Vampire von abgemeldet (Auf der Jagd nach dem Buch der Schatten) ================================================================================ Kapitel 6: Ein Priester und ein Jäger ------------------------------------- Eine unscheinbare Gestalt zog ihre Kapuze tiefer ins Gesicht und wartete. Es sollte ein neuer Jäger in der Stadt eintreffen und Pater Jaques hatte ihn geschickt ihn abzuholen. Die Menschen um ihn herum gaben sich sorglos, doch er wusste, dass es eine Lüge war. Trotz des Paktes, lebte die Bevölkerung in Angst. Was war, wenn es eines Tages den Vampiren nicht mehr reichte? Wenn sie sich zu stark vermehrten? Wer konnte sie dann noch aufhalten? Zur gleichen Zeit an anderer Stelle verließ ein blonder Engländer ein Schiff, welches ihn von seiner Heimat nach Frankreich gebracht hatte. Es war sein erster Besuch in Paris und er musste sich zu seinem Leidwesen eingestehen, dass diese Stadt einiges mehr zu bieten hatte, als sein geliebtes London. Gelangweilt zupfte er seine Handschuhe zurecht. Zunächst musste er sich wohl mit den örtlichen Gepflogenheiten vertraut machen... Er ließ seinen Blick über die Straße wandern während er betont langsam die Gasse entlang schlenderte. Überall in dieser Stadt schien Leben zu sein, überall war Freude und Lachen. Kein Wunder, wenn sich hier Vampire wohlfühlten.. Er zog einen kleinen, weißen Zettel aus der Tasche. "Wo war das noch gleich ?" Er musterte etwas hilflos die Straßenschilder. Nach einiger Zeit, fand er, was er suchte. Er faltete das Papier sorgfältig und steckte es wieder weg. Der Platzt, der für das Treffen bestimmt worden war, lag nun direkt vor ihm und eine Gestalt mit Kapuzenmantel schien schon auf ihn zu warten. "Ich entbiete euch einen Wundervollen Abend.. Priester Darius Millhaud?" "Sir Dorian Haywater, wie ich annehmen darf. Man erwartet euch schon sehnsüchtig." Der Priester nickte ihm höflich mit dem Kopf zu. "Ich hoffe, ihr hattet eine angenehme Reise, ist dies euer erster Aufenthalt in Paris?" Darius hatte sich auf bitten seines Paters ein wenig über den jungen Jägern informiert und war überrascht gewesen, welch große Taten er bereits bestritten hatte. Voller Neugier hatte er dem Treffen entgegen gesehen. Am besten würde er heute Abend ein Ave Maria mehr beten um für dieses irdische Gelüste um Verzeihung bitten. Der Engländer verbeugte sich und händigte Darius das Papier aus, dass seine Identität bestätigen sollte. "Ich hoffe eure Erwartungen nicht zu enttäuschen. Die Reise war angenehm und ja, dies ist mein erster Aufenthalt in dieser schönen Stadt." Er schmunzelte. Die Neugier, die diesem Priester aus den Augen strahlte, gefiel ihm. "Klärt mich über meinen Auftrag auf." "Die Erwartungen wird Pater Jaques an euch stellen, doch ich bin mir sicher, dass er euch nicht ausgewählt hätte, wenn er nicht von euren Fähigkeiten überzeugt wäre." Darius steckte die Schriftrolle in eine der Taschen, die überall in der Kutte verborgen waren. "Ich würde vorschlagen, dass wir ein wenig laufen, es gibt einige schöne Stellen und hier sind mir doch zu viele Ohren." Er lächelte kurz und machte eine einladende Handbewegung in Richtung Park. Der Neuankömmling folgte der Geste. Die Nacht war lau und ein Spaziergang würde ihm gut tun. "Wie ihr meint" Er grinste verschmitzt. "Sagt Sir Dorian, was wisst ihr über Elrasmagie?" Der Wind ließ die Kutte des jungen Priesters wehen, sodass er seine Kapuze festhalten musste. "Oder von einem Obervampir namens Liliane e Shariot? Sie ist eine der mächtigsten Vampire hier in Paris und hat einen Vertrag mit der Kirche geschlossen." Dorian dachte nach. Liliane kannte er, wie jeder Jäger, der etwas auf sich hielt . Von Elrasmagie hatte er nur eine vage Vorstellung. "Nun, Liliane ist mir bekannt und auch der seltsame Bund, den diese Stadt mit ihr geschlossen hat und der hier scheinbar Ruhe einkehren ließ. Über diese Magie, weiß ich nur, dass sie als verschollen gilt und in irgendeiner Form Tote zum Leben erwecken kann. Wenn ihr mehr Informationen habt, genießt ihr wohl das Vertrauen