Vampire von abgemeldet (Auf der Jagd nach dem Buch der Schatten) ================================================================================ Kapitel 0: Eine Geschichte beginnt und ein Leben endet ------------------------------------------------------ Die Nacht hatte ihre Schatten bereits über Paris ausgebreitet. Paris, allein der Name dieser Stadt ließ einen Teil ihrer Schönheit erahnen. An einem hölzernen Tisch, über ein Stück Pergament gebeugt, saß eine hagere Gestalt. Ihr langes, schwarzes Haar fiel glatt über die schmalen Schultern und die grünen Augen sahen angestrengt auf das Geschriebene. Die dunkle Priesterrobe knisterte leicht, als sie bedächtig eine Feder in das schwarze Tintenfass, dass sich vor ihr auf dem Schreibtisch befand, tauchte. Das Studienzimmer war kärglich eingerichtet. Der Blick des Priesters glitt noch einmal über die geschriebenen Zeilen. Er fügte seinen Signatur hinzu und lächelte selbstzufrieden. Dann stand er auf und nahm seinen Mantel, den er sich überstreifte. Er steckte das Papier in seine Tasche und kehrte der Kammer den Rücken zu. Ein Spaziergang war genau das, was er jetzt brauchte. Dunkel war es und kalt, als der Priester die einsamen Straßen von Paris entlang wanderte. Er zog seinen Mantel enger um sich, doch war es nicht nur der Wind, der ihn frösteln ließ. Alles schien davon zu künden, dass Unheil bevorstand. Eine Plage hatte sich der Stadt bemächtigt, eine Plage, die so schwarz war, wie die Nacht selber. Die Kirche erzählte jedem, der es hören wollte, über ein ominöses weißes Fieber, doch Kileath wusste es besser. Seine Gedanken schweiften ab, während er seinen Weg fort setzte. Er achtete nicht darauf, wohin ihn seine Schritte führten, hatte kein Ziel vor Augen, dass er erreichen musste, etwas trieb ihn aber dennoch an. Er hielt erst an, als Bäume ihn umgaben. Er war im Park der Stadt gelandet. Halb fragte er sich, ob es nicht besser gewesen währe in seiner ruhigen Kammer zu verweilen, denn die Kälte hatte weiter zu genommen und an diesem Ort, wo die Bäume dicht standen, waren die Laternen spärlich gesät. Obwohl man des Tages in der friedvollen Umgebung wundervoll wandeln konnte, war dieser Ort des Nachts unheimlich. Der Mond malte unwirkliche Schatten und in jedem Strauch schien etwas zu rascheln. Ein Käuzchen ließ seinen Ruf verlauten und irgendwo plätscherte ein kleines Rinnsal. Gerade als er umkehren wollte, bemerkte er eine Gestalt, die auf einer Bank saß. Zunächst war er unschlüssig, dann griff er unter seinen Mantel und tastete nach seinem Kreuz. Wer mochte sich zu so einer gottlosen Stunde in den Park verirren? Gleichzeitig rügte er sich für die Frage, schließlich war er ja auch hier. Die zierliche Frauengestalt, die einsam und verlassen dort saß und in die Dunkelheit gestarrt hatte, hob ihren Blick als sie den Priester bemerkte, der sich nun langsam der Bank näherte. "Ehrwürdiger Vater.. was macht ihr um diese Stunde noch in dieser Gegend?", fragt sie und erhob sich langsam mit einem Lächeln auf den Lippen, welche sich aus dem blassen Gesicht hervorhoben. Das etwas mit dieser Frau nicht stimmte stand für Kileath außer Frage. Sie wirkte so ..bleich... Aber vielleicht war das nur Einbildung. "Das wachsame Auge der Kirche ruht nie und gerade in diesen Zeiten ist der Platz des Priesters nicht hinter seinem Schreibtisch." Schön war sie, das musste er zugeben, aber eine Frau sollte nicht ohne Begleitung unterwegs sein. Schon gar nicht Nachts. Das ziemte sich einfach