Stalking von Shiva ================================================================================ Kapitel 4: Monday - Fourth Letter --------------------------------- Titel: Stalking Teil: 4/7 Autor: Seraluna Email: shiva@anime.de Fanfiction: Gravitation Rating: PG14 Warnung: angst, comedy Kommentar: Der einzige Teil wo Ryuichi auftaucht. Und natürlich auch Kumagorou! Pairing: Yuki / Shuichi Monday - Fourth Letter "Danke, dass Sie gestern noch so schnell gekommen sind." "Nichts zu danken, Yuki-san. Unsere Jungs von der Spurensicherung sind auch so weit fertig, dann können Sie wieder in die Wohnung zurück." Shuichi zuckte bei Amanos Worten zusammen. Er war glücklich gewesen, die letzte Nacht im Hotel verbringen zu dürfen, nachdem gestern mindestens zehn Beamte von der Kriminalpolizei und der Spurensicherung in Yukis Appartement eingefallen waren. Ein Zusammenhang des Briefeschreibers mit dem Mörder von Uematsu-san stand nun außer Frage. Yuki war offensichtlich ein Stalking-Opfer. Auf Shuichis Nachfragen hatte Hironobu bereitwillig erklärt, dass ein Stalker ein fanatischer Anhänger einer berühmten Person sei, die den Prominenten regelrecht jagen. ,Fanpost', Verfolgung, und Erpressung seien genauso Nebenerscheinungen dieses Fanatismus wie Einbruch. "Außerdem neigen solche Leute dazu, sich persönliche Gegenstände ihres Idols aus der Wohnung zu stehlen, sich in ihre Betten zu legen und sich darin sexuell zu befriedigen", fuhr Amano ergänzend fort. Yuki schluckte bei dem Gedanken, dass der erste Brief unter seinem Kopfkissen gelegen hatte, ließ sich jedoch nichts anmerken. "Wenn Sie ihre Wohnung jetzt verlassen wollen, kann ich das nur zu gut verstehen, aber..." "Nein", sagte Yuki in festem Ton. "Aber wir hatten doch abgemacht...", begann Shuichi, um sofort von dem blonden Mann unterbrochen zu werden. "Gar nichts hatten wir abgemacht! Ich werde nicht gehen. Denn dann tue ich genau das was dieser Kerl will. Nur wenn er wieder aktiv, haben wir eine Chance ihn dingfest zu machen, oder wie sehen Sie das, Amano-san?" "Nun ja...". Ein unsicheres Gestammel verriet, dass er durch Yukis Reaktion überrascht war. Doch Hironobu kam zur Hilfe: " Sie wollen sich also freiwillig zum Köder machen?" Shuichi hüllte sich in zorniges Schweigen. Jetzt würde er nichts dazu sagen, aber für ihn stand fest, dass er dringend mit Yuki reden musste. Allein. "Ich habe meine Gründe", erwiderte Yuki kalt, Shuichis erbostes Gesicht ignorierend. "Ich sag den Jungs von der Verkabelung Bescheid", rief Amano noch, während er aus dem Hotelzimmer eilte. Hironobu erklärte, dass die Telefone abgehört und eine Fangschaltung gelegt würde. Außerdem sollte eine Extrastreife das Haus bewachen. "Das ist alles?!" rief Shuichi ärgerlich. Der ältere Mann zuckte hilflos mit seinen breiten Schultern. "Mehr können wir im Augenblick leider nicht tun. Wir werden uns bemühen, den Fall äußerst diskret anzugehen. Es werden keinerlei Informationen an die Presse herausgeben. Offiziell gibt es diesen Fall nicht." ,Na toll', dachte Shuichi nur und verschränkte die Arme vor der Brust. Als sich dann auch Hironobu höflich verabschiedet hatte, setzte sich Shuichi auf das große Doppelbett, das einen Großteil des Hotelzimmers ausmachte. Außerdem war es noch mit einer Kommode, einem Tisch sowie zwei Stühlen liebevoll eingerichtet. Auch die Vorhänge und der Teppich passten wunderbar zu den apricotfarbenen Tapeten. Das Zimmer wirkte warm und freundlich während die Sonne durch die großen Fenster schein. Aber trotzdem konnte sich Shuichi nicht wohl fühlen. Yuki