eures Ordens." Er musterte seinen Weggefährten sehr genau. "Der Schein kann manchmal trügen." Der Priester lächelte sanft. "Aber ihr habt recht. Es ist eine Magieform, mit der man Tote wiedererwecken kann. Eine gottlose Tat, wenn ihr mich fragt, denn die Ruhenden sollte man nicht wecken. Unser Orden stellt schon seit längerem Nachforschungen über ein Buch an, dass in einem Manuskript erwähnt wird, in der diese Art der Magie beschrieben stehen soll. Aus zuverlässiger Quelle haben wir nun erfahren, dass es wirklich Existiert, doch ging es irgendwann verloren." "Eine zuverlässige Quelle?" Dorians Erfahrung nach, gab es so etwas wie eine zuverlässige Quelle nicht. Es gab nur mehr, oder weniger verlässliche Gerüchte. "Was für eine Quelle?" Der Priester schaute ihn aufmerksam an. "Tut mir leid, aber darüber ist es mir nicht gestattet zu reden." Sie lebten in einer Zeit, in welcher man niemandem trauen konnte, das wusste auch der Priester. Nur diesmal hatten sie keine andere Wahl, sie brauchten das Geschick des Jägers. "Unser Orden bittet euch nach Ägypten zu fahren, um nach diesem Buch zu suchen, wir haben so etwas wie eine Landkarte in unseren Besitz bringen können. Werdet ihr uns helfen?" "Ägypten?! Wieso erfahre ich das erst jetzt?" Der Jäger hasste es, wie ein Ball benutzt zu werden, den man von einer Ecke des Feldes zur anderen spielen konnte, wie es einem beliebte. "Selbst in unseren Kreisen haben die Wände Ohren, weshalb ich dies euch auch hier draußen berichte. Euch ist es natürlich freigestellt, den Auftrag nicht anzunehmen." Bedauernd senkte er den Kopf. Er hatte genau die Verärgerung aus der Stimme des anderen gehört. Nun lag die Entscheidung in seiner Hand, doch an wen sollten sie sich sonst wenden? Schweigend wartet er die Antwort ab. Dies schien keiner dieser `töte- uns -mal -einen- Vampir- und -verschwinde - dann -wieder- Aufträge' zu sein. Das hier war keine Kabbelei zwischen unterschiedlichen Wesen, sondern Ernst! Der Jäger seufzte. "Ich möchte erst mehr hören, bevor ich mich festlege." Er lächelte den Priester an, der ihm nun etwas niedergeschlagen erschien. Darius nickte erfreut. "Ja, sicher doch. Nur.. wo soll ich anfangen? Hm.. also der Vertrag zwischen den Vampiren und der Kirche ist gefährdeter denn je. Die Menschen fürchten sich, sie misstrauen den Vampiren, doch keiner wagt es, dies laut auszusprechen. Die Mütter fürchten um ihre Kinder, die Männer um ihren Frauen. Und ebenso ist in die Reihen der Vampire Unstimmigkeit eingekehrt. Monatlich werden es mehr und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie nicht mehr nur leblose Konserven haben wollen oder sie nicht mehr für alle Reichen. Wenn ihnen dieses Buch in die Hände fallen würde, ganz Paris würde in eine zweite Finsternis fallen, verschlungen von den Alpträumen aus frühster Zeit, und der Nacht selbst. " Er machte eine kleine Pause, ließ das gesagte sickern. "Woher kommt dieser plötzliche Wandel? Ich dachte seit diesem Pakt herrscht Ruhe." In Dorians Kopf arbeitete es. Seine Sympathien der Kirche gegenüber hielten sich in Grenzen. Er betrachtete sie als seinen verlässlichsten Kunden, er wusste aber, dass die meisten Pater längst vom Pfad der Tugend abgewichen waren. Die Kirche war nur noch ein Schatten ihrer selbst, aber es schien noch den einen oder anderen überzeugten Priester zu geben. Darius nickte. "Gewiss, noch gab es keine Ausschreitungen, deswegen soll die Suche nach dem Buch auch geheim gehalten werden. Außerdem suchen die Vampire ebenfalls danach, es wird also ein Wettlauf mit der Zeit werden. Aber so versteht." Er war kurz stehen geblieben, erzählte mit Leidenschaft weiter, Dorian musste es einfach verstehen. "Derjenige, der dieses Buch hat, gebietet auch über große Macht, Macht welche die Kirche nicht in den Händen der Vampire wissen will. Noch sind sie nicht stark genug, sich zu widersetzen, doch haben diese Wesen erst das Buch in ihren Händen, wird kein Pakt sie mehr halten und nichts sie mehr aufhalten können. Es ist wichtig, dass wir dieses Artefakt zuerst