nicht, obwohl sie so wirkte, als wäre sie durchaus im Stande auf sich selbst auf zu passen. "Mein Kind wie lautet euer Name?" "Liliane... Liliane e Shariot!", erwiderte sie "Ich warte hier auf meinen Vater.. er müsste bald kommen... " Langsam ließ sie sich wieder auf die Bank sinken und sah zum Mond. „Dies ist wirklich eine schöne Nacht, aber.." sie rieb sich an ihren Armen. „Etwas kalt.. finden ihr nicht, ehrwürdiger Vater?" Einen Moment lang erwog er, sich neben sie auf die Bank zu setzen. Tatsächlich kroch die Kälte allmählich an ihm hoch, doch entschied er sich stehen zu bleiben. „Soll ich euch irgendwo hin geleiten?" Er kam sich seltsam bei dieser Frage vor. Sie schien unangebracht, dennoch fügte er hinzu: "Die Straßen sind gefährlich, es würde mir nicht behagen euch hier allein zu wissen." „Ja... ich denke mein Vater wird mich einmal mehr vergessen haben.. ich würde mich in eurer Gegenwart sicherer fühlen!" Sie erhob sich erneut. Er hätte ihr den Arm angeboten, aber aus irgendeinem Grund brachte er es nicht fertig. Dieses Kind, denn älter als 18 konnte sie nicht sein, hatte etwas an sich, dass den Priester erschaudern ließ. "Wohin darf ich euch bringen?" "Mhmm... ich wohne in der Rue de Luxonbourg!", sagte sie und lächelte ihn wieder an, ohne jedoch dabei ihre Zähne zu entblößen. "Nun, das ist nicht weit." Er wandte sich einen Moment ab. Dieses Gefühl, diese Kälte, war das Angst? Nein! Sie war nur eine Frau. "Nun, dann schlage ich vor aufzubrechen." Je schneller er sie Nachhause brächte desto besser. "Ich danke euch!", sagte sie, während sie nebeneinander durch die Dunkelheit schritten. "Welcher Gemeinde gehört ihr an und wer ist euer Vater? Verzeiht die Fragen." Er rügte sich bereits für seine Ungeschicklichkeit, doch wäre die Stille unerträglich gewesen. Außerdem begehrte er mehr zu wissen über die junge Dame, die so verlassen zu nachtschlafender Stunde auf einer Bank saß. "Mein Vater... und meine Gemeinde... ihr stellt mir Fragen!", sagte sie und musterte ihn ernst. "Ich sollte mich jetzt für diese Frage schämen ehrwürdiger Vater aber... kann ich euch wirklich vertrauen?", fragte sie während ihre leuchtend grünen Augen ihn zu durchbohren schienen. Ihr Blick traf ihn bis ins Mark. Er fühlte sich zurück versetzt in die Zeit, da er als kleiner Junge die Schulbank drückte. Ihm fröstelte, dann nahm er sich zusammen. „Vitam impendeba vero. Wenn ihr mir nicht trauen könnt wem dann?“ „Die Straßen sind gefährlich geworden... !", sagte sie und strich sie eine blonde Haarsträhne hinter die Ohren. Sie wirkte in diesem Moment wie ein verletzliches Kind, und doch lag nichts der Wahrheit ferner. Nun kam Kileath sein Verhalten lächerlich vor. Vor ihm stand doch nur ein Mädchen. Er schüttelte den Kopf. "Keine Angst" Seine Stimme klang sanft und väterlich. "Der Herr wacht über seine Kinder. Es wird euch nichts geschehen." Ja, diese Rolle lag ihm besser. Ein mattes Lächeln huschte über das blasse Gesicht. „ Habt Dank, dass ihr mich geleitet.. ich bin so,.. Müde!", flüsterte sie und rieb sich ihre Augen. Dann plötzlich gaben ihre Beine nach und sie fiel. Kileath’ s Arm schnellte nach vorn um ihren Sturz abzufangen. Behutsam manövrierte er sie auf eine Bank. Sie war so schön und so zerbrechlich. Er entledigte sich seiner Kutte. Nun war es erst recht kalt, aber das störte ihn nicht. Er legte das Gewand über das Mädchen, welches mit Erfolg erreicht hatte, was es hatte erreichen wollen. Der warme Mantel der nun auf ihr lag tat