Children of the night von Tak-lung (Die Geschichte des Kilian) ================================================================================ Kapitel 20: Träume ------------------ Kapitel 20 „Du schläfst – so will ich leise flehen, O schlafe sanft. Und leise will ich gehen, dass dich nicht störe meiner Tritte Gang, dass du nicht hörest meiner Stimme Klang.“ Sanft klang Christines Stimme durch die leere Straße. Ihre Augen waren Halb geschlossen, als träume sie während sie die Zeilen zitierte. Mit ihren zarten Fingern zwirbelte sie ihr Haar, und macht einen kleine Hopser, als sie von der Tür schwelle auf die Straße ging. Ich selbst trug nun einen eleganten schwarzen Mantel und hatte einen weißen, leichten Damen Mantel um die Schulter geworfen. Mit dem klacken der Tür hinter uns verstummte ihre Stimme. Lächelnd hielt ich den Mantel bereit, sodass sie nur hineinschlüpfen konnte. Sie lächelte, bei dem Anblick. Man merkte, dass sie es nicht gewohnt war so behandelt zu werden, aber sie erhob dieses Mal keine Einwände. „Es ist der Mantel meiner Mutter.“, log ich, irgendwie musste ich die Frauenkleider in meiner Wohnung schließlich erklären. Und die Wahrheit... die hätte sie sicher irritiert. Dieses Kleid war nur für sie. Ich hatte einem der Diener über Zettel Order gegeben diesen Mantel wie auch das Kleid anfertigen zulassen, die Größe Christines hatte recht genau schätzen können und so saß das Kleid wie angegossen, selbes galt für den Mantel. „Und es macht euch nichts aus, wenn ich ihn trage... ich meine... wird es denn Eurer Maman nichts ausmachen?“, fragte sie zurückhaltend während sie den weißen Stoff durch ihre Finger gleiten ließ „Gewiss nicht. Sie starb schon vor einiger Zeit und einige Habseligkeiten, wie zum Beispiel euer Kleid, waren noch im Haus. Und selbst wenn sie noch lebte, so hätte sich nichts dagegen, wenn ein bezauberndes Mädchen wie ihr sie trägt“ Ein wenig traurig, aber auch geschmeichelt sah sie auf „Und bitte sagt jetzt nicht, dass es euch leid tut“ sagte ich ehe diese typischen, bedeutungslosen Worte über ihre Lippen kommen konnten „C’èst la vie wie man so schön sagt.“ Das ausgerechnet ich das sagen musste. Ich musste schmunzeln, auch wenn sonst niemand dieses kleinen Witz verstand, gerade das machte ihn ja so lustig, zumindest für mich. Christine nickte verwundert, beeindruckt, und sah mich schweigend an. Was sie in diesem Moment gedacht haben mochte? Ob sie mich für einen Wahrsager hielt der in die Zukunft blicken konnte, der ihre Gedankenlesen konnte? „Nach Montmartre also?“, fragte sie „Ich war noch nie dort, auch wenn man den Berg von jedem Punkt in Paris sehen kann...“ „Es ist eine beeindruckende Aussicht, und einige schöne Kapellen liegen auf dem Weg dorthin“ Mit einem Nicken stimmte sie zu, nahm meinen Arm sogar noch ehe ich ihn ihr hatte anbieten können und wir machten uns auf den Weg nach Montmartre. Das Viertel der Kunst, der Maler wie auch Dichter und Komponisten. Bei meinem ersten Aufenthalt in Paris hatte ich fast jede Nacht dort verbracht, hatte den Malern zugesehen, wie sie ihre Pinsel über das weiße Papier hatten fliegen lassen, meistens nur, um hinter her an Armut zu sterben, bis dann hundert Jahre später ihre Werke auf einmal als wahre Kunst galten und für hohe Preise verkauft wurden. Es war schon eigenartig wie die Menschen dachten. Erst wenn etwas Tot war, war es Wert darüber nachzudenken. Erst wenn es zu spät war, fragte man sich, ob man nicht etwas hätte tun können, gegen die Krankheit, gegen den Krieg, gegen das Leid, und dann ist es so schnell wieder vergessen, wie es gekommen war, und man lebte weiter fröhlich vor sich hin. Die Menschen, waren schon eigenartig… „Nun, ihr sagtet, ihr wolltet etwas über meine Reisen hören, wo soll ich beginnen?“ „Oh, Monsieur Ihr müsst mir alles erzählen. Wart ihr in London? Wien? Rom? Oh, Monsieur sagt, wart ihr in Rom?“ voller Begeisterung sah sie mich an, als könne ich sie mit meinen Worten in sekundeschnelle aus Paris bringen. Sie wollte nicht die abgegriffenen Seiten der Bücher umblättern um zu erfahren, wem die Galleria Borghese gehörte, oder wann die St. Martin-in-the-Fields erbaut wurde. Sie wollte selbst sehen wie groß diese unfassbare Welt in der sie lebte war, wie viele Menschen sie umfasste. Sie wollte die Luft des ‚freien Amerikas’ einatmen und den Duft der italienischen Olivenbäumen genießen. Doch...selbst wenn sie genug Geld hätten, Christian würde nie mit ihr aus Paris. Und das wusste sie selbst nur zu gut. Dennoch fragte, dennoch wollte sie etwas hören, obwohl sie genau wusste, dass meine Erzählungen ihr Fernweh nur noch verstärken würden. Aber war hören nicht besser als gar nichts? Ich verkörperte all das was sie sich wünschte, ich war ein Reisender, ich hatte vieles Gesehen und würde noch vieles sehen. Frei wie ein Vogel.... Wie gerne hätte ich ihre Ketten zerschnitten. Wie gerne hätte ich sie mit genommen nach London, Rom, Amerika. Uns beiden stünde die Welt frei. Sie wusste es, sie kannte die Antwort, wenn sie Fragen würde und auch ich kannte sie und doch würde niemand fragen... „In Rom war ich, um genau zu sein bin ich gerade aus Italien gekommen, mein letztes Ziel war Venedig gewesen.