finden und irgendwo verstecken wo sie es nicht finden werden, oder es gar zerstören." Dorian lächelte. Oh ja, dass sah der Kirche ähnlich. Zerstören...Verstecken... Dass war gewiss nicht dass, was sie damit tun würden. Die Machtgier der Oberen war unersättlich. Macht korrumpiert und grenzenlose Macht korrumpiert grenzenlos. Bisher war das empfindliche Gleichgewicht zwischen Vampiren und Kirche gewahrt worden. Die Jäger halfen, die Zahl der Vampire auf eine überschaubare Zahl zu begrenzen. Wenn das Buch aber in die Hände einer der Parteien geriet, würde es ein Blutbad geben, egal, welche Partei es war. "Ich denke, ihr habt mich überzeugt, lasst uns euren Pater aufsuchen" Fast schon kindliche Freude spiegelt sich in des Priesters Augen wieder. "Danke! Ihr wisst ja gar nicht, was für eine Sorge ihr mir damit vom Herzen genommen habt. Der Pater erwartet euch bereits in unserer Kirche. Er wird euch die weiteren Instruktionen erteilen und auch die Karte geben." Es war nicht mehr weit bis zur Kirche und die Nacht zog schon herauf, als sie dort ankamen. "Hier entlang bitte... " Er öffnete eine größere, schwere Tür hinter der sich ein Arbeitszimmer befand. Hinter einem Schreibtisch saß ein älterer Mann, schon ergraut und schrieb im Schein der Kerze etwas in ein Buch hinein. Als sie eintraten, blickte er auf. "Ah.. Bruder Milhaud! Und Sir Dorian Haywater. Also habt ihr euch entschieden, unserer Bitte nachzukommen, ich bin sehr erfreut." Der Engländer verneigte sich. In gewisser Weise, tat es ihm leid, dass er den jungen Priester trotz allem früher oder später enttäuschen würde. Wenn er nach Ägypten ging, würde er das Buch mit Sicherheit nicht der Kirche überlassen, sondern eigenhändig für seine Zerstörung sorgen. "Pater. Ich habe mich nicht entgültig entschieden, aber Darius hat bisher gute Überzeugungsarbeit geleistet." Der ältere Herr nickte zufrieden. "Es erfreut mich, dass ihr euch anscheinend gut vertragt. Das macht es mir leichter, einen Reisebegleiter für euch auszusuchen." Anders als Darius, traute er dem Jäger keinen Schritt weit. Für ihn steckten sie alle mit den Vampiren unter einer Decke und es war der Kirche schon lange ein Dorn im Auge, dass sie sich überall einzumischen schienen. "Das Schiff ,mit dem ihr übersetzt, fährt bereits Morgen früh, ihr müsst euch also Rasch entscheiden." Eile war geboten, doch der rasche Aufbruch sollte den Jäger auch davon abhalten, jemanden von dieser Reise in Kenntnis zu setzen. Schließlich sollte die Mission geheim bleiben. Dorian war belustigt . Ja, dieser Pater wusste, was er wollte. Er war kein Dummkopf. Er wusste genau, dass diese Sorte Mensch stets nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht war. Dieser Mann würde sich nicht die Finger schmutzig machen, nein, er wartete darauf, dass andere das für ihn erledigten. "Was springt für mich dabei heraus?" Wer den Pater gut kannte, wusste, dass das bedenkliche Zucken seines linken Auges eine Mahnung zur Vorsicht war. Noch so eine Unart dieser Jäger. "Reicht es euch denn nicht im Namen des einen Gottes zu dienen und etwas verlorenes der Kirche wiederzubeschaffen?" Raffgieriger Taugenichts! So dachte der Pater, während er Dorian mit einem väterlichen Lächeln bedachte. "Aber ich will großzügig sein, auch wenn euch die Kirche selbstverständlich mit allem, was ihr benötigt versorgen wird. Nennt mir euren Preis." Der Jäger musste schmunzeln. Im Moment war er in der bessern Position, denn dieser arrogante Kerl brauchte ihn. Die Kirche nahm die Armen Leute aus und er wusste, wie er sich seinen Teil wieder zurück holen konnte. "Von nobler Gesinnung und der Ehre, der Kirche zu dienen, werde ich leider nicht satt. 150 Pistoles, von denen ich die Hälfte im Voraus bekomme, sollten jedoch genügen." Er hatte seine Geschäftmiene aufgesetzt. Das Lächeln des Paters rutschte, wenn möglich, noch einen Zentimeter weiter nach unten. "Bruder Milhaud wird sich darum kümmern. Braucht ihr noch irgendetwas für die lange Reise? Es wird gewiss einige Zwischenfälle mit den Vampiren geben, dessen