rauchte schon wieder. Er hatte sich mit gesenktem Kopf auf einen der beiden Stühle gesetzt. Shuichi beobachtete ihn. Wenn man von seinen Fingerspitzen absah, die die Zigarettenasche achtlos in einen Pappbecher stieß, saß er völlig bewegungslos da. Die warmen Sonnenstrahlen streichelten sein blondes Haar, doch er schien es gar nicht zu registrieren. Shuichi fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Er hasste dieses Schweigen. Doch mit Yuki reden zu wollen, brachte auch nichts, das hatte er nach mehreren Versuchen gestern Abend und Nacht festegestellt. Bei jedem Versuch hatte sein Lebensgefährte ihn aufgefordert, den Mund zu halten. Mehrmals. Yuki wollte nicht reden. Jedenfalls jetzt nicht. Doch Shuichi wollte reden. Er wollte wissen, was in seinem Kopf vorging. Warum er so darauf erpicht war, wieder in ihre gemeinsame Wohnung zurückzukehren. Warum er alles auf eigene Faust regeln wollte. "Yuki...", begann er vorsichtig. "Sag jetzt nichts", erwiderte sein rauchendes Gegenüber mit grimmigem Unterton. "Ich will nur den Grund wissen. Warum willst du unbedingt zurück, wo du doch weißt, wie gefährlich der Typ ist!" "Wie ich schon sagte, ich habe meine Gründe. Du wirst zurück zu deinen Eltern gehen", knurrte Yuki ihn an. "Wenn du glaubst, du kannst mich auf diese Art loswerden, hast du dich geschnitten." Ein böses Grinsen zeigte, dass er es nicht ernst meinte. "Du gehörst mir, erinnerst du dich? Ich werde dich nicht so einfach allein lassen". Er pirschte sich von hinten an den blonden Autor heran und umschlang ihn mit beiden Armen. Yuki entkam seiner Umklammerung, indem aufstand und zum Fenster ging. "Ich will nicht mehr, dass du bei mir wohnst, verstehst du? Geh dahin wo du hergekommen bist". Shuichi senkte seinen Kopf, so dass die pinken Haarsträhnen seine Augen verdeckten. "Ich verstehe." Schnell packte er seine paar Habseligkeiten zusammen und verließ das Hotelzimmer, um Yuki dieses Mal nicht die Chance zu geben, ihn weinen zu sehen. Hiro zupfte lustlos an einer Gitarrensaite. Er war ohnehin schlecht gelaunt, weil er das Wochenende ohne Ayaka-chan verbringen musste. Fujisaki fummelte an der Elektronik herum. Nur ab und zu war sein grüner Schopf oberhalb der Tastatur des Keyboards auszumachen. K putze wie jeden Tag liebevoll seine Magnum. Shuichi kam schon wieder zu spät. Wieder schwenkte Hiro seinen Blick zur Uhr. Jetzt wurde es aber langsam Zeit. Wie auf Stichwort kam ein pinker Strubbelkopf durch die Tür. ,Na endlich', seufzte Hiro in Gedanken. ,Dann können wir ja endlich anfangen'. "You are late!" bemerkte K mit gespieltem Ärger und richtete seine frisch polierte Waffe auf Shuichi. "Hör auf mit dem Unsinn", murrte Shuichi. Dann warf er seinen Rucksack achtlos auf den Boden und begab sich ohne Umschweife in die Kabine. "Das war dein Einsatz! Das ist jetzt schon das elfte Mal!" fauchte Fujisaki. Dann, etwas sanfter: "Was ist denn nur los mit dir heute?!" Shuichi gab einen brummenden Laut von sich. "Ich glaube ich kann heute keine Liebeslieder singen". Hiro senkte den Kopf. Er wusste Bescheid. Shuichis Krise konnte nur etwas mit Yuki zu tun haben. "Verschieben wir die Aufnahme eben, zwing dich nicht dazu, das hat heute wohl keinen Sinn". Sakano fuhr nervös dazwischen: "Aber wir haben einen engen Terminplan einzuhalten! Wir können nicht einfach..." Durch Hiros ärgerlichen Blick wurde er zum Schweigen gebracht. Shuichi stand wie ein Häufchen Elend hinter dem Mikro. "No Problem!" K schwang seine Kanone einmal um den Zeigefinger. "Wir schaffen das schon. Dann lassen wir