To be forgiven von Melora (Zeig mir das Licht) ================================================================================ Kapitel 3: Au revoir... ----------------------- Unter dem Vorwand eines Auftrages hatte man Cognac ins Büro gelockt, wo er gleich darauf dem Boss gegenüber saß. "Also, ich wünsche, dass dieser Mann ohne Aufsehen so schnell es möglich ist, stirbt, hast du das verstanden, Cognac?" "Ja, Boss." Es fiel ihm schwer, diesen einfachen Satz zu sagen, aber davon hing nun mal sein Leben ab. "Ach ja, sag meinem Schätzchen, falls du sie sehen solltest, dass die Nacht gestern wunderschön war und wir das gerne heute Abend wiederholen können." Jami, der in Nähe der Tür stand und quasi Wache schob, hatte die Augen geschlossen und lauschte. Für einen kurzen Moment herrschte Stille. ,Jetzt bloß kein falsches Wort, Cognac und er legt dich auf der Stelle um... So dumm, sich mit ihm anzulegen, ist echt keiner, auch wenn eine tolle Frau mitspielt...' "Ach, Sie war bei Ihnen, Boss?" fragte Cognac scheinheilig, immerhin wusste er, dass sie zu ihm hatte gehen müssen. "Ja, ich weiß, dass du mich beneidest, aber sie gehört mir alleine. Nach der Nacht gestern sowieso, sie hat sich mir hingegeben, das tut sie nur bei Männern, die sie liebt, und dann hat sie nur Augen für diesen einen, ihr anderen seid abgeschrieben." Es war wirklich die Höhe, dass er ihm das unter die Nase rieb, wo er gestern Nacht bis morgens wachgelegen hatte, um auf ihre Rückkehr zu warten. ,Deswegen ist sie nicht gekommen... Ich muss hier ganz schnell raus, bevor ich etwas Dummes tue...' Der Boss hielt sich für den einzigen Mann, der zu Vermouth passte, da irrte er sich aber, dieser Kerl war der Letzte, den sie lieben würde, also konnte sich Cognac das Darauffolgende nicht verkneifen. "Männer, die sie liebt? Diese Frau ist doch gar nicht dazu fähig, einen Mann zu lieben", sagte Cognac in einem mehr als nur gehässigen Ton, der Jami alarmiert die Augen öffnen ließ. ,Das war nicht sehr klug.' "Tja, Männer wie dich vielleicht nicht... Aber so einen tollen Mann wie mich ganz sicher. Ich konnte es richtig spüren, als wir vereint waren, dass sie nur mich liebt. Ihr anderen könnt ja gerne weiterträumen." "Keine Lust, es gibt bessere Frauen", sagte Cognac und blickte in die Augen seines Bosses - eiskalt. Er durfte nicht wissen, dass er sie toll fand, auch wenn er es früher mal ganz offensichtlich gezeigt hatte. "Du meinst, sie lässt dich kalt? Das war früher aber nicht so, oder? Willst du mich etwa verarschen, Cognac?" Jami trat etwas nach vorne. "Vielleicht hat er einfach eine Freundin gefunden?" "Wie auch immer, ich wünsche diesen Mord bis spätestens morgen Mittag, lass dir was einfallen. Und kein Aufsehen... du weißt, was dir dann blüht, oder?" "Natürlich." Dieser Dreckskerl wünschte sich doch, dass er versagte, nur um ihn endlich umbringen zu können. Er gab ihm nicht umsonst nur solche Aufträge, er hatte ihn auf dem Kieker und quälte ihn regelrecht. ,Bis ich aufgebe, was?' Dieses Spiel schien dem Mann zu gefallen. Er stichelte ihn, wollte ihn zu einem Ausraster bringen und verlangte, dass er die eigenen Leute tötete, was kam denn als nächstes? Ach ja, er vergaß es schon, aber körperliche Misshandlungen kamen ja auch noch hinzu. Der Boss hatte das Jami doch wohl erlaubt, dass er so mit ihm umspringen durfte. Trotz allem hatte Jami Stillschweigen bewahrt und Vermouth gedeckt, die doch wohl Cognac liebte, nicht ihren Boss. Nicht umsonst hatte sie sich mehrfach für ihn eingesetzt. ,Wo die Liebe hinfällt... wie du lügen kannst, du kleiner Verräter. Ohne mit der Wimper zu zucken, hast du ihm gesagt, sie wäre nicht dazu fähig, einen Mann zu lieben, dabei weißt du es doch besser, oder nicht?' "Ich pass schon auf, Boss." "Gut, Jami, dann begleite ihn nach draußen, ja?" "Wird gemacht, Boss!" Gab es denn wirklich nie einen Moment, in dem Jami dem Boss widersprach? Dieses Verhalten kotzte Cognac ziemlich an, obwohl man ihm den Gedanken nicht ansehen konnte. Der Mann hatte zugelassen, dass man seine Schwester und seine Eltern tötete, ohne Rache zu verüben, nein, er half den Verantwortlichen. Das hatte Vermouth Cognac offenbart, das konnte dieser einfach nicht verstehen. Hatte er denn nie Rachegefühle? Das wäre nur verständlich gewesen. Sein kleiner Bruder war bei der Polizei... in dem Gespräch eben war es um diesen gegangen, doch Jami hatte nichts gesagt, nicht ein Widerwort. Das war doch furchtbar. Liebte er seinen Bruder denn kein bisschen? War er Pinot so ähnlich? Das konnte nicht sein, dann hätte er sich Jahre lang in ihm getäuscht. Cognac fasste nicht, dass Jami so kalt war, kein Herz mehr besaß, dass er seinem kleinen Bruder nicht half. Wenigstens vorhin hätte Jami es wagen können, oder war der schlichtweg zu feige? Was trieb ihn dazu, so eiskalt auf diesen Auftrag zu reagieren? "Weißt du, was Kazumi Ashida verbrochen hat, dass man ihn erledigen will?" "Er gehört zur Spurensicherung, reicht doch!" Was für eine eiskalte Antwort. "Er ist dein kleiner Bruder, Kenichi!" Nun blickte Cognac in die Waffe des Mannes. "Schweig jetzt, Cognac, du wirst deinen Auftrag ausführen! Niemand kann etwas dagegen tun, ohne draufzugehen! Du willst dich nur vor diesem Auftrag drücken!" "Jami..." versuchte er ihn zu überzeugen, doch dann... Klick, die Waffe war geladen worden. Der Mann mit den etwas längeren Haaren war bereit abzudrücken, also sagte Cognac nichts mehr. ,Du herzloser Bastard! Carpano hatte immer Recht, wenn er meinte, du würdest kein Herz besitzen!' Wie furchtbar das doch war, es einsehen zu müssen, immerhin war Jami mal sein bester Freund gewesen, zumindest innerhalb der Organisation. Kenji Enomotos bester Freund... Das einzig Gute an Jami war stets gewesen, dass er Frauen nicht vergewaltigte, töten konnte er sie schon... Aber das reichte nicht, er gehörte eingesperrt, war doch schließlich nicht mehr normal. Okay, keiner von ihnen war wirklich komplett normal geblieben, aber bei Jami wunderte es ihn nicht mehr, dass er so hoch stand. Cognac hatte sich vor Jahren gefragt, wie ein so guter Mensch einer der Ranghöchsten sein konnte, jetzt wusste er es, so eiskalt wie der war, passte das absolut zu ihm, denn er verriet die Organisation wirklich nie. Perfekt für den Boss. Wahrscheinlich würde er Carpano sofort töten, sobald er erfuhr, dass er seinen kleinen Bruder beschützte, Jami selbst tat es ja nicht, das würde er mit Verrat gleichsetzen. ,Wie leicht es wäre, ihn gegen ihn zu hetzen, man müsste ihm nur Beweise liefern, das macht mir irgendwie Angst... Wenn Teran mal was findet, dann...' Cognac schluckte, er hatte keine Lust auf noch mehr Opfer, schon gar nicht, wenn sie nur dafür sorgten, dass es anderen nicht so wie Akemi Miyano erging. ,Wenn ich Ryochi töten soll, kommen sie sicher dahinter, ich hoffe, das bleibt uns allen erspart...' Carpano sollte ihn doch töten, wenn es so weit war, aber das wäre Beschützerei seinem Bruder gegenüber und ein Verrat. Jami würde sicher nicht zögern. ,Ich hoffe, du zögerst dann auch nicht, Yuichi und verpasst Jami eine Kugel mitten zwischen die Augen, damit er gleich verreckt!' Ja, im Moment ließ sich Cognac von seinem Hass leiten, er hasste Jami dafür, dass er seinen kleinen Bruder sterben lassen würde. ,Der arme Kerl tut mir Leid... Sein Bruder ist ein erbärmliches Schwein, das ihn sterben lassen will, es geht mir einfach nicht in den Kopf. Ob er weiß, wie sein Bruder wirklich geworden ist? Ob sie noch Kontakt haben?' Ein