will ich euch nicht belügen. Aber dies ist ja auch der Grund, aus dem wir uns an euch wanden. Ansonsten wird Darius euch nun in eure Zelle bringen, wo ihr die Nacht verbringen könnt. Wir werden euch morgenfrüh rechtzeitig wecken." Dorian nickte zufrieden. Die andere Hälfte würde er wohl niemals bekommen, darüber machte er sich keine Illusionen. Selbst, wenn er den Auftrag zufriedenstellend erfüllte, würde dieser Pater ihn eher wegen Gotteslästerung hängen lassen, als ihm die versprochene Summe auszuhändigen. Er wandte sich zu Darius um. "Wie mir scheint, steht euch eine anstrengende Reise bevor. Verfügt ihr über einige Erfahrung hinsichtlich des Umgangs mit Untoten?" Der Priester war ebenso überrascht gewesen wie der englische Jäger. Doch er freute sich bereits auf die Reise, er würde seiner Kirche damit einen großen Dienst erweisen und es war schon eine Ehre mit diesem großen Jäger zu Reisen. "Nein, nicht praktische. Aber ich habe viel darüber gelesen.", gab er flüsternd zurück, denn noch hatte der Pater sie nicht entlassen. Dieser jedoch schien nicht weiter interessiert zu sein. "So geht dann mit Gott. Und möge er euch beschützen auf dieser Reise." Dorian verkniff sich einen bissigen Kommentar um dieser Heuchelei zu begegnen, denn er wollte Darius nicht erschrecken. Schließlich schien dieser Priester eine angenehme Begleitung zu sein. "Möge Gott seine Hand schützend über all seine treuen Schafe halten." Er wandte sich zum gehen. Darius verbeugte sich noch einmal tief und erwiderte den Gruß bevor er mit Dorian das Zimmer verließ. Dieser wartete, bis sie außer Hörweite waren und meinet dann: "Nun denn, ich bin äußerst gespannt auf meine Unterkunft." "Oh, ich fürchte, dass sie euch nicht ansprechen wird. Es ist lediglich eine kleine Zelle wie die meine. Aber es ist ja nur für die Dauer dieser Nacht. Hier entlang bitte." Er öffnete eine kleine Tür die eine schmale Wendeltreppe hinaufführte. "Was eure Kenntnisse über Vampire angeht, so würde ich zunächst einmal den Müll vergessen, den die Kirche über diese Geschöpfe verbreitet.", fuhr der Jäger fort. Ein Schmunzeln erhellte das Gesicht des Priesters, der sich von dem barschen Ton des Anderen nicht schrecken ließ. "In diesem Müll liegt allerdings viel Wahrheit. Es kommt nur auf denjenigen an der es liest. Findet er darin was er gesucht hat? Liest er es richtig? Oder liest er nur das was er gerade lesen will?" Schließlich waren sie angekommen und er öffnete eine Holztür, die in ein kleines, rundliches Zimmer führte mit nur einem schmalem Bett und einem Nachttisch. "Nun, dann würde ich gerne von euch aufgeklärt werden . Was macht diese Wesen so verabscheuungswürdig, dass jemand wie ihr, seine Aufgaben zur Seite legt und sein Leben auf' s Spiel setzt, um ihre Vernichtung herbei zu führen? Ihr habt vermutlich noch nicht einmal mit einem Vampir gesprochen, oder?" Er wusste, er klang gerade nicht besonders nach einem Jäger, aber es war für ihn wichtig, vielleicht sogar lebenswichtig, Darius Motive zu erfahren. Wie weit konnte er ihm trauen und in wie weit konnte man sich auf ihn verlassen? Warum schickte man ihn überhaupt mit einem Priester los, der so unerfahren war? Dorian befürchtete, dass diese Mission es ihm schwer machen würde, auf sich selbst auf zu passen, aber er wusste nicht, wie er diesen jungen Mann vor Unheil bewahren konnte. Abgesehen davon war er ein Einzelgänger und zog es vor, seine Aufträge allein durchzuführen. Er brauchte keine Hilfe. "Wir würden sie nicht vernichten. Auch wenn es wohl unsere heilige Pflicht ist sie zu erlösen. So hindern wir sie nur daran weitere Opfer unter der Bevölkerung anzurichten. Die Menschen hier haben Angst.. man kann sie regelrecht schmecken." Darius war an der Tür stehen geblieben. "Sie haben Angst, dass die Vampire sich nicht an ihren Vertrag halten, es würde sie keiner richten, keiner bestrafen wenn sie nach Lust und Laune walten würden. Die Jäger hier sind nicht sehr zahlreich, und die meisten zu schwach, um sich wirklich gegen sie zu stellen. Ich möchte den