in gewisser Weise gut. Der Priester schüttelte den Kopf. Es war nicht weit bis zu ihr nach Hause. Sollte er sie tragen? Er war nicht besonders kräftig, aber ein paar Schritte würde es wohl gehen. Das war allerdings die letzte Option. Sollte irgendwer ihn sehen, hätte er wohl einiges zu erklären. Ein Priester und ein junges Mädchen. Nachts. Allein im Park. Gerüchte verbreiteten sich schnell. "Könnt ihr Aufstehen?" Seine Hand legte sich beruhigend auf den zitternden Körper. Sie öffnete leicht ihre Augen und sah ihn kurz an. "Oh.. verzeiht mir!", sagte sie schnell, legte eine Hand an ihren Kopf und erhob sich langsam. "Ich habe diese Schwindelanfälle... häufiger!", gestand sie ihm. Kileath reichte ihr die Hand um ihr das Aufstehen zu erleichtern. Inzwischen waren alle dunklen Vorahnungen wie weggeblasen. Von einem Mädchen erwartete er ohnehin keine Bedrohung. "Langsam." Er schwor sich mit ihrem Vater ein ernstes Wort zu reden. Liliane zog sich schwach an ihm hoch. Dann stolperte sie und fiel in seinen Arm. Ihr Gesicht rötet sich leicht und sie sah zu ihm auf. "Entschuldigt bitte!“, während ihr Blick zu Boden glitt. Er spürte ihre weiche, kalte Haut an seinem Arm. Kileath war Priester, so lange er denken konnte war ihm niemals eine Frau so nahe gewesen und es behagte ihm gar nicht, oder doch? Er strich über ihr glänzendes Haar. Behutsam versuchte er sie ein Stück von sich weg zu drücken, ohne dabei ihren Arm los zu lassen. Er wollte vermeiden, dass sie wieder fiel. "Danke!", flüsterte sie leise. Der Hauch von Rot war noch immer nicht aus ihrem Gesicht verschwunden. Es war eine seltsame Szene, welche das Mondlicht nun beleuchtete. Der Priester fühlte sich unwohl in seiner Haut, wünschte einmal mehr, er wäre nicht hierher gekommen, an diesen seltsamen Ort. Doch schon längst waren die Beiden nicht mehr allein. Zwei Augen betrachteten interessiert das Geschehen und der Schatten, zu welchem sie gehörten, beschloss sich nun aus der Dunkelheit zu lösen. Verstecken hatte ihm noch nie besonders gelegen und Geduld zählte nicht zu seine Stärken. Der Name der Gestalt, war Jose. Kileath blickte auf, als der junge Mann sich ihnen näherte und auch Liliane warf Jose einen ernsten Blick zu, während sie die Hand des Priesters noch fester umklammerte. Ein Augenblick der vollkommenen Stille senkte sich über das Geschehen und irgendwie konnte sich Kileath des Gefühls nicht erwehren, dass sich die beiden kannten. Das Mädchen schien jedoch nicht sonderlich erfreut über das Auftauchen des Fremden zu sein. Tatsächlich wäre Liliane lieber allein geblieben, Jose gefährdete ihre Pläne. "Ich wünsche euch einen schönen guten Abend." Ruhig und gelassen klang die Stimme des Neuankömmlings, der sich weder an Liliane's Blick noch an Kileath’ s Stirnrunzeln zu stören schien. Kileath richtete sich auf. Ein dünnes Lächeln spielte auf seinen Lippen. Angst hatte er keine. In seiner Arroganz war er sicher, dass man ihm, einem Mann der Kirche nichts anhaben könnte. "Euch ebenfalls einen schönen, guten Abend." Sein Blick ruhte auf dem Mädchen, dass immer noch zitterte. Dennoch wanderte seine rechte Hand erneut zu der silbernen Kette um seinen Hals, ein Erbstück, welches er stets mit sich führte. "Ich werde euch nichts tun! Und euer Kreuz was ihr um euren Hals hängt wird euch auch nichts nützen!" meinte Jose und sah direkt in die Augen des Priesters. „Nun...was macht ein Mann der Kirche alleine um diese Zeit hier draußen da die Welt doch ziemlich gefährlich