eben eine Konzertprobe ausfallen. Improvisiert kommt das ganze sowieso besser rüber." Er zeigte der Crew ein strahlendes Lächeln, bei dem er einen Großteil seiner weißen Zähne entblößte. Der blauhaarige Producer seufzte. Es hatte wohl keinen Sinn dagegen anzugehen. "Ok, Schluss für heute", verkündete Sakano ergeben. Wortlos schlich sich Shuichi aus der Kabine. Als Hiro seine Gitarre in den dazugehörigen Koffer getan hatte, stellte er fest, dass der Leadsänger schon verschwunden war. In Gedanken machte er sich eine Notiz, bei Yuki vorbei zu fahren, um ihn nach dem Grund für Shuichis Verhalten zu fragen. Und ihm bei Bedarf seine Faust ins Gesicht zu befördern. Shuichi registrierte gar nicht, was für ein schöner Frühlingstag es war. Die Kirschbäume zeigten schon die ersten Blüten, die Krokusse schoben sich aus dem saftigen grünen Gras hervor. Die Sonne erweckte mit ihrer Wärme alles wieder zum Leben und ließ den Kreislauf der Werdens und Vergehens wieder neu beginnen. Eigentlich war heute ein ausgesprochen schöner Tag, sehr warm für einen Märztag. Shuichi scharrte mit einem Fuß auf dem Kiesweg des Parks, während er auf einer weißen Bank saß. Warum war Yuki nur so gemein zu ihm? Warum wollte er unbedingt wieder in die Wohnung zurück, wo der Stalker doch jederzeit eindringen konnte. Und warum konnte er plötzlich nicht mehr mit den Füßen den Boden berühren? Erschreckt stellte Shuichi fest, dass er mit den Füßen eine tiefe Kuhle unter die Bank gescharrt hatte. Um ihn herum im Umkreis von etwa einem Meter hatte er einen kleinen Wall aus Kies errichtet. "Shu-i-chi!". Eine Stimme erklang direkt neben seinem Ohr. Ein Mann mit grünen Haaren und Sonnenbrille griente ihn freudig an. "Was machst du da? Ah! Schau mal Kumagorou! Shuichi hat dir eine Burg gebaut! Willst du spielen? Ja? Dann geh, ich rede so lange mit meinem Freund." Beschwingt unterhielt sich Ryuichi mit seinem rosa Plüschhäschen. Dann setzte er es in Shuichis Kiesgrube und sich selbst neben Shuichi auf die Bank. "Was machst du denn hier so alleine?" fragte er mit seiner munteren Stimme. Shuichi lächelte gequält. "Ich habe grade Streit mit Yuki. Er will nicht mehr, das ich bei ihm wohne." "Da hast du wohl zu viel gegessen! Du hast ihm bestimmt seine Süßigkeiten weggegessen! Stimmts?" "Nicht so ganz", erwiderte der Jüngere. "Aber ich habe ihn wohl mit meiner Hysterie genervt." Ryuichi sah ihn verständnislos an. "Hysterie... Ja ich glaube auch, du solltest was dagegen einnehmen, das kann schnell zur Lungenentzündung werden!" Shuichi seufzte. Ryuichis Japanisch-Kenntnisse waren wirklich nicht die besten, er brachte schon wieder alles durcheinander. Doch er nahm es ihm nicht übel. "Ich glaube kaum, dass man dagegen was einnehmen kann..." Ryuichi wurde bleich. "Was?! Mein Shuichi ist so schwer krank?". Er fing haltlos an zu weinen. "Ich will nicht, dass Shuichi stirbt!!". Lautes Schluchzen und laufende Tränenbäche unterstützten das Heulkonzert. Shuichi lächelte. "Ich sterbe doch nicht." Er legte Ryuichi beruhigend die Hand auf die Schulter. "Ich muss nur mit Yuki reden. Dann geht es mir auch wieder gut." Die Wohnung war unaufgeräumt und schmutzig von den Straßenschuhen der Polizeibeamten gewesen. Geschlagene zwei Stunden hatte Yuki damit verbracht, Ordnung zu machen. Schweigend sah er sich um. Kahles Parkett, schlichte Möblierung, nur ein Bild mit moderner Kunst an der Wand. Irgendwie kam ihm das alles kalt vor. Leere, als ob etwas fehlte, das dieser kühlen Umgebung Wärme verlieh. Er hatte sich jahrelang in seiner Wohnung wohl gefühlt. Auch