Kleid aus Seide in etwas dunklerem Rot zierte ihren Körper. Es ging um ihre Taille herum im Kreis, wo es ein paar Falten schlug, so dass ihr Rücken frei war, vorne war es zu zwei Teilen nach oben gezogen, so dass der Stoff gerade ihre Brüste verdecken konnte. Beide waren um ihren Hals gebunden, wodurch das Ganze gehalten wurde, damit ihre Brüste nicht herausfielen. Von der Länge her ging es bis zum Boden und gab sonst nichts von ihrem Körper frei, außer ihre Arme, ihren Rücken, ein wenig von ihrem Dekolleté und ihren Seiten. Seit sie in diesem Aufzug das Hotel betreten hatte, musterte der Schwarzhaarige die Frau schon regelrecht und genoss den Anblick, den sie ihm gewährte. Sêiichî wanderte von ihrem Hals bis zu ihren Brüsten und wieder zurück, das ganze Spiel noch einmal. Er konnte sich gar nicht satt sehen. "Du siehst noch schöner aus, als sonst. Wieso denn? Habe ich Geburtstag, oder habe ich Weihnachten vergessen? Was gibt es zu feiern, dass du mich mit einem solchen Anblick verwöhnst?" "Es gibt keinen besonderen Grund", er wurde umarmt und ließ es liebend gerne zu. "Ach nicht? Dann auch noch rot, ich liebe diese Farbe, an dir sowieso. Du trägst sie im Grunde viel zu selten. Du hast das extra für mich angezogen, oder? Das bin ich gar nicht gewohnt." Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht, was aber eher Show war. ,Plagt dich ein schlechtes Gewissen?' Ja, diese Frage stellte er sich unwiderruflich. Sie benahm sich argwöhnisch, es war leicht für ihn zu durchschauen, was der Grund war, immerhin hatte der Boss damit förmlich geprahlt. ,Ich hasse dich, du Mistkerl!' Er war nicht böse auf sie, denn wenn das Ganze wirklich stattgefunden hatte, dann war es kein Betrug, sie liebte schließlich ihn. Irgendetwas hatte sie dazu gebracht, freiwillig hatte sie sich niemals auf den Boss eingelassen, etwas hatte danach verlangt. Nur was? Seine Gedanken stimmten ihn traurig, dieser Kerl hatte sie nicht zu solchen Sachen zu zwingen! Ihm war ganz schlecht, wenn er daran dachte, dass sie es getan hatten. Wie sie sich dabei wohl gefühlt hatte? Aber das war dem Boss anscheinend egal. Hauptsache, er durfte ihren wundervollen Körper betatschen, so war es ja immer gewesen. "Tja, gewöhn dich auch besser nicht daran, genieß einfach." Sie löste sich wieder von ihm, er schaute an ihr hinab und linste ihr vorne rein. Eine gesunde Röte breitete sich auf seinen Wangen aus, denn ihm wurde warm, wenn er sie so ansah. Ihre fülligen Brüste spannten das Kleid etwas, so dass sie prall hervorschauten, wenn man nach unten schaute. Er bemühte sich wirklich um Beherrschung, schließlich hatte er heute nicht vor, weiter zu gehen, also beließ er es bei Blicken und einem Lächeln. ,Also irgendwie benimmt er sich heute komisch. Sonst konnte er sich ja auch nicht halten. Wieso habe ich dieses Kleid immer noch an?' "Sag' mal", meinte der 25-jährige dann und fuhr ihr liebevoll durch die vollen Haare, "hat er dich gestern nicht mehr weggelassen? Und wie ist es gelaufen?" Er wollte wissen, was sie ihm auftischen würde, wenn sie ihn schon vor der Wahrheit beschützen wollte, wie gut, dass er sie kannte und nicht total im Dunklen tappte. Nervosität nahm ihren Körper ein, die sie jedoch gut vertuschte, indem sie ihm mutig in die Augen blickte, wobei sie sich an seine Hand auf ihrer einen Wange schmiegte und mit ihrer über seine fuhr. "Ja, ich musste bei ihm bleiben, da war er hartnäckig, mach dir aber keine Sorgen, mir geht es wunderbar." So etwas in der Art hatte er erwartet - dass sie ihn beruhigen würde. ,Wie furchtbar muss es gewesen sein?' Er machte sich jetzt erst recht Sorgen, wenn sie so einen Spruch fallen ließ. Sie hatte ihre Hand regelrecht auf seine gedrückt und sorgte so dafür, dass er ihre Wange weiterhin hielt. Sie mochte diese Berührung, die Zuneigung ausdrücken sollte. ,Ahnt er etwas?' Es kam ihr allmählich so vor, als wenn er ahnte, dass gestern Einiges gelaufen war, er sollte sich nicht mit solchen Gedanken quälen, sie wusste doch, wie verletzbar sie ihn machte. Er reagierte nicht umsonst auf andere Männer ziemlich eifersüchtig, dabei war er der Einzige für sie. Natürlich dachte er daran, dass der Boss sie angefasst haben könnte, wenn sie über Nacht bei ihm blieb, wie könnte er anders denken? Sêiichî hatte durch seinen älteren Bruder Übung darin, seine Gefühle zu verstecken, sonst hätte er vor ihr zu weinen begonnen, wenn er daran dachte, dass jemand sie zwang. Sie war doch schließlich seine Freundin, ihn liebte sie, ein anderer konnte sie gar nicht glücklich machen, auch wenn das sehr eingebildet klingen würde, war es schließlich so. Vielleicht hatte sie sich auch vor dem Boss geekelt und es trotzdem zugelassen, er hatte Mitleid mit ihr, sie war wirklich gestraft mit diesem Kerl, und jetzt hatte er es geschafft, sie in sein Bett zu zerren. Auch musste er seine Wut unterdrücken, er war so wütend, wie schon lange nicht mehr. Er durfte nicht aus Zorn auf den Boss anfangen zu heulen, es war besser, wenn er sie gar nicht erst darauf ansprach. Sie vertuschte es nicht ohne Grund, sie schonte ihn. Er wollte ihr schlechtes Gewissen nicht noch verschlimmern, auch wenn er es gerade nicht wagte, sie nach gestern anzufassen. "Ich könnte uns was kochen, was hältst du davon?" Wie feige war er jetzt? Er wollte sie durch etwas Leckeres davon ablenken und sich einfach mit ihr amüsieren, ohne dass sie im Bett bei einem leidenschaftlichen Liebesspiel enden würden. Wenn er sie weiter so ansah, würde es dazu kommen, weil er sich einfach nicht zusammen nehmen konnte, Lust hatte er nämlich keine. Nicht heute, wo man ihm brutal an den Kopf geworfen hatte, was geschehen war. Der Boss hatte es ihm gesagt, nur um ihn eins reinzuwürgen, das war ihm so klar. ,Du armer Kerl, du hast ja keine Ahnung, wie wichtig ich ihr bin, dann würdest du nicht so prahlen, du bist ein echt armer Wurm. Dein kleiner Handlanger hat ihr Herz erobert, was du über die Jahre hinweg nie geschafft hast... I'm the winner!' Seine Gedanken munterten ihn auf. Er hielt sich vor Augen, dass sie den Boss nicht liebte, dann konnte er besser mit diesem Umstand umgehen. "Drei Polizistenmorde... in fünf Tagen...", ein Seufzen entfuhr dem ermittelnden Detektiv, der sich natürlich so seine Gedanken um diese Verbrechen gemacht hatte. "Jeder wurde mit einer Sig Sauer erschossen..." Warum sein Augenmerk als erstes auf diese Tatsache gefallen war, war eigentlich recht simpel. Er kannte jemanden, der eine solche Waffe benutzte und nie eine andere. Es war sogar dasselbe Modell, was sie durch die Analyse der Kugeln, mit denen die Männer getötet worden waren, herausgefunden hatten. Aber er würde doch niemals Polizisten erschießen, oder? Eigentlich dachte er ihn zu kennen, schließlich waren sie seit dem Kindergarten Freunde. Vielleicht wollte man seinem Freund auch was anhängen, das war ja immerhin möglich, so viele Feinde, wie sich der 25-jährige Polizist gemacht hatte... "Außerdem hatten alle die Spuren einer Organisation aufgenommen... wenn das nicht der Grund ist, weiß ich auch nicht..." meinte der Detektiv noch, der gerade mit seinem Vater mitten in einem Gespräch war, als die Tür aufging. "Hier möchte Sie jemand sprechen, ein junger Mann namens Hiroya Tokorozawa, er sagt, es sei dringend, und dass er zur Polizei von Nagoya gehört." Die junge Frau, die so eben eingetreten war, war niemand anderes als Miwako Satô, die ebenfalls hier als Kriminalistin tätig war. "Ein Kriminalist aus Nagoya? Schicken