einfachen Leuten Sicherheit geben. Vielleicht kann man weder sie noch die Vampire retten aber man kann neue Kriege verhindern. Dafür würde ich gerne mein Leben geben. Dorian, ich werde euch nicht im Weg stehen, noch werde ich auf eigene Faust handeln." "Der einfachste Weg einen Krieg zu verhindern ist natürlich, alle Gegner vorher zu beseitigen, das kling einleuchtend. Ihr sagt, die Menschen haben Angst vor einem Vertragsbruch? Seid euch immer bewusst, dass Menschen stets genau das von anderen erwarten, was sie selbst tun würden. Eure Beweggründe verstehe ich, ich finde sie bewundernswert, aber euer Leben liegt noch vor euch. Ich weiß, die Kirche predigt, es sei ehrenvoll für christliche Ideale zu sterben, aber manchmal fehlt es an Mut, für sie zu leben. Ich weiß, dass ihr mir nicht im Wege stehen werdet, aber ich fürchte, dass diese Reise gefährlich werden wird und ich kann nicht für euren Schutz bürgen. Die Kirche leidet durch die Korruption und Ausbeutung, die unter ihrem Banner geschehen. Warum glaubt ihr, hat sich die protestantische Minderheit vom Papst distanziert? Wenn eure Kirche, so, wie ihr an sie glaubt, leben soll, dann müsst auch ihr leben." Dorian konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Pater Jaques den Verlust dieses Priesters einplante. Wer brauchte in der Kirche schon einen überzeugten Christen? Der Priester hatte ruhig zugehört. Und er war wirklich überrascht in dem Jäger so einen brillanten Theoretiker zu finden. Überrascht und beeindruckt. "Ja, ich war dort draußen und diese Probleme sind mir nicht neu. Viele Nächte habe ich mich gefragt ob es wahr ist, oder was man dagegen machen kann.." Er schloss die Tür hinter sich. Es war besser, wenn sie dies alleine besprachen. "Ihr habt nicht viel übrig für die Kirche nicht, Sir Dorian? Aber wenn man überall nur das dunkle sieht und niemals das Licht, wo soll man da anfangen zu hoffen? Oder etwas zu ändern? Nichts was im Dunkeln keimt, wird den Tag überdauern. Der Papst ist alt, er weiß nicht, was unter seinem Namen geschieht, welches Unrecht. Und ich gebe zu, dass die Meisten in der Tat korrumpiert sind, doch macht nicht den Fehler, alle dessen zu beschuldigen. Ich kenne viele, die hinausgehen und Gutes tun. Aber das ist es doch nicht, weswegen man euch gerufen hat, oder? Die Vampire sind ein altes Problem. Eines, was sich nicht so schnell aus der Welt vertreiben lässt. Aber wir können versuchen das Gleichgewicht zu erhalten, ist dies nicht eure Berufung als Jäger?" "Vermutlich habt ihr recht. " Dorian hatte nicht den Glauben an das Licht verloren. Er wusste, dass es eine Menge Gutes in der Welt gab und auch, dass man am ehesten darauf traf, wenn man nicht in der nähe der Kirche suchte. Er war nun froh, Darius als seinen Begleiter zu wissen, wenn er schon einen mit sich nehmen musste. Der Priester leuchtete und solche Menschen gab es selten. Dorian schwor sich, diesem Pater eins auszuwischen, und den Priester unversehrt wieder zurück zu bringen. Darius hatte eine unglaublich Kraft, die er aus seinem Glauben zu schöpfen schien. Jeder Mensch, dessen Glaube an was auch immer so tief war, konnte alles erreichen. Der Engländer glaubte vor allem an sich selbst, dass war die Quelle seiner Kraft. "Diese Unterbringung reicht mir völlig aus, ich bin wesentlich schlimmeres gewöhnt. Da der morgige Tag einige Strapazen mit sich bringen wird, solltet ihr vielleicht euer Nachtlager aufsuchen." Er schenkte Darius ein verschmitztes Lächeln, welches dieser erwiderte. "Das werde ich und ich freue mich schon auf die Reise mit euch. Ich denke, dass es für uns beide eine neue Erfahrung werden wird. Ich wünsche Euch also eine ruhige Nacht, Sir Dorian." Mit einer knappen Verbeugung verließ er leise die Zelle und schloss die Tür. Er hatte sich den Anderen etwas anders vorgestellt, viel kleiner. Doch es schien sich um einen ehrlichen Menschen zu handeln, der mit gutem Gewissen seinen Glauben verfolgte. Auch Dorian leuchtete, wenn vielleicht auch in einer anderen Farbe. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, nahm Dorian seinen Degen in die Hand. Die Waffe war immer ein treuer Begleiter gewesen und hatte ihm schon so manches Mal das Leben gerettet. Er betrachtete die schimmernde Klinge. "Sieht aus, als würde uns eine Menge Arbeit bevorstehen." Er legte den Degen beiseite und machte es sich auf der Pritsche bequem, soweit dies möglich war. Er hatte gelernt, dass man an manchen Orten besser nur mit einem Auge schlief und er war sich sicher, dass dieser dazu zählte. Trotzdem verbrachte er eine ruhige Nacht. Dorian war ein Frühaufsteher. Er war der Meinung, schlafen konnte zwar erholsam sein, war aber auf Dauer eine bedauerliche Verschwendung kostbarer Zeit. Nachdem er sich gewaschen und bekleidet hatte, öffnete er die Tür seines Kämmerchens. Er blickte die Flure entlang und hoffte bald auf ein Frühstück zu treffen, denn sein Magen knurrte gewaltig. Auch Darius war bereits auf den Beinen, viel geschlafen hatte er nicht, aber daran war er schon gewöhnt. Gerade hatte er einen der jungen Novizen hinauf zu dem Jäger geschickt um diesen zu wecken. Er selbst war heute beim Küchendienst eingeteilt und gerade dabei, den langen Holztisch zu decken. Überrascht schaute er deswegen auf, als der Junge schon nach kurzer Zeit mit Sir Dorian zurückkehrte. "Guten Morgen. Wie ich sehe seit ihr bereits wach." Er begrüßte den Eintretenden mit einem freundlichen Lächeln. "Auch euch einen wundervollen guten Morgen" Dorian war sichtlich gutgelaunt. Nach einer schier endlos scheinenden Phase der Untätigkeit, hatte er einen vielversprechenden Auftrag. "Setzt euch doch schon. Die Anderen werden gewiss gleich eintreffen. Aber vergesst nicht, dass der Zweck eures Aufenthaltes geheim bleiben muss. Einen Momentlang spielte der Jäger mit dem Gedanken, seine Hilfe anzubieten, dann unterließ er es jedoch und setzte sich stattdessen. Natürlich wusste er, dass er seinen Auftrag nicht als nächstes Diskussionsthema in die Runde werfen durfte, er war schließlich kein Anfänger, aber er schmunzelte bei dem Gedanken, dass Darius vielleicht auch sich selbst an die Notwendigkeit des Schweigens erinnert hatte. "Ich danke euch." Doch dann wurde ihr Gespräch von den Priestern und anderen Gästen unterbrochen, die nacheinander oder in kleinen Grüppchen eintrafen, einen guten Morgen wünschten und sich dann an den Tisch setzten. Unter ihnen auch Pater Jaques. Draußen war noch nicht ganz die Sonne aufgegangen und der Tau glitzerte noch an dem grünen Gras im Garten der Kirche. Auf dem Tisch standen mehrere kleine Körbe mit Brot, selbstgemachte Marmelade und vielerlei kleinere Erzeugnisse. Diese Gemeinde war nicht gerade für ihre Armut bekannt. Was wohl auch zum größten Teil an Pater Jaques lag. Dieser erhob sich nun und grüßte noch einmal Sir Dorian. "Wenn ihr uns die Ehre geben würdet das Tischgebet zu sprechen?" Dorian konnte sich ein Lachen kaum verkneifen. Natürlich bat man ihn, er hätte es wissen müssen, schließlich war er der Gast. "Wenn es euer Wunsch ist mich das Gebet sprechen zu lassen, dann werde ich diese Ehre annehmen." Er räusperte sich und genoss die Aufmerksamkeit, die ihm nun zukam. "Herr" begann er. Wie lange es wohl her war, dass solche Worte seinen Mund verließen... Es mussten Jahre sein. "Segne das, was du den Menschen bescheret hast, und was nun reichlich und lecker auf diesem Tisch gelandet ist. Amen." Er grinste den Pater an. Er hoffte auf eine Reaktion, die zumindest leichte Missbilligung verriet. In der Tat begann das linke Auge des Paters wieder zu zucken. Darius senkte den Kopf um ein Lächeln zu verbergen. "Danke, euer Gebet war recht.. erfrischend." Pater Jaques warf ihm einen recht sarkastischen Blick zu und winkte dann den Priestern mit den Kannen. Das Frühstück wurde recht still und gesittet eingenommen, ganz so, wie es der Brauch war. Zufrieden hatte der Jäger den Pater beobachtet und dabei eine wahrlich unschuldige Miene aufgesetzt. Erst als das Mal beendet war und der Tisch leer und sauber, trat der junge Priester mit einem gepackten Rucksack zu Sir Dorian. Er hatte