in seiner vorherigen, die ungefähr genauso ausgesehen hatte. Aber jetzt fühlte er sich alles stumpf und taub an. Obwohl er sich eigentlich sicher fühlen sollte. Die Polizei hatte ihm ein Hochsicherheitsschloss eingebaut. Yuki nahm den vollen Aschenbecher vom Tisch und ging in die Küche. Dort trat er mit einem Fuß auf das Pedal vom Treteimer und schüttete die vielen Zigarettenstummel sowie die kalte Asche hinein. Dann zog er eine Schachtel aus seiner Hemdtasche, um den Aschenbecher erneut zu füllen. Als er die Asche von der frischen Glut trennte, fiel sein Blick auf nun leere Kristallschale. Shuichi... Du sagst doch immer ich rauche zuviel... Er drückte die nur zur Hälfte gerauchte Kippe mit dem Daumen aus. Du hast recht. Die Türklingel riss ihn aus seinen Gedanken. Er war jedoch nicht gewillt, zu öffnen. Yuki Eiri war heute für niemanden zu sprechen. Auch nicht für Tohma Seguchi. Da mochte er klopfen und rufen so viel er wollte. "Sturkopf", schrie die ärgerliche männliche Stimme von draußen. Nach etwa zehn Minuten hatte der blonde Präsident von NG Productions resigniert aufgegeben. Lustlos warf sich Yuki auf seine graue Eckcouch. Wenn das Wetter so wäre wie seine Laune, dann müsste dunkler Nebel die Stadt bedecken. Doch draußen herrschte ein herrlicher Frühlingstag, der von so viel Aktivität und Lebenslust erzählte. Kurzum stand Yuki auf und zog die Vorhänge zu. Plötzlich fuhr er herum. Er hatte etwas im Augenwinkel gesehen. Oder war es nur eine optische Täuschung? Langsam ging er auf die Küche zu, die Hände zu Fäusten geballt. Dort war alles so wie er hinterlassen hatte. Die Zigarettenschachtel lag auf dem Tisch, der Aschenbecher war geleert. Aber... er hatte inzwischen doch schon wieder eine geraucht? Zornesfalten bildeten sich zwischen seinen Augen. Seine Wut steigerte sich noch mehr, als er die gläserne Vase auf der Arbeitsplatte sah, in der die sechs roten Rosen standen. Yuki hatte sie noch am selben Tag, wo er sie erhalten hatte, in den Mülleimer befördert. Jetzt war ein Rosenkopf abgerissen und lag neben der Vase. Ein zweiter war geknickt, baumelte aber noch lose am Stengel. Unter die Blumenvase war ein Brief mit Siegel geklemmt. Unsanft entsiegelte Yuki den Brief. Nicht sehr aufschlussreich. Das übliche uninteressante Liebesgeplänkel. Viel mehr interessierte es ihn, wie der Typ hier hereingekommen war... Shuichi hatte sich von Ryuichi verabschiedet und wollte den Park verlassen. Trotz aller Bemühungen von Kumagorou war seine Laune nicht besser geworden. Trübsinnig schubste er mit dem Fuß einen Kiesel weg. Gleich war er am Ende des Parks angekommen. Missmutig stapfte er der Zivilisation entgegen, die Hände in den Hosentaschen versenkt. Plötzlich zuckte er leicht zusammen. Da hatte sich etwas bewegt. Undeutlich konnte er hinter einem Busch einen Schatten ausmachen. Seine Schritte wurden schneller, bis sie ins Rennen ausarteten. Völlig außer Atem erreichte Shuichi die Hauptstraße und blickte sich mannhaft um. Hinter ihm stand eine junge Frau, die vor seinem wütenden Gesichtsausdruck zurückschreckte. Ihr Kind klammerte sich am Bein seiner Mutter fest und war kurz davor in Tränen auszubrechen. Shuichi lachte peinlich berührt, bevor er sich entschuldigte. Nachdem die Mutter und ihr Kleines wieder ihrer Wege gegangen waren, warf Shuichi noch einen beunruhigten Blick in den Park zurück. Niemand war zu sehen. Das musste Einbildung gewesen sein. Aber hatte er im Park nicht Schritte hinter sich gehört? Systematisch suchte er die Umgebung nach etwas verdächtigem ab. Der einzige der, der