Sie ihn rein, Satô-san." Die Frau nickte, woraufhin die beiden Männer wieder alleine im Raum zurückgelassen wurden. Jemand klopfte gegen die Tür, so dass man ihn hereinbat. "Entschuldigen Sie, dass ich so plötzlich hier vorbei schneie, aber ich habe da so ein paar Dinge mit Ihnen zu klären." Ryochi warf dem 30-jährigen einen kurzen Seitenblick zu - irgendwoher kannte er ihn, er hatte ihn definitiv schon einmal gesehen, nur wann und wo? "Die wären?" Hiroya schloss kurz die Augen, nur um sich zu sammeln und sie dann wieder zu öffnen. "Es geht um ein paar Freunde meinerseits, die vor kurzem ermordet wurden. Ich habe Hinweise auf den Täter..." Ryochi blickte den anderen interessiert an und hoffte, dass er seinen Verdacht erschüttern würde. "Es war jemand aus einer Verbrecherorganisation, die ich jage..." Okay, das war ja noch harmlos, wer wusste schon, wie viele Killer mit einer Sig Sauer durch die Gegend rannten? "Es handelt sich dabei um einen Kerl, der sich Cognac schimpft... ich kenne seine Taten, habe ihn schließlich lange genug beobachtet. Er benutzt immer eine Sig Sauer P239, eine 6 Millimeter-Waffe. Er mischt dort schon Jahre lang mit. Etwa 8 Jahre schon, damals bin ich ihm das erste Mal begegnet. Er ist mittlerweile schon ein richtiger Profikiller, hinterlässt kaum Spuren, trotzdem weiß ich davon. Eigentlich müsste er es als nächstes dann wohl auf mich abgesehen haben... Das ist nicht alles, Herr Polizeipräsident, dieser Mann ist Ihnen sehr vertraut... früher wollte er Polizist werden, was er wahr gemacht hat. Trotzdem hängt er immer noch in dieser Organisation drin. Erst heute habe ich erfahren, dass er in Osaka sogar den Dienst geschmissen hat. Scheint so, als wenn er sich vom Polizistendasein jetzt verabschiedet hat und lieber welche abmurksen möchte..." Der Detektiv im Alter von 24 hatte einen bitteren Geschmack im Mund, ihm wurde leicht schlecht, dann beiden musste klar sein, dass von Sêiichî die Rede war. ,Ich hab mich nicht geirrt... Leider...' "Wer sind Ihre Freunde denn, Tokorozawa-kun?", wollte der Polizeipräsident ruhig wissen, ohne sich von den Aussagen des Mannes verunsichern zu lassen, auch wenn sie auf Sêiichî passten. Dass der junge Mann Probleme haben musste war Ryochis Vater durchaus schon bewusst. Es war sehr verdächtig gewesen, dass Sêiichî eine Zeit lang spurlos verschwunden gewesen war, ohne in Osaka Bescheid zu sagen. Er hatte nachträglich nur gemeint, er müsste dringend weg und war abgehauen, Heizo Hattori wusste bis heute nicht, weshalb Sêiichî Urlaub gebraucht hatte. "Hayate Machida, Heiichirou und Naoya Kanata und... Hachizo Matsuyama..." Das waren genau die drei Opfer - und noch ein Unbekanntes - von denen Ryo und sein Vater bis vor kurzem noch geredet hatten. "Ich war zu der Zeit jedes Mal außer Gefecht gesetzt... Das haben sie in die Wege geleitet, damit Cognac zuschlagen konnte." "Wie sind Sie denn auf solche Spuren gekommen, mhm?", wollte Ryochi wissen, wobei er das Sie ein klein wenig bissig aussprach, er traute dem Kerl nicht so ganz über den Weg, er kam ihm nicht geheuer vor, geradezu, als hätte er Dreck am Stecken. Irgendetwas an seinem Benehmen missfiel ihm gewaltig. "Das kann schließlich jeder erzählen. Wenn ich Sie wäre, würde ich jetzt Beweise rüber wachsen lassen." Ein etwas gehässig wirkendes Lachen kam über Hiroya. "Sehr witzig! Ich selbst besitze keine Beweise, aber andere. Du möchtest ja wohl nur nicht glauben, dass dein bester Freund so etwas tut, Ryochi Akaja, toller Detektiv bist du. Und du weißt auch ganz genau, von welcher Organisation ich da rede, oder etwa nicht?" "Schon mal was von Rufmord gehört, Tokorozawa? Ohne Beweise so etwas zu behaupten, tut niemals gut, man kann in Teufels Küche kommen, wussten Sie das denn nicht?" "Rufmord? Keineswegs... Meine Schwester hat vor 8 Jahren mitbekommen, wie Sêiichî einen Mann getötet hat. Dabei ist sie sogar verletzt worden. Ich sammele seit über 10 Jahren Informationen über diese Organisation, du weißt wahrscheinlich nicht mal, womit du es zu tun hast. Hör da lieber mal auf jemanden, der mehr weiß, ja?" Anscheinend war der zum Angeben gekommen? Der Detektiv seufzte nur. "Da ist jemand aber sehr abgehoben." "Ich bin nicht abgehoben, ich sage nur, wie es ist. Meine Freundin ist denen zurzeit hilflos ausgeliefert, sobald ich sie alleine lasse. Das ist eigentlich der wirkliche Grund dafür, dass ich hierher gekommen bin. Und ich will, dass man diesen kleinen Verräter schnappt." "Wenn dem so ist, dann wird er wieder zuschlagen." "Tja, nur zu dumm, dass bisher keiner weiß, wann er zuschlagen wird und wen er plant anzugreifen. Es kommen aber ein paar Personen in Frage, die dringend Polizeischutz benötigen. Naru Machida, Yuriko Tokorozawa, meine Schwester, und Kazumi Ashida, der auch hier arbeitet." "Gut, ich kümmere mich darum, wenn Sie mir verraten, wo wir diese Personen finden können." "Meine Schwester ist zu Hause, ich gebe Ihnen die Adresse, dort ist auch meine Freundin, Yuriko gibt gerade auf sie Acht. Sie ist nur durch mich zur Zielscheibe geworden, weil ich sie vor denen gewarnt habe. Außerdem findet einer von denen sie besonders toll, der nennt sich Jami und ist wohl Cognacs Mentor gewesen." Ryochi ließ sich auf einen Stuhl fallen und schloss die Augen, um sich erst einmal wieder zu beruhigen. ,Bestimmt hat der Boss ihm das befohlen, er muss es machen, alles andere glaube ich erst, wenn ich es mit eigenen Augen sehe...' Ein toller Tag war das, sie würden gegen seinen besten Freund ermitteln, der zum Mörder geworden war. Am besten steckte dann noch sein eigener Bruder mit drin, den Hiroya komischerweise nicht erwähnt hatte. Wusste er es nicht? Schonen wollte er ihn ja wohl kaum, es schien eher, als wolle er ihm Vorwürfe machen, weil er so blind gewesen war. "Kazumi ist hier ganz in der Nähe bei einem Mordfall, er arbeitet ja schließlich bei der Spurensicherung... Ich denke, ich fahr da hin, Vater, den Rest überlasse ich dann dir." "Mach das und nimm Miwako am besten mit." "Wieso das denn? Wo steckt Shina eigentlich wieder?" Er wollte lieber seine Frau mitnehmen, statt Miwako, darum würde sich eher Wataru reißen, weil er total verschossen in diese Frau war. "Keine Ahnung, da musst du sie schon auf dem Handy anrufen, wenn du das wissen willst." Ein roter Mazda stand jetzt schon eine Weile in einer Seitenstraße. Direkt daneben ein jung wirkender Mann, der mit einem diabolischen Grinsen auf sein Werk hinabschaute. In der Hand hielt er eine Sig Sauer, mit welcher er so eben einen Mord begangen hatte. Man sah ihn kaum, da es in der Gasse sehr dunkel war. Alles war perfekt, niemand würde hinter den wahren Grund dieser Tat kommen. So, wie es geplant war. Dieser Tokorozawa spielte zwar noch immer mit und konnte ihnen gefährlich werden, aber bisher brauchte man ihn noch. Er sollte eine gewisse Person nur dieses Opfer finden lassen, der würde vielleicht einen Schreck kriegen... Kaum fünfzehn Minuten später war Ryochi fast beim Tatort angekommen, doch ihm fiel etwas ins Auge, das ihn anhalten ließ. Er stieg aus und sah sich das Ganze mal genauer an. Was machte dieser Wagen eigentlich hier in einer kleinen Gasse gegenüber von diesem Hochhaus? Durch das Kennzeichen war dem Detektiv sofort klar, dass das ihr Auto war, also nahm er es unter die Lupe. Der Schlüssel steckte, aber sie war nicht da. Was hatte das denn zu bedeuten? Sie würde doch nie so etwas Dummes tun... Er ging um das Auto herum und stieß gegen etwas, das