Fallen von Sarano ================================================================================ Kapitel 8: Part VIII – Explosion -------------------------------- Anmerkung, bevor wir zum eigentlich neuen Kapitel kommen. Es tut uns sehr sehr leid, dass es dieses mal soo lange gedauert hat...ja wir haben schon vorher Besserung gelobt, aber es lief einiges nicht so wie wir es uns vorgestellt hatten. Wie dem auch sei,wir hoffen unsere bisherigen Leser bleiben uns auch weiterhin treu, ihr wisst ja, wir freuen uns über jedes Kommentar. Auch hoffen wir, dass dieser Teil euch für die lange Wartezeit entschädigen wird. Lange rede kurzer Sinn, hier kommt... Part VIII – Explosion 18.01.2001 Es war noch sehr früh am Morgen, als sie ihr Hotel verließen und sich auf den Weg zu der Ruine, welche als Kulisse für ihr neuestes Video dienen sollte, begaben. Jedes Mitglied der Band war noch müde, so war es nicht verwunderlich, dass Kyo schon bald wieder im Land der Träume schlummerte, während Die etwas vor sich hin döste, wogegen sich Kaoru und Shinya mit anderen Dingen beschäftigten, wie etwa in dem Fall des Drummers mit Musik hören, während der Leader über Noten ihrer neuen Songs brütete, eben ganz der Workaholic, wie ihn alle kannten. Der Bassist dachte, in der Zeit über den gestrigen Tag und den Braunhaarigen nach. Er war gerade nach einer Dusche aus dem Bad zurück auf den Weg in sein Zimmer gewesen, als Shinya ihn aufgehalten hatte, scheinbar, um etwas mit ihm zu bereden. Ahnungslos und mit leichter Sorge, war der Bassist dem Jüngeren in dessen Raum gefolgt, hatte sich innerlich gefragt, was seinen Freund wohl beschäftigte, um ein Gespräch mit ihm zu suchen. Wenige Minuten danach, hatte der Schwarzhaarige seine Antwort bekommen. Shinya hatte ihm mitgeteilt, wann er sich auf den Weg in das Krankenhaus begeben würde, doch nicht das war es gewesen, was den Größeren überrascht hatte, sondern die Tatsache, dass der Zierlichere mit ihrem Leader abgesprochen hatte, dass Toshiya ihn begleiten würde. Natürlich war dieser von der Nachricht nicht begeistert gewesen, er mochte Krankenhäuser nicht und hatte versucht, den Drummer mit fadenscheinigen Ausreden davon zu überzeugen, dass dies sicherlich nicht notwendig wäre, schließlich hatte man ja auch nur eine Prellung, statt einer Schusswunde oder dergleichen. Der Jüngere allerdings hatte sich nicht von seiner Meinung abringen lassen und so war der Bassist nach dem Frühstück förmlich gezwungen worden mitzukommen, ob er gewollt hatte oder nicht. Im Nachhinein war Toshiya seinem Kollegen nicht unbedingt dankbarer, hatte er schließlich von einem der Ärzte sprichwörtlich einen auf den Deckel bekommen. Jedoch war seine schlechte Laune schnell wieder verflogen, Shinya hatte es nur gut gemeint und er war ja auch nicht wirklich auf den Jüngeren böse gewesen, sondern hatte eben einfach die Meinung gehabt, dass es unlogisch war, mit in die Kammer der Qualen und Leiden zu gehen, schließlich war er in seiner Vorahnung, dass der Doktor wieder alles besser wissen würde, bestätigt worden und darauf hätte er gerne verzichtet. Doch so war es nun mal geschehen und eigentlich machte es jetzt keinen Sinn mehr, weitere Gedanken daran zu verschwenden, half es aber erheblich die Zeit zu vertreiben, wie Toshiya in diesem Moment feststellte, der Wagen kam gerade zum stehen. Nur Sekunden später trat ein bereits jetzt schon fröhlich grinsender Tao, als Erster nach draußen in die kühle Morgenluft und mit einem Schmunzeln auf den Lippen, folgte der Bassist dem Älteren, fragte sich, was es wohl war, dass ihren Betreuer so aufgeheitert hatte...einer von ihnen konnte es sicherlich nicht gewesen sein, beherrschten sie eher die Gabe, dem Kurzhaarigen mehr als nur Kopfzerbrechen zu bereiten. Der Musiker beschloss den Anderen später vielleicht danach zu fragen, doch jetzt beeilte er sich lieber, zu ihrem bereits aufgebauten Set zu kommen, schließlich war es verdammt kalt. In ihrem provisorischen Studio angekommen, wurde Die sogleich von einer der Damen, welche für die Kostüme zuständig war, in die Umkleide gebeten, eine seiner Szenen würde als erstes gedreht werden, sollte dies doch unmittelbar vor und während des Sonnenaufgangs geschehen. Während sich der rothaarige Gitarrist also schon fertig machte, konnten die anderen sich noch etwas ausruhen, einen Kaffee trinken und entspannen, doch eines der verbliebenen Bandmitglieder schien die Arbeitslosigkeit zu stören. Shinya wirkte unruhig, aber auch ständig in Gedanken vertieft, so wie auch jetzt, als der Bassist ihn fragte, ob er denn nicht auch einen Kaffee wollen würde, der Jüngere ihn jedoch nur fragend anblinzelte, sodass der Größere seine Frage wiederholte, sein Gegenüber den Becher, welcher ihm entgegen gehalten wurde, daraufhin dankend annahm. Ein Grund mehr, warum sich der Bassist wieder um seinen Freund sorgte, denn er hatte schon gestern das Gefühl gehabt, dass den Zierlicheren irgendetwas beschäftigte, was diesen nicht zur Ruhe kommen ließ, doch natürlich wich Shinya aus, wenn jemand ihn darauf ansprach, behauptete nicht zu wissen, wovon man redete... sowohl der Sänger, als auch er selbst hatten diese Erfahrung bereits gemacht. Toshiya seufzte leicht, er konnte eben nichts an der Schweigsamkeit des Jüngeren ändern, auch wenn er sich sehr wünschte, dass sein Freund offener zu ihnen wäre, sagte wenn etwas nicht stimmte... aber auch wenn es ihn frustrierte, dies wäre wohl zu viel verlangt von ihrem Drummer. Etwa eine halbe Stunde später kam Die von der Garderobe zurück, bereits fertig umgezogen und geschminkt - der Rothaarige war in ein enges schwarzes ledernes Top gehüllt, welches vorn durch eine Schnürung zusammen gehalten wurde, dazu eine lederne Hose in derselben Farbe, mit Knöpfen als Verschluss und leichtem Schlag an den Beinen. Über seinem Oberteil trug er eine ebenfalls dunkle, lederne Jacke mit Zierschnallen an den Ärmeln und zwei Ketten, welche sich auf dem Rücken kreuzten. Die grinste, als er seine Freunde erblickte, wollte natürlich sogleich die Meinung der Anderen zu seinem gewähltem Outfit hören. „Ich wusste gar nicht, dass Engel auf Leder stehen.“ Dieser so trockene Kommentar kam von niemandem geringerem als ihren Vocal, entlockte Toshiya ein Lachen, während ihr Gegenüber nun eine beleidigte Miene auf seinem Gesicht trug. „Ha ha, sehr witzig Kyo.” Um mehr zu sagen blieb dem Musiker keine Zeit, denn schon wurde er von ihrem Regisseur heran gewunken, der ihm erklärte, was er tun sollte und so konnten die Verbliebenen wenig später auf einem Monitor verfolgen, wie der Gitarrist sich an einer Stelle der Ruine auf einem Stein niederließ, den Blick in den Himmel gerichtet. Beim heranzoomen der Kamera, erschien es als hätte Die eine blutige Wunde genau an seinem Herzen, sollte dieser Teil von Tod und Wiedergeburt erzählen und ihr Regisseur verstand es, genau diesen Aspekt zu vermitteln. Da die Szenerie vollkommen im Außenbereich stattfand, war Die nicht wirklich vor dem Wind und den vereinzelten Schneeflocken geschützt, doch zauberte dieser Effekt noch einmal mehr eine übernatürliche Stimmung, besonders als sich am Firmament langsam die ersten Strahlen der Sonne durch dass tiefe Dunkel der Nacht kämpften. Es dauerte nicht lange, bis man das laute Danke vernehmen konnte, welches einem sagte, dass ein Teil ihres Videos bereits im Kasten war, müssten im Nachhinein nur noch die Flügel auf dem Rücken des zweiten Gitarristen virtuell eingefügt werden. ~~~~~ Shinyas sorgsam kontrollierte Gedankenwelt schien zerschmettert, als hätte in seinem Geist bisher eine Blase existiert, in welcher der Drummer all die unliebsam, wispernden Stimmen gefangen hielt, die ihn davon abgehalten hatten, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, nur dass diese seit der letzten Nacht geplatzt war und der Braunhaarige in einen konstanten Sturm der an ihm nagenden Bildern gehüllt wurde, wann immer er die Augen schloss. Der Langhaarige wusste, dass er nicht konzentriert war, doch so sehr er sich auch bemühte, Shinya konnte einfach keinen festen Halt auf die mentalen Blitze bekommen, konnte sie nicht zusammentreiben oder ignorieren, etwas dass ihn mit einer brodelnden Rage erfüllte, die sich nur schwer in Ketten legen ließ. Sein Atem entwich ihm mit einem zischenden Laut, als er in das Hier und Jetzt zurück gerissen wurde, unbewusst hatte er seinen Becher Kaffee so stark zusammengedrückt, dass dieser gebrochen war und mit einem Knurren warf er das Plastikgefäß in einen nebenstehenden Mülleimer, bevor er nach einem der Schminktücher griff, damit die heiße Flüssigkeit von seinen Fingern und seinen weißen Hosen wischte, welche er unter dem aufwendigen Kimono trug. Darin vertieft die Spuren des dunklen Getränkes zu tilgen und gleichermaßen die sich lösen wollenden Flüche hinter seinen geschlossenen Lippen zu halten, bemerkte der Langhaarige nicht, dass man ihn rief, erst als sich eine Hand auf seine Schulter legte, wirbelte er von seinem Stuhl hoch, so dass Tia einen erschrockenen Schritt zurück trat. „Entschuldigung, Shinya-san.“ Einen langen Moment blinzelte der Drummer, griff mit aller Macht nach seiner Ruhe, als er sich zu einem kleinen, beruhigenden Lächeln zwang. „Es war nicht Ihre Schuld... werde ich gebraucht?“ Sein Gegenüber nickte leicht, woraufhin er nochmals lächelte, auch wenn Shinya dabei das Gefühl hatte, seine Lippen würden aufbrechen, so unecht fühlte es sich an, doch folgte er der Schwarzhaarigen, nachdem er dieser bedeutet hatte voran zu gehen. Außerhalb des beheizten Schminkbereiches war es sehr viel kühler, sodass der Braunhaarige trotz seiner Jacke zu frieren begann, als er in die Ruine und zu dem Set geführt wurde, an welchem seine Aufnahmen für das Video entstehen sollten. Sein Blick glitt über die mit schwarzen, zerrissenen Stoff verdeckten Fenster, trotz dessen die Sonne bereits aufgegangen war, herrschte im Inneren der alten Gemäuer noch immer Dämmerlicht und durch einen Scheinwerfer wurde die Atmosphäre so verändert, dass man das Gefühl hatte, silbernes Mondlicht würde über die rauen Mauern gleiten, sich in dem zerbrochenen Glas brechen, das über einen ebenso zerstörten Tisch verteilt worden war. „Muss dich nun jedes Mal jemand holen, wenn du dich dazu entscheidest, nicht zu hören, wenn man dich ruft, Shinya-hime?“[1] Die Schultern des Zierlicheren spannten sich an, doch richteten sich die dunklen Augen nicht auf den Gitarristen, welcher gegen eine der Wände lehnte und dem in diesem Moment eine Hand von Toshiya auf den Arm gelegt wurde. „War das wirklich nötig, Die?