geworden ist?" Ja, dass war eine gute Frage. Einen kurzen Moment lang war ihm wieder dieser unerklärliche Schauer über den Rücken gelaufen, aber das Gefühl verschwand so schnell, wie es gekommen war. Der Priester dachte über die Worte des Fremden nach. "Verzeiht, aber bevor ich euch irgendeine Frage beantworte, wüsste ich gerne euren Namen..." Er wählte sorgfältig seine Worte "...mein Sohn" Liliane warf einen Blick von Jose zu Kileath. Sie wartet auf den richtigen Moment um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Es konnte nicht mehr lange dauern. "Mein Name ist Jose! Und nennt mich nicht Sohn! Das bin ich nicht!" Kurz war sein Blick zu Liliane gewandert, hatte ihre warnende Geste aufgenommen. Er wusste, was sie wollte, was jenen Priester erwartete, welcher ihn nun mit unverhohlenem Verdruss betrachtete. Ein Heide?! Kileath war es gewohnt, dass man ihm Respekt entgegen brachte. Das Kreuz um seinen Hals mochte ihn nicht beschützen, aber es sollte ihm zumindest Respekt einbringen. Was nahm dieser Mann sich heraus? Er wollte sich nicht provozieren lassen, deshalb schwieg er. "Was ist? Habe ich euch jetzt beleidigt? Das tut mir aber leid!" meinte Jose mit beißenden Sarkasmus .Dann riss er plötzlich dem Priester das Kreuz vom Hals." Na was werdet ihr jetzt tun?" Er musste ihn nicht lange ablenken, nur ein wenig. Er hasste die Priester, mit ihrer Arroganz und ihrem Getue. Was wussten sie schon? Kileath brauchte eine Weile um diesen Schreck zu überwinden. Diese Handlung hatte er nicht voraus gesehen. Fassungslos starrte er Jose an. "Für eure Blasphemie möge der Himmel euch gnädig sein. Ihr begeht Frevel an der heiligen Kirche! Sterbe ich, wird mein Leib gesalbt, euch aber erwartet ewige Verdammnis!" Joses Wut war erwacht. Er schmiss das Kreuz weg. Es landete irgendwo im Rasen." Das wollen wir doch mal sehen.... Was wisst ihr schon von Leid? Aber auch ihr in eurer feinen Robe, werdet erfahren, was Verdammung ist und was die Worte, mit denen ihr so leichtfertig um euch werft, eigentlich bedeuten!“ "Mir ist nicht wohl hier.. bitte...!", sagte Liliane leise. Ihre Stimme war schwach, doch deutlich zu vernehmen. So oft hatte sie diese Rolle schon gespielt, kannte sie in und auswendig. Lilianes Stimme holte den Priester wieder zu ihr zurück. Er warf Jose einen finsteren Blick zu. Das Kreuz lag ihm sehr am Herzen, aber zuerst musste die Frau hier weg! Er wandte sich zu ihr. "Verzeiht, dass dieser Strolch mich euch vernachlässigen ließ. Ich schlage vor diesem ungastlichen Platz nun den Rücken zu kehren." "Ich danke euch..!", sagte sie und sah zu ihm hoch. Er hatte sich zu ihr gebeugt und nun, da das Kreuz weg war.... Blitzschnell legte sie die Arme um seinen Hals und biss hinein. "Dumm und ignorant seid ihr.“ Jose beobachtete das Geschehen mit sichtbaren Genuss „Also....das war’s dann wohl....jetzt landet ihr auch in der Hölle!" Sein Lachen erklang über den ganzen Park. Eine schmerzlich Erkenntnis hatte den Weg in den Kopf des Priesters gefunden, aber sie kam zu spät. Er wollte schreien, sich wehren, irgendetwas tun, aber er war wie gelähmt. Er fühlte wie das Blut durch seine Adern rauschte. Zu seinem Erstaunen war es nicht schmerzhaft. "Pater noster, qui in cealiis ..." wie ging es weiter? Die Worte kamen nicht über seine Lippen. Seine Sinne schwanden und es wurde dunkel. Das Mädchen ließ ihn sacht zu Boden gleiten und leckte sich das Blut von den Lippen. Dann biss sie sich in ihr Handgelenk und führte die blutende