am Boden lag. Damit hatte er nicht gerechnet und erschrak erst einmal. Sein Mund öffnete sich, als er die hellbraunhaarige Frau blutend am Boden liegen sah. Sie lag in einer Blutlache. "Shina?" Als wenn eine Tote noch Antworten geben könnte, sprach er sie an, man konnte aber auch denken, er würde es selbst nicht fassen können und fragte deswegen. Ryochi wagte im ersten Moment gar nicht, sie anzufassen, überwand sich schließlich aber und drehte sie auf den Rücken herum. Ihm fiel sofort ein riesiger Blutfleck in der Mitte auf. Er hatte fast ihren gesamten Pullover getränkt. Im Hochhaus auf der anderen Seite stand eine andere hellbraunhaarige Frau gegen die Wand des Aufzuges gelehnt da und wartete darauf, dass der Signalton zu hören sein würde. Sie sinnte über Geschehenes und hatte die Augen geschlossen. Pling!. Sie öffnete die Augen und stand jetzt direkt in der Tür. Ahnungslos wartete sie das Öffnen der Türen ab. Sie öffneten sich zu den Seiten, woraufhin sie etwas Schwarzes sah, das sie im ersten Moment gar nicht erkannte. Was war es? Ein Rohr? Ihre Augen weiteten sich und sie erschrak so sehr, dass sie zusammenzuckte. ,Jetzt bin ich dran...' schoss durch ihren Kopf, sie starrte in dieses schwarze Loch und ging einen Schritt rückwärts, doch der Aufzug engte sie ein, sie konnte jetzt nicht weglaufen, auch wenn die 24-jährige es gewollt hätte. Klick! Es war abgedrückt worden und um sie herum wurde es schwarz, noch ehe ihr Körper zu Boden gegangen war. Das hier war ein Befehl gewesen, selbst wenn dieser ihm nicht gefallen hatte... Noch einen kurzen Blick warf er der schönen Frau zu, die nun dalag, kein Leben mehr in sich hatte. Doch dann rannte er davon, auf nimmer Wiedersehen - es war nur ein Mord von Tausenden, nichts Besonderes mehr... Nachdem es an der Tür geklingelt hatte, wurde diese von einem braunhaarigen Mann geöffnet. Ein Schwarzhaariger mit Lederjacke stand in seiner Tür und bekam keinen Ton raus, obwohl er nicht wusste, wieso das so war. "Ja, Sie wünschen?" "Ähm, wird hier ermittelt?" "Wieso interessiert Sie das denn so?" Ein Seufzen entfuhr dem Mann von der Spurensicherung, der hier bis eben noch beschäftigt gewesen war. "Ich bin selbst bei der Polizei, deswegen." "Aha, ich kenne Sie nicht. Arbeiten Sie außerhalb? Haben Sie einen Dienstausweis?" Blöd war der ja nicht, leider hatte er diesen Dienstausweis nicht mehr, weil er gekündigt hatte, es hatte ja sein müssen. Die wollten es so. "Ähm, nein, ich war eher mal bei der Polizei." "Na, dann, auf Wiedersehen." Er wollte Sêiichî die Tür vor der Nase zuschlagen, doch diese wurde durch seine Hand aufgehalten. "Ich will mich aber mal mit Ihnen unterhalten." Jetzt erstrecht, vor allem so, wie der aussah, hatte der junge Mann keine große Lust, ihn zu ermorden. Eigentlich so gut wie gar keine, allerdings war das ihm im Moment strikt untersagt, Mitgefühl zu empfinden. "Wer ist hier zu Tode gekommen?" Kazumi holte tief Luft, immerhin waren es sehr enge Verwandte seinerseits. "Rui Kisara, 39 Jahre alt und meine Cousine, außerdem noch mein Onkel Ryosei Kisara, der 59 ist. Die beiden waren auf Besuch in dieser Stadt und wurden einfach so angefallen." "Tut mir Leid." Sêiichî wusste, was die beiden verbrochen hatten. "Auch wenn Ihnen das jetzt seltsam vorkommen wird, ich interessiere mich für Ihre Beziehung zu Kenichi Ashida." Die Augen des 24-jährigen weiteten sich, denn er war richtig schockiert diesen Namen zu hören und zog sich seine Kappe tiefer. "Das geht Sie doch gar nichts an!", maulte er, als gerade einer der Kommissare, die am Tatort waren, von hinten kam und ihn etwas zur Seite schob. "Hey, Sêiichî, was machst du hier?" "Sie kennen ihn, Takagi?" "Ja, ich kenne ihn, er ist ein enger Freund meines besten Freundes, na ja, lange Geschichte", meinte er zu Kazumi und wandte sich dann wieder seinem Bekannten zu. "Aber was tust du hier, Sêiichî? Suchst du Ryo?" "Nein, Wataru, ich wollte mich eher mal mit dem Mann hier unterhalten, aber ich glaube, er misstraut mir." Der Angesprochene warf Kazumi einen Seitenblick zu. "Ach wirklich?" Er schaute wieder zu Sêiichî und sah ihn verwirrt an. "Wieso willst du dich mit jemandem von der Spurensicherung unterhalten?" "Weil ich seinen Bruder kenne und gerne mit ihm über den Mann geredet hätte. Lässt du uns alleine, Wataru?" "Aha, du bist schon komisch, Sêi-chan, aber tut das, die Spurensicherung ist ja ohnehin fertig. Wir verschwinden sowieso bald. Es muss nur noch alles abgesperrt werden." Weil Kommissar Takagi und der Unbekannte sich wohl sehr gut kannten, entschloss der 24-jährige ihm zu trauen und ehrlich zu sein. "Wissen Sie etwa, wo mein Bruder steckt?" Eigentlich reichte das schon, jetzt wusste Sêiichî nämlich, was ihn am meisten beschäftigt hatte - die Frage, ob sein Bruder etwas wusste. ,So was Unnötiges, nur um mich zu ärgern... so ist es doch, oder nicht?' Mal sehen, wie man ihn löchern konnte. "Tja... kann man meinen." "Was macht er? Wieso ist er verschwunden? Wissen Sie das? Bitte sagen Sie mir, was Sie wissen!" Der junge Mann wurde total verzweifelt, im Gegensatz zu Jami liebte er seinen Bruder, man konnte es ihm ansehen - doch er war so ahnungslos, dass es Sêiichî geradezu im Herzen wehtat. "Er ist Frauenarzt in Shizuoka." Er hatte keinerlei Lust, ihm alles zu sagen, schließlich wollte der Schwarzhaarige nur wissen, was Kazumi wusste. "Aha, und deswegen kommt ein Fremder, um mir das zu sagen. Da ist mehr..." Sein Blick senkte sich, er kniff die Augen zu. "Ich hab's geahnt, die stecken dahinter... wegen ihnen ist er verschwunden... wegen den Mördern unserer Eltern..." Da waren sie, die Gründe; Sêiichî schluckte instinktiv. Kazumi kannte die Organisation und deswegen ließ der Boss ihn jagen - er wollte ihn tot. Hauptsache, er konnte nichts unternehmen. Was aber sollte er jetzt tun? Es war schlimm genug gewesen, diesen Typen loszuwerden, der ihn die ganze Zeit verfolgt hatte. Aber sich vor diesem Auftrag drücken, war nicht wirklich drin, wenn man überleben wollte... ~Überlege dir gut, was du tust, Iwamoto, jeder Fehler kann tödlich enden...~ Der Boss legte es ihm jedes Mal nahe, erfolgreich zu sein, weil man ihn sonst aus dem Weg räumen würde... Und er hatte diese Angst, denn er wollte am Leben bleiben, man brauchte ihn bisher noch auf dieser Welt, immerhin hatte er Freunde und eine Frau, die er liebte, keinen von diesen Menschen sollte ein Mord an ihm selbst treffen. Sêiichî wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als der Türknauf geschnappt wurde und ihn so daran hinderte. "Hi..." Er drehte sich zu der Stimme um, die ungewöhnlich leise klang, beinahe traumatisiert. Der Braunhaarige ging erst mal wortlos an Sêiichî vorbei, ohne ihn auch nur anzusehen und machte sich auf den Weg zu Wataru. "Ich brauche deine Hilfe, komm mit, es hat sich etwas Grauenhaftes ereignet..." "Was ist so schrecklich?" "Shina..." Die Stimme des Detektivs klang brüchig und Tränen kamen in seinen Augen auf. "Wo steckt sie?" "Komm!" Er schnappte Watarus Arm und zog diesen einfach hinter sich her. "Chiba, kümmern Sie sich bitte um alles... und nehmen sie Iwamotos Waffe an sich, die wird untersucht..." meinte Ryochi, so dass Sêiichî ihm ins Gesicht sah. "Irgendetwas stimmt nicht." Er schnappte sich den linken Arm seines Freundes und hielt ihm vom Gehen ab. "Was ist los mit dir? Kein Hallo?" Das Hi war nicht an Sêiichî gerichtet gewesen, er hatte demonstrativ seinen Blick gemieden. "Schmoll hier nicht rum, ich hab keine