“ Shinya konnte das Stirnrunzeln nicht sehen, doch hörte er es in der Stimme des Bassisten und irgendwie verengte es seine Brust, der Versuch des Älteren, die Spannung zwischen dem Rothaarigen und ihm zu nehmen, die sich seit ihrem Aufbruch am Morgen konstant aufgebaut hatte und inzwischen wusste der Drummer schon nicht einmal mehr, wer den ersten Schritt in Richtung Aggressivität getan hatte. Seine Augen schlossen sich für einen Moment, bevor er einmal mehr berührt und von einem der Assistenten zu dem Tisch hinüber gebracht wurde, wo er seine Schuhe auszog, immer wieder nickend, als der Regisseur ihm letzte Anweisungen gab, bevor er von Tia eine blutige Binde über die Augen gelegt bekam. Sofort fing sich sein Atem, normalerweise machte es ihm nichts aus, sein Augenlicht zu verlieren, doch am heutigen Tag war er einfach viel zu... erschüttert, befand sich an einer ihm undefinierbaren Klippe, auf welcher der Langhaarige schon fast verzweifelt Halt suchte. Niemandem schien der kurze Moment seines... Zustandes aufgefallen zu sein, denn Tia erkundete sich lediglich, ob ihm die Binde so angenehm war, was er mit einem Nicken erwiderte, dann wurde künstliches Blut auf seine Wangen aufgetragen, so dass es wirkte, als würde es Tränen gleich über sein Gesicht rinnen. Einen Moment später hörte er, wie man eine Kerze neben ihm entzündete, die zuvor auf der schrägen Tischplatte befestigt worden war, dann führte man seine Hand so, dass er deren Wärme spüren konnte, den Kopf hatte er schon zuvor in diese Richtung gedreht. „Gut so... und nun Action!“ Shinya versuchte sich an jede Einzelheit zu erinnern, die man ihm erzählt, die er in dem Skript gelesen hatte, doch stattdessen er seine Hand über die Flamme bewegte, stockte er kurz vorher, davon gerissen von Fetzen aus Bildern... einem Rosenstrauß den er fort geworfen hatte... ein weißes Kissen, das sein eigenes war... die einzelne schwarz gefärbte Blüte auf ihr... der Zettel, den er mit zitternden Fingern verbrannt hatte. „Cut! Noch einmal, die erste Einstellung bitte.“ Die Worte schnitten durch seinen Geist, der wie von einem Nebel verhangen schien, und während Tia zu ihm zurückkehrte, sein Make-up noch einmal ausbesserte, fühlte er weitere Finger, die seine Schulter drückten. „Was ist los mit dir? So viele Fehler sind dir in der Vergangenheit niemals unterlaufen.“ „Ich habe nur nicht gut geschlafen, entschuldige Kaoru. Es wird nicht wieder vorkommen.“ Die Stimme des Braunhaarigen war leise und auch wenn Shinya suchte sie so ruhig wie auch sonst zu halten, konnte man einen Hauch seiner Frustration in ihr hören und vielleicht drückte Kaoru deswegen noch einmal seine Schulter. „In Ordnung. Ich vertraue dir.“ ~~~~~ Es waren gerade erst zwei Stunden vergangen, und doch hatten sie in dieser Zeit schon einige Aufnahmen geschafft, sowohl Die als auch Shinya waren mit ihren wichtigen Parts bereits fertig. Selbst die Stelle mit Sadako, der Tochter einer ihrer Crewmitglieder, welche sie kurzerhand für einen Auftritt in ihrem Video eingeplant hatten, waren erstaunlich schnell abgedreht, die Kleine hatte ihre Rolle perfekt gespielt... sollte sie doch zuerst aussehen, als wäre sie den Tränen nahe, um dann lauthals aufzulachen. Von allen wurde sie gelobt und Toshiya ließ es sich nicht nehmen, sie noch einmal extra zu umarmen, um ihr zu zeigen, dass sie ihre Sache gut gemacht hatte, war das Mädchen doch gerade mal vier Jahre alt und andere Kinder in diesem Alter waren lange nicht so unkompliziert, wie sie. Die Kleine hatte sehr glücklich darüber gewirkt, war mit einem breiten Lächeln zu ihrer wartenden Mutter gegangen und hatte mit dieser zusammen, nach letztmaligen winken als Verabschiedung, die Ruine verlassen. In jenem Moment zeigte die Kamera auf einen jungen Mann, welcher vor einem Spiegel saß, in diesem seine Exfreundin mit deren neuen Geliebten sah... wieder eine Szene, welche mit Hilfe des Computers nachträglich eingefügt werden musste. Direkt im Anschluss, folgte der Part, in welchem der Braunhaarige von dem Spiegelbild des Mannes, welches er betrachtete, hinterrücks erstochen wird und wieder wurde mit Theaterblut gearbeitet sowie unterstützt, um es realistischer wirken zu lassen. Erst nachdem auch dieser Teil des Gesamten fertig war, gewährte der Regisseur allen Anwesenden eine kurze Pause, welche dazu genutzt wurde, um sich mit Getränken zu versorgen und die Raucher, ihrer Nikotinsucht zu erliegen, danach würden die Aufnahmen der gesamten Band stattfinden, während sie ihre Instrumente spielten. Nachdem sich alle, bis auf ihr jüngstes Mitglied, in einem bestimmten Bereich eingefunden und ihre Zigaretten angezündet hatten, blieb dem Bassisten nicht verborgen, wie sich ihre beiden Gitarristen etwas entfernten und abseits von ihm und Kyo stehen blieben. Von seiner Position aus, erschien es dem Schwarzhaarigen, als wären Die und Kaoru in eine hitzige Diskussion vertieft und er konnte erahnen, worum es ging.... ihren Drummer. Bereits den gesamten Morgen herrschte eine angespannte, drückende Atmosphäre zwischen Shinya und dem Rothaarigen, fielen nicht selten sarkastische Bemerkungen aus der Richtung des zweiten Gitarristen, in Bezug auf ihren Jüngsten und so wie es wirkte, war ihr Leader gerade dabei, seinen Geliebten etwas zurechtzustutzen. „Das wurde auch Zeit.“ Ein verwirrter Blick seitens des Schwarzhaarigen, traf den Vocal, der diese Worte vor sich hin gemurmelt hatte, jedoch laut genug, dass es der Größere hatte verstehen können. „Was meinst du?“ Mit einer Hand deutete der Blonde zu ihren beiden Freunden, ehe er weitersprach. „Das unser werter Leader-sama ein Wörtchen mit seinem Geliebten wechselt.“ „Ja, du hast Recht... Die hat sich schon die ganze Zeit unmöglich benommen. Egal, was zwischen Shinya und ihm passiert ist, er sollte sich wirklich zurückhalten und wenigstens einmal versuchen zu schweigen.“ Kyo nickte daraufhin nur, sie teilten die selbe Meinung und scheinbar hatte Kaoru erreicht, was sie sich erhofften, denn als die beiden Gitarristen zu ihnen zurückkehrten, war der selbstgefällige Ausdruck in dem Gesicht des Rothaarigen, einem nachdenklichen gewichen. Zurück am Set, war es Die, nach dessen Person erneut verlangt wurde, die Einzelaufnahmen der Band wollte Tanaka-san als erstes drehen und bat den Musiker wieder an seine Seite. Währenddessen begaben sich nun auch Kyo und Toshiya in die Hände ihrer Stylisten, um sich für ihre Videoparts fertig zu machen, waren sie beide die einzigen, die sich noch gar nicht umgezogen hatten. Auf dem weg in die Umkleiden, kam ihnen ihr Leader entgegen, welcher sich schon die ganze Zeit zwischen Garderobe und Set hin und her bewegte, keine der Aufnahmen verpassen wollte, somit erst jetzt die Zeit gefunden hatte, sich komplett umzuziehen. Der Violetthaarige trug zu seinem schwarzen, weit geschnittenen Rock mit Riemen, Gummiapplikationen, Schnallen und Ketten an den Seiten, nun ein langärmliges, in dunkelrot gehaltenes Oberteil mit den selben Zierungen. Auch seine Turnschuhe hatte er endlich gegen Lederboots, die ebenfalls eine Schnürung trugen, den Zip innen besaßen und die ihren Abschluss in den fünf Skull-Metallschnallen fanden, ausgetauscht. Das Einzige was der Ältere noch immer in den Armen hielt, während er an Ihnen vorbei eilte, war dass lange schwarze Cape mit Kapuze und Schnürung, welches innen mit rotem Satin gefüttert war. Sowohl Sänger als auch Bassist, warfen sich einen vielsagenden Blick zu, nachdem der Gitarrist hinter einer Ecke verschwunden war, dachten beide dass selbe...dass war typisch für ihren Leader, war dieser, wie immer viel zu beschäftigt. In den Garderoben angekommen, betrachteten sich die jungen Männer die verschiedenen Kleidungsstücke, welche sie selbst noch vor ihrer Reise nach London, für den Videodreh, auserwählt hatten und wie auch bei ihren anderen Kollegen, fanden sich jeweils zwei Kostüme vor ihren Augen. Der Blonde hatte sich ziemlich schnell für einen langen, Mantel aus unechtem Pelz, sowie einer an der Hüfte enganliegenden, Stoffhose entschieden, diese wurde ab den Beinen weiter und war mit Schnallen, Ketten, sowie Sicherheitsnadeln verziert. Dazu, wählte der Vocal ein sehr weites Hemd, das an den Ärmeln zerrissen war und ebenfalls an einigen Stellen mit Sicherheitsnadeln gehalten wurde. Die ganzen Sachen des Sängers, mit welchen sich dieser nun zu einer der Umkleiden begab, waren in weiß gehalten und wurden durch hohe Lederboots ab gerundet, die mit Applikationen sowie sechs Schnallen, sehr aufwendig gearbeitet waren, darüber hinaus eine Schnürung, Metallbeschläge und zusätzlich einen zehn Zentimeter hohen Absatz besaßen. Toshiya indes, stand noch immer vor der Qual der Wahl, wusste nicht so recht, ob er nun etwas feminines, wie Kaoru und Shinya, wählen, oder sich lieber in dem Stil, für den sich die anderen Beiden entschlossen hatten kleiden sollte. Die Entscheidung wurde ihm von Takono, eine der fünf Damen, die für ihr Aussehen zuständig waren, abgenommen, drückte sie dem Bassisten ein paar Sachen, in die Hand und schickte ihn, ohne das er auch nur ein Wort sagen konnte, mit einem Lächeln, zu den Umkleiden. Überrumpelt folgte er der Aufforderung der Jungen Frau, schüttelte mit einem Schmunzeln den Kopf, ehe er den Vorhang hinter sich schloss. Etwa eine halbe Stunde später, fand sich Kyo fertig angezogen und geschminkt, wieder in den Hallen der Ruine ein. Fünf Minuten später kam auch der Bassist zurück und was seine Aufmachung betraf, hatte seine Stylistin offensichtlich einen wirklich guten Geschmack bewiesen. Die weiblichen Züge des Schwarzhaarigen waren mit der Hilfe von etwas Make-up in den Vordergrund gehoben worden, die Lippen in einem blutigen Rot geschminkt und die dunklen Augen mit schwarzen Eyeliner betont. Seine Haare waren offen, in welchen zusätzliche Verlängerungen angebracht waren und ihm so über den Rücken bis zur Hüfte fielen. An den schlanken Körper, schmiegte sich ein bodenlanges Kleid in Schwarz, welches an den weit ausgestellten Ärmeln und ab den Oberschenkeln, nur aus Spitze bestand, lediglich der Oberkörper bis zum Schritt war von Stoff bedeckt und vorne an der Brust mit einer Zierschnürung versehen, die wie die eines Korsetts wirkte. Darüber trug er ein sehr schönes, weites Cape in der selben Farbe aus Pannésamt mit Kapuze und Bordüre zum schließen. Den Abschluss brachten jedoch stretchige Lycra-Overknees, mit einer Absatzhöhe von fünf Zentimeter, welche die Beine des Dunkeläugigen noch länger erscheinen ließen. ~~~~~ Trotz der Jacke, der Decke und der Nähe des tragbaren Heizers hörten die Lippen des Drummers nicht auf zu beben, als sich dieser enger in den warmen Stoff presste, sich konzentrierte, um zumindest zu verhindern, dass seine Zähne zu klappern begannen. Shinya wusste, dass dieses Gefühl der Kälte ebenfalls von den wenigen Stunden Schlaf rührte und augenblicklich kam ihm die kleine Packung Tabletten in den Sinn, welche er im Krankenhaus erhalten hatte, als Toshiya und er untersucht worden waren, er dem Arzt von seinen Problemen zur Ruhe zu kommen erzählte. Es war eine Art letzter Strohhalm, denn in der Vergangenheit hatte es der Braunhaarige sogar verweigert Mittel gegen gelegentlich aufkommende Kopfschmerzen oder andere Leiden zu nehmen, wenn Shinya allerdings nicht bald eine ganze Nacht hindurch schlief, dann würde sein Körper