“ Und so ging das Gespräch weiter. Das, was man heute als ‚Smalltalk’ bezeichnen würde. Statt zu sagen was wir dachten, was sich unser Herz sich ersehnte, im selben Takt schlug es, dieselbe Glut flammte in uns, derselbe Wunsch und doch blieb er unausgesprochen, redeten wir über Essen und bräuchte anderer Länder. Und so berichtete ich von den Kirchen Italien, welche sich nur all zu sehr von denen in Frankereich unterschieden. Ich erzählte von dem blauen Meer, welches im Süden die Küsten säumte, von den Kanälen, welche die Inseln Venedigs zusammenhielten, den Maskenbällen, für welche es berühmt war, die Kathedrale des St Marcus, die wundervolle Landschaft, welche sich zu verändern pflegte wohin man auch reiste, die anderen Sitten, und dass ich allein über Italien sein Lebenslang hätte erzählen können. „In Rom habe auch ein zwei Theaterstücke mitgespielt. Als Don Juan. Aber das Leben als Schauspieler ist nichts für mich, denke ich“ Christine erwies sich als wunderbare Zuhörerin, sie stellte ab und an interessiert Fragen über Sachverhalte, ihr Augen leuchteten, als könne sie das goldene Mosaik von St. Marcus geradezu selber sehen, als beobachte sie wie der Mond über den schwarzen Himmel Roms erstieg. Natürlich verschwieg ich, das es immer zu Nacht war, viele meiner Aktivitäten hätten ebenso gut bei Tage stattfinden können, sie würde sie Automatisch mit einem blauem Himmel über welchem weiße Wolken glitten vor Augen haben. „Nicht doch, Monsieur. Ich finde ihr spielt wunderbar Theater“ Unbemerkt hatten wir das Ende der Straße erreicht, näherten uns unaufhaltsam dem Märtyrer Berg, der Heimat der Kunst, auf der einen Seite, die Heimat der Wein Bauern auf der anderen. Ein Unterschied wie Tag und Nacht die beiden Seiten Montmartres. „Aber...das Ihr in euren jungen Jahren schon so viel herumgekommen seid, Monsieur. Ich meine, Ihr seid doch bestimmt nicht älter als 22? Eure Eltern müssen Euch wohl schon von klein auf mitgenommen haben, ja? Ist euer Père ein Mann der viel reist? Da habt ihr wirklich Glück gehabt. Hat er euch zugesehen als ihr im Theater gespielt habt? Bestimmt war er begeistert von eurem Talent.“ „Ja mein Vater hat mich schon früh mit auf Reisen genommen. Besonders lieb war ihm Griechenland“ Was hätte Xavier wohl zu diesen Worten gesagt? Ihn, meinen unsterblichen Liebhaber, meine einzige Familie, mein Ein und Alles, der, der mich angenommen, der mich verstoßen, den ich geliebt, als Vater zu bezeichnen. . „Er hatte mir immer gesagt wie wundervoll die Welt sei, und dass es zu schade wäre sie sich nicht anzusehen. Wir reisten viel zusammen, irgendwann trennten sich dann jedoch unsere Wege“ Es stimmte nicht. Sicher Ist Xavier gerne gereist, doch sah er die Welt immer ganz anders als ich. Für mich schien alles um mich herum ein großes Kunstwerk, ein großes unbegreifbares Kunstwerk, welches niemals fertig gemalt war, welches sich unaufhörlich veränderte und immer übermalt wurde. Die Worte die ich vermeintlich zitiert hatte waren nie über Xaviers Lippen gekommen, ich selber benutzte sie des Öfteren, aber welchen Unterschied machte es? Welchen unterschied machte es, dass all mein Unternehmungen nachts stattgefunden hatten? Welchen unterschied machte es, dass ich 5 Jahre in Rom gewesen bin, nicht 5 Wochen, oder dass es schon 70 Jahre her war, dass ich unter den Säulen der Akropolis gestanden und die Tempel gezeichnet hatte? Ich verbog die Zeit, schnitt sie zurecht wie sie mir passte, als handle es sich um ein Stück Stoff. Jahre wurden 5 Monate, 20 zu zwei Wochen und 6 Jahre zu einer Woche. Doch gleich was ich ihr erzählte von den Wundern der Welt ich verlor kein Wort mehr über meinen vermeintlichen Vater, wohl wissend, dass sie es auf eine tragische Geschichte schieben und auf Grund ihres Taktgefühls nicht weiter vertiefen würde. Und selbst wenn sie es getan hätte, so hätte ich sicher einen guten Ausweg gefunden, doch das sind ohnehin nur Spekulationen, sie fragte, wie erwartet, nicht nach. Endlich hatten wir den Fuß von Montmartre erreicht, steil ging es nun bergauf, Treppen waren in den Stein gemeißelt, oder gepflastert. Eng waren die Straßen hier, die weißen Gemäuer, welche sich über uns türmten, und wenn man sich umdrehte… Ein Lichtermeer, die Fenster, die Laternen, welche unter ihnen leuchteten, und wie man sah, welch Ausmaße diese Stadt inzwischen hatte… Dies war tatsächlich schon wieder eine ganz andere Stadt als mein altes Paris, von Glaube, Kirche und König kontrolliertes altes Paris. „Oh ja...Griechenland muss auch sehr schön. Er scheint ein kluger Mann zu sein, Ihr Pére.