dabei verdächtig aussah war allerdings er selbst. Als Shuichi erkannte, wie albern er sich doch aufführte, machte er sich auf den Weg zu Yukis Wohnung. Er wollte noch einmal mit ihm reden. Diesmal würde er ihm zuhören, und wenn er sich mit Handschellen an Yukis kettete. Er ertappte sich bei dem Gedanken, wo er das nötige Hilfsmittel bekommen konnte. Vor einem Fahrradshop hielt er an, und besah sich die Fahrradschlösser. Ob man hier auch Handschellen kaufen konnte? Er schüttelte demonstrativ den Kopf, um diese absurden Pläne zu vergessen. Hinter sich hörte er eine Person, die ruckartig stehen blieb. Krampfhaft versuchte Shuichi den kalten Schauer zu ignorieren, der ihm über den Rücken lief. Nein, er würde sich jetzt nicht umdrehen. Er ballte die Fäuste in den Hosentaschen und rannte los. Doch sein Verfolger war schnell und ließ sich nicht so leicht abhängen. Gehetzt flüchtete er über die Straße, doch die Schritte waren immer noch hinter ihm. Wenigstens kam gerade kein Auto, dem er hätte ausweichen müssen. Plötzlich quietschten Reifen und der Gestank von verbranntem Gummi machte sich breit. Der weiße LKW, der eben noch am Straßenrand geparkt hatte, raste auf ihn zu. Wie angewurzelt blieb Shuichi stehen, unfähig zu irgendeiner Reaktion... "Naaa, Kumagorou, das wäre ja fast schief gegangen", hörte er Ryuichis verstellte Stimme aus der Entfernung. Warum konnte er nichts sehen? Richtig, er hatte seine Augen noch geschlossen. Unter Schmerzen verzog Shuichi das Gesicht und versuchte sich aufzusetzen, was ihm angesichts der aufgeschürften Unterarme nicht gerade leicht fiel. Er spürte, wie ihm die Haare feucht am Kopf klebten, der schmerzte wie die Hölle. Er musste sich beim Sturz auch den Kopf angeschlagen haben. Als ihn das Schwindelgefühl langsam wieder verließ, war er auch schon gewillt, seine Augen zu öffnen. Panik ergriff ihn, als er blinzelte, aber nichts sehen konnte. "Sakuma-san!", keuchte er. Ungeduldig saß Yuki im Warteraum der Notaufnahme. Das große Zimmer verfügte über unbequeme Swingerstühle, zwei große Fenster, die bis zum Boden gingen und einige künstliche Zimmerpflanze. Yuki rauchte eine Zigarette nach der anderen, während er das Zimmer begutachtete, in dem sie nun schon fast eine Stunde warteten. Hiro wippte unruhig hin und her. Tohma blätterte angespannt in einer der herumliegenden Zeitungen, aber er nahm den Inhalt nicht wirklich wahr. Ryuichi knetete die Arme seines rosa Häschens zu Brei. Selten hatte Yuki den Sänger von Nittle Grasper so ernst gesehen. Sein Blick schweifte zu den anderen Leuten im Warteraum. Außer ihnen befand sich nur eine Mutter mit Kind und ein älterer Mann darin. Das kleine Mädchen hatte einen dicken Verband um den Daumen und weinte fürchterlich. Blut sickerte bereits durch den provisorischen Verband. Lange würden die beiden wohl nicht mehr warten müssen, auch wenn sie gerade eben erst gekommen waren. Der ältere Mann schien es nicht so eilig zu haben, denn den Schlauch, der aus seiner Nase zu einem Katheter führte, schien er schon länger zu tragen. Eine Narbe prangte auf seiner Nase, die kontinuierlich nässte. Ständig tupfte der Mann sich die wunde Stelle ab. Yuki zündete sich seine zweitletzte Zigarette an und fluchte leise, als die Schwester kam, jedoch nur das kleine Mädchen nebst Mutter aufrief und ihm zum wiederholten Male das Rauchen verbot. Entnervt drückte er seine Kippe in einem der großen Blumentöpfe aus. Wie lange wollten die Ärzte Shuichi noch untersuchen? Tohma warf seine Zeitschrift wieder auf einen der niedrigen mintgrünen Tische