zusammenbrechen. Sein momentaner Zustand belastete den jungen Mann genug, weswegen er sich soweit es ging von den Anderen zurück zog, denn selbst eine überraschende Berührung am Arm, ließ ihn wie auf Autopilot reagieren, er war ungewohnt schreckhaft, was sich oft in einem reflexartigen Abwehren äußerte, das sich nur schwer kontrollieren ließ. Seine innere Unruhe trieb ihn dazu sich zu erheben, ein Stück weit zu laufen, sich in irgendeiner Form abzulenken, so wie jetzt, wo er zu dem Set zurück kehrte, an welchem sich Kaoru leise mit ihrem Regisseur und dem Produzenten unterhielt, immer wieder leicht nickte, als im Tanaka – san Anweisungen gab, dabei mit den Händen gestikulierte. Gemeinsam mit dem Blick des Leaders legten sich auch die Augen des Langhaarigen auf die eine Wand, welche man bereits für den Dreh gestaltet hatte und an der sich nun dunkle Blüten rankten, eine Mischung aus dem gemeinen Efeu und dem Nachtschatten, deren anziehende Blüten mit ein wenig glänzendem Puder bestäubt worden waren, um sie hinter dem dunklen, von der Zeit verwitterten Gemäuer deutlicher hervor zu heben und zu genau jener Wand zog es den Dunkeläugigen, als er behutsam seinen Kimono raffte, damit dieser nicht all zu sehr auf den Boden schleifte, denn obgleich die Szenen mit seiner Person abgeschlossen waren, würde am heutigen Nachmittag ein Photoshooting folgen, weswegen er noch immer in die feine Seide gehüllt war. Hinter sich hörte er noch immer die leisen Stimmen des Violetthaarigen und dessen Gesprächspartnern, doch wurden sie leiser, als sich Shinya auf die zarten Blüten konzentrierte, ihre äußeren Konturen mit einem Finger nachzog, den Kopf leicht auf die Seite geneigt, als er über die Bedeutung dieser betörend schönen Pflanze nachdachte, sie symbolisierte eine tödliche Anziehungskraft, denn ihre Früchte waren äußerst giftig. Der junge Mann wusste nicht einmal, warum er so von diesem zierlichen Blüten angezogen wurde, doch sein Herzschlag schien schwerer zu werden, je länger er sie anblickte, bis der Drummer glaubte, ihn durch das Silber seines Kreuzes fühlen zu können, welches er unter seinem Outfit trug. Erst das Blitzen einer Kamera riss den Musiker aus seinen seltsamen, vollkommen unsortierten Gedanken und während er sacht blinzelte, senkte Toshiya das schwarze Gerät, zwinkerte ihm freundlich zu. „Ich konnte einfach nicht wiederstehen.“ Shinya nickte nur leicht in Erwiderung, derweil der Bassist das Polaroid hin und her wedelte, damit es schneller trocknen, der Schwarzhaarige das Ergebnis sehen konnte und für einen kurzen Moment schien Toshiya wie erstarrt, bevor sich die dunklen Augen wieder auf Shinya richteten, doch spiegelte sich in ihnen nicht das Lächeln wieder, welches der Ältere auf seinen Lippen trug. „Einfach verboten schön und perfekt für mein privates Album.“ Eine der schlanken Brauen des Jüngeren hob sich leicht. „Darf ich es nicht sehen?“ Sein Freud schüttelte den Kopf, derweil er einen Finger gegen seine Lippen legte, ihm erneut zu zwinkerte. „Nein, das will ich ganz alleine für mich behalten.“ Shinya seufzte in Erwiderung, was Toshiya dazu brachte, ihm einen kleinen Kuss auf die Wange zu hauchen, etwas, das nicht ungewöhnlich war, der Größere neigte zum Flirten, wenn Fremde und vor allem Kameras in ihrer Nähe waren, dann wurde er von dem Älterem mit gezogen, da hinter ihnen Rufe erklangen, die ankündigten, das man in Kürze die besprochenen Positionen einnehmen sollte. An die Stelle, an welcher eben noch die beiden jungen Männer gestanden hatten, trat nun Kaoru, wo ihm bedeutet wurde, die Arme so um seinen Körper zu schlingen, dass sie sich vor seiner Brust kreuzten, die Hände auf den Schultern zu liegen kamen, dann bat man den Violetthaarigen sich nicht mehr zu bewegen, derweil man den Leader fesselte, dunkle, zerrissene Binden um seinen Körper wickelte, die auch über seinen Mund führten. Die Maskenbildner traten behutsam zurück, darauf bedacht, die einzelnen Photographien nicht zu treffen, welche man rund um den ersten Gitarristen hingelegt hatte und welche verschiedene Menschen und Szenen zeigten, wie als hätte die Kamera Sekunden aus verschiedenen Leben eingefangen, dennoch wirkten die Bilder am Ende wie ein einziges. Ein paar letzte Vorbereitungen wurden noch getroffen, das Licht war noch immer zu hoch, traf den Kurzhaarigen im Gesicht, obgleich dieses in den Schatten liegen sollte, doch Kaoru stand vollkommen still, lediglich seine Atemzüge verrieten, dass er tatsächlich noch lebte. Der schlanke Mann verfolgte, wie die Kamera einen nahen Zoom auf das Profil des Älteren machte, dieses einige Momente hielt, bevor Tanaka- san ein 'Danke' verlauten ließ, einmal mehr Bewegung in das Set kam, auf welchem eben noch nur der Musiker gestanden hatte. Kaoru nickte, als man ihn fragte, ob er in Ordnung war, dann bat man den Gitarristen gleich nach draußen, wo die nächste Szene statt finden sollte. Shinya und Toshiya folgten ihrem Leader, Kyo und Die befanden sich schon an dem neuen Schauplatz, wo sie in ihre Jacken gehüllt rauchten und auch wenn der Bassist augenblicklich zu ihnen hinüber ging, so blieb Shinya doch auf Abstand, weilte stattdessen in der Nähe des Gleichgroßen, der ihm ein aufmunterndes Lächeln schenkte, als man dem Musiker in die Sicherheitsgurte half, die an der Klippe eine Pflicht waren. Die folgende Szene würde zeigen, wie Kaoru mit dem Rücken zu dem Abhang stand, auf der ausgestreckten Hand eine Sanduhr haltend, welche man mittels der Computertechnik dazu bringen würde zu zerspringen, doch die intensivste Aussage würde das Gesicht des Leaders haben, es sollte zufrieden, fast verträumt wirken, bevor sich der Ältere nach hinten fallen ließ. Mitarbeiter des Sets umrundeten sie ständig, was Shinya das Gefühl gab, er würde im Weg stehen, weswegen er auswich, näher an die Seite seines Freundes trat und dennoch stellten sich seine Nackenhaare auf, warnten den jungen Mann, dass man ihm noch immer zu nahe war, doch als der Zierlichere den Kopf herum drehte, über seine Schulter blickte, konnte er niemanden außer den beiden Assistenten für die Kamera sehen. Gerade wurden die letzten Haken der Seile gefestigt, da bekam der Zierlichere ein Stoß gegen sein Kreuz, so heftig, dass der Drummer augenblicklich seine Balance verlor, sich in seinem Kostüm verstrickte, ins Wanken geriet und gegen den Gitarristen prallte, sodass dieser mit ihm zu Boden ging. In Panik schlossen sich die Arme des jungen Mannes wie ein Schraubstock um die Beine des Violetthaarigen, dieser war der Klippe viel zu nahe, die Seile hielten diesen noch nicht und nur entfernt registrierte der Langhaarige, das schmerzhafte Keuchen, als der Ältere aufprallte, spürte den fernen Schmerz in seinen eigenen Knien, doch konnte er ihn nicht wirklich zuordnen, zu sehr hörte er das Echo des dumpfen Schlags in seinem Geist. Schritte kamen von allen Seiten auf sie zu, Shinya hörte verzehrte Stimmen, laute Rufe, die unter dem Donner seines eigenen, harschen Atems verloren gingen und auch als sich Kaoru unter ihm zu bewegen suchte, drückte er im ersten Moment fester zu, bis ihm sein Geist sagte, dass sich der Andere aufsetzen wollte, so wich auch der Braunhaarige zurück, am ganzen Körper zitternd, als das Adrenalin durch seine Adern jagte, gegen den Schock ankämpfte, der seinen Unterleib schmerzhaft zusammendrückte, während seine bebenden Lippen ein lautloses Mantra sprachen. 'Oh Gott, oh Gott, oh Gott...' Die dunklen Augen Shinyas trafen die des Leaders, als der Jüngere rückwärts krabbelte, fort von dem Anderen, bis Kaoru ihm folgte, die Finger um sein Handgelenk schloss, nachdem der Leader mit diesen durch sein Haar und über den Nacken gestrichen war. „Shinya...“ Zu mehr kam der Kurzhaarige nicht, denn die folgende Ohrfeige kam so überraschend, so unerwartet, dass es den Kopf des Kauernden zur Seite warf, die Lippe aufplatze, als der Drummer unter der Wucht auf diese biss. Um sich herum vermochte der Zierlichere vage Laute zu hören, entsetztes Keuchen, welches fassungslosem Rufen glich, doch registrierte der Dunkeläugige nur jene Stimme unter ihnen, die ihn voller Zorn anherrschte. „Verdammt Shinya! Hast du deinen Verstand verloren? Du hättest ihn umbringen können!“ Ihn. Mit diesem Wort verband der träge fließende Geist des Zierlicheren ihren Leader, weswegen sich die Augen des Langhaarigen erneut auf Kaoru legten, welcher sich gleichermaßen aus seinen Fesseln, die die Seile gebildet hatten, als auch aus der Umarmung seiner Liebe zu befreien suchte, ohne Erfolg, die Arme des Größeren hielten den Sitzenden wie in einem Schraubstock gefangen. Dem Leader war es möglich das leichte Zittern der Muskeln seines Geliebten zu spüren, konnte das harte Hämmern des Herzens unter seinem Ohr hören, nachdem sein Partner seinen Kopf mit einer Hand gegen seine Brust gepresst hatte, wie als würde sich der zweite Gitarrist vollkommen um ihn schlingen wollen. Eine der Hände des Kurzhaarigen legte sich über die des Größeren, strich zärtlich über die hervor stechenden Knöchel, soweit es ihm in seiner Position möglich war. „Die, hör auf.“ Vergebens, die Worte stießen auf taube Ohren, die Wut des Jüngeren, die aus der Sorge um seinen Geliebten geboren worden war, dem Zorn, dass einer der eigenen Freunde hatte so verantwortungslos handeln können, machte alles außer dem Drummer nichtig. „Kannst du mir sagen, wo deine kleinen, unwichtigen Gedanken waren, dass du einen derartigen Fehler begehen konntest?“ Nun erst ruckte der Kopf des Drummers wieder nach oben, blickte der Kleinere in die von Furie verdunkelten Augen des Rothaarigen, die Lippen leicht geöffnet, doch erst nachdem Shinya eine Handvoll des steinigen Sandes gegriffen hatte, dieser in seine Haut drückte, war es ihm möglich einige Worte zu hauchen. „Du denkst... ,dass es meine Schuld war?“ In den Augen seines Gegenübers blitzte es gefährlich, derweil Die den Mann in seinen Armen noch fester an sich heran presste. „Zur Hölle, wessen denn sonst? Wer hat denn hier den 'Hans-guck-in-die-Luft' gespielt, wer hat sich auf die Nase gepackt und Kaoru mit sich genommen?“ Der gesamte Leib des Zierlicheren schüttelte sich in einer kaum greifbaren Rage, die sich innerhalb eines Herzschlages durch den gesamten Leib des Drummers gebohrt hatte, als sich dieser auf die Beine kämpfte, dabei auf Die hinabstarrte, bis ihm der Größere folgte, sich vor ihm aufbaute, nachdem er seinen Geliebten schützend hinter sich geschoben hatte, eine Geste, die auf Shinya so wirkte, als hätte Die ihm in den Magen geschlagen und doch bebten seine Schultern in einem stummen, alles verzehrenden Zorn. „Welches Recht hast du, mir solche Worte entgegen zu schleudern? Du weißt ja nicht einmal, was passiert ist!“ Auf seine gezischten Worte schnaubte der Rothaarige nur, beugte sich ein Stück weit nach vorn, um von unten zu dem Zierlicheren hinaufzufunkeln. „Was gibt es da groß zu wissen? Du warst unachtsam und hättest ihn beinahe mit gerissen! Du und deine ständigen Träumereien, wenn du es nicht schaffst deine Konzentration da zu halten, wo sie auch hingehört, dann entzieht es sich mir, warum du überhaupt hier bist!