“ Sie seufzte und sah etwas gedankenverloren in den Sternenhimmel. Sicher fragte sie sich was zwischen mir und meinem Vater vorgefallen war, sicher überlegte sie, ob sie mich nicht doch fragen sollte doch unterließ sie es. Wie erwartet. Wir begannen den Aufstieg. Dann und wann Treppen hier und durch die kleinen Gassen in welchen Balkon gärten für Farbe sorgten, und Plätze auf Welchen die Künstler saßen und ihre Zeichnungen und Portraits anfertigten. Auf halber Höhe blieben wir stehen, Christine drehte sich. Ein atemberaubender Blick auf Paris, in Richtung Seine, genau dorthin wo man heutzutage den Eifelturm sehen würde. Der Mond stand genau über uns, und sie Lichter der Stadt funkelten und entgegen, als wäre nicht im Himmel, sondern direkt unter uns die Milchstraße. „Oh, Kilian.“ Ihre Augen leuchteten bei dem Anblick, ihr Mund war im ersten Moment aufgerissen vor Erstaunen und entzücken „Da meint man wenn man in Paris wohnt sieht man so etwas jeden Tag, aber ich war tatsächlich noch fast nie hier oben...zumindest noch nie bei Nacht. Ihr wisst ja wie Christian sein kann. Er will mich beschützen und hält es für zu Gefährlich mich nachts, wenn er… nun ja, wenn er seine Arbeit verrichtet mich mitzunehmen“ „Ich komme in jedem Besuch einmal hier hinauf“ begann ich ruhig und besah mir ebenfalls das funkelnde Meer. „Erst hier oben sieht man wie groß und schön Paris sein kann, ich bin fast ausschließlich Nachts hier, nun ja euch wird nicht entgangen sein das ich ein Nachtvogel bin. Aber den Zauber dieses Berges kann man wirklich nur Nachts erfassen, wenn alles tief unter ihm von dem dunkeln Mantel der Nacht eingehüllt wurde, wenn die Lichter der Laternen wie Sterne auf erden Glitzern und sich so über das Land erstrecken“ Noch nie hatte ich diese Aussicht so gesehen wie damals, noch nie waren es so viele Lichter, welche mir entgegenfunkeln. Überall schien hier noch etwas los zu sein, aus den Häusern war Geigenmusik zu hören, aus einem anderen Klavier und Gesang, all das mischte sich mit dem Geschwätz der Künstler und nicht wenige hatten es sich auf den Plätzen welche auch hier einstweilen zu finden waren gemütlich gemacht. Es war einfach eine ausgelassene Stimmung welche einem das Gefühl der Behaglichkeit gab. Ich liebte Montmartre, ich liebe ihn noch heute auch wenn er sich sehr gewandelt hat in den letzten 300 Jahren. Immer weiter ging unsere Unterhaltung, und immer mehr ließ ich sie an meinem Leben teilhaben. Das es ihr nicht auffielt, dass ich für mein Alter etwas zuviel erlebt hatte… nun für sie war ich 22 und somit 6 Jahre älter als sie selbst… für jemanden der erwachsen ist mag es wenig klingen, jemand der Erwachsen ist mag wissen, dass 22 Jahre nicht sie viel zeit sind, aber mit 16 liegt 22 noch eine Ewigkeit weg und somit kann in dieser Ewigkeit auch ewig viel passieren. Ich erzählte ihr von meinem Besuch in Edingborough, Schotland und amüsierte mich über die seltsamen Sitten der Engländer und insbesondere die der Schotten, deren Männer rote Röcke trugen. „Zwar bezeichnen sie selbst diese Dinger als Kilt, ich jedoch sehe keinen unterschied zu einem Rock“, witzelte ich und zauberte so ein Lächeln auf das zarte Gesicht. „Röcke? Fragte sie ungläubig „Jetzt sagt mir nur noch die Frauen tragen dort Hosen.“ Allein schon der Gedanke schien schrecklich. Frauen in Hosen… nein damals war das undenkbar gewesen. Auch ich musste bei dieser Vorstellung von einer verdrehten Welt herzhaft lachen. Es war ein freies, offenes Lachen. Sicher, ich habe in den letzten 19 Kapiteln öfters gelächelt, geschmunzelt oder mich über etwas amüsiert doch gelacht? Nein, es ist sehr lange her, dass ich gelacht habe, so wirklich frei. Nicht um mich über etwas lustig zumachen, kein gehässiges Lächeln über die Dummheit der Menschen, kein bemitleidendes schmunzeln, nein einfach weil ich glücklich war. So warm war mir schon lange nicht mehr gewesen, und ich rede nicht von der Wärme er Luft die uns umgab, nein ich rede von einer Wärme in meinem Herzen. Einfach zu sehen wie Christine glücklich sein konnte, unbeschwert von allem was auf ihrer Seele