv auf Medikamente. Für seine Umgebung nicht gefährlich, braucht jedoch Aufsicht. Ja. Da geht sie hin. Seine Liebe. Der Langhaarige lächelte selbstironisch. Und er hatte sich die wildesten Abenteuer ausgemalt...! Nein, er liebte den Blonden immer noch. Ha! Wäre er froh, wenn es wirklich so schnell zu Ende gehen würde. Schwupps und schon haben sich die Gefühle selbst abgestellt. Kann nicht, darf nicht – abgefunden. Er schüttelte den Kopf. Es brauchte doch gar keine erfundenen Geschichten, um zwei Menschen auseinanderzubringen – die Wahrheit reichte völlig aus. Die Wahrheit? War es das wirklich? Aber andererseits war das Blatt unterschrieben und mit einem Stempel versehen worden... Der Langhaarige fühlte sich leer. Ausgestorben. Nicht einmal Kraft für Selbstmitleid hatte er. Ein undurchsichtiger Schleier hatte sich über Hydes Gefühle gelegt, wiegte ihn im falschen Bewusstsein von Sicherheit. Immer noch besser als Hysterie. Gackuto...was haben sie dir eigentlich angetan...? Ich liebe dich, ich möchte dich beschützen. Liebst du mich auch? Das hast du mir gestern Nacht gesagt. Aber ich kann dir nicht glauben...ich darf nicht. Es ist uns nicht vergönnt, zusammen zu sein. Der Langhaarige zog die Beine an und umschlang seine Knie. Rief sich die sanften Berührungen des Blonden in Erinnerung, die dunkle Stimme, die ersehnten, und dennoch unerwarteten Worte. Er würde dieses kleine Geständnis tief in seinem Inneren bewahren. Es würde wehtun. Aber Zeit würde hoffentlich auch sein blutendes Herz vernarben lassen. Es war besser so. Für Gackuto war es besser so. Pfff! Hyde schnaubte abfällig. Klar, lass mal auf der „Wir spielen den Martyrer“- Schiene fahren, vielleicht hilft es ja gegen den Schmerz? Hallo, Selbstbetrug! Das Bittere daran war, dass der Langhaarige diese Beziehung zu Gackt nicht beenden konnte. Ganz einfach aus dem Grund, weil sie beide gar keine Beziehung hatten! Es war, als müsste Hyde einen Knoten voller aufblühender, aufgeregter Gefühle halb entwirrt wieder liegen lassen. Es kam ihm so...unnatürlich und falsch vor. Gackt konnte einfach nicht geisteskrank sein. Er konnte es einfach nicht! Dazu war er viel zu normal! Was für einen Schwachsinn verzapfte Ayumi da eigentlich?! Hyde war in den Blonden verliebt, also war mit diesem auch alles in Ordnung! Von weiteren Erkenntnissen mühselig zusammen geklaubter Logik retteten den Verzweifelnden seine besorgten Freunde. „Haido-chan!“ Tetsu kam sogleich auf das Bett gesprungen. „Geht es dir gut? Hast du große Schmerzen?“ Der Angesprochene war froh, seine Beine angezogen zu haben. Denn ansonsten hätte er die letzte Frage aufheulend bejahen müssen. Wieso hatte der Langhaarige immer nur dann Glück, wenn er es am wenigsten gebrauchen konnte? Liebend gern hätte er die wenigen Beinschmerzen in Kauf genommen, wenn ihm dafür diese Enthüllungen erspart worden wären. Alle beide. Es war menschenverachtend, wie das Schicksal mit ihm umsprang! „Hyde?“ Das besorgte Gesicht des Braunhaarigen erschien in Hydes Sichtfeld. Der Langhaarige ermahnte sich, dass er möglichst überzeugend diesen Besuch hinter sich bringen sollte. Das wenigste, worauf er in diesem Moment Lust hatte, war eine intensive Befragung seines Gemütszustandes. Hyde gähnte demonstrativ, klebte sich ein schales Lächeln auf das blasse Gesicht und versuchte mehr oder weniger überzeugend ein: „Uhm, hallo, allerseits. Ich habe die Nacht schlecht geschlafen; das ist alles. Tut mir Leid, dass ich euch Sorgen bereitet habe.“ Anscheinend waren seine Schauspielkünste in Topform. Das Besucherkomitee ließ ein erleichtertes Seufzen hören, während Tetsu dem scheinbar vor Schmerzen Vergehenden tröstend auf die Schulter klopfte. „Mach dir nichts draus. Bald bist du wieder fit wie ein junges Gürkchen! (Hydes Grinsen wurde eine Spur schiefer – eine Gurke mit langen Haaren und einer Gitarre...die arme Flora.) Es gibt schließlich viel zu tun. Ach ja, deine Eltern sind bereits unterwegs, um dich abzuholen“, wurde breit lächelnd Bericht erstattet. Hyde war aufrichtig erleichtert. Noch eine Nacht in diesem Hause hätte er einfach nicht überstanden. „Danke“, nickte der Langhaarige. Nachdem er seinen besorgten Eltern die Hintergründe seiner Verletzung erläutert, die restlichen mutigen Ärzte – die tatsächlich Unverschämtheit besaßen, ihm vorzuschlagen, doch ein paar Tage zur vollständigen Untersuchung zu bleiben – fertig gemacht hatte, durfte er endlich die weißen Wände und die Nebel von Desinfektionsmittel verlassen. Der Schnitt verheilte schnell – bald erinnerte den Langhaarigen nur eine feine Narbe an den Unfall. Die Schmerzen in seinem Herzen, die er davongetragen hatte, sollten jedoch nicht so bald aufhören... TBC A/N: Uch. Ich weiß, das Kapitel ist zwar nich SO schnell gepostet worden – aber hey, immerhin nicht erst einen Monat später. Die Geschichte vom Unfall Gackts und dass er für ein paar Jahre in eine Anstalt musste, habe ich tatsächlich irgendwo in seiner Biographie gelesen – allerdings weiß ich nicht, ob ich da auf irgendwelche Clichés gestoßen bin. Nya, selbst wenn, betrachtet das als Künstlerfreiheit. |D Öh, ja. Die Schwester wird irgendwie immer verrückter...hübsch nicht? Ja. Ihr wisst es. Ich weiß es. Aber ich sags trotzdem – mit Kommentaren geht’s schneller. #in sich geh# Okay, ich belasse es lieber bei einem „Ich würde mich sehr freuen, wenn...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)