“ „Die!“ Irgendetwas in Shinya brach bei diesen von Gift behafteten Worten. Es war nicht allein der Glaube Dies, dass er die Schuld trug, man ihm wirklich und auch nur im Entferntesten zutraute, das er allen Ernstes jemanden seiner Freunde mit Absicht verletzen... er sie in Gefahr bringen würde, ihnen Schmerz zufügen... wo der Drummer lieber eigenhändig seinen Arm brach, wenn dies notwendig war, um alles Übel abzuwenden. Tief im Inneren des jungen Mannes heulte noch immer die Wut, doch all die anderen Gefühle waren lauter, betäubten seinen Geist vollkommen, schrieen unverständliche Worte, rissen das Herz Shinyas entzwei, so dass es weh tat, wann immer der Langhaarige einen Atemzug machte. Zweifel setzten sich in seiner Seele fest, die in dem in ihm wütenden Chaos erzitterten, Zweifel, ob seiner Entscheidungen, seines Willen, seines Weges... war der Drummer in die richtige Richtung gegangen oder hatte er sich in dem Geflecht seiner eigenen Ausflüchte und abwehrenden Gesten verirrt? Hatte sich der junge Mann am Ende selbst gefesselt... was, wenn der Rothaarige im Recht war und Shinya doch die Schuld trug? Er hatte sich gewünscht, in der Nähe seiner Freunde zu bleiben, die ihm seine Familie waren... seid jeher war es das Bestreben des Drummers gewesen 'Dir en Grey' in keinster Weise Schaden zu zufügen und nun... wo hatte dies alles letzten Endes hingeführt? Über Shinya schien eine Flut an Lauten und Schreien zusammenzubrechen, die nur er selber hören konnte, bis ihn erneut die Stimme des zweiten Gitarristen erreichte, dieses Mal in einer Erinnerung... Worte, die während ihres Streits vor dem Konzert gefallen waren, Dinge, mit welchen der Braunhaarige selbst gedroht, die ihn verletzt hatten und doch gab es jene Stimme in ihm, die ihm beinahe liebevoll zuflüsterte. 'Lieber dein eigener Schmerz, als der Ihre.' Plötzlich herrschte eine Totenstille und vielleicht hallte der nächste Satz deswegen so in seinem Kopf wieder, auch wenn Shinya einige Sekunden brauchte, um zu verstehen, dass er ihn selbst ausgesprochen hatte. „Wenn ich so wenig erwünscht bin, wenn man mir zutraut meine Freunde, meine Familie mit Absicht zu verletzen, dann habe ich wohl wirklich meinen Platz hier verloren.“ „Shinya.“ Eine Hand legte sich auf seine Schulter, einher mit der ruhigen, von Schmerz erfüllten Stimme ihres Vocal, doch der Jüngere schüttelte nur den Kopf, immer wieder tief einatmend, da er das Gefühl hatte, etwas hätte sich mit einer stählernen Härte um seine Kehle geschlossen, dass seine Knie jeden Moment unter seinem Gewicht zusammenbrechen würden. „Nein, Kyo. So ist es der einzig richtige Weg.“ Die Augen des Drummers begannen zu brennen, die Stimme leise, beinahe aufgegeben und seine Fäuste so eng geschlossen, dass er fühlte, wie seine Nägel die Haut brachen, er spüren konnte, wie sich ein Tropfen Blut löste und auf den weißen Stoff des Kimonos fiel. „Ich werde 'Dir en Grey' verlassen!“ ~~~~ Der Bassist glaubte sich verhört zu haben, konnte es einfach nicht fassen, doch die geschockten Gesichter Kaorus und Kyos zeigten ihm unmissverständlich, dass der Jüngste abermals seinen Austritt aus ihrem gemeinsamen Traum 'Dir en grey' erklärt hatte. Die Worte von Shinya selbst zu hören, als es von jemand anderem gesagt zu bekommen, traf ihn wie ein Schlag in den Magen. Diese Erkenntnis jagte einen Stich durch sein Herz, er wollte es einfach nicht wahrhaben, wollte etwas sagen, verhindern, dass ihre Familie, die jahrelange Freundschaft, unter ihnen zerbrach, doch kein Wort verließ die Lippen des Schwarzhaarigen, er konnte nur stumm die nächsten Reaktionen seiner Freunde verfolgen. „Das ist nicht dein Ernst... das kannst du nicht wirklich ernst gemeint haben, Shinya. Die redet nur Unsinn, du weißt doch....“ „Ich rede bestimmt keinen Unsinn!“ „Halt die Klappe verdammt noch mal! Hör nicht auf ihn, Shinya.“ „Nein, Kyo. Ich habe meine Entscheidung getroffen, Die hat Recht, ich bringe euch nur Ärger.“ „Nein, das ist nicht wahr!“ Schweigend hatte Toshiya das Gespräch zwischen dem Vocal und dem Jüngeren verfolgt, konnte sehen, wie sich ein kleines unglückliches Lächeln auf den Lippen des Braunhaarigen bildete, dieser leicht den Kopf schüttelte und sie alle, einen nach dem anderen, kurz anblickte, bis seine dunklen Augen auf dem Blonden zum ruhen kamen. „Es tut mir leid.“ Kaum, dass Shinya diese Worte gesprochen hatte, drehte er sich von ihnen fort, wartete nicht auf eine weitere Reaktion und verließ, so schnell sein Zustand es zuließ, das Set, ignorierte dabei die Rufe Kyos, welcher versuchte ihn aufzuhalten. Noch immer unfähig selbst zu handeln, blickte der Langhaarige der Gestalt des Zierlicheren nach, als sich dieser immer weiter von ihnen entfernte, hatte noch immer das versteinerte Gesicht vor Augen, welches keine Emotion in sich trug. Eine einzelne Träne jedoch, die über die Wange des Braunhaarigen geglitten war, kurz bevor sich dieser von ihnen abgewandt hatte, war für Toshiya deutlich genug, um zu verstehen, wie sehr diese Entscheidung Shinya selbst verletzt hatte, doch was als nächstes geschah, lenkte seine Aufmerksamkeit ab, von der davon laufenden Gestalt und den Gedanken der Hilflosigkeit. Kaoru hatte sich aus den Armen seines Geliebten befreit, entfernte sich von ihnen und lief ihrem Drummer hinterher. Kyo hatte seine Augen ebenfalls auf den Leader gerichtet, wirkte unentschlossen und unfähig zu handeln, doch nur Sekunden später, konnte der Braunäugige sehen, wie sich ein anklagender Blick auf ihren zweiten Gitarristen legte. „Und bist du nun zufrieden? War es das, was du gewollt hast?“ „Gib mir nicht die Schuld an Shinyas Labilität, er ist doch selber schuld, wenn er sich nicht mehr im Griff hat. Außerdem, kann ihm unsere Band ja wohl nicht sehr viel bedeuten, wenn er sie so schnell verlässt!“ „Dir nicht die Schuld geben? Machst du Witze? Wer hat ihn denn so weit gebracht? Du bist wirklich das Letzte, dir selbst jetzt nicht die Schuld an dieser ganzen Misere einzugestehen!“ „Was willst du denn von mir hören? Hätte ich einfach zu sehen sollen, wie dieser kleine Dummkopf das Leben unseres Leader aufs Spiel setzt? Shinya hat sich schon die ganze Zeit abwesend verhalten, wie in einer anderen Welt, kein Wunder, dass er Kaoru durch seine verdammten Tagräumereien beinahe in den Tod gestürzt hat... ist dir das eigentlich bewusst, Kyo?“ Tatenlos musste der Bassist mit ansehen wie sich seine beiden Freunde eine Beleidigung nach der Anderen an den Kopf warfen, sich das Feuer der Wut wie ein Inferno zwischen ihnen ausbreitete. „Du Idiot, wer gibt dir das Recht einfach voreilige Schlüsse zu ziehen? Du weißt doch gar nicht, was wirklich passiert ist!“ „Mir reicht was ich gesehen habe und egal was du über deinen heiß geliebten Shinya vorbringen magst, er ist schuld daran und ich denke, er hat die richtige Entscheidung getroffen, wir sind besser ohne ihn dran!“ „Jetzt reicht es, du verdammter...“ Kaum, dass der Schwarzhaarige reagieren konnte, hatte sich der Blonde auf Die gestürzt, riss diesen mit sich zu Boden und schrie ihn an, schlug mit der Faust auf dessen Gesicht ein, packte danach den Kragen des Größeren, schüttelte ihn, ignorierte dabei die abwehrenden Hände, die versuchten ihn wegzudrücken. Sekunden später löste sich Toshiya aus seiner Starre, welche ihn in diesem ganzen Chaos erfasst hatte, stürzte zu den Ringenden am Boden und trat hinter Kyo, legte seine Arme um den Oberkörper des Sängers, versuchte ihn zurückzuhalten. Der Blonde allerdings war stärker, als es seine Größe vermuten ließ und auch die Tatsache, dass der Bassist aufgrund seiner angeschlagenen Schulter kaum die Kraft hatte, den Älteren festzuhalten, erschwerte sein Vorhaben, Kyo von dem Rothaarigen zu zerren. Mit viel Mühe und Not, schaffte der Jüngere es doch noch, die beiden voneinander zu trennen, dankte es ihm seine Verletzung, mit einem schmerzhaften Pochen und ließ ihn das Gesicht verziehen, wurde dies aber weites gehend von Toshiya ignoriert, war er viel zu beschäftigt damit, den sich wehrenden Sänger in seinem Griff zu halten. Allerdings konnte der Bassist dabei nicht verhindern, dass sich nun Die seinerseits auf den Vocal stürzen wollte, schließlich war er nicht in der Lage dazu, sowohl den Blonden als auch ihren zweiten Gitarristen zur Vernunft zu bringen, sich zwischen die Fronten zu stellen, weswegen er einen ihrer Bodyguards herbei rief, es nicht lange dauerte und Galesh den Rothaarigen an den Schultern festhielt. Nur aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Toshiya wie sich weitere Personen vom Set näherten um zu helfen, denn der Größere schien ähnliche Probleme zu haben wie er, auch der Langhaarige ließ sich nicht beruhigen, entwand sich immer wieder den Händen des Kräftigeren, während seine zu wütenden Schlitzen zusammengezogenen Augen den Blonden anfunkelten. „Kyo, beruhige dich. Das hat doch keinen Sinn.“ Toshiya hatte dies nur leise in das Ohr des Kleineren geflüstert, hoffte dadurch, dass der Sänger wieder vernünftig werden würde, doch die gewünschte Reaktion fiel aus, zappelte der Blonde noch immer wie wild geworden, versuchte sich gegen ihn zu wehren, „Ich soll mich beruhigen? Sag mal, geht das alles an dir vorbei, was er von sich gibt?“ „Nein, dass tut es nicht, aber...“ „Was aber? Auf wessen Seite stehst du eigentlich, auf seiner oder auf meiner?“ „Kyo, zieh mich da bitte nicht mit rein, ihr wisst doch gar nicht mehr, was ihr da eigentlich tut!“ „Ich weiß sehr wohl, was ich tue, im Gegensatz zu ihm. Dieser Schwachmatt braucht ein paar Schläge auf den Hinterkopf, um wieder richtig denken zu können. Außerdem, wenn du willst, dass ich dich raushalte, dann wäre es besser, dass du mich auf der Stelle loslässt!“ „Dass ich nicht lache, komm doch her wenn du dich traust und wir werden sehen, wer hier was braucht!“ So ging das hin und her, seine Freunde trieben es immer weiter, keiner der beiden schien auch noch im entferntesten rational zu denken, denn sie ließen sich nur von ihren Aggressionen lenken und mittlerweile hatte Toshiya das Gefühl, dass weder Die noch Kyo überhaupt wussten, warum sie eigentlich aufeinander losgehen wollten, warum dies alles hier passierte. Irgendwann riss auch dem Bassisten der Geduldsfaden, nachdem dieses Geschrei nun schon seit einigen Minuten andauerte. In dieser Zeit hatte sich mittlerweile die gesamte Crew um die beiden Streitenden versammelt, welche in ihren Befreiungsversuchen weder auf ihn, Galesh noch auf sonst wen Rücksicht nahmen, dabei auch ihre Ohren gegen alles und jeden versperrten, sich einfach nicht beruhigen ließen. „Die, Kyo, hört endlich auf!“ „Misch dich nicht ein, das geht nur Kyo und mich etwas an!