lag… Das leuchten in ihren Augen, ihre glockenklare Stimme welche die einem Engel glich der direkt vom Himmel gekommen war um mir ihr Lachen zu schenken und mir das meinige zurück zu geben… „Nun, man versicherte mir, das diese so genannten Kilts nur zu Festen getragen würden, ansonsten passt sich Schottland anscheinend durchaus den Europäischen Sitten an“ Wir hatten uns langsam wieder eingekriegt und setzten unseren Weg fort. „Na endlich haben sie einmal gelacht, Monsieur“ meinte Christine lächelnd und schnippte mir spielerisch auf die Schulter, als wäre dort ein Staubkrümel den es zu eliminieren galt. „Sie könnten das wirklich öfter machen, es steht ihnen“ „Dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben Mademoiselle Christine. Wenn ihr lacht scheint die sonne, selbst in dieser finstren Nacht, aufzugehen“ Sie errötete und ‚Schlug’ mich leicht an die Schulter „Ihr übertreibt! Sagt, macht ihr allen hübschen Mädchen Komplimente?“ „Oh nein Mademoiselle, nur ihr verdient die Komplimente“ sie lachte verlegen „Monsieur, ihr müsst ein grandioser DonJuan gewesen sein, ihr seid ja in der Realität noch wesentlich beeindruckender als der wahre DonJuan.“ „Nun übertreibt ihr aber, Christine“ Bald erreichten wir den Gipfel des Berges am Rande der Stadt. Einst, ist einem halben Jahrhundert würde die Kathedrale Sacrecoers hier ausgebaut werden, doch auch damals stand eine kleine, unscheinbare Holzkirche auf dem Kipfel. Sicher, nicht halb so beeindruckend wie Sacrecoer, mit ihren vier Engeln welche auf die Besucher herunter sahen, mit ihrer weißen Wand und dem hohen Glockenturm, den weißen Stufen vor den Toren auf welchem sich all die Pärchen trafen. Nun das hatte sich nicht verändert, auch in jener Nacht vor 300 Jahren hatten sich nicht wenige Pärchen dort versammelt um die romantische Aussicht zu genießen. Auch wenn es zu jener Zeit, im Gegensatz zu heute, keine Beleuchtung gab, keine steinernen Stufen mehr, nur Rasen und Blumen, sogar eine Rosen Hecke an der kleinen hölzernen Kirche in welcher di Weinbauern zu beten pflegten. „Was meint ihr?“ wir hatten und auf den Rasen gesetzte, sahen uns still schweigend die Aussicht an bis Christine diese trausame Stille unterbrach „Ob man uns ebenfalls für ein Paar Hält?“ sie lehnte ihre Kopf an meine Schulter und schaute fand hinauf. Es gefiel mir, die Stimmung das ambiente… ihr Art wie sie mit mir Sprach. Sie redete mit mir nicht mehr, als wäre ich ein Fremder, ein Adeliger eines anderen Standes, sondern als wäre ich ein ganz normaler Mensch. Ich mochte das Gewicht ihres Kopfes auf meiner Schulter. Sie sprang mit einem Mal auf und zog mich mit hoch „Lasst uns einen Blick in die Kirche werfen“ Sie wartete nicht auf die Antwort ihrer Frage, diese war ja auch eher rhetorischer Natur gewesen. Damals war es nicht wie heute, dass Kirchen nur zu bestimmten Zeiten besucht werden konnten. Sie galten als Unterschlupf, immer und nicht nur in den paar Stunden die sie geöffnet hatte. Also war sie auch jetzt geöffnet. Wie es sich für einen Gentillehomme gehörte hielt ich Christine die schwere Holztür auf und wir betraten die kleine Kapelle. Sie war dreischiffig, jedoch waren die Seiten schiffe nur sehr klein. Auch gab es nicht viel Platz, nur einen kleinen Alter auf welchem eine alte Bibel lag, dahinter ein Großes schweres Holzkreuz. Viele Kerzen erhellten den Raum, kleine Kerzen, Totenlichter welche von den Familien Mitgliedern der im Krieg gefallenen Soldaten aufgestellt worden waren, ihnen den Weg nach Hause und in Gottes ewige Hallen zeigend. Christine sah sich um, drehte sich einmal um sich selbst wobei der Rock ihres Gewandes ihre baren Beine umspielte und streichelte. Schließlich blieb sie wo einer hölzernen Statue stehen. Ein Engel, jede Feder war fein heraus geschnitzt, ein ruhender, bewachender Gesichtsausdruck ruhte auf dem gütigen Gesicht. „Man könnte meinen sie passt auf einen auf, nicht?“ ihr zarten Finger strichen einmal über das geschnitzte Gesicht und sie schien dem Engel in die Augen zusehen. „Man möchte am liebsten zu ihnen....