Nerven für deine Kinderreien, verstanden?" So angefaucht worden war der 25-jährige schon ewig nicht mehr, schon gar nicht von Ryochi. Was hatte den denn gebissen? "Was habe ich verbrochen?" Er war erst hier angekommen und hatte keine Tat verübt, über die Ryochi so erzürnt sein konnte, nein, irgendetwas, was ihm unklar war, wurde hier gespielt. "Um das herauszufinden, muss deine Waffe untersucht werden", meinte Ryochi, sah ihn aber noch immer nicht an, jedoch nicht, weil er wütend auf ihn war und ihn verdächtigte, nein, er wollte ihm nicht den Blick in seine Augen zumuten. Vor gut fünf Minuten hatte er seine Frau gefunden - tot. Wie er sich dabei fühlte, konnte man in seinen Augen sehen, weshalb er lieber nicht riskierte, ihn etwas sehen zu lassen. Nicht jetzt... Chiba ging zu Sêiichî hinüber und blieb vor ihm stehen. "Geben Sie mir Ihre Waffe!" "Natürlich, wenn es sein muss..." Sêiichî fasste sich in die Innentasche und reichte seine Waffe an Chiba weiter, der zwar noch nicht wusste, was passiert war, aber nur seinen Job tat. ,Tja, heute wird wohl kein Mord mehr geschehen, Boss...' Auf gewisse Weise war er gehässig und machte sich über sich selbst lustig, immerhin war er ohne seine Waffe nicht sehr gefährlich - andere Leute würden auch ohne eine Waffe auskommen... aber nicht er. Niemals würde er sich mit bloßen Händen an einem Opfer vergreifen, das war doch abartig und zu viel des Guten. Es war schlimm genug, wenn er sie erschoss. Derweil wurde Wataru einfach die Straße entlang gezerrt, bis in die Gasse, wo Shinas Wagen stand. "Da war jemand sehr brutal", murmelte der Detektiv. "Schau es dir genau an und dann sag mir bitte, dass Sêiichî so etwas niemals tun könnte!" "Wovon sprichst du da?" Wataru blickte am Auto vorbei und nach hinten in die Gasse, woraufhin er den Kopf der Frau sah und große Augen bekam. "Oh mein Gott..." Er ging zu Shina hin und kniete sich vor ihr nieder. "Hast du sie alleine gefunden?" "Ja, habe ich... ist doch egal, ob das so ist. Ich will diesen Täter!" Wataru betrachtete sich das Ganze genauer, wobei ihm doch sehr flau im Magen wurde, allerdings gehörten Gefühle nicht in einen Fall, selbst wenn Wataru das nicht so ganz auf die Reihe bekam, genauso wenig wie Ryochi. Sie waren in diesen Fall zu tief verstrickt, als dass sie eiskalt hätten reagieren können. "Wir sollten das jemand anderen machen lassen..." "So ein Unsinn... es ist passiert, das kann keiner mehr ändern, wir können nur diesen Mörder fassen. Willst du nicht, dass er blutet?" "Schon, aber... wie kommst du eigentlich auf Sêiichî? Würde der morden? Wie kommst du bloß auf so etwas?" "Ja, er würde nicht nur, er tut es..." Deswegen hatte er Wataru geholt, damit sie sich kurz darüber unterhalten konnten. "Na toll... so etwas verschweigst du mir? Was soll das?" "Nicht nur ich habe geschwiegen, ich bin mir sicher, dass Kôji auch davon weiß, immerhin sind sie in Osaka enge Kollegen gewesen." Ryochi fasste sich an den Kopf, er glühte und irgendwie hatte er das Gefühl, ihm wurde schwindelig, je länger er die Tote ansah. Es war einfach schrecklich, jemanden, den man über alles liebte, so zu sehen. ,Ich denke, den zerfetze ich mit Worten, wenn ich ihn habe...' "Das sind echt tolle Aussichten. Ein Polizist als Mörder... erklär mir das! Dass ihr immer noch Freunde seid, sagt mir, dass er das nicht einfach so tut." Wataru lebte hinter dem Mond, wie man bemerkte, er bekam rein gar nichts mit. Und seine Schwester hatte wohl auch keine Lust gehabt, ihren Bruder mal aufzuklären, wie es schien, sie wusste nämlich sehr wohl über Cognac Bescheid. "Er hat früher deinen Vater gejagt, das ging so weit, dass dein Vater dachte, er müsse ihn umbringen lassen. Zum Schutz hatte er nun mal eine Waffe, mit 15 hat er angefangen sie einzusetzen, vielleicht hätte ich ihn verpetzen sollen, damit Vater ihn aufhält. Irgendwann hielt er es dann für nötig, Leute zu retten, indem er andere erschoss. Als er dann erfahren hat, dass Chardonnay nicht der einzige Alkohol ist, der frei rumrennt, war er total wild auf den Fall. Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber er ist dann in der selben Organisation gelandet, wie Keichiro. Neuerdings scheint es, als würde er auch Polizisten töten, irgendwas muss vorgefallen sein. Die Morde an den Kriminalisten, sie wurden alle vom selbem Täter begangen, wie du weißt... Wenn ich nicht total falsch liege, war es Sêiichî. Er würde das aber nicht tun, wenn man ihn nicht dazu zwingen würde... Er benutzt eine Sig Sauer, genauso wie der Täter..." Er deutete auf Shina. "Du hältst es für möglich, dass er es war?" Das konnte Wataru nicht glauben, aber es war wohl so. "Deswegen wolltest du seine Waffe beschlagnahmen", stellte der Kriminalist fest, weswegen Ryochi den Kopf schüttelte. "Er weiß, dass sie meine Frau ist, das würde er nie machen... denke ich zumindest. Trotzdem will ich, dass seine Waffe untersucht wird, dann wissen wir es ganz genau. Bleibt nichts, als zu hoffen, dass die Kugel nicht aus seiner Waffe stammt." "Wenn Kôji so was machen würde, ich wüsste nicht, wie ich darauf reagieren würde. Wir sollten Megure informieren, und auch deinen Vater... auch wenn sie uns den Fall dann vielleicht entziehen, weil wir ihr zu nahe stehen..." Anders als Miwako konnte Wataru mittlerweile mit so etwas umgehen, besser als es sicher bei Ryochi war. Es waren schon einige Freunde draufgegangen, woran sein Vater schuld war. Trotzdem wollte er nicht Miwakos Leiche finden müssen, er würde noch besser auf sie aufpassen, als bisher schon, damit ihm das erspart blieb. "Er würde mir so etwas doch niemals antun können, dann müsste man schon seine Seele austauschen", sagte der Detektiv nachdenklich und schloss die Augen. ,Muss der ein schlechtes Gewissen haben, wenn er seinesgleichen tötet... Hoffentlich stürzt er dadurch nicht komplett ab.' Währenddessen befand sich Sêiichî noch immer bei Kazumi, der jetzt sehr still geworden war - er misstraute ihm jetzt nämlich. ,Ob er auch zu denen gehört, vor denen Hiroya mich gewarnt hat?' Der Mann schloss die Augen und dachte kurz nach. ,Sicher, daher weiß er etwas über meinen Bruder...' Ein seltsames Lächeln lag nun im Gesicht des 24-jährigen, mit welchem er Sêiichî ansah. "Sonst noch etwas? Wieso bist du hier? Du weißt schließlich mehr als ich, warum fragst du mich über meinen Bruder aus? Nenn mir den Grund, aber ganz schnell!" Er war doch kein kleines Kind, was sollte dieser merkwürdige Ton in der Stimme von Jamis Bruder? "Ich wollte wissen, wie viel du weißt... aber ich denke, das, was du weißt, ist schlimm genug." Der 25-jährige drehte den Kopf weg, was dem anderen, jüngeren Mann seltsam vorkam. "Was ist da noch, dass du so etwas sagst?" "Der Mann, den ich kenne, der ist nicht mehr dein Bruder... er ist bösartig!" Ein verachtender Ton herrschte in Sêiichîs Stimme, er konnte sich beim besten Willen nicht mehr beherrschen. "Erzähl mir mal, wie er früher war... bitte, das interessiert mich. So, wie du ihn kennst." "Du magst ihn nicht." Genauso klang es dem 24-jährigen, weshalb er beinahe nachfragen musste und den anderen mit seinem Blick fast durchbohrte. "Sagen wir, er hat sich so sehr verändert, dass ich meine Meinung über ihn sehr schnell geändert habe... Es interessiert mich nur, ob der immer so ein Arschloch war." "Na ja, er war der tollste Bruder von allen, weißt du? Es schockiert mich, dass es jemanden gibt, der ihn nicht mag.. Er war zu allen nett und freundlich und hat uns immer geholfen, wenn