“ Etwas schien in dem Schwarzhaarigen durch diese Worte zu brechen und augenblicklich ließ er Kyo los, sodass dieser, der damit nicht gerechnet hatte, nach vorn stolperte und auf seine Knie fiel, während Toshiya in wenigen Schritten zu dem Gitarristen getreten war, diesem eine schallende Ohrfeige gab, dessen Kopf durch die Wucht des Schlages zur Seite ruckte. Die Stille, welche nun herrschte, wurde lediglich von leisem Murmeln unterbrochen, doch störte sich der Bassist nicht daran, erwiderte ruhig und wie zu Eis erstarrt, den wütenden Blick des Rothaarigen, der noch immer von Galesh fest gehalten wurde. „Was fällt dir ein, du...“ „Du bist also der Meinung dass ich mich raushalten soll, ja? Ich soll einfach zusehen, wenn sich zwei meiner besten Freunde die Köpfe einschlagen und dabei noch nicht einmal mehr wissen, warum sie das tun? Ich soll zusehen, wie unsere Band, unsere Familie, durch euch beide noch mehr zerbricht, als es schon geschehen ist?“ Der Schwarzhaarige konnte sehen, dass sowohl der Sänger als auch Die etwas gegen ihn sagen wollten, doch mit einer Geste seiner Hand, zwang er sie beide zum Schweigen. „Ich will nichts von euch hören! Habt ihr eigentlich eine Ahnung, wie ihr euch gerade verhalten habt? Ich dachte wir wären Freunde, könnten Probleme ruhig miteinander klären, aber was muss ich sehen? Ihr führt euch auf wie kleine Kinder! Habt ihr beide den Verstand verloren? Wisst ihr eigentlich überhaupt noch, um was es geht?“ „Toshiya, mit IHM kann man nichts mehr ruhig klären und ich bin mir sehr wohl bewusst, um was es geht, aber mir scheint, dass du vergessen hast, was Die uns allen und Shinya mit seiner Dummheit angetan hat.“ „Nein Kyo, so etwas werde ich bestimmt nicht vergessen. Denkst du denn, du bist der einzige der wütend und enttäuscht ist? Glaubst du, mir macht das alles gar nichts aus?“ „Hey, das wollte ich damit nicht sa...“ „Doch, genau das wolltest du.... was solls..., wie ihr mir beide schon erklärt habt, geht mich das alles nichts an, ich bin ja nur euer Freund und Bassist unserer Band... aber egal. Ihr seit Erwachsen und könnt machen was ihr wollt... ich werde mir das nicht länger antun.“ Kaum das er seinen Satz zu Ende geführt hatte, ließ der Schwarzhaarige sowohl den Kleineren als auch Die einfach stehen, lief in irgendeiner Richtung davon... er war so enttäuscht, einerseits wegen Shinya und andererseits über diesen Ausbruch seiner Freunde, so dass er nicht einmal wusste, wohin er gehen sollte. Ohne es wirklich zu bemerken war er zu einem der Wohnwagen gelaufen, die extra für sie angefordert worden waren, damit sie sich in den Drehpausen erholen konnten, versuchte dort seine Emotionen in den Griff zu bekommen, was ihm allerdings nicht wirklich gelingen wollte. Seine Hände verkrampften sich, alles schien so aussichtslos. Nur in wenigen Minuten, hatte sie eine Lawine überrollt und die Steine, die zuvor nur im Weg gelegen hatten, schienen nun unüberwindbar, auch wenn er sich noch so sehr denn Kopf darüber zerbrach, was man nun tun könnte, was er tun könnte, damit 'Dir en Grey' nicht noch weiter zerstört wurde. ~~~~~ Ihm war kalt, doch Shinya tat nichts dagegen, es kümmerte ihn nicht, dass der Wind an seiner Kleidung zerrte, der wiedereingesetzte Schneefall sein Haar nässte, an seinem Gesicht herunter lief, nachdem er geschmolzen war und es kümmerte den Zierlicheren auch nicht, dass die Wellen des Ozeans seine Füße umspülten, da er den Strand zu weit hinunter gegangen war. Er fühlte sich verloren, ein Gefühl, dass er seid Jahren nicht mehr erfahren hatte, seine Augen brannten und irgendwo in ihm war es, sich einfach in die Knie sinken zu lassen und zu weinen, doch wusste er nicht, warum er das tun sollte. Der Musiker selbst hatte doch diese Entscheidung gefällt, oder? Er wusste, dass er den Anderen weh tat, er wusste, dass sie es nicht verstehen würden, sie nun glaubten, das ihm ihre Band nichts bedeutete... doch er hatte es für sie getan, er hatte es wirklich nur für sie getan, unter all seinen Zorn und dem Schmerz der Worte Dies, die auch jetzt noch in seinen Ohren wieder klangen. Begriffen sie denn nicht, dass er sie nur schützen wollte? Gott... wenn Kaoru wirklich gestürzt, wenn seinem Freund etwas passiert wäre, dann wäre es wirklich seine Schuld, auch wenn er einen Stoß in den Rücken erhalten hatte. Und Kyo... es tat ihm so weh, dieser Ausdruck in den dunklen Augen, diese Verständnislosigkeit und Trauer, wo er dem Blonden doch nicht vor allzu langer Zeit gesagt hatte, dass es für ihn nichts gab, das über 'Dir en Grey' stand, dass er für die Band seinen eigenen Körper schonungslos vorwärts trieb. Nun schienen die letzten Wochen vollkommen sinnlos, alles was er in Bewegung gesetzt hatte, all seine Mauern, um die Anderen nicht zu sorgen. Shinya fühlte sich, als wäre er in einem Kasten aus Glas gefangen gewesen und nun war dieser durch Schläge zerschlagen, doch stattdessen er sich in Sicherheit brachte, sich zu schützen suchte, stand der Braunhaarige nur unbeteiligt da, während die Splitter seinen Körper einhüllten. Eine neue Welle durchdrang seinen Kimono noch weiter, schlug gegen seine Knie, die unter der Wucht beinahe weg brachen, doch der Drummer hielt seine Balance, selbst wenn es ihn nicht sonderlich interessiert hätte, wäre er gefallen. Schritte nährten sich ihm, doch drehte er sich nicht nach ihnen um, dem Braunhaarigen war klar gewesen, dass man ihm eventuell folgen würde... wahrscheinlich, um ihm eine wohlverdiente Ohrfeige zu geben. „Shinya.“ Die Stimme seines Leaders war sacht, ging unter dem Böen des Windes beinahe verloren, doch der Langhaarige regte sich nicht, selbst als sich die Arme des Anderen um seine schmalen Schultern schlossen, er spüren konnte, dass Kaoru die Stirn gegen seinen Hinterkopf lehnte. „Möchtest du nicht mit zurückkommen?“ „Wofür?“ Der Blick des Musikers blieb auf den Horizont gerichtet, die Wellen die in einer eben mäßigen Bewegung heran rollten. „Um miteinander zu sprechen?“ „Es ist alles gesagt, Kaoru.“ Leicht schüttelte der Kurzhaarige seinen Kopf, trat dann um den Zierlicheren herum, suchte einen Blick in dessen Augen zu finden, doch die dunklen Tiefen fixierten sich erst nach einigen Sekunden auf das Gesicht des Älteren und erst als sich der Dunkeläugige sicher war, dass er die Aufmerksamkeit des Langhaarigen hatte, schüttelte er ein weiteres Mal das Haupt. „Nein, dass ist es nicht, Shinya. Alles, was gesagt wurde, waren verletzende Worte, die in Wut einander entgegen geschleudert wurden. Wir kennen nicht einmal die Gründe für deinen Entschluss.“ Shinya blinzelte einmal langsam, öffnete seine Lippen, wollte dem Leader widersprechen, doch Kaoru hatte Recht... er hatte ihnen nichts gesagt, keinerlei Erklärungen, zumindest nicht jene, die im Moment seine Kehle auseinander rissen und so flüchtete er sich in die Lüge, die er bereist selbst zu glauben begann. „Die ist der Grund.“ „Tatsächlich?“ Der Jüngere nickte leicht, auch wenn er unter dem intensiven Blick des Violetthaarigen litt, unter seinen eigenen gesprochenen Worten... wie hatte er nur so tief fallen können? Er betrog sie, belog sie und er tat ihnen weh... dennoch konnte er seine Worte nicht zurück nehmen und es würde das Beste sein, für sie alle und für die Zukunft seiner Freunde... sie würden einen anderen Drummer finden, seinen Traum für ihn weiter leben, 'Dir en Grey' würde dies nicht zerstören. „Kaoru?“ Der Ältere summte leise, zog seine Jacke aus und legte sie um die Schultern des Langhaarigen, welcher sich augenblicklich in sie schmiegte, den dicken Stoff von innen zuhielt, als sein Körper suchte die Wärme zu absorbieren. „Versprich mir, dass du nicht zulässt, dass die Band zerbricht.“ „Das kann ich nicht.“ „Ich verstehe.“ Die Augen Shinyas fielen von dem Älteren ab, während er sich gegen den Kragen der Jacke verbarg, erst wieder aufblickte, als Kaoru einen Finger unter sein Kinn legte, es auf diese Art anhob. „Ich kann es dir nicht versprechen, weil ich deine Entscheidung nicht akzeptieren kann. Die hat sich dir gegenüber falsch verhalten, hat dich mit Sicherheit tief verletzt und zu Unrecht angegriffen und obwohl du allen Grund hast, wütend auf ihn zu sein, bist das nicht du, Shinya. Du bist viel zäher, als das du so etwas dein Leben zerstören lassen würdest, selbst wenn es sich über Wochen und Monate hinzieht.“ „Du kennst mich vielleicht nicht so gut, wie du glaubst.“ Nun hoben sich die Lippen des Dunkeläugigen in einem liebevollen Lächeln. „Dennoch gut genug. Ich bitte dich, überdenke deine Entscheidung, bleib bei uns. Ziehe nicht auf diese Art und Weise einen Schlussstrich.“ Die Schultern des Jüngeren sanken in sich zusammen, als der Drummer leise seufzte, dann einen Schritt auf den Anderen zu tat und die Stirn auf dessen Schulter betete. „Bitte, Kaoru, ich möchte in das Hotel zurück und alleine sein. Es wurde schon zu viel gesagt, dass man nicht hätte aussprechen dürfen. Lass mich in Ruhe nachdenken.“ Kaoru legte die Arme behutsam um den Zierlicheren, gab diesem einen Kuss auf den Scheitel. „In Ordnung... wir sprechen später weiter.“ ~~~~~ Verloren wirkend stand der Bassist an dem Geländer des Balkons lehnend da den Blick in den wolkenverhangenen Himmel gerichtet, in der Hand eine Zigarette, an welcher immer wieder einmal gezogen und der Rauch mit einem Seufzen ausgestoßen wurde. Die beißende Kälte der Nacht, die der Winter mit sich brachte, spürte der Schwarzhaarige nicht, trotz dessen er nur in seiner Jeans und einem leichten Pullover gekleidet war, zu sehr in Gedanken versunken, in welchen er die letzten Stunden Revue passieren ließ. Natürlich hatte Kaoru ihn angesprochen, als sie sich begegnet waren, schien sofort gespürt zu haben, das etwas Geschehen war, was nicht ungewöhnlich war, denn der Leader hatte schon immer diese Gabe besessen und Toshiya war jemand, der seine Empfindungen nicht verstecken konnte. Nach einem Moment des Zögerns, hatte der Jüngere seinem Leader von dem Vorfall erzählt, woraufhin dieser nur schwieg, ehe sie zum Set zurückgekehrt waren... doch auch so war sich der Schwarzhaarige darüber bewusst, dass der Violetthaarige nicht sehr begeistert über die Geschehnisse gewesen sein musste. Was sich bestätigte, denn nach einem Gespräch mit dem Regisseur - dieser war ganz und gar nicht glücklich darüber, den Dreh ihres Videos abbrechen zu müssen, hatte aber eingesehen, dass es nichts brachte, da sie alle angeschlagen waren - war die Laune des Gitarristen auf einen Tiefpunkt gesunken, holte zum finalen Schlag aus, nachdem sie den Umkleideraum betreten und dort auf Kyo und Die getroffen waren. Der Bassist hatte die beiden vollkommen ignoriert, war enttäuscht, da sie ihm, nach langer Zeit wieder das Gefühl gegeben hatten, dass er nicht wirklich zu ihnen gehörte, schließlich war er als letztes in ihre Band gekommen, hatte nur nach und nach mit jedem Freundschaft geschlossen... und auch in diesen Sekunden, da er daran zurück dachte, versetzte ihm dieser Gedanke einen Stich in der Brust. Zwar wusste Toshiya, dass es Blödsinn von ihm war so zu empfinden, dennoch war