“ sie flüsterte so leise, ein normaler Mensch hätte sie wahrscheinlich nicht gehört. Vielleicht waren die Worte auch gar nicht für ihre Umwelt bestimmt. Es war fast eine Bitte, das Flehen eines kleinen Mädchens. Sie sah das Selbe sie Kilian jedoch nicht das gleiche. Sie sah diesen Engel, welcher alle Menschen bewachte die seinen Schutz brauchten. Ein Engel für sich, ihren Bruder, ja sogar für mich. Ich jedoch sah diesen Engel, welcher nur Christine anzulächeln schien, welcher sie als einen der ihren zu akzeptieren schien und mich aus dieser Verbindung ausblendete. Nur diesen Moment das Christine über die Skulptur strich, nur diesen Moment, da sie der hölzernen Figur in die Augen sah. Ich beobachtete dies von einer Bank aus, hatte mich von Christine entfernt und beobachtete sie aus der Ferne. Ich konnte nicht anders… ich dachte nach, über sie, über mich, über das Spiel welches ohne mein zu tun, ja ohne das ich es realisiert hatte viel ernster geworden war als ich es ja geplant hatte. Es schien aus der Kontrolle zu geraten, zumindest aus meiner. Sicher ich liebte sie wie jeden Sterblichen doch… nein es war nicht das selbe wie bei meinen anderen Liebschaften. Ohne dass ich es gemerkt hatte war sie mehr geworden. Ein Stern der mein Dunkelheit erhellte, das dunkel aus meinem Herzen verdrängte… wie sage ich es am besten…? Ich weiß. So wie ich mal, und musiziere so schreibe ich auch, dichte um genau zu sein und ein Gedicht von mir beschreibt meine Gefühle in jenem Augenblick nur zu gut. Das Gedicht geht so: Dein Licht erleuchtet meine Welt Verdrängt das Dunkel in mei’m Herze, Löscht aus ihm den ganzen Schmerze, Der nun solange mich schon quält. Du strahlst von innen strahlst ganz hell, Lässt keinen Platz für Schatten hier, Schenkst dein Licht und Feuer mir, Ganz wie ein Stern am Himmelszelt. Die Sonn’ bist du, ich bin der Mond. Deshalb kannst du niemals zu mir, Gehörst doch einfach nicht hier her, Auch wenn in meinem Herz zu wohnst. Ich leucht durch dich, bin bei dir gern, Doch du darfst erlöschen nicht, Niemals verlier’n dein Wunderlicht, Kannst nicht hier bleiben, du, mein Stern Ich hatte nur zwei Möglichkeiten. Entweder ich ließ sie fallen, schickte sie zu ihrem Bruder zurück und riskierte, dass r ihr Licht endgültig, nach und nach erlöschen ließ, oder ich machte sie zu meiner Gefährtin. Doch würde ich es nicht ertragen sie sterben zu sehen, folglich müsste ich sie zu einem Kind der Nacht machen und das würde ebenfalls ihren Tot bedeuten. Sicher ihr Körper würde unsterblich werden, doch all das was sie ausmachte würde nach und nach sterben, bis sie nichts als ein Blut saugendes Monster war, denn sie war nicht für ein leben des Blutes geschaffen. Jedes Opfer würde einen Teil ihres Selbst und unwiderruflich auslöschen bis nichts mehr von meiner strahlenden Christine übrig war. Sie drehte sich wiederum, sah mich an. Lächelte… aber es war nicht dasselbe Lächeln. Nein es war kein glückliches, befreites aufleuchten, und mit diesem Lächeln wusste ich genau worüber sie nachgedacht hatte. Ihren Bruder. Wie ich ihn verabscheute, dafür, dass er ihr ein eigenes Leben verbot, sie sogar selber glauben ließ kein recht zu haben glücklich zu sein. Schließlich war es ihre Aufgabe ihn glücklich zu machen. Und trotzdem lächelte sie mich mit ihrem scheinheiligen Lächeln an und stieß mir so einen kalten Dolch mitten ins Herz. Hätte sie ernst geguckt, traurige, wütend, egal was, ich wäre nicht so verletzt gewesen wie von diesem falschen Lächeln. Ich war ja so egoistisch von ihr totale Wahrheit und Aufrichtigkeit zu verlangen und ihr selber nicht einmal zu erzählen was ich war, aber so war ich nun einmal. Und wieder dachte ich nicht gründlich nach. Was interessierte mich der Grund für das aufgesetzte Lächeln? Was interessierte es mich, dass sie es nicht anders gelernt hatte, dass sie dieses falsche Lächeln schon 10 Jahre aufgesetzt hatte? Was interessierte es mich, dass wir uns erst eine Tag kannten? Ich sah nur ihre Maske die ihr wahres Wesen versteckte und ich mochte die Maske nicht, denn sie konnte nie so schön sein wie ihr wahres Gesicht. „Schön nicht?“ Ihre Worte waren bedeutungslos. Es war nicht Christine die da sprach, es war ein Puppe, gespielt von Christian. Und ich war nicht in der Lage ihr ein freundliches Gesicht zu machen, ihr etwas, was meine Gefühle ihr gegenüber betraf vor zu lügen. „Ja schön“ war mein barsche antwort. Ich wusste wie sehr es sie verletzte, ich wusste dass ich es ihr mit mehr als gleicher Münze heimzahlte, dass mein Verhalten ihr gegenüber ungerecht war… aber wie schon so oft handelte ich voreilig und unbedacht. Ich hatte nicht nachgedacht und unbedacht meine Gefühle ausgelebt, egal was es die Menschen um mich herum kostete. Aber ich konnte ihr nichts vorspielen… nicht auf diese Weise. Es war leicht fremde zu belügen und ihnen etwas vorzuspielen was man nicht war, doch Menschen die einem am Herzen lagen, denen wollte man schlicht nichts vorspielen denn es war einem wichtig, dass sie die Wahrheit wussten. Ich war aufgestanden, hatte mich von ihr abgewandt und schritt auf die Tür zu. Nur kurz hatte ich ihre großen blauen Augen gesehen, ihre erblasste Haut, ihren offenen