Wunde zu seinem Mund. "... sancti ficetur nomen tuum adveniat regnum tuum fiat voluntas tu a sicut in caelo et in terra Panem cotidianum da nobis hodie et dimitte nobis debita nostra sicut et nos dimitimus debitoribus nostris, et ne nos in ducas in tentationem sed liberanos a malo!", vollendete sie seine Worte und lächelte. "Trinkt nur... ihr gabt mir euer Blut.. so sollt ihr nun auch meines erhalten!" Kileath spürte, wie etwas warmes seine Lippen benetzte. Er fühlte sich schwach und elend. Das Blut rann in seinen Mund und plötzlich überkam ihn ein unbändiges Verlangen. Er wollte mehr. Liliane verdrehte ihre Augen, als er ihren Arm umklammerte und davon trank. Kurze Zeit später riss sie ihren Arm von seinem Mund und überließ ihn der Qual die jetzt kam, wenn sein Körper starb. Ungerührt betrachtete sie, wie Kileath sich vor Schmerzen wand. Sein Magen verkrampfte sich und er wünschte er wäre Tod. Irgendwo vor ihm im Gras lag das Kreuz. Halb besinnungslos griff er danach. Es fühlte sich kalt und vertraut an. Es gab ihm ein Gefühl der Sicherheit. Langsam ließ die unerträglich Qual nach. Er spürte Joses kaltes Grinsen in seinem Nacken. "Och der Arme......Was willst du denn jetzt mit ihm tun?" Diese Frage galt Liliane. Sie nahm auf der Bank platzt. „Er wird mein Zögling.“ Ihre Stimme hatte sich verändert und nichts von dem unschuldigen Kind war noch in ihrem Gesicht zu finden, welches mit einem zufriedenen Lächeln auf die Gestalt zu ihren Füßen herab sah. Als Kileath seine Augen aufschlug, hatte sich alles verändert. Zunächst konnte er nicht sagen was es war. Seine Augen glitten über die Bäume und Sträucher. Die Kälte war von ihm gewichen. Warmes Blut pulsierte in seinen Adern. Ihm war schwindlig. Er sah die Welt nun mit anderen Augen. Mit den Augen eines Vampirs. Liliane hatte sich vor ihn gehockt und ein freundliches Lächeln aufgesetzt. "Na.. wie geht es dir? Wie fühlst du dich?" Mit der Linken Hand umklammerte der Priester sein Kreuz immer noch so fest, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Kalter Schweiß rann über seine Stirn, aber sein Atem verlangsamte sich und sein Körper kam wieder zur Ruhe. " Was habt ihr mit mir gemacht?!" Er funkelte sie an. "Ich hab dich zu etwas besserem gemacht.. dir zu einer höheren Existenz verholfen.. komm steh auf,.. sieh dich um... so anders ist die Welt nun und soviel mehr können deine unterblichen Augen sehen, als es sie es zuvor vermochten!“ Langsam richtete er sich auf und folgte ihrer Anweisung. Die Schatten der Bäume, die Blätter, die Steine am Weg alles hatte für ihn auf einmal eine ganz neue Bedeutung. Der Mond machte die Konturen lebendig. Seine Augen durchbrachen die Finsternis als gehörten sie keinem Menschen, sondern einer Eule. "Zu etwas besseren?" fragte er geistesabwesend und ohne seine Augen von dem neuen Wunderwerk an Farben und Formen abwenden zu können. "Ja.. zu etwas weitaus Besserem!", sagte sie und strich über seine Wange um seinen Blick auf sie zu lenken. "Ich bin Liliane e Shariot und die Vampire dieser Stadt, dieses Landes folgen meinem Willen, denn ich bin es, die sie führt!“, sagte sie und verbeugte sich leicht. Wieder fühlte er diese weichen Hände. Ein Vampir! Er hätte es wissen müssen! Er war wütend, vor allem auf sich selber, weil er so naiv gewesen war. Ein Mädchen hatte ihn reingelegt, hatte ihn getäuscht und mit ihm gespielt, nein kein Mädchen, ein Vampir! Wie konnte eine Frau Obervampir sein? Tausende von Bildern strömten durch seinen Kopf. Das Leben, dass er kannte, war vorüber. "Du fragst dich, wie ich ein Obervampir sein kann, ich werde es dir sagen!