zurück und seufzte kaum hörbar, während er ein Bein über das andere schlug und nervös damit wippte. Hiro hatte seine Ellenbogen auf die Knie gestützt und sein Gesicht in den Händen vergraben. Lange würde er diese Anspannung nicht mehr aushalten. Gerade als er meinte, platzen zu müssen, kam die Schwester abermals herein und bat einen Angehörigen von Shindou Shuichi herein. "Aber bitte nur einen zur Zeit." Gleichzeitig sprangen Hiro und Yuki auf. Sofort warfen sie sich scharfe Blicke zu. "Du hast schon genug Ärger gemacht, Freundchen", knurrte Hiro während er ihn mit einem leichten Schubs zurückhalten wollte. Yuki packte ihn unsanft am Handgelenk und stieß eine kaum hörbare Drohung aus. Währenddessen stürmte Ryuichi an ihnen vorbei, und erklärte der Schwester freudig, dass er zu besagtem Patienten gehöre. "Shindou Shuichi ist ein guter Freund von mir und Kumagorou!" Mit verstellter Stimme fuhr er fort: "Jaa~ Shuichi ist mein Freund!" Leicht pikiert starrte die Schwester den rosa Stoffhasen an, bat den exzentrischen Sänger dann aber ins Krankenzimmer. Sie machte sich im Geiste einen Vermerk, die beiden nicht zulange Zeit alleine zu lassen. Yuki und Hiro standen immer noch wie versteinert in ihrer Umklammerung. "Unmöglich", kam es erstaunt wie aus einem Mund. Tohma lachte mit belegter Stimme. "Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte." Der jugendlich aussehende Mittdreißiger stütze kapitulierend den Kopf in eine Hand. Das hatten sie nun davon. "Und jetzt folgen Sie bitte meinem Finger". Die ältere Ärztin führte ein paar langsame Bewegungen durch und ließ diese von Shuichis Blick verfolgen. "Sehen sie Punkte, Streifen, Schnee, einen weißen oder grauen Schleier?" "Nein", antwortete ihr Patient wahrheitsgemäß. "Sie haben eine leichte Gehirnerschütterung erlitten. Dabei wurde das Gehirn gequetscht und wie bei jeder Quetschung entsteht eine Schwellung, die in Ihrem Fall den Sehnerv beeinträchtigt hat. Die Erscheinung ist aber nur temporär, wie sie sehen", erklärte sie lächelnd. Shuichi lächelte zurück. "Ja, zum Glück sehe ich es. Darf ich dann auch wieder..." "Nein, Sie bleiben schön hier", befahl die Ärztin im strengen Tonfall, als Shuichi Anstalten machte, seine Beine aus dem Krankenbett zu schwingen. "Mindestens die Nacht über will ich Sie noch beobachten. Keine Widerrede!" sprach's und schloss die Tür von außen.. Shuichi seufzte und ließ sich wieder in die Kissen sinken. Ryuichi hatte sich während der Visite ruhig verhalten und mit seinem Häschen gespielt. "Sag mal Shuichi, warum bist du vorhin auf die Straße gelaufen?" Der Angesprochene setzte einen finsteren Blick auf. "Ich wurde verfolgt", antwortete er kurz angebunden. Sprechen war nicht gut. Es erhöhte den normalen Basisschmerz, der seit seinem Unfall immer in seinem Schädel brummte. "Verfolgt?", fragte Ryuichi erstaunt. "Also ich hab niemanden gesehen, als ich dir heimlich hinterher gegangen bin". Das durfte nicht wahr sein! Insgeheim fluchte Shuichi über seine Dummheit. "Dann warst du also der geheime Verfolger?!", rief er aus. "Hai!", erwiderte sein Gegenüber erfreut. Schlagartig wurde Ryuichis Blick ernst. "Aber da ist noch dieser LKW. Er ist mit einem Affenzahn davongerast, nachdem er dich fast umgebracht hat. Das war kein Unfall. Also was ist los, Shuichi?" Sakuma Ryuichi hatte die kindliche Seite seines Wesens völlig in den Hintergrund geschoben. Er war ernstlich besorgt, und jetzt wollte er wissen, was Sache war. Shuichi antwortete nicht sofort. "Stalking" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)