Mund der leicht zitterte. Und genau aus diesem Grund hatte ich mich sofort weg gedreht. Ich wollte sie so nicht sehen, ich wollte mein eigenes werk nicht ansehen, denn ich war es, der ihr diesen Dolch ins Herz gerammt hatte. Aber war es nicht besser so? Besser als ihr ebenfalls ein Lächeln vor zu spielen und ihr nicht zu zeigen wie sie mir wehgetan hatte? Wäre es wirklich besser gewesen es bei den Lügen zu belassen? Hätte sie das glücklicher gemacht? Nur meine Schritte waren in der kleine Kapelle zu hören, Christine hatte sich nicht vom Platz beweg Ich wusste es, spürte ihren Blick auf mir und dennoch drehte ich mich nicht um. Bis sie sich doch bewegte, erst einen zaghaften Schritt, dann rannte sie, packte mich am Arm was mich überraschte (am meisten überraschte mich wohl die Tatsache, dass es mich überraschte). Ich hatte nicht erwartet so schnell ihre zarten warmen Hände wieder auf meiner Haut zu spüren, hatte nicht erwartet, dass sie mich aufhalten würde. Ich hatte nicht einmal darüber nachgedacht was sie wohl tun würde nachdem ich sie so behandelt hatte. „Darf ich euch von meinem Traum erzählen?“ fragte ihre erstickte leise Stimme. Ich war stehen geblieben, sah sich nicht an sondern die Decke über meinem Kopf. „Welch dumme Frage“ erwiderte ich schließlich nach längerer Pause. Ich spürte wie ihr Griff um meine Hand fester wurde, wie sie zitterte „Ich liebe es doch euch zu lauschen“ Wie dumm ich doch in jenem Moment gewesen war. Ich hatte nicht einmal gemerkt wie Menschlich mein Verhalten gewesen war. Getrübt von Liebe und Eifersucht mein denken. Ich, der ich mich mein untotes Leben lang über die Menschen gestellt hatte. Ich war doch der Tot, ich war es vor dem die Menschen Angst hatten. Immer hatte ich das geglaubt und immer habe ich mich auf Basis dieses Glaubens über sie gestellt. Doch jetzt stellte ich mich auf eine Stufe mit Christine, war nicht mehr oder weniger als sie, sondern genauso. Nur Jacques hatte dieses Gefühl einmal spüren dürfen, damals in jener Nacht neben Xavier. Damals hatte ich dasselbe gespürt… Erleichtert atmete sie auf, lehnte ihren Kopf an meine Schulter und begann leise, flüsternd wie der Wind, zu erzählen. „Es war eine frische Sommernacht, genau wie diese. Ich war erst 7. Meine Mutter, eine wunderschöne Frau wenn ich mich recht erinnere, braune lockiges Haar, meinem nicht unähnlich und sanfte braune Augen, und mein Vater, ein Herr von Statur, mit Schnurrbart und aufgeweckten blauen Augen, machten sich zurecht. Ich stand neben meiner Mutter am Spiegel, und sah zu wie sie sich die Ohrringe aus den Ohren holte und begann ihr Gesicht abzuschminken. Ich bewunderte meine Mutter, und wollte so werden wie sie, und sie lächelte und fuhr mir durchs Haar. Ich lachte, ja ich war glücklich. Mein Vater kam um die Ecke, gefolgte Von Christian. Süß war er gewesen mit 7. Pausbäckchen, ganz rot vom vielen Spielen in der sonne mit mir, und ein Lächeln auf den Lippen welches selbst das dickte Eis zum Schmelzen gebracht hätte. Meine Mutter ging auf ihn zu, gab ihm einen Kuss auf die Stirn ‚es ist Zeit schlafen zu gehen’ sagte sie. Mein Vater beugte sich zu mir herunter, nahm mich auf seine Schultern, und auch er lachte dabei. Er lachte, und meine Mutter lachte, und Christian lachte und ich lachte. Wir alle lachten und waren glücklich. Ich wurde in mein Bett gelegt. Es war so weich und warm du behaglich. Ich lag da, die Augen offen und sie Schatten an der Decke beobachtend, doch ich hatte keine angst vor ihnen. Und dann hörte ich einen Schrei, lang und spitz. Und dann hörte ich nichts. Ein Lange Stille. Ich krabbelte aus meinem Bett, ich weiß nicht einmal ob ich Angst hatte, oder ob ich nur neugierig war. Ich rannte die Treppen hinunter zur Küchentür von wo der schrei gekommen war. Und da… da… im Salon lag sie. Rot ihr kleid, genauso rot wie das Blut um sie herum. Mein Vater lag neben ihr, seine bleich Hand ausgestreckt, nach ihr greifend, sie jedoch nicht erreichend. Und immer weiter breitete sich die rote Flüssigkeit aus. Doch ich sah nur in die aufgerissenen, starren Augen meiner Mutter welche in den Armen eines fremden lag. Und dann stand er vor mir… so kalt dieser Blick… so durchbohrend. Er legte seine Finger auf meinen Lippen. So kalt. ‚Gute Nacht Mademoiselle. Träumt was Schönes’ sagte er und lächelte hämisch, so dass ich das blitzen seiner weißen Fangzähne sehen konnte. Dann waren sie weg. Alle, bis auf die leblosen Körper meiner Eltern. Ich wollte zu ihnen, doch mein Bruder nahm mich bei der Hand. Die ganze zeit war er unterm Tisch versteckt gewesen und kam. Und wir rannten. Und seid dem rennen wir“ Stumpf war ihre Stimme gewesen, als träume sie diesen Traum gerade noch einmal. Stumpf, lautlos und doch spürte ich ihre Traurigkeit. Ich konnte jenes kleine Mädchen vor mir sehen… ihr Griff um seine Hand war fester geworden, Tränen rannen über ihr Gesicht. Stumme Tränen über das lang vergessene Leid welches sie durch ihr Erzählen wieder hatte ausgraben müssen, wieder neu hatte erleben müssen. Ich sagte nichts, musste das mir erzählte noch verarbeiten. Das schlimmste war, dass ich dieser Vampir hätte sein können. Ich hätte es gewesen sein können der ihre Familie so kaltblütig umgebracht, der sie alleine gelassen… machte es einen unterschied, dass ich es bei ihr nicht gewesen war? Nun ich hatte noch nie vor den Augen von Kindern deren Eltern getötet. Nein so grausam hatte ich nicht sein können. Wenigstens die Kinder hätte man hinterher noch töten müssen, schon alleine um ihnen diese Qual zu ersparen… Ich drehte mich um, nahm sie fest in meine Arme, ließ sie in meine Weste weinen. Ich sagte nicht es täte mir leid. Nein das wäre gelogen gewesen denn wie konnte es mir leid tun? Viele Kinder verloren ihre Eltern früh, wuchsen in Armut und alleine auf. Viele Menschen wurden von Vampiren umgebracht, viele waren von mir umgebracht worden. Ich konnte es diesem Vampir nicht verübeln dass er diese beiden Menschen umgebracht und die Kinder zurückgelassen hatte. Was hätte ich wohl getan in seinem Fall? Nein ich konnte nicht mein Beileid beteuern, ich konnte nur für sie Dasein und zeigen, das ich verstanden hatte, dass ich er honorierte, ihr Opfer für mich und dass sie nicht alleine mir ihrer Qual war. Ich strich durch ihr seidenes Haar, über ihren Rücken. Doch konnten meine Kalten Finger ihr keiner Wärme schenken. „Ich verstehe“ wisperte ich. Es war fast mehr en lauter Gedanke „Das verbindet euch also…“ dies war das Schicksal, welches Christine und Christian auf immer und Ewig aneinander Kettete, Die Kette, die er versuchte zu trennen. „Christine, Engel…“ sanft waren meine Worte, leise, wie das flüstern des Windes wenn er an den Bäumen vorbei strich „ich liebe dich“ So gern hätte ich diese Worte ausgesprochen, doch ich tat es nicht. Es wäre für sie mehr Last als Erlösung gewesen, sie hätte sich einem der beiden verpflichtet Gefühlt, ihm wie auch ihrem Bruder, und es war noch zu früh. So blieb der Satz unbeendet, einer vieler Sätze, deren Ende man kannte, und doch nicht kannte und deren Lied weiter flog. Sie allein konnte das Lied seines Lebens singen, seine Melodie der Nacht „Schließ die Augen“ mit einem mal schien meine Stimme wesentlich aufgeweckter, ein Idee war in meinen Kopf gekommen, es war eben einer jener Gedanken, welche einfach kamen und welche Perfekt zu sein schienen. Christine schien verwirrt, tat jedoch wie ihr befohlen. ‚Ich ließ sie los, betrachte sich nur einmal das junge Gesicht, noch sah man das Glitzern der Tränen, welche herunter gelaufen waren, ein feiner Streifen durch das Gesicht, über die rosigen Wangenknochen hinweg. Ich musste einfach etwas tun um ihren Schmerz zu lindern. Einfach nur dastehen und ihr zu zuhören schien nicht ausreichend, nein es gehörte mehr dazu. Ich drehte mich um, verließ die Kirche und sah mich einen Moment um ehe ich das fand was ich gesucht hatte. Nur einen Augenblick später stand ich wieder vor Christine. „Ihr könnt die Augen wieder öffnen“ Eine Rote Rose hielt ich ihr vors Gesicht. Sprachlos betrachtete sie das Gewächs. „Die Rose ist ein Zeichen der Liebe, welche du in deinem Herzen trägst, für jeden, vor allem deinem Bruder, wie ich befürchte“ während ich sprach strich ich ihr Haar zurück und die Rose hinein zu stecken, dann sah ich Christine tief in die Augen, ein Lächeln auf meine Lippen. lächelte „Sie passt du dir, da sie stolz ist, und schön, da sie stark und Kraftvoll ist. Es mag Tagegeben, da diese Blume den Kopf hingen ließ, und dennoch, sieh wie sie erblüht ist. Jeden Sturm, hat sie überstanden und gerade das machte sie so schön“ ungeschickter Weise stach ich mich an einem der Dornen während ich versucht die Blume zu richten „Und sie hat Dornen mit denen sie sich wehren kann“ fügte ich noch hinzu. Mit derselben Hand mit der ich die Blume befestigt hatte strich ich nun über das unscheinbare Gesicht und wischte die letzten Tränen ab „Was ich sagen will ist, dass ihr niemals verblühen dürft, was auch kommt, denn dies würde nicht nur euren Bruder in Trauerstimmung versetzen…“ Christine hatte die Augen geschlossen, hatte selber ihre Hand ausgesteckte, meiner ergriffen und führte sie über ihr Gesicht, ein seliges Lächeln auf den Lippen, als sei all der Schmerz vergessen. „Ihr seid