er sich so nutzlos vorgekommen, als sich seine beiden Freunde aufeinander gestürzt hatten, ihm sagten, dass er sich nicht einmischen sollte, es ihn nichts anginge. Diese Worte hatten wie Feuer auf seiner Haut gebrannt und er kam sich auch jetzt noch so hilflos vor, konnte nicht verhindern, dass alte Gefühle, die eigentlich schon längst der Vergangenheit angehörten, in ihn kehrten. Aus den Augenwinkeln nur, hatte der Schwarzhaarige mitbekommen, dass sich Kaoru an die beiden gewand hatte, während er selbst in eine der Umkleiden getreten war, um sich umzuziehen. Natürlich hatte er die Laute Stimme des Leaders gehört, als dieser sowohl mit dem Blonden als auch ihrem zweiten Gitarristen, ein ernstes Wort geredet hatte doch in diesem Moment war es ihm egal gewesen. Auch nachdem er die Kabine verlassen hatte, interessierte es ihn nicht, versuchte Kyo und Die, die einen nicht wirklich glücklichen Gesichtausdruck zur schau trugen, weiterhin zu ignorieren, im Gegensatz zu dem Violetthaarigen, der alles andere als zufrieden erschien. Auf der Fahrt zurück in ihr Hotel, hatte keiner ein Wort gesprochen, alle schienen sie ihren eigenen Gedanken nach zuhängen, etwas das dem Bassisten ganz besonders an Die aufgefallen war, der sich ständig auf seine Unterlippe gebissen und auch sonst gewirkt hatte, als wäre der Weltuntergang nahe. Diese Atmosphäre unter ihnen hatte sich auch nach der Ankunft in ihrem Penthouse weder geändert noch verbessert, schien es, als hätte ein unsichtbares Band sie voneinander getrennt, was es unmöglich machte, sich einander zu nähern. Wieder seufzte Toshiya leise auf, während all die Erinnerungen seinen Kopf durchströmten und er sich wünschte, dieser Tag hätte niemals stattgefunden. Auch die Tatsache, dass er Shinya, welcher laut Kaoru, schon vor Ihnen zurück gefahren war, seit dem Vorfall an der Klippe nicht wieder gesehen hatte, zerrte an seinen Nerven, obwohl er wusste, dass der Jüngere sich in dessen Zimmer befand. Sowohl Kyo als auch Kaoru waren ein Mal an der verschlossenen Tür stehen geblieben, hatten angeklopft, um eine Reaktion zu erhalten, doch waren nach wenigen Minuten wieder ihrer Wege gegangen. Er selbst hatte sich zurück gehalten und sich nicht einmal dem Raum seines Freundes genähert, wissend, dass dieser wohl nur seine Ruhe haben wollte und es kaum etwas bringen würde, ihn zu drängen, seine Tür zu öffnen, denn Toshiya wusste, er hätte genauso gehandelt, dennoch versprach er sich, später auch nach dem Jüngeren zu sehen. Noch für weitere Minuten blieb der Schwarzhaarige einfach nur ruhig auf dem kleinen Balkon stehen, beobachtete, wie sich der Mond mit seinen silbernen Strahlen durch die dichten Wolken zu kämpfen suchte und hörte nicht, wie eine weitere Gestalt seinen Zufluchtsort betrat, war deswegen auch sehr überrascht, als er spürte, wie sich etwas auf seine durchgefrorenen Schultern legte, ihm Wärme spendete, welche er unbewusst willkommen hieß, indem er sich gegen diese schmiegte, seine Hände auf die Oberfläche legte, die ihn nun vollständig umhüllte. Nur aus reiner Neugierde darüber, wer dafür gesorgt hatte, dass er nicht in der Kälte, die ihm erst jetzt bewusst geworden war, erfror, wand er seinen Kopf ab von dem Schauspiel, das sich am Himmel ereignete, drehte sich stattdessen weg von dem Geländer und der Person zu, die sich hinter ihm befand. Seine braunen Augen weiteten sich leicht, als er den Sänger erkannte, der seinem Blick sofort auswich, nachdem er diesen bemerkt hatte. „Du solltest nicht so unachtsam mit deiner Gesundheit umgehen, bei dieser Kälte.“ Die Worte waren nur leise über die Lippen des Älteren gekommen und Toshiya hatte sehr große Mühe diese zu verstehen, dennoch hatte er sie mitbekommen. „Weißt du, vor wenigen Stunden hat es dich auch nicht interessiert was mit mir ist, was ich denke oder auch empfinde..., schließlich hast du mir vorgeworfen, dass ich dich nicht verstehen würde, wieso kümmert es dich jetzt?“ „Totchi..., so war das nicht gemeint...ich..., ich war wütend auf Die, habe deswegen so reagiert, als du mich zurückhalten wolltest, eben weil ich das Gefühl hatte, an dir würde das alles vorbei gehen..., aber ich weiß, dass dem nicht so ist und es tut mir leid, wenn ich mich falsch verhalten habe. Das wollte ich nicht.“ Der Bassist seufzte leise, ja, er wusste dass der Blonde es nicht wirklich so gemeint hatte, dieser von seiner Wut gelenkt worden war und die Worte unbedacht dessen Lippen verlassen hatten, dennoch konnte er nicht leugnen, dass es ihn tief in seinem Innern doch verletzt hatte, eben weil er wieder dieses Gefühl bekommen hatte, ein Außenseiter zu sein... egal, wie lange sie sich mittlerweile schon kannten. Dennoch, es lag einfach gegen seiner Natur dem Vocal nicht zu verzeihen, denn mit dem Wissen, mit seinen Freunden, seiner Familie, zerstritten zu sein, konnte er einfach nicht leben und vielleicht war dies einer der Gründe für seine nächsten Worte. „In Ordnung..., lass es uns einfach vergessen.“ Schlicht gelogen, denn er würde dieses Ereignis sicherlich nicht so schnell vergessen können, zu sehr hatte es sich in seinem Inneren verankert, welches ihm klar vor Augen sehen ließ, dass er niemals solch ein Verhältnis mit den anderen teilen würde, wie Kyo es mit Shinya tat oder auch Kaoru mit Die, er war nun einmal das fünfte Rad am Wagen, das sich zwischen die vier gedrängt hatte..., nichts konnte daran etwas ändern, doch er würde sich hüten, dies seinen Bandkollegen gegenüber zu erwähnen... 'Dir en grey' war auch so schon zerrüttet genug. Schon allein das kleine Lächeln, welches nun die Gesichtszüge des Kleineren eroberte, bezeugte den Langhaarigen in seinem Entschluss. Etwa eine halbe Stunde Später, nachdem Kyo als auch Toshiya das Innere ihres derzeitigen Wohnortes wieder betreten hatten, sich die Zeit mit Musik hören vertrieben, gesellte sich der Violetthaarige zu ihnen, fragte sie nach ihrem Wunsch für das Abendessen, dass dieser für sie regelte und trotz dessen, dass der Bassist, kaum ein Hungergefühl in sich spürte, bestellte er sich etwas, fragte zeitgleich den Älteren, ob auch Shinya sich etwas ausgewählt hatte, doch stellte bedauerlich fest, dass dem nicht so war, nutzte deswegen sogleich die Chance sich nun selbst in dem Versuch zu testen, dem Jüngeren eine Reaktion zu entlocken. „Shinya, kannst du mich hören?“ Nichts, keine Antwort oder dergleichen, konnte der Bassist hören, dennoch würde er nicht so schnell aufgeben. „Shinya, wir möchten uns jetzt etwas zum Abendessen bestellen.“ Wieder vergingen weitere Minuten, in welchen Toshiya angestrengt lauschte, in der Hoffnung die Stimme des Drummers zu hören, was auch, nach scheinbar unendlicher Zeit geschah. „Ich habe keinen Hunger.“ „Aber du musst etwas essen, bitte. Du bist doch schon jetzt nur noch Haut und Knochen.“ Toshiya konnte hören, wie sich ein Seufzen von den Lippen seines Freundes löste. „Nein, bitte lass mich allein..., ich möchte nichts.“ „Bitte Shinya, wenn du möchtest, wähle ich etwas für dich aus und bringe es dir dann persönlich an die Tür, okay?“ Der Bassist fühlte schon beinahe, den Entschluss Shinyas, als dieser endlich antwortete, sich seinem Wunsch ergab, etwas, das ihn mit Stolz erfüllte, auch wenn er kaum glaubte, dass die Probleme sich deswegen aus der Welt schaffen ließen. ~~~~~ Wenn es der Braunhaarige für sich selber zugab, dann wusste er nicht, warum er dem Drängen Toshiyas nachgegeben hatte, vielleicht, weil es schlicht ein erneuter Versuch seiner Freunde gewesen war, ihn aus seinem Zimmer zu locken, doch obgleich er zugestimmt hatte, dass der Bassist ihm etwas zu Essen bestellen konnte, so sträubte sich der größte Teil in seinem Inneren, überhaupt die Tür auf zumachen. Er wusste, dass er sich unreif verhielt, sie waren alle erwachsene Menschen, bei den Göttern, doch wenn er sie nun sehen würde, befürchtete der Braunhaarige, dass auch die letzten noch stehenden Mauern einfach zusammen fielen, er vor den Augen der Anderen zerbrach. Ein leises, bitteres Lachen entfloh ihm, als er an den vergangenen Tag zurück dachte, an das Gespräch mit dem Schwarzhaarigen, der ihm einen solchen Respekt für seinen Willen entgegen brachte, wo war sie denn nun, seine Stärke? Warum hatte sie ihn nicht unterstützt, während er alles, was er hatte, mit den eigenen Fingern nieder riss, warum ließ sie es zu, dass er sich in Selbstzweifeln und dunklen Gedanken verlor, statt an das Wohl der Band zu denken, einen Weg zu finden, wie 'Dir en Grey' wieder zusammen finden würde. Sollte er sich bei Die entschuldigen? Auch dieser Gedanke erreichte ihn am heutigen Abend nicht das erste Mal, er fühlte sich dem Rothaarigen gegenüber schuldig, ihnen allen, wenn man es genau nahm, dennoch vermochte er nicht zu sagen, wofür er um Verzeihung bitten sollte. Hatte er sich wirklich so verändert, wie es der Gitarrist sagte, träumte er tatsächlich nur vor sich hin? Der Blick der dunklen Augen war in die Schwärze der Nacht gerichtet, nahmen diese aber nicht wirklich wahr und schließlich drehte sich der Drummer mit einen Seufzen fort, sah stattdessen zu dem Kissen, auf welchem er noch immer Umrisse sehen konnte, die gar nicht da waren, dennoch trat er auf das Bett zu, setzte sich darauf. Seine Tabletten waren in dem Rucksack, welchen der Fahrer bedauerlicherweise in den Flur an die Garderobe gehangen hatte, etwas, dass dem Zierlichen erst aufgefallen war, als auch die Anderen in ihrem Penthouse angekommen waren und obgleich nicht einer von ihnen – außer Kaoru und selbstverständlich Kyo - eine Anstalt gemacht hatte, zu ihm zu kommen, ihn zur Rede zu stellen, so war sein Herz bis in seinen Hals hinein geklettert. Es tat ihm leid, dass er unfähig war, jemanden in das Gesicht zu blicken, die Nähe einer anderen Person auszuhalten, wo er wusste, dass man ihn mit Sicherheit sehen wollte, gleichzeitig war Shinya dankbar dafür, dass man ihm seinen Abstand gewährte, ihn so behandelte. Der Langhaarige hatte dem Leader gesagt, dass er Zeit zum Nachdenken brauchte und wusste, dass Kaoru diese Worte so weiter geben, dass es Hoffnung in den Anderen schüren würde, die Hoffnung, dass er seine Worte zurück nahm und blieb. Auch dafür war er sehr dankbar, Kaoru hätte ihn nicht in dieser Form unterstützen müssen. Ein leises Klopfen ließ ihn zusammenfahren, als hätte man neben ihm mit einer Peitsche auf den Boden geschlagen und noch während er versuchte sich zu entscheiden, ob er endlich die Tür aufmachen sollte, vermochte er die Stimme des Bassisten zu hören. „Shinya? Ich habe hier eine leichte Suppe, etwas Obst und Tee...“, einen Moment lang herrschte Schweigen, wahrscheinlich wartete Toshiya auf eine Antwort, die er dem Größeren schlicht nicht geben konnte, dann hörte er ein leises Seufzen, „Ich stelle es dir vor die Tür, wenn du mich nicht sehen willst, okay?