wir Probleme hatten... Bis zu seinem Verschwinden." Sêiichî schluckte schwer und stellte sich vor, dass das derselbe Mensch sein sollte. ,Von der Organisation in den Dreck gezogen...' Trotzdem zwang er sich zu einem Lächeln. "Na ja, es ist am Wichtigsten, dass man zu seiner Familie hält." Mehr würde Sêiichî nicht sagen und strahlte Kazumi an, um sich nicht anmerken zu lassen, was er wirklich dachte. Dass Jami seinem Bruder jetzt nicht mehr half und er deswegen auch nicht mehr gut war. Die Organisation hatte ihn zu einem bösen, machtgierigen Menschen erzogen. In einer dunklen Ecke des Haido-Parkes wartete eine junge Frau schon auf den Boten des Bosses, den man ihr ab und zu schickte. Zum Glück schickte der Boss ihr nicht Valpolicella, er wollte eben keine Scherereien haben und wusste, dass die beiden Frauen sich gar nicht vertrugen, außerdem konnte Jami Frauen viel besser um den Finger wickeln. Auch wenn Kir ihn nicht mochte, war sie noch froh, wenn es sich um ihn handelte. Er war nur ein brutales Schwein, wenn es sich um Männer handelte, bei Frauen war er fast zahm. Wenig später war er auch schon da, die Frau saß auf einer Bank, wo sie im leichten Regen auf den Schwarzhaarigen gewartet hatte. "Lass uns ein Stück gehen, Kir-chan", nannte er sie fast schon liebevoll und nahm ihre Hand, die sie ihm sofort wieder entzog. "Du brauchst mich nicht hinter dir her ziehen, ich kann dir auch so folgen." Er sollte sie nicht anfassen, denn sie mochte ihn nicht. "Sei doch nicht immer so verdammt zickig", schon hatte der gut aussehende Mann seinen Arm um sie gelegt. "Wenn du etwas netter zu mir wärst, könnte ich dich ganz schnell zu einer der Ranghöchsten machen, dann könntest du sogar Vermouth schikanieren, wäre das nicht was? Dann könnte Valpolicella dich auch nicht mehr so herablassend behandeln." Er klang hilfsbereit, aber die 29-jährige wusste es besser; er war ein hinterlistiger Mistkerl, genau aus diesem Grund wollte sie seine Hilfe nicht. "Du lernst es nicht, was, Jami? Du bist nicht mein Fall, also versuch's nicht andauernd. Geh zu Vermouth, oder hat die etwa auch keine Lust?" "Hey, ich habe dir ein faires Angebot gemacht!" Etwas verärgert klang der Mann nun doch. "Ich mache mir doch nur Sorgen um dich, Kir. Man schikaniert dich schließlich andauernd, das will ich so schnell wie möglich ändern." Seine Hand lag auf ihrer Schulter und wanderte abwärts, so dass sie diese nahm und sie von sich entfernte, wobei sie einen angewiderten Blick aufgesetzt hatte. "Lass das, fass mich nicht an, klar!?" Was der sich einbildete, echt ungeheuerlich. Er lockte sie mit Ranghöchster, nur um sie etwas anfassen zu können, der war doch total armselig. So etwas hatte sie ja Gott sei Dank nicht nötig. "Ist ja gut... kommen wir zu dem Grund, weswegen ich dich treffen soll, Kir..." Jami holte sich eine Schachtel Zigaretten raus und zündete sich eine der Zigaretten an, woraufhin er Rena den Rauch frech ins Gesicht pustete, um sie zu ärgern. "Folgendes: Es gibt da so eine Reporterin namens Motoko Sôseki... dir vertraut sie sicherlich, du bist eine Kollegin. Dein Job ist wie immer, sie anzulocken, mein Unschuldsengel..." Er erfasste ihr Kinn und schaute ihr mit einem hämisch wirkenden Blick in die Augen. "Du weißt ja, was dir sonst blüht, nicht wahr, Handlangerin?" Sie war doch selbst schuld, immerhin lehnte sie seine Bemühungen ab, dann musste sie mit solchen Aufträgen leben. "Mehr bist du ja nicht, ein kleiner Handlanger, der zu spuren hat, wenn ihm sein Leben lieb ist. Du hast keine Rechte, Kleine, das ist dir doch klar, oder? Ich habe dir angeboten, dir zu helfen... du bist ein undankbares Stück. Selbst schuld, wenn du dann so was machen musst... Du könntest es viel leichter haben, aber du willst ja nicht..." "Was tust du, Jami, wenn ich es nicht tue?" "Dann wird der Boss mir befehlen, dich zu eliminieren. So ein junges, hübsches Ding wie du möchte doch noch nicht so früh abdanken, oder doch? Sag es ruhig!" ,Dann tötest du mich? Ich wusste immer, dass du herzlos bist, Jami!' Sie sagte es ihm nicht, sondern ließ all den Wahnsinn, der in ihr herrschte, an die Oberfläche kommen, so dass sie wenig später total leere Augen und ein fieses Grinsen im Gesicht hatte, als sie ihn ansah. "Wann und wo? Mit wem soll ich zusammen arbeiten?" Jami war zwar oft blind, wenn es um Frauen ging, aber Kir konnte er ansehen, dass dieser Blick gerade eben in ihrer Angst entstanden war. Eigentlich wollte er ihr wirklich gerne helfen, aber wer nicht wollte, der hatte eben schon. ,Wäre echt schade, wenn ich dich töten müsste, Süße... Du bist fast noch schöner, als Vermouth. Der Boss ist einfältig und konzentriert sich nur auf eine, wie dumm von ihm.' "Und jetzt nimm deine Hände weg!", meinte die junge Frau erbost und riss sich los. "Noch heute Abend, kurz nach den Acht-Uhr-Nachrichten. Du wirst dich mit ihr verabreden und sie in diesen Park hier locken. Vom Hochhaus 300 Yards entfernt warten dann deine Partner nur darauf, dass sie freie Sicht auf den Kopf der Dame haben..." "Was, wenn man uns sieht...?" "Sterben alle Zeugen mit ihr..." Kir vermied gerade eben ein Schlucken, die Vorstellung, dass sie jemand sehen könnte, der dann wegen so einem Zufall sein Leben verlor, belastete ihre Seele, genauso wie dieser Auftrag. Es war immer wieder ein widerliches Gefühl Schuld zu haben. "Und wer ist jetzt dieser Kerl?" "Flavis und Carignan... Die beiden werden dort oben warten." "Oh, super! Flavis ist zu verkraften, aber Carignan? Der knallt mich am Ende noch mit ab, weil ihm das Spaß macht." Da kam Stimmung auf, sie freute sich schon jetzt. "Muss es denn Carignan sein?" "Er trifft sein Ziel immer so schön, außerdem passt er auf, dass Flavis keine Dummheiten macht." ,Ach, soll er den umbringen, wenn er etwas falsch macht? Hast du ihn deswegen genommen? Oder kommt das wirklich vom Boss? Nein, das glaube ich nicht, du hast schließlich etwas gegen Flavis und hast ihn mit Sicherheit vorgeschlagen.' Sie schloss die Augen und verzog ihre Lippen zu einem gemeinen Grinsen. "Verstehe, mir kann also gar nichts passieren, weil alle sterben, die etwas erfahren." "Korrekt, du hast es erfasst... du weißt doch, niemand überlebt solches Wissen." "Klar, so wie Shuichi Akai, was?" Etwas derartig Freches hatte sich die Dunkelbraunhaarige nicht verkneifen können. "Ich und Kalina sind an diesem Fall dran, der wird auch nicht mehr lange leben, glaub mir, oder denkst du, der Boss schaut einfach so zu, wie sich das FBI sein Schätzchen krallt? Da kennst du ihn schlecht! Er hat sich das alles schon genau angesehen und uns beide damit beauftragt, wachsam zu sein und gegebenenfalls loszulegen, wenn der Kerl wieder frech wird." ,Ach, da könnt ihr Vermouth ja auch schön begaffen, was? Die wird pausenlos beschattet, ich hab echt noch mal Glück gehabt.' Wenn Jami davon redete, einzuschreiten, musste es ja wohl so sein, wobei Kalina nach dem, was geschehen war, wohl eher Vermouth umbringen würde, bevor das FBI sie überhaupt kriegen konnte - in dem Punkt war sie wie Chianti. Kein Wunder, beide hatten jemanden an diese Frau verloren, wofür sie nur in Gins Fall etwas konnte, Calvados hatte sie schließlich nicht umgebracht, der hatte sich ja selbst sein Lämpchen ausgeblasen. Es war schon bedauerlich, wenn man so viel Freude am Leben hatte, dass man sich selbst einfach so umbrachte, weil man nicht am eigenen Leben hing. Bei ihr war das etwas anderes, sie war beeinflussbar, gerade weil sie noch am Leben