“ flüsterte sie in sein Ohr und küsste ihn sanft. "Ich bin über 600 Jahre alt.. ich habe mehr gesehen als du dir vorstellen kannst, mehr erlebt als du es dir je erträumt hast!“, hauchte sie und strich mit ihren zarten Fingern über seine Wangen. Ihr Kuss berührte ihn auf eine Art und Weise, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Ihm schauderte. Er wollte sie von sie weg drücken und davon laufen. Aber er blieb stehen. Er wollte dieses Gefühl nicht verlieren, dieses Gefühl, dass ihre leichten Berührungen und ihre Stimme in ihm erweckten. Eigentlich hätte ihn nichts mehr wundern sollen, aber das sie seine Gedanken zu lesen schien behagte ihm gar nicht. 600 Jahre war eine Zeit, die er sich kaum vorstellen konnte. "Es ist eine lange Zeit!", flüsterte sie und ergriff seine Hand. "Komm.. du wirst Hunger haben!" Sie zog ihn leicht mit sich. Der Klang dieser Worte wollte Kileath so gar nicht gefallen. Unwillig ließ er sich von ihr ziehen. Ihm war immer noch etwas schwindlig und jetzt, wo seine Beine sich bewegen sollten, waren sie doch wackeliger als ihm lieb war. In ihm brannte ein unbändiges Verlangen . Er leckte sich die letzten Blutstropfen von den Lippen und stellte mit Schrecken fest, dass es genau das war, wonach er lechzte: Blut. "Dir wird bald alles zur Gewohnheit werden.... fürchte dich nicht davor!", sagt e sie leise. Er war ihr gefolgt, ohne darauf zu achten, welches Ziel sie ansteuerte. Schon lag der Park hinter ihnen und auch jener seltsame Mann, dessen freudloses Lächeln ihm noch immer einen Schauer über den Rücken laufen ließ und dessen Gesicht sich in ihn eingebrannt hatte. Sie betraten eine große Villa. Die Diener nickten Liliane zu, wobei ihr Gesichtsausdruck jedoch von furchtsamer Scheu kündete. "Du.. komm mit!", sagte sie zu einem jungen Mädchen, welches ihnen daraufhin stumm folgte. Die Vampirin führte Kileath in ein großes Zimmer und ließ ihn los. Als das Mädchen eingetreten war, ging sie auf Kileath zu. "Na los..!", flüstert Liliane und ,machte den Hals des Mädchens frei. "Sie wird keinen Schmerz spüren... und sie gehört nur dir..!" Kileath war verwirrt. Der Hals dieses Kindes hatte eine unwiderstehliche Anziehungskraft. Zaghaft berührten seine Finger ihren Nacken. Sie war so...warm, so voller Leben. Er konnte ihr Herz hören wie es schlug.. nur für ihn allein. Es kostete ihn Überwindung doch seine neu erworbenen Instinkte leiteten ihn, als seine Zähne die zarte Haut durchbrachen und sein Mund sich mit heißem Blut füllte. Seine anfängliche Abscheu legte sich schnell, als sie Flüssigkeit seinen Hals hinunter rann. Er Spürte das Herz des Mädchens, fühlte wie es langsamer wurde, wie das Leben aus diesem Körper allmählich entwich. "Shh.. hör auf, wenn das Herz verstummt.. sonst wirst du mit in den Tod gerissen!", flüsterte Liliane zärtlich und strich über den Kopf ihres Kindes der Nacht. Kileath ließ das Mädchen zu Boden gleiten, obwohl es ihn sichtlich Überwindung kostete, von ihr abzulassen. Langsam drückte Liliane ihn aufs Bett und kniete sich neben ihn. "Entspann dich!", flüsterte sie mit beruhigender Stimme. Seine Glieder waren schwer wie Blei. Ihm war nun warm und wohlig. Er duldete, dass sie neben ihm auf dem Bett saß, obwohl diese Nähe für ihn noch immer befremdlich war. "Schließ deine Augen!", sagte sie und strich über seine Wangen. Langsam begann sie sein Priestergewand