“ Etwas in Shinya heulte auf bei diesen Worten, der Stimme des Älteren und ehe es der Braunhaarige wirklich registrierte, hatte er sich erhoben, das Schloss geöffnet, doch wich er dann schon wieder zurück, den Mut, das Licht der Realität in seinen Raum zu lassen, hatte er nicht. Es brauchte einen Augenblick, doch dann senkte sich die Klinke, wurde sein Reich von dem Schein des Flurs erhellt, konnte er die Silhouette seines Freundes sehen, welcher ein Tablett auf einer Hand balancierte, die Tiefen auf seine Gestalt gerichtet, auch wenn der Zierlichere sie nicht genau erkennen konnte. „Ich komme zu dir, wenn das in Ordnung für dich ist?“ Er senkte leicht seinen Kopf, zog sich an das Fenster zurück, derweil Toshiya herein kam, die Tür schloss und dann einen Moment verharrte, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, bevor der schlanke Mann zu dem Schreibtisch hinüber ging, das Tablett dort abstellte. „Erlaubst du mir, das Licht an zumachen?“ Nein, das schrie sein gesamter Geist, doch als Shinya seine Lippen öffnete, entfloh diesen stattdessen ein ruhiges 'Ja' und einen Moment später wurden sie in das warme Licht der Leselampe gehüllt, dessen Lichtkegel Toshiya so drehte, dass er auf die Wand gerichtet blieb, so nur einen dämmrigen Schein übrig ließ. „Wie... geht es euch?“ Diese Frage löste sich, noch bevor der Drummer überhaupt darüber nachdenken konnte und anhand der Geräusche vermochte er zu hören, dass der Schwarzhaarige in seinen Bewegungen, das Essen auf den Tisch zu stellen und den Tee ein zu gießen, verharrte. „Wir sind..., „erneut pausierte der Ältere, schien nach einem Wort zu suchen, „unglücklich.“ „Ich weiß... entschuldige, dass ich so dumm gefragt habe.“ „Es war keine 'dumme' Frage, außerdem hast du mich nicht aussprechen lassen.“ Er schwieg, auch wenn er fühlen konnte, das ihm Toshiya eine Möglichkeit zum sprechen schenkte, wenn er es denn wollte, dann nahm der andere Musiker seine Arbeit wieder auf, goss heißes Wasser in eine Tasse. „Deine Worte waren ein schwerer Schlag, doch ich bin nicht hier, um dir Vorwürfe zu machen, dich herunter zu putzen, selbst wenn es vielleicht genau das ist, was du von mir erwartest, habe ich nicht Recht?“ Nun trafen sich ihrer beiden Augen ein erstes Mal, vermochte Shinya seinen Freund eine Zeit lang einfach nur an zustarren. „Warum?“ „Weil ich sehe, wie du leidest.“ Die Arme des Drummers schlossen sich um seinen eigenen Leib, als dieser leicht seinen Kopf schüttelte. „Das tue ich nicht.“ „Nein?“, als Shinya auf die Frage hin erneut das Haupt schüttelte, trat Toshiya auf ihn zu, während er zurück wich, am Ende mit dem Rücken gegen die Wand stand, wo ihm der Bassist schließlich eine Hand auf die Wange legte, „Deine Tränen haben eine andere Geschichte erzählt.“ Der Langhaarige entzog sich der Berührung seines Freundes, auch wenn er sich nicht vollkommen von dem Anderen entfernte. „Ich habe nicht geweint.“ „Nicht so, wie es jeder Andere getan hätte, an deiner Stelle, doch ich war nicht blind, Shinya. Ich habe dir in die Augen gesehen, ich habe gesehen, was in ihnen zerbrach, ob der Worte Dies, ob deiner eigenen.“ Shinya würgte lautlos, der Schwarzhaarige und er waren viel zu nah an einer Klippe, von welcher sich der Zierlichere verzweifelt zu entfernen versuchte und jedes der Worte – so wahr sie auch sein mochten – brachten das lockere Gestein unter seinen Füßen nur stärker zum rollen. Er war feige, dass wusste der Dunkeläugige, er war feige und er rannte davon, so weit wie es ihm nur möglich war. „Gibt es noch etwas, das du mir sagen möchtest?“ Ein leiser Laut wich von den Lippen Toshiyas, dann kehrten die Finger zurück, fuhren langsam die Konturen des Kiefers nach, anschließend pressten Lippen einen sanften Kuss gegen seine Stirn, bevor sich der Bassist löste, sich erst wieder zu ihm herum wand, als er die Tür schon erreicht hatte. „Kyo sehnt sich danach, dich zu sehen.“ Dieser Satz hallte in den Ohren des Jüngeren auch noch mehrere Stunden später wieder, nachdem er sich gezwungen hatte die längst kalte Suppe zu essen, das Obst hingegen konnte er nicht anrühren, obwohl wirklich nichts gegen Äpfel, Weintrauben und Erdbeeren sprach. Nun stand er vor seiner Tür, die leere Schüssel in den Fingern, welche sein bemitleidenswerter Grund war, endlich aus dem Raum zu gehen. Der Wohnbereich war leer, sicher waren seine Freunde bereits im Bett, etwas das Shinya genauso beruhigte wie unglücklich stimmte, weswegen sich ein frustrierter Ton von seinen Lippen löste, diese konfliktreichen Empfindungen trugen nicht gerade dazu bei, das er sich entspannte. Seine leisen Schritte führten den jungen Mann in die offene Küche, wo er die Schüssel abstellte, sich ein Glas heraus suchte und den Kühlschrank öffnete, den Saft aus diesem nahm. „Shinya.“ Das Tetrapack fiel mit einem leisen Poltern in die Halterung zurück. „Kyo.“ Sein Freund stand vor der Tür des Bades, eine Hand noch immer an die Tür gelegt, um sie geöffnet zu halten, wahrscheinlich hatte der Blonde gerade hinein gehen wollen, als er ihn bemerkte und ein Teil des Jüngeren war alarmiert, dass er nicht gehört hatte, wie noch jemand in den Raum gekommen war. Kyo jedoch war der Erste, der die Starre zwischen ihnen beiden brach, mit einem undefinierbaren Laut zu dem Größeren hinüber kam, ihm die Arme um den Hals legte, ihn einen Moment an sich drückte. „Ich dachte, du würdest nie dort heraus kommen.“ „Verzeih mir.“ Shinyas Stimme war kaum zu hören und an seiner Schulter schüttelte der Kurzhaarige heftig seinen Kopf. „Nicht, ich verstehe es, irgendwo in mir drinnen.“ Mit behutsamen Bewegungen dirigierte sie der Ältere zu der Couch hinüber, wo sich der Blonde so setzte, dass er seinen Freund auch weiterhin direkt anblicken konnte, Shinya hingegen verflocht seine Finger in einander, senkte seine Augen auf diese.. „Warum? Erst Kaoru, dann Toshiya und nun du. Wieso seid ihr nicht zornig? Ich habe euch betrogen, euch weh getan, euren Traum zerstört.“ Erneut schüttelte der Sänger nur seinen Kopf. „Noch hast du gar nichts getan. Kaoru sagte.... das du Zeit zum Nachdenken brauchst, dass du noch nicht entschieden hast.“ Shinya schloss die Augen lehnte seinen Kopf gegen den des Älteren. „Habe ich das nicht? Ihr habt es doch alle gehört.“ „Du warst wütend.“ „Und das macht meine Entscheidung nicht endgültig?“ Ein wenig löste sich Kyo, zwang ihn mit sachtem Druck seinen Kopf zu heben, damit sich ihre Blicke treffen konnten. „Nicht, wenn du so darunter leidest. Shinya... Die ist nicht der Grund, warum du gehen willst, er ist nicht der Grund dafür, dass du dich so verändert hast. Ich weiß, du willst nicht darüber sprechen, aber ich möchte, dass du begreifst, dass du nicht dich selbst aufgeben sollst, nur damit du uns beschützen kannst. Und das tust du, egal wie Die es vielleicht sehen mag.“ Wie sollte er nur auf so etwas antworten? Der Langhaarige wusste es nicht, doch offenbar wollte sein Freund gar keine Antwort von ihm haben, als sich Kyo leicht nach vorne beugte, seine Lippen in einem zärtlichen Kuss fing. „Denk einfach daran, dass ich... wir dich lieben, bevor du eine endgültige Wahl triffst.“ 19.01.2001 Der nächste Tag hatte ruhig begonnen…, zu ruhig. Jeder der fünf Mitglieder 'Dir en greys' war in Gedanken vertieft, keiner von ihnen wusste, wie es weitergehen sollte und an vier Personen schien diese Situation besonders zu nagen, was dem Bassisten abermals ein Gefühl der Ausgeschlossenheit gab. Shinya, welcher mit seiner Entscheidung für diesen schweren Schlag in ihrer Band gesorgt hatte, war extrem zurückgezogen, er sprach kein Wort, als sie sich zum Frühstück eingefunden hatten und aß für seine Verhältnisse noch weniger als sonst. Natürlich war dies für Kyo ein Grund, dementsprechender Laune zu sein, schließlich war dieser der beste Freund des Drummers und machte sich sehr große Sorgen um den Jüngeren. Was die beiden Gitarristen betraf, so konnte Toshiya von sich aus behaupten diese noch nie so gesehen zu haben, seit sie zueinander gefunden hatten. Eine Eiseskälte herrschte zwischen dem Leader und seinem Geliebten, sie mussten sich am Vorabend noch heftig gestritten haben, denn der Schwarzhaarige konnte sich noch gut an die gefauchten Worte, welche im Nebenzimmer gefallen waren, erinnern, hatte ungewollt einen erneuten Streit zwischen dem Paar, kurz nach dem Aufstehen mitbekommen. Scheinbar konnte Die nicht verstehen, warum der Violetthaarige ihm solche Vorwürfe machte, für den Bassisten einerseits verständlich, da der Rothaarige doch lediglich Angst gehabt hatte um seine Liebe, als dieser dumme Unfall an der Klippe geschehen war. Andererseits, war der Gitarrist so vernebelt in seiner Wut auf ihren Drummer, dass er selbst nicht darauf kam, was er eigentlich angerichtet hatte, warum Kaoru wütend auf ihn war und dies ihn auch spüren ließ..., ein verdammter Konflikt zwischen den beiden, welcher nicht zuließ beide in Klarheit denken zu lassen. Was den Bassisten selbst betraf, war er frustriert und hatte das Gefühl, keinem seiner Freunde eine Hilfe zu sein, denn er teilte keine Verbindung mit seinen Freunden, wie diese es untereinander taten, zusätzlich wurde er von ihnen allen weites gehend ignoriert, sodass er sich total nutzlos fühlte, ein Empfindung, die ihn auch schon am Vortag ergriffen hatte. Mit einem frustrierten Seufzen schob er sein restliches Essen auf die Seite, unter dieser Stimmung war ihm schlicht der Appetit vergangen und als einer der Ersten erhob er sich von dem Tisch, konnte es einfach nicht länger ertragen, seine Freunde so zu sehen. Mit einer Entschuldigung und den Worten, dass er sich in ihr Apartment zurück ziehen würde, verabschiedete sich der Schwarzhaarige bei den Anderen und wand sich von ihnen ab. An seinem Ziel angekommen, zog er sich zurück in sein Zimmer, legte sich auf dass Bett und griff nach dem Buch von Shinya - bisher hatte er nicht die Gelegenheit gehabt, es zu Ende zu lesen - würde es bestimmt dabei helfen, ihre derzeitige Lage wenigstens für ein paar Stunden zu vergessen. Später am Tag - nach dem Mittagessen, welches ebenso wie ihr gemeinsames Frühstück in bedrücktem Schweigen verlaufen war - begaben sich sie sich auf den Weg zurück zum Set ihres Videodrehs, war dieser unter den aufgekommenen Umständen notgedrungener Maßen verschoben worden und Toshiya war sehr überrascht zu erfahren, dass der Drummer sie begleiten würde. Zwar wusste er nicht, wer dafür gesorgt hatte, dass Shinya wenigstens, die letzten Aufnahmen abdrehte, die nach seiner Person verlangten, doch war er sehr froh darüber den Jüngeren bei ihnen zu wissen, hatte er das Gefühl, dass es ein Fehler gewesen wäre, den Braunhaarigen alleine zu lassen und irgendwie bestärkte ihn die Anwesenheit ihres Drummers in der Hoffnung, dass dieser sie vielleicht doch nicht verlassen würde. Eine halbe Stunde nach ihrer Ankunft, fand sich die Band fertig in ihren Kostümen gehüllt sowie gestylt in der Ruine wieder, folgte zuallererst ein Gespräch zwischen Kaoru und ihrem Regisseur und nach den Worten zu urteilen, welche die beiden miteinander wechselten, wollte Tanaka-san sicher stellen, dass