einen kleinen Sack bei sich, den er ihm reichte. "Das ist die Summe, die ihr gefordert hattet. Die Pferde, die uns zum Hafen bringen sollen, warten bereits unten im Hof auf uns. Seit ihr bereit aufzubrechen?" "Ich bin jederzeit zum Aufbruch bereit." Genüsslich schob Dorian sich ein mit Marmelade beschmiertes Brot in den Mund. Es war einfach köstlich. Er ließ es sich nicht nehmen, den Geldbeutel auf seinen Inhalt zu überprüfen. Ein weiser Mann hatte einmal gesagt: "Vertraue auf Gott und binde dein Kamel an", und er hielt sich an diese Devise.. Er richtete seinen Blick auf Darius. "Lasst uns gehen." Darius schüttelte erneut den Kopf über dieses Misstrauen, doch er wusste ja nun, wie der Mann zur Kirche stand. "Nur ein dummer Mann erwartet, dass Gott sein Glück bestimmt. Es ist anmaßend alle irdischen belange oder Probleme von ihm geregelt zu bekommen. Mir hat einmal ein Mann gesagt, dass das Leben eine Prüfung ist." Er wartete bis Dorian das Geld gezählt hatte. Es stimmte ihn ein wenig traurig, dass der Jäger es nur um des Geldes Willen tat und dabei auf jede einzelne Münze bestand. Machte ihn das nicht zu einem Söldner? "Gut, ich bin ebenfalls bereit." Natürlich war dem Engländer der missbilligende Blick des Priesters nicht entgangen. Es war jedoch nicht nur das Geld, dass ihn dieses Leben hatte wählen lassen. Es war auch das Abenteuer, dass ihn seinen Beruf lieben ließ. Er hielt sich für einen der wenigen Menschen, die frei waren. Er war niemandem verpflichtet, weder der Kirche, noch dem Staat und musste stets nur vor sich selbst Rechenschaft ablegen. Auch Verantwortung trug er nur für sich selbst und für niemanden sonst. Vermutlich waren diese Motive für seinen idealistischen Gefährten genauso wenig erstrebenswert, wie das erlangen von Besitzt, aber für Dorian machte es einen Unterschied, den Unterschied zwischen einem Söldner, der sein Leben und sein Freiheit seiner Gier opferte und ihm, einem Jäger, der seinen (nicht immer ganz moralischen) Prinzipien treu blieb. Seine Seele hatte er nicht verkauft. Zusammen verließen sie die Kirche. Darius hatte sich wieder seine Kapuze ins Gesicht gezogen. Er besaß ebenfalls einen Wanderstock, allerdings war dieser aus ganz normalen Holz, und eher eine Stütze als eine Waffe. Es war noch immer finster und es sah nicht so aus, als würde die Sonne in der Lage sein, die Dunklen Nebelschwaden hinfort zu wischen. Je länger Dorian den Priester um sich hatte, desto mehr gefiel er ihm. Er legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ihr solltet euer Gesicht nicht verstecken. Nicht solange es nicht gesucht wird, denn ihr hab nicht zu verbergen. Die auffälligste Art nicht aufzufallen, ist schon immer eine Kapuze gewesen." Er grinste. "Ich trage die Kapuze nicht, um mich zu verstecken." Meinte der Priester schmunzelnd aber ernst. "Es ist der Brauch meines Ordens.. " Er zog seinen Rucksack fester und machte eine kleine Pause, bevor er fortfuhr. "Noch ist es dunkel, es wird nicht so sehr auffallen, denke ich. Auch am Tage wird man mich als das erkennen, was ich bin, einen Mann Gottes.. Ihr würdet euch wundern, wie wenig Beachtung man einem Priester auf Wanderschaft entgegenbringt. Und wie schnell die Menschen fliehen, wenn er einen Armenklingelbeutel dabei hat." Ja, vermutlich war dieser Beutel die beste Waffe, die man mit sich tragen konnte und vor allem die effektivste, um unerwünschte Neugierige abzuhalten. Dorian schwang sich elegant auf das bereitgestellte Pferd. Er hatte einen gut Teil seiner Zeit auf dem Rücken dieser verlässlichen Tiere verbracht und betrachtete sie als wesentlich vertrauenswürdiger, als die meisten Menschen. Vor allem wusste er die feinen Instinkte zu würdigen, mit denen Mutter Natur die Pferde ausgestattet hatte. "Wohin müssen wir? Ich kenne mich leider gar nicht aus." Er kratzte sich am Hinterkopf. "Gestern hätte ich euch um ein Haar nicht gefunden..." "Oh, das war nicht meine Absicht. Ich wollte mich nicht vor euch verstecken, wenn ihr das denkt." Der braunhaarige Mann stieg etwas steifer auf