aufzuknöpfen um es ihm abzunehmen. "Das brauchst du jetzt nicht mehr!" Das Gewand war jedoch alles, was ihm noch geblieben war, alles, was von seinem Leben als Mensch übrig war. Er wollte es noch nicht Aufgeben, hing noch zu sehr an allem, was mit dieser Kluft verbunden war. Sanft hielt er ihre Hand. "Nein" flüsterte er" Noch nicht!" "Ich gebe dir etwas besseres... etwas viel besseres!", hauchte sie in sein Ohr und schob seine Hand zur Seite um ihm die Soutane abzunehmen. Kileath fürchtete sich vor dem, was ihm bevor stand. Sein entblößter Oberkörper zitterte leicht, doch Liliane erhob sich, legte die Decke über ihn und verließ mit seiner Gewandung im Arm das Zimmer. "Warte hier auch mich.. ich komme sofort mit neuen Sachen wieder!" Sie beeilte sich nach unten zu kommen, gab den Dienern die Kleider und sagte, sie sollten sie verbrennen. Mit neunen Kleidern ging sie wieder zu ihm hoch. Vorsichtig öffnete sie die Tür und trat ein. "Hier !" Kileath betrachtete seine neue Gewandung. Er zog die Sachen über. Sie waren schön und er fühlte sich wohl in ihnen, aber seine Soutane wäre ihm lieber gewesen. Während der ganzen Zeit, hatte ihr kühler Blick auf ihm gelegen, hatte ihn verfolgt und ihn nicht los gelassen. Und nun, da er so vor ihr Stand, fuhren ihre Hände über seine Kleidung, liebkosten seinen Körper. „Deine Welt hat sich verändert.“ Das Blut schoss ihm in den Kopf. So etwas war bisher undenkbar gewesen. Etwas in ihm begehrte auf, aber ihre Stimme war so süß. Etwas zögerlich nahm er wieder auf dem Bett platz. Er ließ seine Augen über ihren makellosen Körper wandern. Was sollte er jetzt tun? Er wusste es nicht. Die Vampirin strich durch deine Haar. "Du brauchst keine Angst vor mir zu haben!", flüsterte sie und stützte ihren Kopf mit einem Arm vom Bett ab. Langsam holte sein Ehrgefühl den Priester wieder ein. Sein Leben lang hatte er gelernt, Frauen als minderwertig und schutzbedürftig anzusehen und diese Lehre war fest in ihm verankert. Es fiel ihm schwer hin zu nehmen, dass sie ihm überlegen war, dass sie über ihn entschied. Es würde noch einige Zeit dauern, bis er soweit war. Er schluckte und stand wieder auf. Es kostete ihn einen beträchtlichen Teil seiner Willenskraft, sich ihr zu widersetzen. "Was fange ich jetzt an?" Aus dieser Frage sprach seine Verzweiflung, die nun, da sein Geist wieder einigermaßen klar war, von ihm Besitz zu ergreifen drohte. "Du lebst.. du trinkst.. du lernst unser Bräuche und Sitten... du hast mehr Zeit als genug sie dir zu vertreiben. Wie du sicher weißt machen die Jäger uns schwer zu schaffen... Frauen gibt es genug in der Stadt.. auch junge Männer wenn dir der Sinn danach steht... doch nur Blut wird deinen Hunger stillen!" An den Gedanken auf kosten Andere zu leben, konnte der Priester sich gewöhnen. Hatte er dies nicht stets getan? Sein erster Mord war ihm nicht schwer gefallen und sein Gewissen plagte ihn auch nicht. Er wünschte sich hinaus zu gehen, diese neue Welt zu erkunden , zu sehen, was er nun tun konnte. Dieser Tatendrang belebte ihn. Liliane schüttelte ihr blondes Haupt. Es gab andere Dinge, die sie ihm gerne gezeigt hätte, andere Genüssen, welche diese Seele noch nicht kannte, und die sie durch sie kennen lernen würde, denn dunkel war der Geist jenes Priesters, doch fehlte ihm Erfahrung. Nie hatte er erlebt, was die Berührung einer Frau bedeutete. Seufzend erhob sie sich, ließ ab von ihm, da er noch nicht bereit schien, so sehr sie es auch bedauerte ihr kleines Spiel schon zu diesem Zeitpunkt unterbrechen zu müssen. „Es zieht dich hinaus. Nun gut, es gibt etwas, dass ich dir zeigen muss.