ein wunderbarer Poet“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, küsste mich sacht auf die Wange „Doch gefiel es mir am besten, wie ihr meinen Namen ausgesprochen habt“ All dies schien eine Ewigkeit an zu dauern. Man sagte immer, die Zeit verginge wie im Fluge wenn man glücklich war, doch wieso schien dieser Augenblick welcher doch kaum 5 Minuten andauerte, wieso erschien mir dieser Augenblick so lange anzudauern? In fünf Minuten konnte so viel erschaffen werden, konnte ein Leben gerettet oder zerstört werden, konnte ein Kind geboren, konnte der letzte Stein eines Gemäuers gelegt, konnte die Welt untergehen oder das Universum erschaffen werden. In diesem Moment wurde für mich eine neue Welt erschaffen… obwohl… neu entdeckt trifft es wohl eher. War ich wirklich noch derselbe Vampir der am Abend zuvor einer Ahnungslosen Frau nach dem r sie ausgesaugt hatte noch die Theater karten gestohlen hatte? Ich wusste es nicht, und solange ich in diese großen blauen Augen Christines sehen konnte war es mir auch egal. Nur sie und ich schienen zu existieren und Paris war vergessen. Und Christian war vergessen. Und meine traurige Wahrheit war vergessen. schlagen „Christine“ wiederholte ich „Wenn es euch hilft die Trauer die ihr in euch tragt nur einen Moment aus eurem Herzen zu verbannen, so werde ich nie aufhören diesen Namen zu sagen“ Zu kostbar war der Moment ihn einfach verstreichen zulassen… Ich strich ihr noch einmal durch das seidige Haar, strich ihr über den Rücken, drückte sie an mich, als fürchte ich, dass sie, wenn ich sie losließ plötzlich verschwinden könnte. Ich wusste es war falsch sich so hinzugeben… Je höher wir schwebten und je länger wir flogen umso tiefer würden wir fallen und umso schmerzvoller würde der Aufprall werden. Aber ich konnte nicht anders als diesen Himmel auszukosten, wer weiß wann man wieder so hoch fliegen konnte? Ich erwiderte ihren Kuss, jedoch nicht auf die Wange, nein. Ich spürte ihr Lippen auf den meinen, küsste sie, ja schien einen Moment eins mit ihr zu sein. Nur noch sie, die einzige Realität war Christine welche in meine Armen lag, meine Kuss leidenschaftlich erwiderte. Nur ihr duft, eine Mischung aus dem Rosenwasser in dem sie sich heute badete und ihrem eigenen Göttlichen Duft. Nur ihre warmen Lippen, ihre Dünnen Finger ihre zarte Haut, ihr warmer Atem auf meiner Haut. Doch dann öffnete sie ihre Augen, drückte mich mit sanfter Gewallt von sich weg. „Ich... Monsieur, Ihr solltet Euer Herz nicht an eines verschenken, das schon jemandem gehört“ Sie sah mir nicht in die Augen, schaute zu Boden, auf ihre Füße. Ihre Stimme war dünn, leise... zitterte leicht. Sie bewegte sich kein Stück, blieb wie erstarrt so wie sie war. „Ihr habt recht... Die Nacht neigt sich bald dem Ende... mein Bruder wird sich um mich sorgen“ Dieses Mal war ich nicht überrascht. Nein sie konnte ihren Bruder nicht ganz vergessen, nicht in diesem Leben. Doch sie enttäuschte mich durchaus nicht. Im Gegenteil, auf eine gewisse Art war ich erleichtert. Immerhin war ihre antwort ehrlich, nicht länger dieses scheinheilige Lächeln, diese Maske die sie aufgesetzt hatte. Und ich hatte es doch gewusst, dass sie ihren Bruder nicht so einfach ausblenden konnte. „Ich weiß“ antwortete ich mit einem milden Lächeln auf den Lippen, ihr mit meiner kalten Hand über das warme Gesicht streichen, ihren Kopf hochziehend, sodass sie mich angucken musste „Ich weiß auch wenn…“ ich brach ab. Wie gerne hätte ich es ihr ins Gesicht gesagt, alles was ich über ihren ach so feinen Bruder dachte. Christian zerbrach sie, zog sie in seine Dunkelheit Doch das wusste sie selber, vielleicht nicht als festen Gedanken, nur als Gefühl, und dennoch hatte sie sich für diesen Weg entschieden. Der Abend würde für sie hinein brechen, und das bevor die Sonne ihres Lebens hatte aufgehen können. „Aber ich darf doch dennoch auf ein Widersehen hoffen, oder Madame reißt mir euer Bruder dann den Kopf ab“ Ich schmunzelte leicht. Der Moment war vergangen, nur eine Ahnung davon hing noch in der Luft, ein sanfter Duft, eine frische, beruhigende Stille durch welche allmählich das Lachen von draußen drang. Die Welt hatte uns zurück. Wir flogen nicht mehr im Himmel und ließen alles andere unter uns, all das grausame dieser Welt, all die dummen Menschen und das Leid. Nein wir standen wieder hier in Paris auf dem Größten Berg der Stadt in einer kleinen Kapelle. Dennoch würde weder sie noch ich diesen Moment je vergessen, und so würde er Ewigkeiten andauern, oder zumindest solange ich lebe, und seid heute, solange dieses Buch Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)