hing. Sie hatte keine Lust schon zu gehen. Seit Yuichi in ihr Leben getreten war, sowieso nicht. Kaum eine halbe Stunde später griff Jami Cognac auf und zerrte ihn erst mal von der Polizei weg. "Sag' mal, kann es sein, dass du umgebracht werden willst?", fragte Jami, der allmählich keine Geduld mehr mit dem Jüngeren hatte, doch dieser seufzte bloß und hob die Hände. "Ganz ruhig, ich wollte mich bei deinem Bruder einschmeicheln, damit er mir Vertrauen schenkt, um ihn dann leichter manipulieren zu können, nichts weiter." "Das musste sein, wenn die Polizei da beschäftigt ist?" "Tja, ich soll es ja heute noch tun, also hatte ich keine Zeit zu verlieren, allerdings wird das wohl heute nichts mehr..." Die Augen des 30-jährigen verzogen sich zu Schlitzen. "Was? Bist du komplett übergeschnappt, oder so?" "Die Polizei hat meine Waffe, tut mir Leid, Jami, wirklich, aber so ein Hirnie will mir etwas anhängen, das ich nicht verübt habe, also musste ich der Polizei meine Waffe aushändigen, weil derjenige mit einer Sig Sauer erschossen wurde..." Cognac freute sich schon zu früh, weil er dachte, man würde ihm eine zweite Chance einräumen, wenn er einen guten Grund hatte. "Kein Problem, du wirst eine von mir kriegen, ich hab genug davon... allerdings keine Sig Sauer." Sêiichî freute sich weiter, denn er hatte schon die nächste Ausrede parat. "Ich kann mit deiner Waffe nicht umgehen... Ich bin meine gewohnt, ich habe nie eine andere benutzt." Der wollte ihn wohl verarschen, oder? Jami packte Cognac am Kragen und sah ihm hart in die Augen. "Soll das ein Scherz sein? Du überstrapazierst meine Geduld." "Es ist so, die Möglichkeit, dass ich ihn dann nicht richtig treffe, besteht durchaus... Es ist sogar sehr wahrscheinlich... ich habe eine 6 mm, du hast so eine doch gar nicht parat." "Stell dich nicht so an, es sei denn, du willst umgebracht werden, das kannst du haben, meinetwegen sofort!" Cognac nahm ihn eindeutig auf den Arm, der wollte sich bloß drücken, also schlug er ihm mit seiner Handwaffe ins Gesicht, so dass seine Lippe aufplatzte. "Das ist nur der Vorgeschmack dafür, was ich mit dir anstellen würde, wenn du heute diesen Mann nicht umlegst!" Er durfte schließlich auch keine Gnade walten lassen, also hatten auch andere Organisationsmitglieder dieses Recht nicht, fand Jami, der Cognac jetzt noch einmal wütend schüttelte, um ihn zur Vernunft zu bringen. Sêiichî spürte Blut in seinem Mund, so brutal kannte er ihn erst seit ein paar Tagen, früher hatte er ihn nie so erlebt, er schien vernünftig zu sein. Er wischte sich das Blut weg und sah Jami mit einem finsteren Blick an. "Wenn du riskieren willst, dass dein Bruder überlebt und auch noch herausfindet, was du treibst, bitte!" Was zu viel war, war zu viel, also holte Jami erneut aus, so stark, dass der andere mit dem Kopf gegen die Wand schlug und wenig später den Lauf von Jamis Waffe an seiner Stirn spürte. Ein gemeiner, fast schon schadenfreudiger Ausdruck kam im Gesicht des Frauenarztes auf, der seine Waffe geschwind geladen hatte, was man als kurzes Knacken hatte hören können. "Weißt du was? Ich bin es leid, ich werde ihn selbst töten, sicher ist sicher. Ich will nichts riskieren..." "Das überlebst du nicht", versuchte Cognac ihm mit überheblichen Gesichtszügen klar zu machen. "Wenn du mich tötest, wirst du es nicht mehr lange machen, weil mein kleines Biest ein rachsüchtiges Weib ist. Sie wird dich töten. Willst du das?" Wie konnte er es wagen, ihm damit zu drohen? "Etwas abgehoben, was? Wieso sollte sie einen Verräter rächen?" Jami entfuhr ein Lachen, allerdings konnte er sich gut vorstellen, dass ihre Liebe dazu fähig sein konnte, dass sie einen Verrat beging, das wollte er eigentlich nicht. "Entweder du nimmst meine Waffe und erledigst ihn, wie man es dir aufträgt, oder du bist derjenige, der den baldigen Tod erfahren wird... Du solltest brav sein, wenn du denkst, dass sie dich liebt..." Jetzt kam der ihm so, das war ja nicht mehr zu fassen. Der Kerl hätte Psychologe werden sollen, aber seine Frauenliebe war wohl ausschlaggebend für seinen Beruf gewesen, jedenfalls wusste der Kerl, wie man es anstellte. "Willst du echt, dass sie Ärger mit dem Boss bekommt? Ach, ich vergaß, ihr habt nur Sex, nicht wahr? Du liebst sie nicht, du herzloser Egoist!" "Du Ratte!" fauchte Sêiichî, der sich gedemütigt vorkam, ja, wie konnte er es wagen, so über diese Gefühle zu reden? Am liebsten wäre er nun auch ausgerastet und hätte sich mit Jami geprügelt. "Wage es nie wieder, darüber zu urteilen, was ich für irgendwelche Frauen fühle, schon gar nicht für diese eine, verstanden? Du hast schließlich deine Freundin geschwängert und ihr dann das Kind weggenommen, wer ist jetzt herzloser?!" So wütend hatte man ihn schon lange nicht mehr gemacht, er konnte sich nicht beherrschen und ließ alles in Form von Worten heraus, auch was er wirklich von dem Mann hielt. "Die Frau hat dich total verweichlicht..." "Tja, wenn du das nicht verstehst, dann warst du eben nie verliebt, und das wirst du auch nie sein, so wie du drauf bist, du weißt ja gar nicht, was du da verpasst." "Willst du mit mir wetten, ob ich sie haben könnte? Wenn du tot wärst, würde sie sich sofort auf mich stürzen, weil es nichts Besseres für sie gibt. Es gibt wenige, die sich das trauen würden, ihr an die Wäsche zu gehen, komischerweise sind die alle schon tot. Willst du die anderen nachmachen? Netter Tipp am Rande: In jeder Hinsicht brav sein, in deiner Situation sowieso, also trenn dich von ihr, sonst rutscht mir beim Boss mal zufällig was raus." Ja, das sollte eine Art Strafe sein, er würde ihn jetzt nicht erschießen, dafür würde er ihm das Leben versauen, immerhin hatte er die Organisation hintergangen, das war noch eine sehr milde Strafe. "Meinst du, nur weil ich Polizisten töte, kannst du mir eine Frau verbieten, so wie den anderen? Wenn das ein Grund ist, dann schieß doch, vielleicht wolltest du das schon immer... und wir waren nie Freunde." Es deprimierte den 25-jährigen schon seit einiger Zeit nicht mehr, dass er sich so in Jami getäuscht hatte. ,Was erwartest du von mir, dass ich für dich Verrat begehe und alles riskiere? Etwas viel verlangt, dafür, was du getan hast. Du hast mich hintergangen, deinen besten Freund verraten... du hast mich benutzt... das werde ich dir niemals vergeben.' Jami lachte bösartig auf, wobei der traurige Schimmer in seinen Augen Sêiichî nicht verborgen blieb. "Ich werde dich nicht dafür belohnen, dass du mich verarscht hast, Cognac... das büßt du mir... das verspreche ich... Du solltest mich nicht mehr verärgern... Ich bin total in Stimmung, dich brutal umzubringen, glaub mir... Niemand spielt Spielchen mit mir. Nicht ungestraft." Etwas verwundert war er nun doch, immerhin war Jami nur so sauer, weil er sich verraten vorkam. "Ich wusste, wie du reagieren würdest, deswegen konnte ich dich nicht einweihen, tja, du bist eben doch der falsche Freund für mich. Ein Freund sollte niemals einen Freund töten... so viel kann dir diese Organisation nicht bedeuten, Jami..." Sêiichî legte seine Hand um den Lauf der Waffe und drückte sie langsam beiseite. "Wieso tust du alles für die Macht, die dir der Boss gegeben hat?? Dafür verrätst du jeden, das geht zu weit, findest du nicht auch? Du hast dein Herz verloren! In dem Moment, als du ohne mit der Wimper zu zucken hinnahmst, dass man Kazumi töten will, habe ich das bemerkt... Weißt du, wie es ihm geht? Er vermisst seinen großen Bruder und ahnt nicht mal, dass