“ Kileath war erleichtert jenes Gebäude zu verlassen. Es war, als würde die Nacht ihn rufen und er wollte diesem Ruf folgen. Noch hatte er nicht wirklich begriffen, was mit ihm geschehen war, er verstand es nicht, doch seine Neugierde trieb ihn voran. Liliane indes führte ihn nicht hinaus, sondern in den Keller ihrer Villa, deren Größe den jungen Vampir erstaunte. Reich eingerichtet war das Gebäude, ausgestattet mit unzähligen Gemälden und Wandteppichen, Vasen, Uhren und anderem Zierwerk. Der Keller jedoch, unterschied sich gänzlich von den prunkvollen oberen Geschossen. Was er hier erblickte, ließ Kileath den Atem anhalten. Anscheinend hatte man angefangen Blut zu sammeln. Der Geruch war unerträglich und Liliane schmunzelte, als sie das entsetzte Gesicht sah. „Ja, all dies geschieht unter den Augen der Kirche, findet sogar ihre Zustimmung. Wir haben ein Bündnis, dass sowohl uns als auch die Menschen zu schützen vermag. Du bist mein Kind der Dunkelheit, deshalb stehst du unter meinem Schutz. Kein Jäger in dieser Stadt wird dir etwas zu leide tun, solange du dich ruhig verhältst. Töte niemals aus Spaß und ohne Sinn und bemühe dich um Diskretion. Dieser Ort ist mein Geheimnis, das ich gut verwahre für jenen Tag, an dem mein Pakt seine Gültigkeit verlieren wird und wir gezwungen sein werden uns für einen Kampf zu rüsten. Nichts, was von Menschen geschaffen ist, währt ewig und ihre Wankelmütigkeit wird auch meinen Vertrag zum Wanken bringen.“ Er nickte stumm, lauschte ihren Worten, obwohl seine Gedanken andere Wege gingen. Wie konnte dies sein? Wie hatte dies alles existieren können, ohne, dass er etwas davon gewusst hatte? Und nun war er Teil dieser Welt, die sich bislang vor ihm verborgen hatte. Dieser Keller flößte ihm Unbehagen ein. Er verabscheute ihn, wollte ihn so schnell als möglich verlassen. Liliane bemerkte sein Missfallen und ein leichtes Schmunzeln huschte über ihr Gesicht. „Lass uns gehen, doch bedenke, du bist ein Vampir, dies sollte dich nicht schrecken.“ Sie verließen den Raum, die Lagerhalle, die Liliane unter ihrer Villa eingerichtet hatte. „Du bist mein Kind, ich habe dich erschaffen. Vergiss, was du bisher lerntest, öffnete dich für dass, was ich dir zu geben vermag. Du bist stark, du wirst viel erreichen, wenn du nur deine Kraft zu nutzen lernst. Lass die Mauern fallen, löse dich von den Grenzen, welche dein Leben bestimmten, denn du bist tot..“ Sie küsste ihn auf die Stirn und ein angenehmes Kribbeln erfüllte seinen Körper. Er war müde, fühlte sich auf einmal matt. Liliane spürte, dass sich jemand der Villa näherte. Jose war ihnen gefolgt und er würde nicht ruhen, bis er mit ihr gesprochen hatte. Sie war erstaunt gewesen ihn im Park zu sehen, denn lang war es her, seit sie ihr verloren geglaubtes Kind zuletzt gesehen hatte. Lilliane hatte es aufgegeben auf Joses Rückkehr zu hoffen. Stur war er und eigensinnig, aber auch schön und von einem lebendigen Geist erfüllt. Sie wollte ihn jedoch nicht in Kileath’ s Beisein treffen. Dies war eine Sache, die nur sie etwas anging. Sanft strich sie ihm durch sein dunkles Haar. „Geh nun und warte auf mich, denn morgen Abend beginnt ein neues Leben. Ziehe dich zurück in den Schatten, denn die Sonne ist nun dein Feind. Wir sind Wesen der Nacht und unser einziges Licht ist das der Sterne.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)