der Dreh heute reibungslos ablaufen würde. Zwar versuchte der Ältere nur seine Arbeit zu machen, aber irgendwie gefiel dem Bassisten die Tonlage des Mannes nicht, ihr Regisseur wirkte angespannt, ließ sich auch nicht wirklich beruhigen doch nickte nur, nachdem der Violetthaarige versicherte, dass es zu keinen weiteren Zwischenfällen kommen würde. Gegen sechs Uhr Abends, als die Sonne schon längst untergegangen war, mussten nur noch die Einzelaufnahmen von Kyo und Toshiya aufgezeichnet werden, da das Drehbuch ihre Parts für die Nacht vorgesehen hatte und auch diese waren schnell abgedreht, denn die beiden arbeiteten in der ganzen Professionalität die sie als Musiker in sich trugen, ließen sich nicht anmerken, wie es in ihrem Innersten aussah. Zwei Stunden später war das Video weites gehend fertig gestellt, musste nur noch mit dem PC überarbeitet werden, um dem Ganzen den letzten Schliff zu geben, doch die Band konnte sich die einzelnen Szenen schon jetzt über einen kleinen Monitor ansehen. Wie immer war es für Toshiya ein merkwürdiges Gefühl zu sehen, wie anders sie in ihren Musikvideos wirkten, verstärkte sich diese Empfindung, als er sich die feminine Gestalt auf dem kleinen Fernseher betrachtete, kaum glauben konnte, dass er selbst es war. Die Person befand sich in diesem Part in einem abgedunkelten Raum, lediglich erhellt von den silbernen Strahlen des Mondes, welche von dem zerbrochenen Glas der Fensterscheiben, reflektiert wurden. Ein zerbrochener Flügel stand direkt vor ihr, auf diesem eine Vase mit weißen Rosen und als sich die Gestalt grazil auf diesen zu bewegte, erhob sich eine Hand, um die zarten Blüten berühren zu können, jedoch zuckten die Finger als wären sie verbrannt worden, zurück, den Arm nahe an den Körper gepresst. Ein leidender Ausdruck kehrte auf das zuvor emotionslos wirkende Gesicht, den Kopf leicht zur Seite geneigt, sodass lange Strähnen des schwarzen Haares über eine der Schultern fielen, die Augen mit einem merkwürdigen Glanz auf die Blumen blickten. Dann, nach wenigen Sekunden zeigte sich das Ende dieser Szene - welche perfekt aufgenommen worden war, lediglich die Verfärbung der Rosen in ein tiefes Schwarz musste noch eingearbeitet werden - als der Bildschirm kurz flackerte, einen Saal zeigte, der ebenfalls nur von dem milchig erscheinenden Licht des Himmelskörper erhellt wurde. In diesem säumten mannshohe Spiegel die kalten mit Efeu ausgeschmückten Steinwände, andere standen zu beiden Seiten eines roten Teppichs, der von dem einen Ende zum anderen führte, bildeten somit eine Art Gang, gaben dem ganzen etwas unwirkliches durch ihre reflektierenden Körper. Das groteske Bild änderte sich erst nach einem kurzen Moment, schienen die Spiegel, wie von Geisterhand, einer nach dem anderen zu explodieren, tauchten die Ruine in ein Wechselspiel des Mondscheins, als die Tausenden von kleinen Scherben auf den Boden nieder regneten. Die Augen des Betrachters fielen jedoch ab von den Splittern, welche nun den ganzen Boden säumten, fanden sich auf der Gestalt wieder, die plötzlich inmitten dieses Zimmers erschienen war. Den Bassisten schauderte es leicht, als er abermals sich selbst erkannte, erinnerte sich an diese Hilflosigkeit zurück, die er bei dieser Aufnahme empfunden hatte. Das langhaarige Wesen war dem Augenlicht beraubt worden, durch eine in Blut getränkte Binde, die sich über diese legte und auch die Hände waren in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, da sich starke Fesseln um die Gelenke schlangen, ebenfalls mit dem kostbaren Lebenssaft gezeichnet. Durch die veränderten Reflexe des Lichtes, wirkte die feminine Person unwirklich, wie eine Geburt der Nacht, die sich verirrt hatte, in diesen ehemals prächtigen Spiegelsaal, getrieben von einem Drang dass Ende des gestalteten Ganges zu erreichen, als sie sich fortbewegte, mit den nackten Füßen über die Splitter schritt, eine Blutspur auf der glatten Oberfläche der Scherben hinter lassend. Wie von einer führenden Hand geleitet, gelang sie auf die andere Seite, bildete sich ein Lächeln auf den blassen Lippen, als sich die Tür, welche zuvor nicht zu erkennen gewesen war, öffnete, helles Licht eintauchte in den kühlen Saal, die Gestalt in die Strahlen hüllte, bis sie nicht mehr zu erkennen war. Erst dann zeigte der Bildschirm das Ende der Aufnahme an und auch dieser Part war vollkommen perfekt, ließ keine Beanstandungen zu. Danach konnten sich die einzelnen Bandmitglieder noch die Szenen mit ihrem Sänger ansehen, die diesen zeigten, wie er Nachts am Meer stand, mit den Füßen im Wasser. In den Händen ein Foto haltend, welches zwei Erwachsene und einen kleinen Jungen zeigt, doch wurde dieses im nächsten Moment einfach fallen gelassen, hinab in die schwarzen Wellen, die es wie ein Untier der Tiefen, verschlang. Der letzte Ausschnitt des Videos zeigt den Vocal, wie er verzweifelt die Hände in seine blonden Haare krallte, einen leidenden Ausdruck auf dem Gesicht, ehe sich die Stimme Kyos in einem herzzerreisenden Schrei öffnete. Im Ganzen war das Ergebnis der Videoaufnahmen, sehr zufrieden stellend, gab es nichts zu bemängeln, an dem was ihr Regisseur geschaffen hatte, dennoch hinterließ die abgeschlossene Arbeit einen bitteren Nachgeschmack in Toshiya, als er daran dachte, dass dieses Video, dass vielleicht letzte mit ihrem Drummer sein würde. Denn auch wenn sich die Stimmung unter ihnen langsam wieder etwas entspannte, so schien es, als könnte niemand Shinya davon abhalten, diesen schweren Weg zu gehen,... die Band, ihre Familie zu verlassen. 20.01.2001 Ein Hand des Violetthaarigen streifte den Dummer behutsam am Arm, glitt in einer federleichten Berührung über den dicken Pullover, als sich Kaoru leicht zu dem Anderen beugte. „Du bist sicher, das du das willst?“ Shinya nickte kaum merklich, die Schultern nach vorne gezogen, was ihn noch zierlicher erscheinen ließ und in dem Älteren das Bedürfnis weckte, die Arme richtig um den Anderen zu legen, doch stattdessen schob der Leader nur den Gurt seiner Tasche weiter nach oben, sie würden heute abreisen und nach Japan zurück kehren... ohne den Jüngsten. Noch immer nagten die Bedenken an dem Kurzhaarigen, sträubte er sich dagegen, sich einfach herumzudrehen und mit dem Rest der Band im Foyer zu treffen, doch zwang er sich dazu, dem Dunkeläugigen ein letztes aufmunterndes Lächeln zu schenken. „Bitte ruf uns an, lass uns wissen, wie es dir geht.“ Wieder nickte der Drummer nur, schlang die Arme um sich selbst, während er beobachtete, wie sich Kaoru vollends herum wand, zu der Tür hinüber ging, doch erst als dieser sie schon halb geöffnet hatte, hielt er ihn durch einen leisen Ruf zurück. „Kao?“ Der Ältere summte leise, blickte über seine Schulter hinweg zu dem im Raum Stehenden, dessen braune Augen sich erstmals an diesen Morgen fest auf seine Gestalt legten. „Weshalb seid ihr so behutsam mit mir? Warum hast du mich nicht geschlagen und sofort hinaus geworfen, für das was ich 'Dir en grey' angetan habe? Wieso hasst ihr mich nicht, wieso seid ihr nicht zornig?“ Shinya verstand es wirklich nicht... er hatte einen Lebenstraum zertrümmert, mit ein paar einfachen Worten und Wunden gerissen, die er jedes Mal sehen konnte, wenn sich die Blicke seiner Freunde auf ihn legten und er konnte nicht einmal etwas dagegen tun, weil er feige war und davon lief. Die Kleidung des Gitarristen raschelte leise, als dieser noch einmal zurück kam, ihm mit den Knöcheln über die Wange strich. „Wir sind sehr wütend Shinya, bitter enttäuscht und verletzt, doch warum dir Vorwürfe machen, wenn jeder von uns sehen kann, wie es dir geht, wie du selbst unter dem leidest, was im Zorn gesagt wurde? Ich habe dich gebeten, über deine Entscheidung nachzudenken, das wirst du tun. Mehr kann ich nicht von dir verlangen.“ Wieder vermochte Shinya das ferne Brennen in seinen Augen zu spüren, das ihn auch schon den gestrigen Tag verfolgt hatte, als Kaoru ihn nun doch noch einmal in den Arm nahm. „Achte bitte auf dich und denke daran, was du Kyo versprochen hast.“ Der Jüngere traute sich nicht einmal in irgendeiner Form zu reagieren, all sein Willen war damit beschäftigt seinen Händen zu verbieten, sich in die Jacke des Anderen zu krallen. „Sag ihm bitte, dass er mir verzeihen soll... aber ich kann nicht mit euch gehen.“ Ihr Leader summte in Zustimmung, fuhr dann einmal liebevoll durch die langen, braunen Strähnen. „Er versteht es, auch wenn er seinen Schmerz unter seinem muffligen Gehabe und den bissigen Worten versteckt.“ „Es tut mir sehr leid, dass ich dir das alles auf bürde, anstatt selber dafür gerade zu stehen.“ Die Lippen des Violetthaarigen hoben sich ein wenig, als dieser mit einem Finger über die Wange des Drummers streichelte, sich so endgültig von Shinya verabschiedete. „Mach dir keine Sorgen darum. Ich erwarte deinen Anruf.“ Ein letztes Mal trafen sich ihre Augen, danach blieb der junge Mann alleine in dem großen Wohnraum zurück, wo er einige Momente nur still stand, bevor er zu den Fenstern hinüber lief, aus diesen blickte, obgleich er wusste, dass er ihren Bus und seine Freunde nicht würde sehen können. Lange Minuten verharrte der Musiker einfach dort, rechnete fast damit, dass die Tür wieder aufging, einer der Anderen hinein stürmte und ihn davon überzeugte doch mit nach Hause zu kommen, aber nichts dergleichen passierte, weswegen der Langhaarige leise seufzte. Shinya fühlte sich als würde er ohne ein wirkliches Ziel dahin treiben, er konnte seine Gedanken nicht ordentlich greifen, was am Endes einen Funken des Zorns in ihm auslöste, er sich innerlich selbst schalt und mit einem Ruck in Bewegung setzte. Er würde aus diesem Apartment ausziehen, zwar würde es durchaus möglich sein, die Räume einfach länger zu mieten, dennoch würde das dem Drummer nicht dabei helfen, Abstand zu gewinnen, da hier – trotz der kurzen Zeit – viel zu viele Erinnerungen waren. Seine Kleidung faltete der Zierlichere ordentlich, bevor er sie in seinen Koffer einräumte, das gemachte Bett noch auf schüttelte, dann in das Badezimmer lief, um seine Hygieneartikel zu holen, diese ebenfalls zu verstauen, ganz am Ende blickte sich der Dunkeläugige noch einmal im gesamten Apartment um, bevor er in seinen Mantel und die Schuhe schlüpfte, die Tür hinter sich in das Schloss zog. Am Empfang gab der Drummer die Schlüsselkarte ab, verbeugte sich, als er sich für den Aufenthalt bedankte und nahm sich noch die Zeit, einen der Bediensteten zu fragen, wo er das nächste Reisebüro finden könnte, vielleicht würde er so heraus finden, wohin er gehen wollte. Gerade hob er seinen Rucksack hoch, schob ihn über eine Schulter, da konnte er hinter sich hören, wie Gepäckstücke zu Boden fielen, doch nicht diese, sondern die gänzlich unerwartete Stimme brachten den Langhaarigen dazu, um die eigene Achse herum zu wirbeln. „Gott sei dank... ich dachte, ich wäre zu spät.“ End Part VIII – Explosion [1] Prinzessin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)