dieser ihn so wenig liebt, dass er ihn sterben lassen würde... Das ist traurig, Jami, so traurig, das glaubst du gar nicht. So einen Freund will ich echt nicht mehr... du kannst mich für meine frechen Worte ja jetzt umlegen, wenn es dich glücklich macht, weil du die Wahrheit nicht verkraftest." Wahrscheinlich goss er Öl ins Feuer, aber diese Ehrlichkeit musste jetzt mal sein. Was Jami von ihm selbst hielt, war ihm ja bekannt. "Ich habe nicht mein Herz verloren, aber du deine Beherrschung, wie es scheint. Sonst warst du ja auch nicht so, oder habe ich dich nie gekannt?" "Wer weiß? Ich würde jedoch nie einen Freund töten, selbst wenn ich dann als Verräter ende..." Auf gewisse Weise beeindruckten die Worte den schwarzhaarigen, 30-jährigen Mann, so viel Mumm wie Cognac hatte er wohl wirklich nicht, das entsprach den Tatsachen, vielleicht liebte Vermouth deswegen Cognac und nicht Jami, möglich war bei der Frau ja alles. "Mut hast du, das muss ich dir lassen. Du stehst bereits mit dem Rücken zur Wand, also solltest du dich etwas zusammenreißen." Komisch, nun war er besänftigt, wieso eigentlich? Jami verstand sich selbst im Moment wahrscheinlich noch weniger als Cognac. Dieser hatte nicht damit gerechnet, es aber gehofft, dass man noch irgendwie an ihn heran kommen konnte, an sein Inneres, deswegen hatte er demonstrativ Dinge gesagt, die ihn selbst wahrscheinlich sehr verletzt hätten, immerhin war Jami ja verletzt darüber, dass man ihn hintergangen hatte, was hieß, dass man ihn verletzen konnte, selbst wenn Sêiichî es gerade teilweise absichtlich getan hatte. Ein harter Tag neigte sich seinem Ende, wobei es durchaus Leute gab, die schon im Bett gelandet waren, weil sie so erschöpft zurück gekommen waren. Der Schwarzhaarige im Bett der Blondine zum Beispiel - er war eingeschlafen und bekam nicht mit, dass sie zurückgekehrt war. Normalerweise war es überhaupt nicht seine Art, gegen Acht Uhr am Abend schon zu schlafen, auch wenn er am Vortag so gut wie nicht geschlafen hatte, neuerdings allerdings war er wohl dauergestresst und abends dementsprechend erledigt. Aus Langeweile hatte er sich einem Buch gewidmet, das auf seinem Oberkörper gelandet war, zusammen mit der Lesebrille, die ihm halb von der Nase gerutscht war, was einfach niedlich aussah. Die Wahrheit war, dass er zuerst eine Flasche Cognac getrunken, danach gelesen hatte, wobei er eingeschlafen war. Er hatte schlichtweg versucht, sich abzulenken, schließlich war sie nicht da gewesen, Sêiichî war vor Langeweile beinahe zugrunde gegangen, nachdem er vorhin von jemandem durch das halbe Verbrecherviertel gejagt worden war. Er hasste ihn wahrscheinlich jetzt noch viel mehr, als er es vorher schon getan hatte. Sein dreckiges Grinsen, als er ihn anvisiert hatte, hatte ihm das verraten - kein Wunder, nach dem, was er getan hatte und noch tun müssen würde. Dieser Mann hatte ja Recht, wenn er ihn jagte, er war ein verabscheuungswürdiges Etwas, das Polizisten ermordete. Bei Gott, er hätte sich längst erschießen lassen, wenn es keine guten Gründe zum Überleben gegeben hätte - er hasste sich mit am meisten. Die junge Frau hatte sich zu ihm aufs Bett gekniet, ihn dabei angeschaut und die Brille von seiner Nase genommen, wodurch sie in sein markantes Gesicht blickte. Durch das Licht sah sie, dass das Make-up, das er von ihr benutzt hatte, verblasst war, so dass die Blessuren von neulich wieder hervorschauten. Ihr Lächeln, das sie bis eben im Gesicht gehabt hatte, verschwand mit einem Mal, als sie es bemerkte, so dass sie ihm nur mit der Hand über die Wange strich und ihn mitleidig musterte. Dem Boss war es nur Recht, wenn Jami ihm das Gesicht ruinieren würde, nur damit Vermouth ihn nicht mehr falsch ansah. Sie war ja dafür bekannt, dass sie auf schöne Männer durchaus abfuhr, der Boss hatte wohl Angst, dass sie einen mal besser finden würde. Warum ließ er dann nicht mal Jami krankenhausreif prügeln? So wie der sich aufführte. Bei welcher Frau hatte der es schließlich nicht versucht? ,Mach mich ruhig an, Jami, damit ich einen Grund habe, auszuholen und dir dasselbe anzutun, das du ihm angetan hast...' Für den Moment lag ein gehässiges Grinsen in ihrem Gesicht, dann allerdings weiteten sich ihre Augen, denn er lächelte im Schlaf - anscheinend hatte er nach langer Zeit mal wieder einen angenehmen Traum. Sie wusste von seinen Albträumen, die ihn nachts heimsuchten, weil er tagsüber meistens töten musste, der Boss hielt ihn mächtig auf Trab - meistens mit mehreren Aufträgen am Tag - wobei es nicht immer Kriminalisten waren, auch Detektive - als nächstes würde Cognac wohl Kinder jagen, wenn er nicht aufpasste. Er durfte alle Menschen töten, die er eigentlich nie hatte töten wollen, Hauptsache es schadete seiner Psyche. Da er Kinder liebte, musste er aufpassen, dass der Boss auch nicht davon erfuhr, denn dann würde er ihn auch kleine, süße Kinder töten lassen, dieser Arsch. Das würde er niemals schaffen, was sein Todesurteil sein würde - davor hatte sie irgendwie Angst. ,Wir müssen noch besser aufpassen, sonst kommt man uns auf die Schliche...' Sêiichî spürte ihren heißen Atem im Gesicht, weil sie sich ihm genähert hatte und kurz davor war, seine Lippen zu kosten, als er seine Augen leicht öffnete und in ihre hellblauen schauen konnte. "Huch, wo kommst du denn her?", fragte er sie verwirrt und zog eine Augenbraue hoch. "Ich komme von der Arbeit, du kannst Fragen stellen." "Deine wirkliche Arbeit, oder der Nebenjob?" Er seufzte, schließlich konnte sich der 25-jährige das sowieso denken, immerhin lag ihre Karriere schon seit längerer Zeit auf Eis - der Boss wollte das eben so. "Frag nicht so was, du weißt das schließlich." Sein Blick wanderte etwas abwärts, da ihm etwas Bestimmtes auffiel. "Was war wieder los? Wieso warst du erst duschen, bevor du mich wecken kamst?" Seine Stimme klang leise und auch kein bisschen fröhlich vielmehr deprimiert und beinahe leer, das tat weh. Zu wissen, wie er sich Sorgen um sie machte, statt um sich selbst. Seine Freundin war nur in ein Handtuch gekleidet, war wohl gerade frisch aus der Dusche gekommen, jedoch waren ihre Haare bereits trocken, darum kümmerte sie sich immer erst, bevor sie herauskam. ,Weil ich voller Blut war?' Keine Antwort wurde ihm gegeben, stattdessen legte sie ihre Lippen auf seine, weil sie das sowieso vorgehabt hatte - er hatte sie nur durch das Öffnen seiner Augen davon abgehalten. ,Danke für die Antwort, so weiß ich auch Bescheid...' Trotz seiner wehleidigen Gedanken schloss er jetzt die Augen und genoss ihren süßen Kuss, solche Küsse waren ohnehin nicht an der Tagesordnung, normalerweise verhielten sie sich anders. Wahrscheinlich war sie selbst total schlecht drauf und brauchte das jetzt. Ihm ging es nicht anders. Seit dem Tag an, an dem er Shiratori hatte töten müssen, war er empfindsamer als sonst und sehnte sich nach solchen Zärtlichkeiten, auch wenn er sie nicht danach fragte, sondern alles hinnahm, wie es kam, er hatte nicht vor sie je um so etwas zu bitten. Das hatte er ja auch nicht nötig, weil Chris den Hang dazu hatte, genau das zu tun, was ihm gerade vorschwebte, damit ersparte sie ihm das Fragen. Sie konnte ihm wohl ansehen, dass es ihm schlecht ging und fing automatisch damit an, sanft zu sein, wofür er ihr dankbar war. "Und, bist du noch zu müde für etwas Spaß?" Ihre Stimme hatte einen leicht stechenden Ton inne, der es ihm eiskalt den Rücken runter laufen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)