das liebe Tier. Er ritt nicht besonders oft und so war er weniger geübt darin. "Ich werde euch führen, deswegen bin ich ja mitgekommen." Nachdem er den Stab am Sattel untergebracht hatte, ließ er sein Tier antraben. "Wir müssen zum Hafen herunter, unser Schiff wird auf uns warten, aber ich würde doch gerne pünktlich ankommen. Es mag komisch klingen, aber ich hätte noch eine Frage an euch.. wisst ihr ob es auch in Ägypten Vampire gibt? Also so Einheimische? Wart ihr schon einmal dort?" Dorian überlegte eine Zeit lang, bevor er antwortete. "Ich war noch nicht in Ägypten und kann deswegen nur auf Berichte aus zweiter Hand zurückgreifen. Wenn es stimmt, was ich gehört habe, dann leben in Ägypten die ältesten und mächtigsten Vampire. Sie Stammen aus der Zeit der Pharaonen und sowohl ihr Wissen als auch ihre Fähigkeiten sind atemberaubend. Wenn diese Gerüchte war sind, dann solltet ihr beten, dass wir diesen uralten Geschöpfen nicht begegnen. Er wäre Vermessen zu glaube, dass ein unbedeutender Mensch einer 5000 Jahre alten Kreatur beikommen könnte." Diese Geschöpfe waren älter, als der christliche Gott... Überrascht schaute Darius den Anderen an. "Mir war nicht bewusst, dass es so alte Vampire gibt. Seit ihr euch denn sicher, dass es sich bei euren Informationen nicht nur ein Aberglaube handelt?" Darius konnte sich solche Wesen nicht vorstellen, auch wenn er selbst in seinem bisherigen Leben schon viel außergewöhnliches gehört hatte. Der Nebel um sie herum schluckte die Laute der Nacht in den Straßen, sodass ihre Stimmen seltsam hohl klangen. Zu dieser Zeit waren noch nicht viele Leute auf den Straßen und langsam nährten sie sich dem Hafen. Der Jäger zuckte mit den Schultern. "Letztendlich sind alle Informationen, die man nicht selbst beschafft, nur Gerüchte. Manchen traut man mehr als anderen...." Er hoffte, sie würden ein gutes, schnelles Schiff bekommen. Wenn Vampire hinter diesem Buch her waren, war Eile geboten. Darius nickte. "Das stimmt wohl. Doch können wir nicht alles selbst herausfinden, auf einige Dinge und Informationen müssen wir uns verlassen. Und bei dieser Vampir -frage wäre es wohl besser, wenn wir es glauben. So sind wir zumindest vor unschönen Überraschungen sicher. Hm.. dort vorn ist es schon. Es scheint, dass sie bereits auf uns warten. Habt ihr denn schon viele Vampire getötet?" Dorian stieg vom Pferd und tätschelte dem Tier die Flanke. Er lächelte Darius an "Vor Überraschungen, ob guten oder bösen, ist man nie sicher. Je mehr man weiß, oder zu wissen glaubt, desto sicherer beginnt man sich zu fühlen. Wie gefährlich kann ein Feind schon sein, den man kennt und einschätzen kann? Deshalb ist es wichtig, sich jede Information zu beschaffen, aber nur eigenen Beobachtungen zu trauen und selbst dann, kann man irre gehen." Der Engländer unterzog das Schiff einem kritischen Blick. Es machte einen soliden Eindruck. Was es wirklich zu leisten im Stande war, würde sich bald herausstellen. Auf die letzte Frage des Priesters, wollte er nicht antworten. Es waren zu viele. Darius war ebenfalls von seinem Pferd gestiegen und hatte es unten angebunden. Er betrat zögernder das Schiff. Wenn er ehrlich war, reiste er recht ungern über das Wasser. Seine grünen Augen folgten dem Blick des Jägers und er nickte. "Ihr habt da gewiss die weitaus größeren Erfahrungen, doch klingt es logisch was die Gefahr angeht. Ist ein Alptraum nicht nur dann ein Alptraum, wenn man nicht weiß was passieren wird, und um was es sich handelt? Die größte Angst ist immer die, etwas nicht zu verstehen, oder zu sehen. Nicht war?" Der Kapitän unterbrach ihr kleines Gespräch um ihnen mitzuteilen, dass sie nun ablegen würden. Der Priester nickte, es waren keine weiteren Passagiere für diese Überfahrt geplant. Dorian sah Darius nachdenklich an. Er hatte das Gefühl, der Priester hatte nicht ganz verstanden, was er ihm zu sagen versucht hatte. Die größte Angst mochte aus Unwissenheit erwachsen, doch die größte Gefahr, war das Wissen an sich.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)